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kann als Heilszeichen im wörtlichen Sinne aufgefaßt worden sein, so daß — vielleicht nach einem wundersamen Ereignis — auf die Heilkraft des Blutweiderichs besonders hingewiesen werden sollte. Nun befinden sich allerdings auf den beiden Brakteaten des Archivs vier Buchstaben: AECB, oder rückläufig: ABCE, die sich bisher noch nicht eindeutig haben auflösen lassen. Ob es sich dabei um bloße Buchstaben, wie auf anderen ABC-Brakteaten, handelt, oder um andere Bezeichnungen, soll hier nicht entschieden werden. H. Buchenau 35 schlägt vor: „Argentum examinatum candidum bonum“, oder daselbst Anmerkung: „Argentum Egerense can- didum (oder cursale oder sommune) bonum“. So stützt sich also die Ansicht, daß Heinrich IV., der Mittlere, von Weida- Gera ein anderes Symbol als sein Bruder und sein Neffe benutzte — und zwar den weidenähnlichen Weiderich — auf drei unverrückbare Grund pfeiler. 1. Auf die Dreiblattspitze, bzw. Dreiknospenspitze als einer vog- teilichen Prägung. 2. Auf den von W. Schwinkowski nach Gera gewiese nen Brakteat, der den Löwen, die Röschen und die Umschrift „GERA“ enthält und 3. auf das Lilienwappen des Geschlechtes von Plauen, bei dem auch wieder die Röschen im Schildeshaupt erscheinen. Wenn hier den Weiderich-Gewächsen der Vorzug vor den Weidenzwei gen gegeben wird, dann hat das folgende Gründe: 1. befindet sich auf dem Siegel des Weidaer Vogtes von 1318 ebenfalls eine Pflanze mit lan- zettlichen, weidenartigen Blättern und röschenförmigen Blüten, 2. be stehen im Umlaufgebiet der Brakteaten, dem jetzigen Plauener Land, weniger Voraussetzungen für ein Weidengebiet, als vielmehr für die Weiderich-Gewächse (Berghänge, Hochwald, Teiche), und 3. muß eine Pflanze, die einem Adelsgeschlecht als Symbol gedient hat, auch eine gewisse Bedeutung, ein Ansehen im Volke gehabt haben, und das ist bei dem Weiderich als Heilpflanze eher gegeben als bei der Weide. Die Heil kunst des Mittelalters war doch beinahe ausschließlich auf pflanzliche Wirkstoffe angewiesen und man kann sich heute kaum noch vorstellen, welches Ansehen eine volkstümliche Heilpflanze hatte. Unter meinen Büchern befindet sich ein „Atlas der Heilpflanzen“, der vom Erzherzog Joseph verfaßt und von seiner Tochter, Fürstin von Thurn und Taxis, bebildert wurde, Regensburg etwa 1903. Der „dank bare“ Verfasser hat diese Heilpflanzen nach „hartnäckigem, schweren Leiden“ und nachdem er „vollständige Genesung in Wörishofen“ fand, dem Andenken des Prälaten Seb. Kneipp gewidmet. Ein Beispiel also für die Hochschätzung der Heilpflanzen bei Fürsten noch in jüngster Zeit. 35 H. Buchenau 1898-1906, S. 162.