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Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 19.09.1883
- Erscheinungsdatum
- 1883-09-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512382794-188309199
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512382794-18830919
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512382794-18830919
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote
-
Jahr
1883
-
Monat
1883-09
- Tag 1883-09-19
-
Monat
1883-09
-
Jahr
1883
- Titel
- Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 19.09.1883
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W ErnennungD übercompleter Offiziere Linken Turkestan'schen Linien bataillonen ist künftig zu sistiren; die gegenwärtig übercompleten Offiziere werden bis zu anderweitiger Verwendung bei ihren Ba taillonen belassen. Der betreffende Beschluß ist vom Kaiser bereits sanctionirt und ebenso der Tagesbefehl, betreffend den Etat eines zu Kriegszeiten zu f rmirenden KraSnojaSky' chen Reserve-Jnfänterie- RegimenteS zu zwei Bataillonen. Gleichzeitig ist Rußland auch eifrigst auf die Vermehrung seines Flottenmaterials bedacht A- f den Werften deS Schwarzen Meeres find gegenwärtig vier mächtige P nzerfregatten in Bau, au t> in den Etablissements an der Newa find zwei große Panzerschiffe im Bau begriffen, während zwei andere ihrer Vollendung entgegen gehen. In wenigen Jahren wer en sich die 16 Panzerschiffe ersten Range-, welche die russische Flotte jetzt zählt, um neun gleich große Stiffe vermehrt baden, so daß die maritimen Bestrebungen Rußlands mit den Bemühungen, daS Heer immer schl gfertiger zu gestalten, Hand in Hand gehen Spanien. Die Demission des spanischen Botschafters in Paris, Herzog; von Fernan-Nunez, ist vom Madrider Cabinet ab- ge ehnt worden; das letztere hat hierbei z gleich Gelegenheit genommen, dem Botschafter das vollste Vertrauen seiner Regierung auSzus rechen. Dagegen wurde das EntlaffungSgesuch des Ministen lsecretärS Rute, welcher durch einen von ihm verfaßten Zeitungsar ikel zu dem DemisfionSgesuch des Herzogs von Fernan-Nunez Anlaß gegeben hatte, angenommen. Italien. In Rom wird am 15. Octobe die siebente General- Conserenz der europäischen Gradmeflung zusammentreten. Die Frage der Vereinhr tlichung der geographischen Längen durch Wah' eines einzigen ersten Meridians wird einen der wichtigsten Verhandlungs gegenstände der Conserenz bilde»; auch der Vorschlag, eine internationale Zeit für den Innern Verwaltungsdienst der Eisenbahnen, Posten und Telegraphen, s ll eingehend geprüft werden. Die Conserenz kann natürlich keineswegs beanspruchen, maßgebende Beschlüsse zu fassen, sondern es liegt vielmehr nur in ihrer Aufgabe, durch Berath ng der wissenschaftlichen Seite der trsterwähnten Frage eine paffende Grund lage für die allgemeine Annahme eines gemeinsamen Meridians und einer internationalen Zeit zu liefern; auf diese Grundlage soll dann eine specielle diplomatische Conserenz das wei -re Wer' aufbauen. Das Project hat bereits bei mehreren Regierungen eine günstige Aufnahme gefunden. Nachrichten aus Chemnitz und Umgegend. * Die heutige Nummer unsres Blattes bringt die Vortrags liste des Vereins für volksverständliche Gesundheits- ,pflege und Naturheilkunde für die Wintersaison 1843,-84. Der überaus rührige Vorstand des z. Z. 500 Mitglieder zählenden Vereins ist bestrebt gewesen, nicht nur wiederum Abwechslung in den Themen zu bieten, sondern hat, wie das Programm besagt, abermals neue Redner zu gewinnen verstanden. Wir empfehlen das Programm, das erste überhaupt, welches vom Vereine für volksverständliche Ge sundheitspflege und Naturheilkunde herausgegeben wird, zur geneigten Beachtung, zugleich erwähnend, daß gegen Erlegung von 1 M. Ein trittsgeld die Aufnahme in obigen Verein jederzeit ohne Ballotage stattfindet. Die Steuer ist im Verhältniß zu diesen Vorträgen und dem außerdem am Gebotenen (Bibliothek, Zeitschrift) eine sehr geringe, sie beträgt monatlich nur 30 Pf. — Der Verein hält heute Mittwoch Abend 8'/« Uhr im Saale der Börse eine außerordentliche Ge- neralvers. behufs Revision und Abänderung der Statuten ab, bei welcher die Präsensliste 8*, Uhr geschloffen wird, später Eintretende dann aber nicht stimmberechtigt sind. — Im Kaufmännischen Verein findet den 20. September also morgen Donnerstag tder erste Bortrag in diesem beginnenden Winterhalbjahr statt, und zwar wird Herr Professor Di-. Birnbaum aus Leipzig über Deutschlands wirthschaftspolitische In teressen sprechen. Ueberhaupt wird der Verein im Laufe dieses Winters eine reiche Folge sehr gediegener Vorträge bieten. Es wer den sprechen außer dem Genannten die Herren Professor I)r. Kugler aus Tübingen, Friedrich von Hellwald, Stuttgart, Professor Otto Roquette, Darmstadt, Schuldirector Rudolph von hier, Carl Ritter de Caro (Carode), Augsburg, Schuldirector Gesell von hier, Prof, vr. Georg Scherer, München, Gymnasialoberlehrer !)>-. Buschkiel von hier, Carl, Ritter von Vincenti, Wien, Gymnasialoberlehrer vr. Arnold, hier, Realschuloberlehrer I)r. Zimmermann, hier, Gewerbschul- lehrer Emil Walther, hier, Gewerbschullehrer vr. Anton Ohorn, hier, Ludwig Glaser, Chefredactcur, Braunschweig, Max Moltke, Leipzig, Prof. 0>-. Wilhelm Arndt, Leipzig, 0,-. Karl Stichler, München, Landgerichtsdirector vr. jSchreber, hier, Landgerichtsdirector vr. Emil Hagen, Leipzig, Prof. vr. H. v. Riehl, München, vr. Leopold Ritter von Sacher-Masoch, Leipzig; außer diesen Herren wird eine Dame, Fräul. Hedwig Heydeck, Dresden, auftreten. Neben diesen Vorträgen über alle Zweige von Kunst und Wissenschaft werden einige Concerte, auSgeführt vom Stadtmufikchor, geboten werden. — Das hiesige Stadtmufikchor unter Leitung seine- Director» Herrn Fritz Scheel beabsichtigt auch in bevorstehender Wintersaison wieder wie früher die mit vieler Theilnahme begrüßten Abonne- ment-Concerte zu veranstalten und zwar sind drei dergleichen in Aussicht gestellt, welche im großen Casinosaale stattfinden werden. Zur Mitwirkung an diesen Concerten sind bis jetzt gewonnen worden Herr Professor Josef Joachim aus Berlin (Violine), Herr Carl Davidoff, Director des Kaiser! Conservatoriums in Petersburg (Cello), Herr Professor Savonvff aus Petersburg (Pianoforte). Ihre Betheiligung haben ferner in Aussicht gestellt: Fräul. Jenny von Weber, Coloratursängerin und Herr Eugen d'Albert (Hof pianist). Der AbonnementspreiS beträgt wie früher für einen numme- rirten Platz auf 3 Concerte 9 Mark, für einen Platz zur Gallerte aus 3 Concerte 6 Mark. Die Abonnementsliste wird den 22. Sep tember circuliren und wird auch zur gleichen Zeit in der Klemm'schen Musikalienhandlung bereit liegen. Daselbst find auch bis 21. Sep tember AbonnementSbillets zu reservirten nummerirten Plätzen gültig für 3 Concerte mit L 3 Mark Ausschlag zu bekommen und bleiben diese Billets ihren Inhabern auch für die nächste Saison gesichert. — Bei Gelegenheit des Lutherfestes werde» nach dem Be schluß der beiden städtischen Collegien Densschriften an die Schüler der Realschule, sowie an die Schüler und Schülerinnen der oberen Klassen der Bürger- und Bezirksschulen zur Vertheilung kommen, während der Kirchenvorstand zu St. Johannes beschloß, Luther- denkmüuzen aus Gold- und Silberbronze in der Größe von Zwei marsstücken, mit dem Brustbild Luthers und seinen bekannten Worten: „Hier stehe ich, ich kann nicht anders rc." versehen, für alle Schul kinder der Johannesgemeinde, welche den 2 obersten Klaffen der mitt leren und niederen Abtheilung angehören, zu beschaffen und für ä 15 Pfennige an die Kinder abzulafsen. — Im Thaliatheater geht heute in vorzüglicher Besetzung „Othello" in Scene. Sowohl Fräulein Herwegh, königl. sächs Hofschauspielerin, als auch Herr Leon Resemann, kais. russ. Hof schauspieler Werden in den Hauptrollen glänzen. Morgen Donnerstag wird gegeben „Donna Diana" mit Fräulein Pauline Ulrich, Frl. Masson, Herr Oberregisseur Marks und Herr Leon Resemann und steht hiermit eine Vorstellung in Aussicht, wie sie so leicht nicht wieder in so glänzender Besetzung stattfinde» dürfte. — In Bezug auf die gehegte» Befürchtungen wegen der Ge fährdung des Jacobikirchthurms durch das Abtragen der angebauten Gebäudetheile können wir erfreulicher Weise melden, daß nach ein gehender Untersuchung des Mauerwerks am Thurm, dieser sich nach keiner Seite hin gesenkt hat und vollkommen fest und sicher steht. — Am Montag Abend gegen 7 Uhr war in dem Fabrik etabliffement Wilhem Vogel am Ziegelsteig ein großer Jaquard- stuhl in Brand gerathen. Das Feuer wurde durch das Arbeitspersonal an weiterem Umsichgreifen gehindert, so daß die Feuerwehr bei ihrer Ankunft nur der Sicherheit halber die Oberschalung des oberen Stock werkes aufriß, um nachzusehen, ob die Decke vielleicht durchgebrannt sei, was aber nicht der Fall war. — Krawallsüchtige Nachtschwärmer haben kürzlich in verschie denen Straßen der inneren Stadt mancherlei Unfug verübt, an den Hausglocken gezogen, Thürdrücker abgeschlagen rc. Hoffentlich erwischt mau die Herrchen noch. — Wegen z« leichten Gewichts find einer Bauersfrau am Sonnabend 43 Stückchen Butter weggenommen worden. Recht so. —* Gestern Nachmittag in der 3. Stunde erschien in einem Hause der Schloßstraße ein Unbekannter und verlangte in frecher Weise von einer Hausbewohnerin Mittagessen, und als er solches nicht erhalten konnte, verlangte er Geld und bedrohte die Frau gleich zeitig mit Stockschlägcn. Auf den Hülferuf der Frau entfernte er sich eiligst, gerieth aber im Hofgrundstück mit dem Ehemann der gedachten Frau zusammen, versuchte auch diesen zu schlagen und ergriff schließlich unter lautem Schimpfen die Flucht. Auf erstattete Anzeige gelang es bald darauf einem Schutzmann, den frechen Gesellen in einer Restau ration an der Hartmannstraße zu treffen und sestzunehmen. Man erkannte in dem Manne einen schon wiederholt bestraften Holzarbeiter aus Zwota. —* Aus einer an der Rießnerstraße gelegenen Wohnung war am 10. d. M. ein Rock, ein Beinkleid und eine Aermeljacke gestohlen worden. Durch die vorgenommenen Recherchen wurde festgestellt, daß der Rock und das Beinkleid am 10. bez. 11. d. M. bei einem Pfand leiher und die Aermeljackejam 12. d. M. bei einer Trödlerin verpfänbr wordenwar. Der Verdacht lenkte sich nunmehr auf «inen Feilenhauer, der ln dem Hause mit gewohnt, am selben Tage aber heimlich und unter Hinterlassung einer Logisschuld davongegangen war. Bestem Abend teilte sich der Verdächtige freiwillig der Behörde und zeigte an, daß er dm Diebstahl ausgeführt habe. —* In einer hiesigen Maschinenfabrik verunglückte ein Arbeiter n der Weise, daß ihm beim Zerschlagen von Eisen ein Splitter an die Stirn sprang, wodurch der Mann eine nicht unerhebliche Wunde mit Knochenverletzung erhielt. Die Versuchung. Novelle von W. Marschuer. „Er kehrt zurück, zurück aus dem fernen Amerika über den Weiten Ocean — endlich, endlich!" Diese Worte klangen leise, aber in einem Tone Hellen Jubels von den Lippen eines jungen Mädchens; das Briefblatt war der schlanken Hand entfallen und ein paar große, tiefblaue Augen blickten sehnsuchtsvoll in die Ferne. Ihre Gedanken schienen weitab, aber der Ausdruck des feinen regelmäßigen Gesichts zeigte, daß es frohe, glückliche Bilder waren, welche sie eben be schäftigten. Freilich lagen nicht Tage, sondem Jahre dazwischen, seit jener unvergeßlichen Reise, die zum Wendepunkt ihres Lebens g-worden,— aber wie hätte sie je eine dieser goldenen Stunden vergessen können? Sie hatte, zum Zweck eines kurzen Besuches einer am Rheine ver- heiratheten Freundin, sich rasch entschlossen, ihren Vater, der als Oberarzt am Jacobshospital zu W. eine ehrenvolle Stellung bekleidete, der Sorge einer entfernten Verwandten zu überlassen und reiste in fröhlichster Stimmung an einem klaren Herbstmorgen in die Welt hinaus. Es war die erste Reise, die das damals siebzehnjährige Mädchen allein untemahm, sie kam sich vor wie verzaubert und sah entzückt malerische Gegenden, Berg und Thal in raschem Wechsel an ihren Augen vorüberfliegen Wie war doch die Welt so schön! Sie konnte sich gar nicht satt sehen an all' den ungekannten, neuen Dingen, die sich ihr darboten, und wandte tief das Köpfchen vom Coupefenster, an dem sie gestanden, hinweg, als eine fremde Stimme plötzlich an ihr Ohr schlug. Der Fremde in der andern Ecke des Eisenbahncoup-- mußte erst auf der letzten Station cingestiegen sein, sie hatte bei dem Lärm und Geräusch das Oesfnen der zweiten Thür gar nicht bemerkt — und blickte jetzt mit dem Ausdruck grenzenlosen Erstaunens zu ihm hin, Während er höflich seine Störung entschuldigte. Sie wußte selbst nicht, wie es kam, daß ihre sonstige Zurückhaltung mehr und mehr bei seinen Worten schwand, aber die ganze vornehme und sichere Art des jungen Mannes gab ihr bald ihre volle Unbefangenheit zurück und nach kurzer Zeit Plauderte sie mit ihm wie mit einem alten Bekannten. Voll Interesse lauschte sie den Worten mit denen er sie auf die schönsten Punkte der Umgegend aufmerksam machte und vermochte kaum einen Ausruf zu unterdrücken, als er im Laufe des Gesprächs erwähnte, daß er als Arzt »ach W., ihrer eigenen Heimath, berufen sei und jetzt nur vor seinem Antritt seine allein lebende Mutter besuchen wolle. Nun wußte sie Bescheid; Er war der neue Unterarzt ihres Vaters, der in dieser Zeit erwartet wurde! Sonderbarer Zufall, der sie Beide hier zusammenfllhrte! Das schelmische Lächeln, das die gemachte Entdeckung auf dem Sächsische». — Die Einberufung deS Landtages ist, wie verlautet, für den 8. Novbr. in Aussicht genommen. — Ueber die Gasexplosion in Braun's Hotel in Dresden, von welcher wir gestern im localen Theil berichteten, wird geschrieben: In einer Geschirrkammer von Braun'- Hotel ver unglückten am 16. d. Nacht- gegen 12 Uhr infolge einer Ga-explosion 2 Personen. Ein Kellner vermuthete infolge des intensiven Gasge ruches, daß die Ausströmung des Gases nur in dem betr. Zimmer geschehen könnte. Er ließ sich durch die Wirthschafterin die Thüre öffnen und leuchtete unbehelligt in dem Zimmer herum, sowie jedoch der Kellner die offene Leuchte hoch hielt, erfolgte die Explosion. Verletzt sind beide Personen an der Stim und an Händen, die Brandwunden sind jedoch keine schweren zu nennen. Nachdem man die Verletzten sorgfältig verbunden, wurden dieselben dem städtischen Krankenhaus zugeführt. - — Raubmordversuch in Leipzig. Nachdem kaum erst ein Mord und ein Mordversuch in Leipzig begangen worden sind, wird abermals von dort über einen Raubmordversuch berichtet: Am Sonnabend Mittag erschien in der Wohnung der 45jährigen Strickerin Ludwig in der Moritzstraße ein junger unbekannter Men'ch, der sich für den Abgesandten einer Feuerversicherungsgesellschaft ausgab und er klärte, daß er Auftrag habe, die Oefen in der Wohnung nachzusehen. Arglos ließ ihn die Ludwig in ihre Stube eintreten, worin der junge Mensch den Ofen in -Augenschein nahm, das und jenes auszustelle« hatte und schließlich die Anschaffung eines Schutzbleches für nothwendig erklärte. Von hier begab er sich in die Küche, besichtigte auch hier die Feuerung und bat sich von der Ludwig, welche ihm natürlich dahin gefolgt war, ein Glas Wasser aus. Er lehrte dasselbe und bat darauf um noch ein Glas. Die Ludwig bückte sich, um dasselbe einzulafsen, erhielt aber in diesem Augenblick einen Schlag mit einem Hammer auf den Kopf, der sie fast betäubte, und sah sich gleichzeitig von dem jungen Menschen angegriffen, welcher sie zur Erde niederzuwürgen versuchte. Die Angst verlieh der Angefallenen aber außergewöhnlich« Kräfte. Sie vermochte sich, gleichzeitig um Hilfe schreiend, des An greifers zu erwehren, der darauf von seinem Opfer abließ und die Flucht ergriff, auf der er auch entkam. Die Ludwig, welche nicht unerheblich verletzt war, verfolgte ihn und führte durch ihr Geschrei bald Leute herbei; der Thäter hatte aber bereits, das Mordwerkzeug, eiuen Hammer mit halb abgebrochenem Stiele, zurücklassend, das Weite gewonnen. Der Verbrecher ist wie nachmals festgestellt wurde, vorher in verschiedenen anderen Wohnungen in gleicher Eigenschaft ausgetreten und hat 2 Stunden früher in einem Grundstücke an der Pleiße einen Einbruch versucht, ist jedoch hierbei verscheucht worden. Auf seine Ergreifung hat daS Leipziger Polizeiamt eins Belohnung von 100 M. ausgesetzt. — Waldenburg. Wie früher berichtet, hat Heinrich Pätz mann hier zur Errichtung einer Kinderbewahranstalt für Waldenburg die sehr erhebliche Summe von 15,000 M. auSgesetzt. Dieses großherzige Unternehmen hat nun Seitens Sr. Durch!, des Fürsten von Schöuburg die edelste Anerkennung und Unter stützung gefunden, indem derselbe eine für diese so wohlthätige und zweckmäßige Erziehungsanstalt sehr geeignetes Grundstück schenkweise dargeboten hat. Es ist dies die Hintere Hälfte des bis jetzt dem hiesigen Kindergarten überlassenen schönen Gartens. — Roher Exceß. In der Nacht zum Montag verübten 6 in Oelsnitz i. E. wohnende Bergarbeiter in Niederwürschnitz in un glaublicher Rohheit einen blutigen Exceß. Dieselben kamen unter lautem Lärmen von Stollberg her und störten in ärgerlichster Weise die Nachtruhe. Als der Nachtpolizeidiener Grimm Ruhe gebot, be schimpften sie denselben zunächst und vergriffen sich endlich an dem pflichtgetreuen Beamten thätlich. Mit ihren Messern brachten sie dem Unglücklichen eine Anzahl schwerer Wunden bei, welche seinen Tod leider höchst wahrscheinlich herbeiführen dürften. Auch zwei andere Männer, der Stellmacher Weigel und der Bergarbeiter Bonitz, welche anziehenden Gesichtchen hervorrief, verstärkte sich, als der junge Mann endlich um die Ehre bat, sich ihr vorstellen zu dürfen, — hastig wehrte sie ihm ab und sagte lachend: „Wozu mein Herr? Reisebekanntschaften sind in der Regel ebenso schnell wieder vergessen, wie sie geknüpft werden, selbst wenn man, wie es leider bei mir nicht der Fall ist, für Namen ein gutes Gedächtniß hat." Den Ausdruck ihres Gesichts, der so wenig zu den ablehnenden Worten Paßte, wußte er nicht zu deuten, aber seine Stimme klang ernster als bisher, als er bewegt entgegnete: „Eine glückliche Stunde vergißt man nicht so leicht! Mir wird sie ewig unvergessen sein!" Und nach einer Pause, während sie erröthend unter seinen Blicken die langen Wimpern senkte, fuhr er fort: Sie nehmen mir also jedes Mittel, dem Zufall zu Hilfe zu kommen? Darf ich nicht einmal er fahren, wohin Sie reisen?" „O gewiß," hatte sie gelacht, „das ist kein Geheimniß." Und sie hatte ihm von dem bevorstehenden Aufenthalte bei ihrer Freundin erzählt, aber bei jedem erneuten Versuche seinerseits, ein Mehr aus ihr zu locken, hatte sie das Köpfchen geschüttelt. Dann war die Station gekommen, wo sich ihre Wege trennten; er hatte bewegt von ihr Abschied genommen und fland noch unschlüssig und zögernd vor dem verlassenen Coupi, als sie von einem plötzlichen Impulse getrieben, sich weit hinausbeugte und ihm ein launiges: „Leben Sie wohl, Herr Doctor Haller!" nachrief. Wie der Blitz war das schelmische Gesichtchen wieder verschwunden — wie hätte Paula von Nodenfeld das tief betroffene Gesicht des Zurückbleibenden mit anschen können, ohne in das herzlichste Gelächter auszubrechen! Und das sollte er nicht hören! Sie lehnte sich tief in die Kissen, um der Versuchung zu widerstehen, noch einen Blick hinausznwerfen; aber seltsam, so sehr sie sich auch bemühte, ihren Gedanken, eine andere Richtung zu geben immer wieder schweiften sie zu dem Erlebten zurück, bis sie endlich ermüdet die Augen schloß und erst an ihrem Bestimmungsort aus einem festen Schlafe erwachte. Jubelnd wurde sie empfangen und nun begann eine Zeit so rauschender Vergnügungen, daß die Begegnung mit dem jungen Arzte wirklich in den Hintergrund trat; sie wurde erst wieder daran er innert, als sie sich auf der Heimreise befand, und im Stillen diese mi der Hinfahrt verglich- Wie spannend hatte ihr Gefährte damals sie zu unterhalten gewußt, und wie langweilig war jetzt diese Fahrt! Dann malte sie sich aus, was er wohl für Augen machen würde, wenn er sie so unverhofft als Tochter seines Vorgesetzten wiederfand, — ihrer Berechnung nach mußte er bereits seit vierzehn Tagen seine neue Stellung angetretcn haben. Sie lächelte leise, — was wohl Papa zu diesem Abenteuer sagen würde? Nun, der Herr Oberarzt sagte wenig, dachte aber viel dabei, als kurz nachher Ankunft sein Töchterchen ihm das Erlebte schilderte und eine Frage nach dem jungen Manne nicht zu unterdrücken ver mochte. Eo hörte sie denn nur, daß der junge Doctor Haller an gekommen und seine Stelle angctreten habe, — daß der junge Arzt bereits die ganze Achtung und Liebe ihres alten Vaters besaß, erfuhr sie nicht! Dann kam ein Tag, wo der alte Herr ganz beiläufig die Mittheilung machte, daß er Haller am Abend mitbringen werde, Paula solle im Gar en für ein einfaches Abendbrod sorgen. Das tiefe Erröthen, das bei dieser Nachricht Paula's Antlitz überzog, schien der alte Herr nicht zu bemerken, sondern griff gleichgiltig nach Hut und Stock, um seine Patiente» aufzusuchen. Aber in welcher Auflegung ließ er das junge Mädchen zurück! Sie hatte ihren Be kannten von der Reise, den jungen Doctor Haller, bis jetzt nur ver stohlen vom Fenster aus beobachtet, wenn er, den Kopf tief gesenkt, mit großen Schritten dem Hospitale zucilte — und nun sollte er in wenig Stunden nichts ahnend eintreten und — Sie lachte hell aus bei dieser Vorstellung — würde er sie auch wieder erkennen? Einen Augenblick lang legte sich ein leiser Schatten über das sonnige Gesichtchen, — dann schüttelte sie den Kopf und eilte geschäftig ins Haus, um ihre Vorbereitungen zu treffen. Unbekümmert um die Dornen, die sie sich bei ihrer Hast in die Finger stach, schnitt sie einen Strauß Rosen ab, um eine Vase damit z-, füllen und blickte dann prüfend auf die kleine Tafel. Es war alles in Ordnung — und nun eilte sie zurück inS Haus, um ihren Anzug zu ordnen. Mit einem schalkhaften Lächeln, das dem regel mäßigen Gesichtchen einen unsagbaren Reiz verlieh, stand sie eine Stunde später am Fenster des kleinen Gartensalons; von den Gar dinen halb verdeckt, hatte sie eben die Erwarteten, ihren Vater nebst Doctor Haller, über die Straße kommen sehen. Noch eine Minute — ihr Herz klopfte zum Zerspringen — und mit einem lauten „Willkommen" führte der Oberarzt seinen Gast ins Zimmer. „Hier, mein Kind, bringe ich Dir meinen jungen Freund," sagte der alte Herr gutgelaunt, w hrend Paula's fröhliche blaue Augen er wartungsvoll nach dem Ankömmling emporsahen. Wie vom Blitz getroffen stand er vor ihr, sein eben noch tief ernstes Gesicht überzog ein Strahl Heller Freude und mit einer wie Jubel klingenden Freude stieß er hervor: „Sie — Sie sind Fräulein von Rodenfeld? Also darum daS Verschweigen ihres Namens ? Wegen jener glücklichen Stunde soll Ihnen verziehen sein daß Sie mich nach Ihrer Spur so umherirren ließen — ich habe täglich und stündlich diese Stunde herbeigesehnt und hoffe, daß auch Sie einen kleinen Theil an meiner Freude haben." Er las die Antwort in den erglühten Wangen, in den strahlen den Augen der vor ihm Stehenden, wie verwandelt kam dem jungen Mädchen alles vor, während sie an seiner Seite durch den blühenden Garten schritt, sie wußte nur, daß fiegkaum je so glücklich gewesen war, wie heute.D
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