Volltext Seite (XML)
ändern sich hier die Verhältniswerte der männlichen und der weiblichen Reste von 67,3:32,7 in Phase I/II auf 84,6:15,4 in Phase III und schließlich 89,4:10,6 in Phase V (vgl. Tabelle 15). Diese Feststellungen lassen nun folgende Schlußfolgerungen zu. In Phase I/II der Burg Groitzsch spielten das Schwein und nach ihm das Rind die Hauptrolle für die Fleischversorgung. Schafe und Ziegen, beide etwa gleichstark vertreten, waren von untergeordneter Bedeutung. Die Tiere, die - wie wohl allgemein in der damaligen Zeit - Abgaben der Bauern an den Feudalherrn darstellten, gelangten als vollständige Tiere in die Burg und wurden in der Burg geschlachtet. Offensichtlich war in dieser Zeit im einzelnen nicht genauer festgelegt, welcher Art die Schlachttiere sein sollten, ob jüngere oder ausgewachsene, männliche oder weibliche Individuen. Von den Bauern wurden daher vorwiegend solche Tiere abgegeben, die sie für die weitere Zucht nicht verwenden konnten. Beim Rind überwiegen daher in dieser Phase die Reste der älteren weiblichen Tiere, die schon eine gewisse Zeit zur Zucht verwendet worden waren. Die männlichen Rinder wird man zum größten Teil schon als Jung tiere geschlachtet haben. Beim Schwein, das eine höhere Vermehrungsrate aufweist als das Rind, war die Zahl der adulten Tiere geringer, doch waren es zum größeren Teil überzählige männliche, die abgegeben wurden. Die Verhältnisse in Phase I/II der Burg Groitzsch glichen also in verschiedenen Punk ten denen, die auch in anderen Burgen dieser Zeit, wie z. B. Kretzschau-Groitzschen (Müller 1969), festgestellt werden konnten. Dagegen lassen die Unterschiede, die in Phase III gegenüber Phase I/II beobachtet werden konnten, auf beachtliche Ände rungen im Wirtschaftsgefüge der Burg schließen. Offensichtlich standen sie mit dem unter Wiprecht begonnenen Landesausbau im Zusammenhang, durch den sich zu gleich das Einzugsgebiet für die Abgaben vergrößerte. Am auffälligsten in dieser Phase ist, daß von Rind und Schaf/Ziege nicht mehr vollständige Tiere in die Burg geliefert wurden, sondern nur bestimmte Stücke von geschlachteten Tieren, was sich aus dem oben beschriebenen Überwiegen der Knochen aus den fleischreichen Körper partien und dem geringen Auftreten von Knochen der fleischarmen Partien ergibt. Die Abgabe von geschlachtetem Vieh scheint in damaliger Zeit keine Besonderheit gewesen zu sein, denn durch schriftliche Quellen ist für das 12. Jh. aus der Umgebung von Zeitz die Abgabe von „Schulterstücken“ belegt. In diesen Quellen wird z. T. noch genauer angegeben, welcher Art die Abgaben sein sollten, so wird z. B. „ein rechtes Schulterblatt“ gefordert oder „ein Schwein für die Herstellung von Schinken“, auch „ein Lamm und Mutterschaf“ (Brankack 1964, S. 233 ff.). Mit derartigen differenzier ten Abgabebestimmungen dürfte sich auch das verstärkte Auftreten der Knochen jüngerer Tiere bei Rind und Schaf/Ziege in Phase III und wohl auch in Phase IV erklären. Zu den Abgaben gehörten in Groitzsch aber nicht nur Schulterstücke oder Vorder viertel, sondern auch Hinterviertel sowie Rücken- und Rippenstücke. In diesem Zu sammenhang sei erwähnt, daß in dem Knochenmaterial der einzelnen Phasen der Anteil der Rippenfragmente von Phase I/II zu Phase V hin zunimmt (III: 4,59 Ge wichtsprozent, III: 8,51 %, IV: 10,0 % und V: 12,25 %).