Volltext Seite (XML)
Kindern im wesentlichen nach dem Gebißstatus auf einige Jahre, bei den Erwach senen in erster Linie nach der Nahtobliteration vom Endokranium her möglichst auf ein Dezennium genau 19 bestimmt (bei 84% der Erwachsenen). Die weiten Spannen für den individuellen Zeitpunkt des Nahtschlusses lassen vermuten, daß unsere Schätzungen im Einzelfall vom realen Sterbealter z. T. beträchtlich abweichen. Doch interessieren im folgenden nur Mittelwerte, in denen die Bestimmungsfehler, soweit sie nicht einseitig sind, weitgehend ausgeglichen werden. Abweichungen von dem bekannten Ablaufschema der Nahtverwachsungen am Hirnschädel 20 sind auch in unserem kleinen Material festzustellen. Dreimal wurde nämlich eine gegenüber der Sagittalnaht zeitlich etwas vorgezogene Obliteration der Koronalnaht festge stellt (Sk. 2, 14, 46). Der Gesamtbefund erlaubt indessen auch hier eine wahrschein liche Aussage. Das wirkliche Alter der Erwachsenen, insbesondere älterer Indi viduen, mag nach dieser Methode im Durchschnitt etwas zu niedrig veranschlagt werden, 21 jedoch trifft dies in gleicher Weise für die Vergleichsserien zu und muß eigentlich nur bei einer Einschätzung der tatsächlichen Lebenssituation berücksichtigt werden. Daß das Geschlecht ohne Mühe bei immerhin 84 % der Erwachsenen bestimmt wer den konnte, 22 beruht auf einem ausreichend deutlichen Geschlechtsdimorphismus, der allerdings etwas zum weiblichen Pol hin verschoben zu sein scheint. Wo die (dann meist spärlichen) Schädelreste mehr indifferent wirken, geben wir den eindeu tigeren Merkmalen am Körperskelett den Vorrang (Sk. 27, 29, 34, 36). Die anthro pologische Diagnose wird im übrigen durch archäologische Hinweise ausnahmslos bestätigt. 23 24 Durch Skelettreste lassen sich nur 39 Individuen belegen. Aus etlichen Grabgruben sind keine Knochen überliefert, oder diese sind inzwischen verlorengegangen (Sk. 5). Versuchsweise wurde deshalb geprüft, ob die Grabgrubendimensionen 2 ' 1 in irgend einem Verhältnis zu Alter und Geschlecht der anthropologisch bestimmten Skelette stehen - weniger, um ggf. erschließbare Individuen in eine bevölkerungsgeschichtliche Auswertung einbeziehen zu können, als vielmehr, um die in dieser „Dunkelziffer“ 19 G. Acsädi u. J. Nemeskeri 1970, S. 135, rechnen mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit von etwa ± 5 Jahren, wenn - wie häufig in unserem Material - außer dem Obliterationsgrad noch ein weiteres Kriterium zur Verfügung steht. 20 Die herkömmlichen Vorstellungen bestätigt z. B. R. Line 1971, S. 97 f., 101 f. 21 Eindrucksvolle Beispiele nennt z. B. R. Powers 1962 S. 54. Andererseits haben noch im europäischen Spätmittelalter (G. Acsädi u. J. Nemeskeri 1970, S. 103) sowie in außer europäischen Populationen der Gegenwart mit ähnlich hoher Sterblichkeit wie in Schirmenitz (F. Burgdörfer 1963, Tab. S. 57 f.) nachweislich nur wenige Individuen ein Alter > 65 Jahre erreicht, so daß die methodisch bedingte Verzeichnung unserer Befunde nicht allzu hoch veranschlagt zu werden braucht. 22 Zum Anteil der Fehldiagnosen vgl. u. a. J. Schwidetzky 1969, S. 965; G. Acsädi u. J. Nemeskeri 1970, S. 74 f. 23 Bei 29% 4er Frauen Schläfenringe (W. Baumann 1977, S. 86, 94; dazu Grünfärbung des linken Warzenfortsatzes bei Sk. 8); „im Zusammenhang mit der Beisetzungszeremonie“ stehende Häufungen von Holzkohle in den Grabgruben von 24% der Männer (W. Baumann 1977, S. 85 f., 92, Tab. 1); zu Grab 46 vgl. Anm. 25. 24 Nach W. Baumann 1977, Tab. 1, und Ergänzungen in unserem Katalog.