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Es muß betont werden, daß eine Untersuchung der kulturellen Beziehungen zwischen den Gebieten unserer beiden Länder in der frühen römischen Kaiserzeit schwierig ist. Das Gebiet der DDR bildet nur einen Teil der großen elbgermanischen Kultur provinz, in der außerdem noch die Siedlungsgebiete der Markomannen und Quaden eine Rolle als besonders wichtige kulturelle, politische und ökonomische Zentren spielten. Deswegen müssen wir das Auftreten der allgemein elbgermanischen Kultur elemente in Polen den markomannischen oder quadischen Einflüssen zuschreiben. Das betrifft z. B. das in Polen häufigste elbgermanische Kulturelement, die Rädchenver- zierung auf den Gefäßen 66 67 , welches nur in der Zone südlich von Szczecin sicher auf einen Einfluß aus dem Gebiet der DDR zurückzuführen ist 68 . Eine weitere Erscheinung ist unbedingt erwähnenswert, die in dieser Periode sowohl auf polnischem Gebiet als auch auf dem Gebiet der DDR sowie in anderen Ländern auftritt. Ich denke an die sogenannten Fürstengräber vom Lubieszewo-(Lübsower) Typus 69 . Diese ungewöhnlichen Fundkomplexe beweisen vielmehr eine ähnliche so ziale und politische Entwicklung als enge kulturelle Verbindungen. Wenn man die kulturelle Situation Polens während der frühen römischen Kaiser zeit generell betrachtet, drängt sich die Einteilung Polens in zwei Zonen auf: die Zone der Przeworsk- und die Zone der Wielbark-Kultur. In der Przeworsk-Kultur sind elbgermanische Kulturelemente schwach vertreten, obwohl wir wissen, daß die Handelswege mit den römischen Provinzen und besonders die sogenannte Bernstein- Straße durch die markomannischen und quadischen Gebiete führten. Die Przewor- sker Einflüsse in Mähren und in der Westslowakei sind gut bekannt 70 . Vereinzelte Kniefibeln in der Przeworsk-Kultur können als Beweis für Beziehungen mit dem Unterelbegebiet gewertet werden 71 . Ein ganz anderes Bild zeichnet sich in Pomorze ab, wo die Verbindungen mit dem Gebiet der DDR und mit Skandinavien deutlich sichtbar sind. Das früheste Zeugnis stellt hier die Ausbreitung der römischen Importe der sogenannten böhmischen Welle dar, die nur in Pomorze häufiger auftreten und vielleicht über das Gebiet der DDR nach Pomorze gelangt sind 72 . Wie allgemein bekannt ist, wird der Entstehungsprozeß der Wielbark-Kultur durch kulturelle Einwirkungen aus Skandinavien und aus dem Unterelbegebiet beeinflußt. Die Frage der Genese dieser Kultur ist sehr kompliziert, und es ist nicht notwendig, hier weiter darauf einzugehen. Ich möchte nur unterstreichen, daß viele verwandte 66 A. v. M ü 11 c r 1957. Anders R. Wolgiewicz (1960 [1961], S. 138 ff. - 1963, S. 308 ff. - 1970 d, S. 72 ff.). 67 Z. Holowinska 1949. -G. Domanski 1973, S. 144 ff., Abb. 5. 68 R. Wolgiewicz 1960(1961). - R. Wogiewicz 1963. - R. Wolgiewicz 1970 a, S. 47 ff. 69 H.-J. Eggers 1949/1950, S. 84 ff. 70 Vgl. K. Godiowski 1966, S. 82 ff. (dort die bibliographischen Angaben). -K. Godiowski 1969, S. 192 ff. - J. T e j r a 1 1968, S. 509 ff. - J. T c j r a 1 1970. 71 Vgl. z. B. J. Szydtowski 1964, S. 66, 72, Abb. 62, 1, 68, 3. — A. Dymaczewski 1957 bis 1958, S. 319, Abb. 290, 3. 72 R. Wolgiewicz 1970 c, S. 222 ff. - Vgl. auch J. Wielowiejski 1970, S. 76 ff., Karte 1.