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Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 10.03.1885
- Erscheinungsdatum
- 1885-03-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512382794-188503102
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512382794-18850310
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512382794-18850310
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote
-
Jahr
1885
-
Monat
1885-03
- Tag 1885-03-10
-
Monat
1885-03
-
Jahr
1885
- Titel
- Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 10.03.1885
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Unterhaltungs-Blatt zu« „Shemultzrr Auzelger .Ich hätte der Sache gleich ein sah; jetzt wäre ich nicht mehr Lnderuigen und war ans seiner Hut Man fette sich zu Tische und Wechselte einige glrichgiltig« Redensarten; als aber Laurent von seinem Leben erzählt«, von seiner Anstellung und den angeblichen Berbrechen, wie sie zwischen Moule und ihm vereinbart waren, unterbrach ihn Daeolard bald. „Sehr schön!" rief er. -Aber trotz alledem bist und bleibst Du eiu Spion." »WaS? Also noch immer?" fragte Laurent achselzuckenb. »Ja!" schrie Daeolard. »Du bist ein Spion. Ich weiß er, fühle es, und ich muß der Sache eiu Lude machen!" Damit sprang er in einem heftige» WuthauSbruch auf und stürzte sich auf Laurent, wie eiu Tiger auf seine Beule, aber Laurent wate «beu so schnell wie er. Er packte ihn mit der einen Hand am Arm, mit der andern zückte er sein Dolchmesser. »Nimm Dich in Acht, Daeolard!" rief er drohend. »Schließlich geht mir die Geduld aus!" Daeolard wurde plötzlich ruhig; nicht als ob er sich gefürchtet oder zum Kampf« unfähig gefühlt hätte — trotz seiner 52 Jahre konnte er eS wohl mit dem jungen Manne aufnehwrn — aber ihre Blicke waren sich begegnet, furchtbar, unversöhnlich. Er sah, daß er einen Mann vor sich hatte, und er liebte das. »Du hast doch eiu Herz in der Brust." sagte er endlich, sich von Laurent loSmachend. »ES war eine Dummheit," murmelte er dann dumpf und setzte sich wieder. Ende machen sollen, sobald ich Dich dazu im Stande." »Wahrhaftig?" meinte Laurent .Ich sehe auch nicht ein. wes halb Da eiu Ende machen mußt. Nichts zwingt Dich dazu. UebrigeuS düxnke dabei auch, was ich Dir vorhin gesagt habe: ich habe nicht Lust, Deine Launen und Rohheiten zu ertragen." Daeolard schien in finsteres Hinbrüten versunken. »Bei Gott!" murmelte er und warf einen eigeolhümlicheu Blick auf Laurent. »Ich weiß nicht, was mich abhält — aber ich kann nicht!" »Ob Du kannst oder nicht," versetzte Laurent, »ich sage Dir, fange nicht noch einmal an." »Und doch," fuhr Daeolard mit bitterem Lächeln fort, „wirst gerade Du mich verderben; ich weiß eS, Du wirst mich bald der Polizei überliefern. Da wirst ihn zu Falle bringtn, diesen Kopf, auf den in Italien ein Preis gesetzt war. nach dem so viele Schergen vergebens gehascht haben. Nun wohl! Sri es drnm! Es wäre mir ja leicht, dem zu entgehen, aber eine unerklärliche Erstarrung hat sich meiner bemächtigt." »Ach was!" besetzte Laurent spöttisch lächelnd. »Du wirst lang weilig mit Deiner Melancholie, mein lieber Daeolard. — Behalte Deinen Kopf, ich bitte Dich, ich will ihn nicht — und mag er auch noch so viel werth sein! - Du träumst von nichts als von Verräthern, Du bist ein Hasenfuß, der vor seinem eigenen Schatten Angst hat." »Ich Angst?" versetzte Daeolard, bei dem Borwurf mit der Achsel zuckend. „Schön! Soll ich es Dir selbst beweisen, daß ich mich in Bezug aus Dich nicht täusche, und zwar so klar und deutlich, daß Du mir nichts darauf erwirk ern kannst?" Er ließ Laurent von seinem Lebenslauf wiederholen, was er eben erzählt hatte; er stellte Fragen, ging auf Einzelheiten ein, kam aus jenes angebliche Verbrechen zurück, kennzeichnet« dasselbe in seiner ganzen Unwahrscheinlichkeit und bewies Laurent so unzweideutig, daß er nicht von Lubin, sondern von der Polizei abgeschickt sei, daß Laurent bald nicht mehr wußte, was er antworten sollte. »Genug! Du langweilst mich,' brach er ungeduldig ad. um aus der Verlegenheit zu kommen. „Glaube, was Du Lust hast, das ist mir gleich, nur fange nicht wieder die alte Geschichte an. Ich kann Dir nur das Eine wiederholen: wenn ich wäre, wofür Du mich hältst, so wäre ich nicht allein hergekommen, um mich Deinem Grimm und Deiner Wulh auSzuseizen. Ich hätte Dich ganz einfach ver haften lassen. »Lassen wir dar!" unterbrach ihn Daeolard, der nichts weniger als überzeugt war; »Du hast Math, wie ich Dir schon gesagt habe Du kannst Dein Handwerk aulgeben. — Willst Du bei mir bleiben — unter meiner Leitung arbeiten?" »Nein!" „Nein! Weshalb nicht? — Du sollst Dich nicht beklagen können, das verspreche ich Dir. — Du wirst frei sein, ja ich werde mich Dir meist unterordnen — ich werde Dich liebgewinnen — ja, liebge- winnen, das fühle ich!" »Nein! — Das paßt mir nicht," erwiederte Laurent. „Du willst also Dein Gewerbe weiter betreiben?" fragte Daco- lard, schmerzlich seufzend. „Du wärest etwas Besseres weith!" „Genug!" fiel Laurent achselzuckend ein. „ES ist schon spät; ich habe meinen Auftrag ausgerichtet und morgen früh kehre ich nach Paris zurück. Du wirst mich nicht daran hindern. Für den Augen blick aber bin ich müde, und möchte gern etwas ruhen. Kann man hier in dem Karren irgendwo in einer Ecke schlafen?" Daeolard war in finsterer Erregung aufgestandcn, er zeigte mit der Hand auf einen Mantel und mehrere Decken, die auf den Dielen auSgebreitet waren; das war sein eigenes Bett. »Ich beraube Dich doch nicht?" fragte Laurent. „Nein; ich bin freilich auch abgespannt, aber nicht müde — kannst Du so schlafen?" »Weshalb nicht? Du hast mir versprochen, Dich nicht wieder wie ein wildes Thier NLch meinem Blute gelüsten zu lassen." »Und Du traust meinem Worte? — Wenn ich nun nicht meiner Herr bin?" »Du wirst Deiner Herr sein, Du bist ein Schurke, ein Räuber, alle- Mögliche, aber ein Feigling bist Du nicht, d.'s habe ich Wohl gesehen, und Du wirst keinen Menschen im Schlafe ermorden." „Hm!" brummte Daeolard „Du thust unrecht, darauf zu bauen! wollen, so wäre eS schon geschehen Ja, wenn Dir Jemand in diesem Augenblick ein Leid anthun wollte, würde ich mich für Dich todt- schlageu lassen. Weshalb? Das weiß ich selbst nicht, aber «S ist so!" Sie gingen hinaus. Die .Hund« fingen an zu knurren, schwiegen aber, sobald sie Daeolard erkannten; einer von ihnen, Rustand, folgte ihuen. Die Seiltänzer schliefen bereits. Es war eine herrliche, milde, sternenklare Sommernacht. Sie überschritten den Platz und die stillen Straßen; bald hatten sie den Flecken hinter sich und wandelten auf's Geradewohl querfeldein. »Diese reine Lust! Hier lebt man auf," meinte Daeolard, er leichtert ausathmend. »Wohin gehen wir denn?" fragte Laureut, der allmählich etwas unruhig wurde. „WaS kommt darauf an? erwiederte Daeolard. »ES ist unser Morgeuspaziergang." Auf einem fernen Lirchthurm schlug es zwei Uhr. Bald erneuerte Daeolard sein Anerbieten; er bat Laureut inständig, bei ihm zu bleib:n, mit ihm zu arbeiten. »Nein!" erwiederte Laurent. »Das ist mein letzter Wort, sprechen wir nicht mehr davon!" Daeolard glaubte den Grund seiner Weigerung zu erkennen. »O, ich weiß, war Dich abschrcckt: diese erbärmlichen Kerle, in deren Gesellschaft Du mich getroffen hast, diese jämmerliche Lumpen- wirthschaft, diese lächerlichen Rumpelkasten! Glaubst Du denn, daß ich Dir das anbieten wollte? O nein, Gott sei Dank! Ich habe andere Ideale! Höre wich an: in Frankreich ist nichts zu machen, auch im Süden nicht. Noch vor ganz kurzer Zeit hat man einen Versuch grmacht, dos Räuberwesen hier einzuführru; derselbe hat zu nichts geführt. Da lob' ich mir Italien! Ach, ich hätte es nie ver lasst« sollen." Er entwickelte seine Entwürfe, sein lange geplantes Vorhaben: sich mit seiner Truppe von Ort zu Ort bis zur italienischen Grenze durchzuschlagen, in Piemont eivzudrängen und von da aus unter den größten Vorsichtsmaßregeln die Apeuninen zu gewinnen; einmal dort augclangt, werde man an's Werk gehen, aber ordentlich! Die Um stände lagen so günstig, wie nur möglich: die ganze Halbinsel sei von politischen Parteizwisten beunruhigt. Was für Feld züge könnt: mau im Königreich Neapel, in Kalabrien unternehmen. »Ich lasse mich von irgend einer Partei, die in den letzten Zügen liegt, anwerben. Hat doch Fra Diavolo ein Oberstenpatent erlangt, warum sollte cs mir nicht gelingen, Kapitän zu werden? Dann wirst Du mein Leutnant." Damit schob er seinen Arm in denjenigen Laurent s; dieser aber schüttelte abweisend den Kopf. »Sage nicht nein," rief Daeolard, „sonst müßte ich glauben. Du hättest kein Herz in der Brust und ich hätte mich geirrt. Natür lich lege ich den dummen Namen Daeolard, den ich mir, wer weiß noch wo und bei welcher Gelegenheit, zuzelegt habe, wieder ab und nehme meinen alten Kricgsnamen wieder an, Antonio Cruzzini." — »Antonio Cruzzini!" rief Laurent auffahrend. „Was soll das?" fragte Daeolard. »Du kennst jenen Namen? — Immerhin möglich! Habe ich ihm doch eine gewisse Berühmtheit verschafft. Aber das sind nun fünfzehn Jahre her, und damals warst Du noch sehr jung." „So hast Du Dich einstmals Antonio Cruzzini genannt?" fragte Laurent. »Weshalb fragst Du mich danach?" erwiederte Daeolard. „Darum! — hast Du einen gewissen Georges Dalissier gekannt?" (Fortsetzung folgt.) Verloren! Roman von Ewald August König. (Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.) Aber nein" verbesserte er sich unmittelbar daraus. »Du hast recht, ich könnte es nicht." Laurent schlummerte allmählich ein, doch fühlte er sich nicht so sicher, daß er nicht von Zeit zu Zeit die Augen etwas geöffnet und einen Blick auf Dacclard geworfen hätte. Dieser stand aufrecht vor ihm, die Arme gekreuzt, in tiefes Nachdenken versunken; ab und zu machte er eiu paar Schritte durch den kleinen Raum, um bald wieder in stummer Betrachtung vor Laurent stehen zu bleiben, dessen Züge «ne qualmende Lamp: schwach erhellte. Dann nahm sein Blick einen Ausdruck zärtlicher Weichheit an, dessen man ihn nicht für fähig gehalten hätte, und durch den sich Laurent wider Willen bewegt fühlte. Plötzlich machte er eine ungeduldige Bewegung und schien einen endgiltigen Entschluß zu fassen. Er beugte sich über Laurent und berührte ihn leise an der Schulter mit den Worten: »Steh' auf und komm I" „Wie? Ich soll kommen — wohin denn?" fragte Laurent. „Fort von hier! Ich ersticke — die frische Luft wird mir gut thun, und Dir auch Wir können im Freien plaudern — mir brennt der Kopf wie im Fieber." »War Du für seltsame Ideen hast!" versetzte Laurent und stand widerstrebend auf, „Doch meinetwegen! — Aha, jetzt begreife ich erst," fuhr er dann nach einer Pause fort. »Du hast Dir ein kleines Planchen auSgeheckt; hier, hast Du Dir gesagt, würde mein Leichnam Dir im Wege sein; im weiten Felde aber —" »Du wußt recht gut, daß dem nicht so ist!" unterbrach ihn Dacolord, ungeduldig die Achseln zuckend. »Hätte ich Dich tödten „Sie vermuthen Wohl, ich selbst—" „Lassen wir das, verehrter Freund, mir ist es ja sehr gleich- giltig, ob der Optikus schließlich noch unter Anklage gestellt und ver- urtheilt wird, ich wollte Sie nur darauf aufmerlsam machen, daß nach dem Verschwinden einer so namhaften Summe die Kasse Ihrer Mutter wahrscheinlich erschöpft ist." „Ich werde die Quellen, aus denen sie wieder gefüllt werden kan», schon zu öffnen wissen, wenn ich mit meiner Mutter ausgesöhnt bin. Und nun nennen Sie mir das Mittel, das mich von der drückenden Kette befreien kann." „Ist in der Familie Ihrer Frau schon ein Fall von Geistes störung vorgekommen?" fragte der Chevalier leise. In den dunklen Augen Ravens blitzte es auf, die schwer wiegende Bedeutung dieser Frage hatte er sofort verstanden. »Ich habe mich noch nicht danach erkundigt," erwiederte er, „möglich wäre es. Uebrigcns glaube ich Spuren von Geistesstörung schon bei meiner Frau entdeckt zu haben. Unbedeutende Kleinig keiten, über die ein verständiger Mensch lachen würde, versetzen sic in die furchtbarste Aufregung, sie lacht oder weint plötzlich über nichts, und jedem vernünftigen Zureden ist sie in solchen Augenblicken unzugänglich." »Vortrefflich!" sagte der Chevalier. »Wenn Sie nach London kommen, so setzen Sie sich mit einem Arzte in Verbindung, der die junge Frau in solchen Augenblicken beobachtet. ES giebt dort Privat Heilanstalten, die allerdings etwas theuer sind, aber den Vortheil haben, daß sie ihre Patienten streng überwachen." »Gefährlich ist die Sache nicht?" fragte Raven mit gedämpfter Stimme. »Ich wüßte nicht, welche Gefahren Ihnen daraus erwachsen könnten!" »Die Familie wird wissen wollen, wo meine Frau geblieben ist, wenn ich allein heimkehre." »So sagen Sie es ihr!" „Dann schickt sie einen Bevollmächtigten nach England, der an Ort und Stelle sich erkundigen soll." »Er wird vollständig beruhigt zurückkehren." „Glauben Sie? Wenn er darauf dringt, die Patientin zu sehen —" »So liegt immerhin die Möglichkeit nahe, daß er diese Forder uug in einer Stunde stellt, in der die Patientin sich in der Zwangs jacke befindet," spottete der Chevalier. »Fürchten Sie doch nicht, daß der Leiter der Anstalt die Verantwortlichkeit vergessen könnte, die er Ihnen gegenüber übernommen hat." „Kennen Sie eine solche Anstalt?" fragte Raven, an der Unter lippe nagend. „Nein, aber eS wird Ihnen nicht schwer fallen, sie zu finden, wenn Sie in London sich darum bemühen. Wann wollen Sie reisen?" „Morgen früh mit dem ersten Zuge." »Fürchten Sie nicht, daß der Optiker Ihnen eiu Hinderniß in den Weg legen könnte?" »Nein, er hat einstweilen genug." »Gleichwohl könnte er morgen früh auf dem Bahnhofe sein." »Und wenn eS der Fall wäre, kann er meine Abreise ver hindern ?" gebe, viel. sagt« »Da» nicht, aber er kann Ihnen eine unliebsame Szene reiten. Ich will Ihnen einen Beweis meiner Freundschaft und morgen früh mich ebenfalls auf dem Bahnhofe einfinden, leicht kann ich Ihnen dort nützlich sein." »Ich nehme dieses freundliche Anerbieten dankbar an," Raven, »Sie werden den Mann augenblicklich erkennen —" »Ich kenne ihn ohnedies, habe früher schon ihn besucht, n» einen klemen Einkauf zu machen. Wahrscheinlich komme ich binnen Kurzem ebenfalls nach London, legen Sie beim Portier im Met«. politan-Hotel, Oxford Street, Ihre Adresse nieder, damit ich Eft anfsuchen kann. Es wäre sehr wohl möglich, daß Sie auch dort meine Hilfe wünschenswerth fänden, ein Zeuge, der die Geistes krankheit Ihrer Frau bestätigt, könnte immerhin Ihnen von Nutzen sein." »In der Thal, Sie denken an Alle-!" erwiederte Rave«, »kommen Sie nnr bald, ich sehne mich danach, von dieser Fessel be- freit zu werden." »Vergessen Sie nicht, daß eS Geld kostet!" »Ich werde mir's zu verschaffen wissen, die Gesellschafterin meiner Mutter wird mich hoffentlich nicht im Stich kaffen, sie hat mir aus freien Stücken ihre Vermittelung angeboten. Wen» dies Alle- gelingt, dann kann ich ohne Furcht Heimreisen, mit den Ver wandten meiner Frau will ich schon fertig werden, ich beweise Ihnen, daß ich für die Unglückliche thue, was ich kann, mehr darf man von mir nicht verlangen." »Uud mehr wird auch Niemand verlangen," erwiederte der Che valier ruhig; »wird Ihnen dennoch der Boden dort zu heiß gemacht, so reisen Sie nach Paris, cs ist die einzige Stadt, in der man sich amüfiren kann." »Ich glaube, daß ich daran erst denken darf, wenn ich meine Mutter beerbt habe, dann aber will ich anfangen, mein Leben zu genießen. Hätte ich nur diesen einen dummen Streich nicht begangen. Aber ich war vernarrt in das Mädchen, ich glaubte ohne sie nicht mehr leben zu können." »Wenn die Trauung nicht rechtsgiltig ist, so hat die Sache wenig zu bedeuten —" „Bedenken Sie die schweren Opfer, die mir nun aufgebürdet werden!" »Wenn Sie diese Opfer nicht bringen können oder wollen, so lassen Sie die Frau laufen, geben Sie ihr die Mittel, daß Sie zu ihren Angehörigen zurückkehren kann. Sie selbst werden dann aller dings noch einige Zeit der Heimath fern bleiben müssen, aber Sie können sich ja auch aus der Ferne mit der Mutter versöhnen und in Paris das Wetter abwarten " »Nein, nein," sagte Raven hastig, indem er sich «hob, »die Heimkehr wäre mir dann sür immer unmöglich gemacht. Daß die Trauung nicht rechtsgiltig ist, dürfen di« Angehörigen meiner Frau nicht erfahren, sie würden daraufhin Prozesse gegen mich anhängig machen, die mir höchst unangenehm werden könnten. Und stirbt meine Mutter, so würde meine Frau ihre vermeintlichen Rechte geltend machen und die Hälfte des Nachlasses fordern." > »Das Alles haben Sie freilich nicht mehr zu befürchten, ^ wenn sie in der Anstalt ist," erwiederte der Chevalier glrichgiltig, während sie die Schenke verließe», „sie kann Ihnen dann in keiner Welse mehr lästig fallen. Wir wollen in London darüber «och näher brrathen." „Einverstanden," nickte Robert Raven, dem Freunde die Hand bietend, »und nun gute Nacht, auf baldiges Wiedersehen!" „Morgen früh auf dem Bahnhofe," sagte der Chevalier, den Händedruck erwiedernd. »Wenn Sie es nicht verschlafen!" »Bah, was ich mir vorgenoisimen habe, das führe ich auch auS, gute Nacht." Der Chevalier blieb stehen uud schaute dem rasch von dannen schreitenden Freunde mit einem tückischen Blicke nach. ' »Sind wir erst so weit, sollst du meine Hilfe theuer bezahlen," murmelte er, dann se:te er seinen Weg fort. Robert Raven verließ die Stadt und eireichte nach einer halb stündigen Wanderung ein kleines, von üppigen Gärten umgebene! Landhaus, in dem er mit seiner Frau Wohnung genommen hatte. Er hatte gehofft, hier einige Wochen ruhig verleben zu können, er glaubte nicht, daß der Verfolger ihn hier finden würde, nun mußte er abermals flüchten, und die Verfolgung nahm voraussichtlich kein Ende, so lange er an diese Frau gekettet war. Er war ihrer schon überdrüssig, sie verstand es nicht, den Uebersättigten dauernd zu fesseln, sie war dazu nicht geistreich und auch nicht kokett genug. Sie hatte ihm Alle- gegeben, was sie geben konnte, sie besaß nicht das Talent, ihrer äußeren Erscheinung immer wieder neue Reize zu verleihen, und dabei war sie in ihren Wünschen und Ansprüchen nur schwer zu befriedigen. (Fortsetzung folgt) Die Frage -er Berufswahl tritt mit kommendem Osterfeste wi.der lebhaft rn viele Eltern und die Schule Verlassende heran. Außerdem ist dieselbe gerade bei un lebhafter als je durch die trefflichen Vorträge des Herrn Schul direktor Rudolph angeregt worden, so daß es uns recht zeitgemäß dünkt, einige Verse aus dem reichen Liederschatz Karl Stieler'S, deS hier sehnlichst erwarteten und nun doch in Bälde zum Vortrag im »Kaufmännischen Verein" erscheinenden AlpeudichterS, hier zum Abdruck zu bringen. Was wert»' ma? Der Alte hat sein' Bub'n so gern, Und inoant, er soll was b'sunders wsr'n, Und überall laust er nmanand Und s>agt, wie's is in jeden, Stand. Zum Pfarrer gehen'- z' cischt, der schnupft, Na hat er an sein Kappl zupft Und brummt, (weil drunt a Madel geht) All's cndcr, nur ka Pfarrer net. Ter Göt»*) war bei der Militär, Den fragen's aa: „O mei", sagt der, Und draht sein Stelzfuß, „war scho schab' — All's ender, Bua, »nr koa Soldat!" Der Schuster »want: „Wenn i Enk s sag', As Handwerk is a schieche Plag', Koa Geld — um Fünfe ons'm Bett; All s ender, nnr koa Schuster net." — An Landg'richtr-Pratikanten fragt er, Wie's mit der S.udi**) i»? — „Ohhh", sagt der, (Und kratzt sein' grauen Kaps), „a Schaut»! All's ender, nur koa Pratikant!" Z'letzt fragt er 'n Maler. — „Ah 's »s nix", Schreit der, und z'reißt die ganze Wix, „Erst d' Plag, na kaufen- nix. die Herr'»; Der Teufel möcht' a Maler wer',,." „O, nur net dös" — hoaßt's hint und vorn, Der Alte is völli rappelt wor'n; Was werd ma jetz'? (I glanb's «am gern!) Wer Buben hat — kunnt narrisch wer'n! *) Pathc- — ", Studium. Verantwortlicher Redakteur Franz Götze in Chemnitz. — Druck und Verlag von Alexander Wiede in Chemnitz.
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