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dann wird man keine Bedenken tragen, die Gattung der Weidenröschen als Symbol der Geraer Vögte anzusprechen. Aber vielleicht darf man sich nicht einmal auf eine ganz bestimmte Gat tung der Weiderichgewächse festlegen, es könnte die Weidenverwandt schaft allein schon genügt haben. Einmal mag der Schotenweiderich, ein mal der Blutweiderich und wieder ein andermal der Gilbweiderich als Symbol benutzt worden sein. Der Blutweiderich z. B., eine Heilpflanze, war ein Volksmittel zum Blutstillen, gegen Durchfall und gegen Katarrh. Im Volksmund heißt er auch: Stolzer Heinrich, und dieser Name deutet auch wieder auf das Geschlecht der „Heinrichinger", denn seit etwa 1200 tritt bei den männlichen Nachkommen ausschließlich der Name Heinrich in Erscheinung. Auch den Gilbweiderich (Lysimachia) kann man zu den Vorbildern zählen, denn auch er war Volksarznei (Lysimachia nummularia = Münz-Pfennig-Goldkraut). Gerade Heilpflanzen scheinen im Mittel- alter mit besonderer Vorliebe als Symbole benutzt worden zu sein, das beweist die Raute (Ruta graveolens) als Wappensymbol bei den Grafen von Mansfeld sowie die Minze (Mentha) als Namenssymbol des Minzen berger Grafengeschlechts. Wenn wir nun das dreiarmige Zeichen, aufgrund der bisherigen Erörte rungen, als Dreiblattspitze oder Dreiblattzepter ansprechen dürfen, das von eine Linie der Weidaer Vögte, von Gera, als ihr Symbol benutzt wor den ist, dann erhalten die vogteilichen Prägungen in der ersten Hälfte des 13. Jh. ein inneres Gleichgewicht. Neben denen der Weidaer Vögte Hein rich III. und Heinrich VI. wären dann auch die Prägungen des Geraer Vogtes Heinrich IV. erkennbar, und wir können etwas sicherer an die viel umstrittenen Äbtissinnenmünzen herangehen, die zum größten Teil mit einem vielblättrigen Weidenzweig geprägt sind. Die Erkenntnis H. Buchenaus, daß der Weidenzweig das Familiensymbol der Weidaer Vögte gewesen sei, müßte nun dahingehend erweitert oder abgewandelt werden, daß jedoch verschiedene Linien dieser Familie auch verschiedene Formen benutzen. Die Weidaer Form wäre die Darstellung des ganzen Weidenzweiges und die Geraer Form die einer Zweigspitze mit drei Blät tern oder Spitzen, die auch einem weidenähnlichen Gewächs entstam men können. Ob die dritte, die Greizer Linie unter Heinrich V., ebenfalls eine eigene Form benutzte, muß vorläufig noch unentschieden bleiben. Wir müssen aber jetzt aus der Tatsache, daß auf den Brakteaten mit Äbtissin und Weidenzweig stets nur der vielblättrige Zweig erscheint, den Schluß ziehen, daß dafür eben doch nur die Weidaer Vögte in Frage kommen können. Die Sachlage wäre dann etwa so, wie sie schon kon sequent von D. Menadier dargelegt wurde: „Die Äbtissinnenmünzen haben nur Sinn und Bedeutung, wenn sie für das geistliche Gebiet der