DAS LINIENBANDKERAMISCHE ORNAMENT UND SEINE WESTAUSBREITUNG Von Ivan Pavl Einleitung Der Siedlungsraum der neolithischen Linienbandkeramik erstreckte sich über weite Gebiete der gemäßigten Zone Europas und reichte etwa von der Westukraine bis in den südöstlichen Teil der Niederlande. Dieser Raum war aber nicht durchgehend, sondern in Abhängigkeit von den geographischen Bedingungen besiedelt 1 , zu denen vor allem geomorphologische Verhältnisse, Bodentypen und Lokalklima zu zählen sind. Es bildeten sich größere oder kleinere Siedlungsagglomerationen heraus, die meist kleinen Wasserläufen in Lagen über dem Inundationsgebiet folgten, in der Regel 400 m Seehöhe nicht überschreitend. Im Hinblick auf die qualitativen Über einstimmungen im Siedlungstyp, im Charakter der Gräberfelder und Gepräge des Fundgutes wird der ganze Bereich der westlichen Linienbandkeramik 2 nach der heu tigen Auffassung einer archäologischen Kultur als historisches Ganzes beurteilt. Unsere bisherige Kenntnis des linienbandkeramischen Siedlungsraumes gestattet keine andere als eine mechanische Unterteilung. Man kann hierbei entweder von den historischen Komplexen ausgehen oder - und besser noch - von den natürlichen Großlandschaften. So werden wir u. a. eine niederösterreichisch-mährische, böhmische und sächsische Linienbandkeramik unterscheiden können. Eine feinere Unterteilung stößt jedoch auf eine Reihe praktischer Schwierigkeiten und kann nur als Arbeits hypothese dienen, will man nicht die tatsächliche Situation der sozialökonomischen und vielleicht auch ethnischen Zusammensetzung entstellen. Man wird wohl bedenkenlos der Ansicht zustimmen dürfen, daß jener Teil des linien bandkeramischen Siedlungsraumes, der in verhältnismäßig kurzer Zeit von der äl testen Linienbandkeramik besiedelt wurde, ursprünglich in kulturellem wie ethni schem Sinne ein Ganzes darstellen mußte 3 . Im Verlaufe der nachfolgenden, mehrere Jahrhunderte umfassenden Entwicklung kam es wiederholt zu kulturellen Differen zierungen und Aussonderungen; es entstanden Lokalgruppen, die sich in Nachbar bereichen gegenseitig beeinflußten. Die trotzdem andauernde allgemeine Einheit des Erscheinungsbildes setzt eine gemeinsame Akzeptierung historischer Impulse vor- 1 B. Sielman 1972. 2 J. Lichardus 1973, S. 105. 3 H. Q u i 11 a 1962, S. 94.