gedrungen sind. Die Trennung von der Balkanhalbinsel im 10. Jh. trug jedoch in mancherlei Einzelheiten zu einer erneuten Annäherung zwischen den Stämmen in Böhmen, Mähren, der Slowakei und ihren nördlichen Nachbarn bei. Der Grenzcharakter des Erzgebirges, der Sudeten und der Karpaten seit dem 10. Jh. scheint vom sprachlichen Standpunkt außer Zweifel zu stehen. Eine strittige Frage bildet dagegen das Problem der weiteren ethnischen Desintegration der Westslawen. Neuerdings vertritt J. Nalepa den Standpunkt, daß sich erst im 12. Jh. eine deut lichere Spaltung der nördlichen Gebiete abzeichnete; er umschreibt zwei Teile: den elbslawisch-polnischen und den lausitz-sorbischen. Im ersten Teil zeigten die west lich vorgeschobenen Dialekte der Obodriten die stärksten Abweichungen; eine Mit telstellung nahmen Dialekte der Wilzen und der Westpomoranen ein. Die nächste Verwandtschaft mit den inländischen Dialekten schließlich wies das Kaschubische auf. Die Bewohner der übrigen Gebiete im Flußgebiet der Oder und Wisla bildeten eine Kommunikationsgemeinschaft, die so dauerhaft integriert war, daß die Erhal tung des Polentums in Slsk trotz des verwickelten politischen Schicksals dieser Region möglich war. Die lausitz-sorbischen Dialekte in den durch das Kaiserreich erorberten südpolabischen Gebieten unterschieden sich von ihnen beträchtlich. Die hier festgestcllte Verwandtschaft mit der tschechischen Sprache kann jedoch, wie es manche Forscher annehmen, sekundärer Herkunft sein und mit der Herrschaft der Luxemburger in der Lausitz Zusammenhängen. Die Bewohner des Böhmischen Bek- kens bildeten eine Gemeinschaft mit den Mährern; die Slowaken dagegen bewahrten die sprachlichen Bindungen mit den Gruppen der slawischen Bevölkerung, die im Pannonischen Becken von den Magyaren unterworfen wurden. Die sprachlichen Umwandlungen sind leider zeitlich schwer zu bestimmen; die Knapp heit der Quellengrundlagen paart sich hier mit dem Zweifel an der Richtigkeit der Auslegung der Aufzeichnungen, die oft von fremden Informatoren beträchtlich ent stellt wurden. Nichtsdestoweniger bilden die ethnogenetischen Prozesse die maßge bende Determinante für die Tiefgründigkeit der kulturellen Umwandlungen. Auf die Gestaltung der sprachlichen Einteilungen im 9.-12. Jh. übten zweifellos verschieden artige Faktoren Einfluß aus, die gesellschaftlich-wirtschaftlichen wie der Fort schritt der Christianisierung. Das Endergebnis jedoch deckt sich gut mit der in dieser Zeitspanne entstandenen politischen Gliederung, um nicht die Tätigkeit der früh feudalen Staaten als das wesentlichste, wenn nicht einzige Agens anzusehen. Ein weiteres Resultat dieser Entwicklung war endlich die Einteilung der Westslawen in innerlich unterschiedliche, doch dauerhaft integrierte nationale Kulturgemeinschaf ten. Eine besondere Stellung haben unter ihnen die Kultur der lausitz-sorbischen Bewohner des Mittelelbegebietes im Rahmen des feudalen deutschen Staates sowie die frühpolnische Kultur der Bewohner von Slsk im Rahmen des Piastenstaates eingenommen.