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Nr. 3S - 5. Jahrgang. und KtaStbote. ^ Dienstag, 17. Februar 1885. Unparteiisches Tageblatt für Chemnitz und Umgegend besonders für die «ororte: Mchenuch, Mendorf, Bernsdorf, Borna, Ebersdorf, Furch, Sablenz, Slösa, H elber-dors,Hilber-drrf, Kappel, Neustadt, Schöna« L Unterhaltungs-Blätler, LLL'ILKZ: Anzeige«.Bilderbuch. Wbonuemeuisbestelluuaeu, vierteljährl. 150 Pf. (Zutr. 40 Pf.), «onatt. 50 Pf. (Zutr. 1b Pf.), «ehmen an die BerlagSexpedinon und Ausgabestellen in Themnitz «nd obige« Vorone». Außerhalb dieser Orte kann der Anzeiger »nr bei de« Postanstalten — PoftzeituugS-Preisliste für 188b Nr. 1114 — bestellt «vcke«. In Oesterreich-Ungarn ist der Ehemuitzer Anzeiger zum Abonnementspreise von vierteljährlich 1 Gulden 54 Kr., monatlich 52 Kr. (exkl. Agiozuschlag) durch die Postanstalteu zu beziehen. Jnfertiou-prei-: die schmale (Ispaltige) KorpuSzeile oder deren Raum 1b Pfennige. — — Unter Lingesandt pro Zeile 30 Pfennige. — Auf große Annoncen und Wiederholungen Rabatt. — Annoncen-Annahme für die nächste Nummer bis Mittag. — Ausgabe jeden Wochentag Nachmittag. Annoncenbestellnnae« von answärtS wolle man de« JnsertionSbetrag stet» beifügen (kleinere veträgo in Briefmarken) je 8 Silben der gewöhnlichen Korpusschrift bilde» «in« Zeile und koste« 1b Pfennig«. BerlagS-Expedition: <klexa«der Wiede, Buchdruckerei, Themnitz» Theaterstraße 48 (ehemalige» Bezirksgericht, gegenüber dem Kasinos. Bekanntmachung, die Reklamationen gegen die Abschätzung zu den Oemeindeanlagen betreffend. Nachdem da- Austragen der Anlagenzettel in der Hauptsache beendet ist, haben wir zufolge 3 43 deS Anlagenregulativs als Schlußtermin, bi« zu welchem, einschließlich desselben, Reklamationen gegen die Einschätzung zu den diesjährigen Bemeinoeanlagen anzubringen sind, den 18. Februar d. IS. anberaumt. , Reklamationen, welche später eingehen, haben nach der weiteren Bestim- mung d«S vorgenannten 8 43 des Anlagenregulativs keinen Anspruch auf Berücksichtigung. Diejenigen Anlagenpflichtigen, welche Anlagenzettel noch nicht erhalten haben, sind in Bezug aus die Reklamation bei Verlust derselben gleichfalls an die obenbemerkte Frist gebunden. Diese Anlagenpflichtigen werden daher hiermit aufgefordert, von ihrer Einschätzung zu den diesjährigen Gemeinde abgaben in unserer Einschätzungsexpedition, innere Johannisstraße 1 (Adler- Apotheke) l Treppe, Kenntniß zu nehmen. Durch die Reklamation wird die Verpflichtung zur Zahlung der inzwischen fällig werdenden Steuertermine nicht ausgeschoben: es hat vielmehr die Zahl ung in Gemäßheit der Einschätzung zu erfolgen. Die Ausgleichung geschieht bei dem nächsten Steuertermine, bez. nach Beendigung des Reklamations verfahrens. Der Reklamation ist der behändigte Anlagenzettel beizufügen. Diejenigen Reklamanten, welche bei Fälligkeit eines Termines noch nicht wieder in den Besitz des eingereichten Anlagenzeltels gelangt sind, haben dessen in der Anlageneinnahme bet Bezahlung des betreffenden Termins Erwähnung zu thun. Chemnitz, am 2. Februar 1865. Der Rath der Stadt Chemnitz. Andre, Ür., Oberbürgermeister.Sühnel. Bekanntmachung. Inhalts des nach der Bekanntmachung vom 6. dieses Monats hier zur Einsicht ausliegenden Entwurfs des 14. Nachtrags zur Bauordnung der Stabt Chemnitz, den Bebauungsplan über einen Theil des zwischen der Zwickauerstraße, der Flur Kappel, dem Kohlen- und Rangirbahnhof und der Göthestraße gelegenen Areals betreffend, sollen der längs des Walkgrabens führende Weg zwischen der Göthestraße und der im vorgedachten Bebauungs plan mit 6. v. bezeichneten Straße, sowie der von der Zwickauerstraße zwischen de» Flurparzellen 2244 und 2245 nach dem Walkgrabenweg führende Weg eingezogen werden. Gemäß den Bestimmungen in 8 14 des Gesetzes über die Wegebaupflicht vom 12. Januar 1870 wird diese Absicht hiermit bekannt gemacht mit dem Bemerken, daß etwaige Widersprüche gegen die Einziehung der vorbezeichneten Wege binnen 3 Wochen, von gegenwärtiger Bekanntmachung an gerechnet, in, RathhauS llinkS, 2 Treppen, Zimmer 55) anzubringen sind, und daß nach Ablaus dieser Frist eingehende Einwendungen und Anträge kein Recht aus Berücksichtigung finden Chemnitz, den 12. Februar 1835. Der Rath der Stadt Chemnitz. Andrö, Vr., Oberbürgermeister.Wilde. Bekanntmachung, die Grundsteuer betreffend. Nachdem am I. Februar dss. Js. der 1. Termin der diesjährigen staatlichen Grundsteuer mit 2 Pfennigen von jeder Steuereinheit fällig gewesen ist und die hierfür gesetzlich nachgelassene I4tägige Zahlungsfrist mit heute abläuft, so bringen wir hierdurch zur Kennt niß, daß gegen etwaige Restanten dieses Steuertermins die vorgeschriebenen Zwangsmittel werden in Anwendung gebracht werden. Chemnitz, den 14. Februar 1885. Der Rath der Stadt Chemnitz. Andre, vr., Oberbürgermeister. Konkursverfahren. Das Konkursverfahren über das Vermögen des Schneiders Karl Gustav Gebhardt in Chemnitz wird nach erfolgter Abhaltung des Schlußtermins hier durch aufgehoben. Chemnitz, den 11. Februar 1885. Königliches Amtsgericht. Nohr. Begl-: Schulze, Ger.-Schr. Konkursverfahren. Das Konkursverfahren über das Vermögen deS Baumeisters Ernst Eduard Heidrich, früher in Hartmannsdorf, wird nach erfolgter Abhaltung de- Schluß termins hierdurch aufgehoben. Chemnitz, am 12. Februar 1885. Königliches Amtsgericht. Nohr. Begl.: Schulze, Ger.-Schr. ES wird ersucht, den derzeitigen Aufenthalt des Pferdeknechts Friedrich Wilhelm Gotthardt — geboren am 2. Mai 1865 in Frauendorf, bis vor Kurzem hier —, gegen welchen in einer hier anhängigen Straffache die Haupt verhandlung stattfinden soll, hierher anzuzeigen und Gotthardt im Betretung-« falle hierher zu weisen. Königliches Amtsgericht Chemnitz, am 9. Februar 1885. Becker. Oesfentliche Zustellung- Der Färbereibesitzer Emil Dehnert zu Mittweida, vertreten durch de« Rechtsanwalt Schneider daselbst, klagt gegen den Buchdrucker Emil NeuhauS, früher in Mittweida, jetzt unbekannten Aufenthalts, wegen einer DarlehnS- forderung von 500 M. s. A. mit dem Anträge auf Berurtheilung de- Be klagten zur Bezahlung von 560 M- sammt Zinsen zu 4>/, v. H. jährlich vom 6. Januar 1888 und zur Tragung der RechtSftreitSkosten, sowie die Aus zahlung des bei dem König!. Amtsgericht Mittweida hinterlegten Betrag- von 300 M. s. A- an den Kläger geschehen zu lassen, ladet de» Beklagten zur mündlichen Verhandlung des Rechtsstreit» vor die zweite Zivilkammer de» Königlichen Landgericht- zu Chemnitz auf Dienstag den 2l. April 1885 Vormittags 9 Uhr mit der Aufforderung, einen bei dem gedachten Gerichte zugelaffene» Anwalt zu bestellen. Zum Zwecke der öffentlichen Zustellung wird dieser Auszug der Klage bekannt gemacht. Chemnitz, den 14. Februar 1885. Steinmetz, Gerichtsschreiber de» König!. Landgerichts. Lele-»a««e des EHemuitze» Vrrzeige*». Bom 15. Februar. Hannover. Der .Hannoversche Courier" veröffentlicht Briefe von Bord S. M. Kanonenboot ,Hyäne", welche bi» Ende November 1884 reichen und in denen die Besitzergreifungen im Neubritannischen Archipel und an der Nordwestküste von Neu Guinea, da- Hissen der deutschen Flagge am Friedrich-Wilhelms-Hafen und dem Hasen von Hyonday, sowie die Entdeckung eines dritten Hafens auf Neu-Guinea geschildert werden. Graz. Moritz Kaiserfeld ist gestern Abend auf seinem Land- sitze Birkfeld gestorben. Paris. Das Zuchtpolizeigericht verurtheilte sieben von den Veranstalter« der Anarchisten-Versammlung am Montag zu je drei Monaten, einen zu sechs Monaten Gefängniß. Rom. Die dritte Expedition nach dem Rothen Meere wird nach dem 22. d M. in Neapel eingeschifft werden. — Kardinal Chigi liegt im Sterben. Rom, 1«. Februar. Kardinal Chigi gestorben. Ade«, 1«. Februar. Ciner Stesauimeldung zu folge überbringt soeben ekn britischer Dampfer »ie Rachricht, daß die Gerüchte über den Aufstand in Harrae unbegründet find. Die Anarchisten irr Paris In der Hauptstadt Frankreich» geht einmal wieder das rothe Gespenst'um, und Jules Ferry hat ihm gegenüber gezeigt, daß er stark genug ist, dasselbe in seine Schlupfwinkel zu verscheuchen. Die Anarchisten, welche in mehreren öffentlichen Lokale« seit etlichen Monaten ihr Unwesen trieben, erhoben in ihren Versammlungen die haarsträubendsten Beschuldigungen gegen .die diebische Regierung" und die .Volksvertreter, welche herrlich und in Freuden leben und sich dann über das hungernde Proletariat lustig machen." Als sie durch ihre endlosen Reden den .Tag der Thal" hinlänglich vorbe reitet zu haben glaubten, veranstalteten sie in der letzten Hälfte der vorigen Woche in den Abendstunden zur Probe kleine Straßenver sammlungen, welche mancherlei Reibungen mit den Polizisten herbei führten. Am letzten Sonntag sollten dieselben in großem Style wieder holt werden, um die wilden Instinkte der Pöbelmafse durch die un vermeidlichen Raufereien mit den Sicherheitsbeamten zu entflammen und dann am Montag um 5 Uhr auf dem Opernplatz durch eine Massenversammlung der .250,000 Beschäftigungslose» und Hungernden" den Hauptstreich zu führen. Nach dem veröffentlichten Programm sollten die Ausgehungerten „im Angesicht des Glanzes der Reichen ihre Lumpen entfalten, um diesen Ausbeutern des Elends Furch! einzujagen." Natürlich halte diese Monstre-Kundgebung nicht nur diesen harmlosen Zweck. Der seinem vollen Inhalt nach nicht wieder zugebende Ausruf verlangt, „Thaten, und noch einmal Thaten" Unter diesen verstand man nach den Erläuterungen zum Aufrufe eine allgemeine Plünderung, eine Straßenmeute. Der Sturm gegen die Bäckerläden unter Louise Michel sollte in wesentlich erweitert«! Auslage und ohne engherzige Beschränkung aus Lebensmittel-Läden von Neuem in Szene gesetzt werden. Diesem Plane gegenüber hatte die Regierung ihre Maßregeln mit durchgreifendem Erfolgs getroffen. Die Urheber der Proklamation wurden wegen des zu verbrecherischen Handlungen ansfordernden Schriftstücke- verhaftet und mit ihnen die hauptsächlichsten anarchistischen Agitatoren. Damit war dem Ganzen die Spitze ab gebrochen. Für das Uebrige wurde durch eine ausgiebige Entfaltung von Polizeimacht Sorge getragen. Als Montags Abends die Epi gonen der Kommune aus den äußeren Vorstädten in die glanz strahlenden Viertel der Paläste strömten, fanden sie den Ort de- Stelldichein- besetzt und sich in der beabsichtigten Monstre-Demon- stration gehindert. Ohne Führer, welche die Masten einheitlich zu lenken vermögen, blieben diese in ihrem Thun und Treiben un schädlich; die ganze Sache verlief endlich mit kleinen Skandalen und einigen Verhaftungen. Geringe Geld- und Gefängnißstrafen, zu denen diese Ruhestörer verurtheilt wurden, haben bereits die Sache zum Abschluß gebracht. -- Jules Ferry hat also das rolhe Gespenst in seinen Höhlen an der Außenlinie der Weltstadt zurückgebannt und wird diese» unbestreitbare Verdienst gewiß für die Wahlkampagne entsprechend zu verwerthrn wissen. Er hat niemals, wie Gambetta wiederholt, mit den Radikalen kokettirt, wodurch die Ideen des Kommunismus von Neuem belebt und gestärkt worden wären. Allein in einem Punkte dürfte er «inen Fehlgriff gemacht haben; er hat eS nicht verstanden, die Spaltung zwischen den gemäßigten Sozialisten und Anarchisten zu erweitern, indem er berechtigte Forderungen der Arbeiter in Erwägung zog und ihnen nach Möglichkeit gerecht zu werden trachtete. Erst die drohende Emeute und der durch die Arbeiter- delegirten erzwungene Empfang im Sitzungssaals der Deputaten — wie in den Tagen des Konvents — haben Hals über Kopf Berath- ungen veranlaßt, wie dem dringenden Uebelstande z. B. durch Noth- standsbauten rc. abgeholfen werden könne. Der französische Premier hat aber an Anderes zu denken, als an die Lösung der sozialen Frage. Mit diesem schwierigsten Problem der Gegenwart können sich allem Anschein nach nur in ihrer ganzen Art konservat v veranlagte Staaten und deren Regierungen befassen. In Ländern, deren Ein richtungen von heute auf morgen in Frage gestellt werden können, wie dem gegenwärtigen Frankreich, find die Staatsmänner zu viel mit der Selbstvertheidigung gegen Rivalen, mit den Forder ungen des Augenblicks und der Parteitaktik beschäftigt, um noch Muße und Kraft für weit aussehende Pläne zu haben. Ferry muß darauf bedacht sein, seiner Majorität di« Mandate und sich die Majorität zu erhalten. Daneben thut er sein Möglichstes, wenn er das rothe Gespenst der Kommune wieder in seine Spelunken zurück drängt bei dem ersten Versuche desselben, auf dem Makadam der eleganten Boulevards die alten Schrecken zu erneuern. Politische Rrm-fcha«. Deutsches Reich. Der Reichstag trat am Sonnabend in die zweite Berathung der Kornzölle ein. Es wurde zuerst über Weizen und Roggen beralhen. Während die Regierungsvorlage eine Verdoppelung des Roggenzolls vorschlägt, beantragte die freie wirth- schaftliche Vereinigung eine Verdreifachung. Abg. Brömel (deutsch-fr.) bekämpft die Zollerhöhung. Abg. Racke (Zentrum) beantragt: daß der Bundesrath besagt sein soll, die Kornzollsätze im Falle einer Theuerung entsprechend zu ermäßigen, eventuell vollständig außer Kraft zu setzen. Rohland «freisinnig): Die deutsche Landwirthschaft könne den Geireidebedarf nicht decken, da sich die Bevölkerung stetig vermehre Von einer Solidarität der Interessen der Groß- und Kleinbesitzer sei keine Rede, letztere brauchen ihr Getreide selbst. Wenn gesagt wird, sie müßten ihr Brot kaufen, so müßten sie das selbe eben theurer kaufen. Die Ansprüche der Großgrundbesitzer seien zu sehr gesteigert, dadurch seien dieselben in Schulden gekommen uvd dies werde dem Nothstand aufs Konto geschrieben. Reichskanzler Fürst Bismarck erklärt die Behauptung, daß der Handel der Ostsee städte durch die Zölle von 1879 schwer gelitten, für durchaus un richtig. Der Handel sei im Gegeniheil von Jahr zu Jahr gestiegen, wie die Dividenden der Bankinstitute beweisen. Man solle doch der Landwirthschast auch etwas gönnen. Die Enlwicklnng Libaus sei nicht aus den Rückgang der deutschen Ostseestädte, sondern auf die Entwickelung der russischen Verkehrswege zurückzuführcn. Die Zahl der Grundbesitzer sei zu klein, weshalb ,«r eine Beseitigung der be stehenden Schranken gegen die freie Theilbarkeit des Grundbesitzes wünsche. (Beifall links.) Eine Vermehrung der Grundbesitzer würde sich such bei den Wahlen vortheilhaft fühlbar machen. Die Noth- lage der Landwirthschast fördere gerade die Latifundienvermehrung. Der Großgrundbesitzer halte die schlechten Zeiten auS und kaufe, in Erwartung besserer zu neuen billigen Preisen die kleine« Güter auf, deren Besitzer froh seien, überhaupt noch einen Käufer zu finde«. Es sei ein großes Glück, daß so viele Großgrundbesitzer noch selbst praktisch üben. Um eine Vergrößerung der Latifundien zu verhüten, lade er Abg. Bebel zur Mitwirkung ei». Dessen Freiheitsideen würden unteren Landleuten freilich schwer in den Kopf wollen. Der Reichskanzler schließt: Sorgen Sie dafür, daß die Landwirthschast nicht zu Grunde geht, dann werden auch Sie nicht zu Grunde gehen. Abg. Hornstein (wild) befürwortet die Vorlage. Abg. Sattler (nat.-lib.) ist dagegen. Letzterer weist eine Behauptung des Abg. Rohland bezüglich der Belheiligung der nationalliberalen Partei an den Gründungen als frivol zurück und wird dafür zur Ordnung gerufen. Montag findet Weiterberathung statt. — Die Reichspartei hat den Entwurf eines Sperrgesetze» beim Reichstage eingebracht. Danach können die Liugangszölle auf Ge treide, Mühleufabrikate und Schaumweine durch Anordnung deS Reichskanzlers in derjenigen Höhe in vorläufige Erhebung gesetzt werde«, welche der Reichstag bei der 2. Lesung der Zolltarifnovelle genehmigt. Diese Anordnung tritt sofort in Kraft und erlischt, wenn die Zoll- tarisnovelle selbst in Kraft tritt, abgelehnt oder zurückgezogen wird. Während der Geltungsdauer dieser Anordnung tritt die Bestimmung des Zollvereinigungsvertrages von 1867 außer Anwendung, wonach von allen bei der Einfuhr mit mehr als 3 Mark von 100 Kilogr. belegte» ausländischen Erzeugnissen keine weitere Abgabe, sei eS für Rechnung des Staates oder für Rechnung von Kommunen und Kor porationen, erhoben werden darf. — Die Börsensteuerkommission deS Reichstages hatte ein« Sub kommission niedergesetzt, um die von der Kommission angenommenen Prinzipien zu formuliren. Die Subkommission hat ihre Arbeit be endet, sodaß die Wiederaufnahme der Berathungen in der Kommission in den nächsten Tagen bevorsteht. — Ans Bikmarck's Rede: «Solche, die dauernd in der Stadt wohnen — ich bin leider dazu gezwungen, freiwillig würde ich es wahrhaftig nicht thun —, die von dort auS ihre Güter verpachten and verwalten und bloß Geldsendungen von dort «warten, nach denen frage ich nicht so viel, und daß in deren Händen der große Grund besitz sich nicht sammele, dafür bin ich mit Herrn Bebel gern bereit, mit zu arbeiten. Aber die Großgrundbesitzer, die wirklich Landwirthe sind und aus Passion für dieses Gewerbe Land ankaufen, die halte ich für «in Glück unseres Landes und namentlich der Provinzen, in denen sie zu Hause sind. Und wenn es Ihnen jemals gelänge, diese Raffe zu vertilgen, so würden Sie da- in der Lähmung unseres ganzen wirthschaftlichen und politischen Leben-, nicht bloS auf dem Lande, merken; Sie selbst würden sich bald zurücksehnen in derselben Weise, wie es nach dem vereinigten Landtag geschah. Da war mein Hauptgegner ein sehr verdienstvoller, aber sehr liberaler schlesisch» Bauer, Namens Krause. Den sah ich wieder zur Zeit des ersten preußischen Parlament- hier im Sommer 1848 auf der Straße, und das erste, was er sagte: Mein Gott, wie bitte ich um Entschuldigung für alles, was ich gethan und gesagt habe im Sinne dieser Freiheit, wie sie sich hier entwickelt; so habe ich mir das nicht gedacht; diese Leute sind ja — er brauchte einen so harten Ausdruck für die da malige Versammlung (Heiterkeit), daß ich ihn gar nicht öffentlich wiederholen will, obschon der Erfinder des Ausdrucks längst todt ist; er brauchte einen Vergleich, der mehr aus seinen landwirthschaftlichen Erfahrungen als au» seinem palamentarischen Verkehr abgeleitet war. (Heiterkeit.) Diese Sorte Parlament scheinen die Herren zu erstreben, die vorzugsweise auf die Bekämpfung des intelligentesten und potentesten TheileS der Landwirthe und der Grundbesitzer bedacht sind. Aber, meine Herren, so lange Sott überhaupt noch im Sinne hat, das deutsche Reich und das Königreich 'Prenßen zu erhalten, wird Ihnen dieser Kampf gegen den Grundbesitz, auch wenn Sie noch so viel Verbündete finden, nicht gelingen. Ich verstehe unter Grund besitz, was man im Allgemeinen den Ersatz der Ritterschaft im alte« Sinne nennt, der sich mehr und mehr mit dem bäuerlichen Grund-