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Wenn der gegenwärtige Forschungsstand auch noch nicht bis ins letzte verbindliche Verallgemeinerungen zuläßt, drängt sich eine Gegenüberstellung mit dem unter schiedlichen historischen Milieu, aus dem diese und weitere Skelettserien stammen, förmlich auf. Selbstverständlich kann - gerade bei lokalen Kleinpopulationen - kei neswegs ausgeschlossen werden, daß einmal endogene, genetische Faktoren für die günstigeren oder ungünstigeren Sterblichkeitsverhältnisse hauptverantwortlich sind. Diese scheinen im allgemeinen aber in weit stärkerem Maße von exogenen, insbeson dere sozialen Faktoren beeinflußt worden zu sein. Lehren uns doch auch die gegen wärtigen Verhältnisse immer wieder, „daß Geburt und Tod zwar im Einzelfall biologische Vorgänge sind, in der Massenhaftigkeit ihres Vorkommens jedoch weit gehend bestimmt werden von den sozial-ökonomischen Bedingungen der Umwelt, in der sie sich vollziehen“/ 12 Die folgende hauptsächlich „soziale“ Interpretation der Sterblichkeit wird den vermutlich sehr komplexen Kausalzusammenhängen, in die, abgesehen von Erbe und sozialer Umwelt, z. B. auch ökologische Faktoren wie Klima- und Bodengunst hineinspielen können, sicher nicht voll gerecht. Sie kann deshalb nur als eine erste Hypothese gelten. Für ihre Erhärtung wären sowohl eine Vermehrung und insbesondere eine Verbesserung der anthropologischen Daten als auch eine dif ferenzierte Faktorenanalyse vonnöten. Auch ist grundsätzlich davon auszugehen, daß sich die mannigfaltigen Einflüsse der Umwelt am Menschen immer nur in einem Zusammenspiel mit seiner genetischen Disposition auswirken/ 11 Ein leicht zu gewinnendes, relativ verläßliches und gut vergleichbares Maß der Mortalität, das (wie im Falle Schirmenitz) nicht von vornherein durch die mehr oder weniger mangelhafte Überlieferung der kindlichen Skelette verfälscht ist, gibt das mittlere Sterbealter der Erwachsenen ab (Tab. 6"). Es ist in dieser Hinsicht u. E. viel zu wenig genutzt worden. Wir haben die Vergleiche absichtlich auf Serien aus histo risch ähnlichem Zusammenhang beschränkt. Die Stichproben für die Normalbevölke rung stammen sämtlich aus der breiten deutsch-slawischen Grenzzone zwischen Mit- 42 So K. Witthauer 1971, S. 95. 43 Vgl. z. B. G. Straaß 1976, S. 105. 44 Nachweise für Großschwabhausen, Kr. Weimar: K. Simon 1977, S. 322, Tab. 2 (mit spät juvenilem Sk. 10) ; Halberstadt-Ost (W/O-Bestattungen): A. Siebrecht 1975, S. 60, Abb. 12; Sundremda, Kr. Rudolstadt (Pfarracker): H. Deubler 1978, S. 99, 75 ff., 105 f.; Camburg, Kr. Jena: hier Anm. 64, Tab. 8 (mit spätjuvenil-frühadulten Sk. 1 und 44); Ober möllern, Ot. von Möllern, Kr. Naumburg: hier Anm. 39, Tab. 4 (mit spätjuvenilem Sk. 9); Bösen burg, Kr. Eisleben: B. Schmidt 1973, S. 178 ff.; Dreitzsch, Kr. Pößneck: H. Bach u. A. Bach 1971, Tab. 4-6; Sixdorf, Ot. von Cörmigk, Kr. Bernburg: C. Müller 1963a, S. 394; Zöllnitz, Kr. Jena: C. Dietz u. V. May 1975, Tab. S. 244; Phöben, Lkr. Potsdam: hier Anm. 65, Tab. 9; Altlommatzsch, Kr. Meißen: hier Anm. 37, Tab. 3; Leubingen, Kr. Söm merda: hier Anm. 66, Tab. 10; Espenfeld, Kr. Arnstadt: A. Bach u. H. Bach 1971, S. 144, Tab. 1, Sp. D x , Tab. 6; Possendorf, Kr. Weimar: H. Bach u. W. Timpel 1962, S. 242 ff. (mit spätjuvenilem Sk. 8); Schirmenitz, Kr. Oschatz: hier Tab. 1 u. 2; Sanzkow, Kr. Demmin: H. Ullrich 1969, S. 211; Gustävel, Kr. Sternberg: A. Hollnagel 1960, S. 132 ff.; L. S c h o 11 1960, S. 169 ff. (mit spätjuvenilcn Sk. 13 und 22); Berlin (Nikolaikirche) : C. Mül ler 1963 b, S. 106, 108; Bösleben (Wüstung Gommerstedt), Kr. Arnstadt: A. Bach 1982 (zum archäologischen Befund vgl. W. Timpel 1976); Reckahn, Kr. Brandenburg: L. Schott 1963, Tab. auf S. 136, Sp. dg,y (vgl. dazu e* n ). — Nachweise für frühstädtische Be völkerungen und feudale Oberschicht vgl. unter Anm. 53 und 48.