DIE LEIPZIGER BURG DES 10. JAHRHUNDERTS Von Herbert Küas Verlauf der Forschung Burgen als Stätten der Verteidigung und Zuflucht, zugleich als Ausgangs punkte für Angriffe sind in ihrer stofflichen Gebundenheit an den Boden Bauwerke, deren Gestalt dem Wandel der Kriegsführung unterworfen ist. Im Zuge der historischen Forschungen fällt deshalb der Burgenarchäo logie die Aufgabe zu, die ursprünglichen Formen von Burgen wieder sicht bar zu machen, was mit beträchtlichen Schwierigkeiten verbunden sein kann. Ist die Burgsubstanz oberhalb des Terrains weniger widerstands fähig, wie Holz-Erde-Konstruktionen, kann sie in starkem Maße defor miert sein oder sich aufgelöst haben, wenn nicht natürliche Faktoren ihre Konservierung begünstigten. Festere Substanzen wurden gern zu neuer Nutzung an andere Orte verbracht; trotzdem können selbst abgebaute Fundamente durch die wieder verfüllten Fundamentgräben Schlüsse auf die Grundform von Burgbauten erlauben. Gut verwahrt im Boden bleiben zugeschüttete Burggräben, nur ist ihre Freilegung meist umständlicher. Besonders kompliziert wird die archäologische Ermittlung der Gestalt ältester Burgen dann, wenn diese durch fortgesetzte Umbauten gleichsam aufgezehrt sind. Schließlich denken wir noch an jene archäologische Situation, wo im Gegensatz etwa zu weithin sichtbaren Burgruinen auf Bergeshöhen alte Burgen unter dem Häusermeer von Großstädten ver schwanden. Dies gilt für die Burg von Leipzig, deren restliche Substanz nach langjährigen Ausgrabungen von den Rudimenten des über ihr er bauten Franziskanerklosters (Abb. 1) gelöst werden konnte und die nun durch eine hinlänglich gesicherte Rekonstruktion als eine Burg aus der 1. Hälfte des 10. Jahrhunderts bezeichnet werden darf (Abb. 15—17). Der ausführlichen Darstellung in einem für den Druck vorbereiteten Band 1 sind die vorliegenden Zeichnungen und Fotos entnommen und mit die sem Vorbericht verbunden. Bereits als der Name Leipzigs in slawischer Form zum ersten Male in Urkunden auftaucht, ist er verknüpft mit der Bezeichnung als Burg. Thietmar von Merseburg berichtet in seiner Chronik, daß der Bischof 1 H. Küas 1976.