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Sächsischer Landes-Anzeiger : 05.04.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-04-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188804058
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18880405
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18880405
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1888
-
Monat
1888-04
- Tag 1888-04-05
-
Monat
1888-04
-
Jahr
1888
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 05.04.1888
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DWMMWMWM Nr. 78. — 8. Jahrgang. Der jeden Wochentag Abend (mit Datum de» folgenden Tage») zur Bersendnng gelangende„Sächsische Landrs-Auzeiger" mit täglich einem besonderen Unter- halNmgSblatte und mit dem Ertrabeiblatt mistiges Piiderdach kostet bei den Ansgabe« stellen monatlich 70 Pig., bei den Post-Anst. 7l> Pf. (1888er ZtgS.-PreiSliste Nr. ö03ö.) FürAbon Soimaer-i. . Kinter-Eiseubahnsahrplanbeft für Sachsen. Iilustr. Kalender de» Sächsischen Landboten. JsiustrirleS JahreSbnch des Landes-Snzeiger-. WMWWMWWWWWUMMW MMWMMgW SSchslschet innen tcn erscheint sc cimnal im Jahr: r-kisenbahnfabrnlanhefr fnr Luchsen. mit „Chemnitzer Stadt-Anzeiger". Unparteiische tägliche Zeitung für Sachsen nnd Thüringen. Donnerstag, 5. April 1888. >>. ,,!»,«> >, »M«-«»»» Ivlell,envresrdrs„Sächs.Landkr-Wesi Raum einer ichmalen CorpnSzeitt ls Pta. Bevorzugte Stelle (lfpalt. Petitzeile) 30 Pf. BeiWiederholnnggroberAnnvneeuRabatk. Bei Bestellungen von LluLwärtS wolle man Jnsertionsbetrag (iuBriesniarlen) beifügen ije 8 Silben CorpnSschrist bilden ca. IWIek) Annoncenannahme nnr bis Vorntitta» W«: MMn Mt. Vuchdriickcrci, Clieiiitillz. Theaterstratze 5 (Fernsprech stelle Nr. 188). Lelegr -Adr.: Landes-Anzriger, Chemnitz: Mit täglich einen! besonderen Unterhaltnngsblatt: i. Kleine Botschaft — 2. Sächsischer Erzähler — 3. Sächsische Gerichts-Zeitung 4. Sächsisches Allerlei — 5. Jllnftrirtes Unterhaltnngsblatt — 6 Sonntagsblatt — Ertra-Beiblatt: LnsttgeS BilderWM Amtliche Bekanntachnngen. In den« Konkursverfahren über das Bcrinögen des Strninpfwaarenhänd- ler» und Wollwaarcnsabrikanten Carl Gottlob Lungwitz in Chemnitz ist zur Abnahme der Schlußrechnung des Verwalters, zur Erhebung von Einwen dungen gegen das Schlntzverzeichniß der bei der Vcrtheilung zu berücksich tigenden Forderungen und zur Beschlußfassung der Gläubiger über die nicht verwerthbarc» VermögcnSstücke der Schlußtermin " auf de» 30. April 1888 Vormittags 10 Uhr vor dem Königlichen Amtsgerichte Hierselbst bestimmt. Chemnitz, den 31. März 1888. König!. Amtsgericht. Telegraphische Nachrichten. Vom 3. April. Lübeck. Der Dampfer „Hansa", Kapitän Pierstorff, Eigen thum der Libau-Lübecker Dampfergefellschaft, ist unweit der Libauer Rhede gestrandet. Die Mannschaft ist gerettet. Die „Hansa" ist vier Wochen im Ostseeeis umhergetrieben worden. Halle a. d. S. Bei Liebenwerda ist die Domsdorfer Briquet- fabrik niedergebrannt. Der Schaden ist bedeutend. Wien. Der deutsche Botschafter Prinz Neuß hat gestern feier lich sein neues Beglaubigungsschreiben dem Kaiser Franz Joseph überreicht. — Kronprinz Rudolf soll in den nächsten Monaten Bos nien und die Herzegowina besuchen. Paris. Das Ministerium ist definitiv konstitnirt: Floquet Inneres; Gablet Acußeres; Freycinet Krieg; Krantz Marine; Pcytral Finanzen; Victte Ackerbau; Lockroy Unterricht; Ferrouillat Justiz; Deluns Montaud öffentliche Arbeiten; Pierre Lcgrand Handel. — Floquet wird von den Blättern der Opportunisten und der Rechten heftig angegriffen. Das „Journal des Debats" und die „Autvrits" bezeichnen sein Ministerium geradezu als ein nationales Unglück und die Verthcilung der Portefeuilles als einen Wahnsinn. Das „Journal des Dvbcits" sagt, wenn mau die Absicht hatte, Bonlanger eine glänzende Genugthuung zu geben, so hat man sie durch dieses Mini sterium erreicht. Es bedeutet die Desorganisation nnd die Erniedrig ung alles dessen, lvas uns theuer ist. Es wird die Unordnung der Finanzen vergrößern, die Armee kompromittiren, uns im Innern nnd Äeußern Abenteuern entgegenführen. Politische Rundschau. Chemnitz, den 4. April. Deutsches Reich. Auch am zweiten Festtag bewegte sich der Kaiser, wie schon gemeldet, kurze Zeit im Freien, fuhr aber nicht spazieren. Eine kleine Mattigkeit, welche am Morgen bestanden hatte, wurde bald überwunden. Die Nacht zum Dienstag verlief ziemlich gut; der Kaiser verließ das Bett zu gewohnter Stunde, fuhr der ungünstigen Witterung wegen aber nicht spazieren. Indessen fanden mehrfache Spaziergänge in der Orangerie statt, für ganz kurze Zeit war der Kaiser auch im Freien. — Das Mausoleum hat Kaiser Friedrich bereits am vorigen Mittwoch bei Gelegenheit seines ersten Ausganges besucht und längere Zeit am Sarge seines Vaters ver weilt. — Aus Charlottcnburg wird vom Dienstag noch berichtet: Das Befinden des Kaisers war bis zum Abend gut. Nach einem längeren Aufenthalt in der Orangerie ließ der Kaiser sich sein Leib- pserd vom Jahre 1870/71 vorführen und sprach über die noch statt liche Figur seines „Fuchses" lebhafte Befriedigung aus. — Mackenzie reist nächste Woche zur Feier seiner silbernen Hochzeit nach England, kehrt aber auf besonderen Wunsch des Kaisers baldigst znrück. — Kaiser Friedrich hat dem Reichskanzler zu dessen 73. Ge burtstag schon am Sonnabend vor Ostern in Schloß Charlottcnburg persönlich gratulirt. Gerüchtweise verlautete, daß der Kanzler und sein Sohn Herbert Standeserhöhungen erfahren sollten, eine Be stätigung liegt aber nicht vor. Bei seinem Gednrtstagsdiner brachte der Kanzler im Laufe des Mahles ein Hoch auf Kaiser Friedrich aus, das der Kronprinz Wilhelm in längerer, wärmerer Rede mit einem Hoch auf den Fürsten Bismarck beantwortete. Die kaiserlichen Majestäten haben aus Anlaß der Geburtstagsfeier der Frau Fürstin Bismarck als Ehrengeschenk ein prachtvolles Armband überreichen lasten, das in einem Medaillon das Bild des Hcrrscherpaares enthält und den Namenszug des Kaisers und der Kaiserin in Brillanten zeigt. Die Blumenspenden, die dem Reichskanzler zugegangen waren, füllten wiederum die Empfangsräume. Sie waren fast durchweg von Fürst Bismarck in Volkssprüchen und Bolkspoeste. Zu Bismarcks Geburtstag am 1. April. Von Fedor von Köppen. 3. Nachdruck verboten. Auch an politischen Rathschlägen sehr verschiedener Art fehlt es dem Kanzler nicht. In einem Briefe von zarter Damenhand (1866) wird er beschworen, „um Gottes Willen das geliebte Herzogthum Nassau nicht zu vertilgen und den Thron des Herzogs Adolf bestehen zu lasten," und ihm dafür der Segen Gottes und der Dank der Verfasserin verheißen. Ein „patriotischer Deutscher" aus Moskau schlägt ihm dagegen vor, aus ganz Deutschland eine Republik zu machen und sich als Präsident an ihre Spitze zu stellen; „dann," so schließt der Verfasser, „wirst Du ewig ein großer Mann bleiben." Auch in der „Uelzcner Kreiszeitung" (17. Juli 1867) wird von einem plattdeutschen Dichter, Hartwig S., zu einer Radicalcur ge- rathen: „Schaff Preußen af, strick Preußen ut, Lösch Bayern, Schwaben, Franken, Stell Dütschland her! — dann ward Di luut De dütschen Völker danken. De dütsche Kraft, brickt de mal loS, Lett de'n Hurrah erschallen, Un wi de Muren Jerichos Ward jedes Bollwerk fallen. Nicht wedder up den Kaiferthron, De swart-roth'gokdnen Farben! Dann warst Du, DütschlandS echter Sohn, Den höchsten Ruhm erwarben. Up Wilhelm'- Haupt de Kaiserkron, De wird so swer nich drücken, Denn mag Dick gern als Ehrenlohn De Herzogsmantel schmücken re." BiSmarLs eigenthümliche Haartracht ist durch die Gelehrten und Zeichner de» „Kladderaddatsch" so populär geworden, daß die Nach ga»z besonderer Pracht und bestanden zum großen Theil aus Rosen bouquets und Roscnlörben. Unter den sonstigen Geschenken, welche Fürst Bismarck zu seinem Geburtstag erhalten hat, befand sich ein etwa zwei Meter hoher Rebstock, an welchem drei Personen z» tragen hatten, mit vielen herrlichen reifen dunkelblauen Trauben. Eine Deputation von zehn Offizieren der Landwehrbataillone Burg und Stendal unter Führung der Bezirkskommandeure Oberstleutnants von Sobbe und von Gallwitz überreichte einen prachtvollen silbernen Ehrenschild. Eingegangen sind im Ganzen 700 Glückwunschtelegramme und etwa 1200 Glückwunschschreiben. Unter den ersteren befanden sich in den schmeichelhaftesten Ausdrücken abgefaßte Gratulationen vieler Fürstlichkeiten, so u. A. von dem Könige von Italien, dem Prinzen von Wales, dem Sultan u. A. — Kronprinz Wilhelm sagte in seinem Geburtstagsioast auf den Reichskanzler: Er bitte um die Gewährung, bei so erhebender Gelegenheit ein Bild vorzuführen, wie er sich das Reich in seiner politischen und sozialen Lage, in seinen inneren und äußeren Beziehungen im gegenwärtigen Moment vor stelle. Er vergleiche das Reich einem Armeekorps, besten Höchst kommandirender gefallen, dessen erster Offizier schwer verwundet dar- niedcrlicgt. In diesem kritischen Moment richte» sich 46 Millionen echter deutscher Herzen in Angst und Hoffnung nach der Fahne und deren Träger, von dem Alles erwartet wird. Der Träger dieser Fahne aber ist unser großer Kanzler. Er gehe voran, wir folgen nach. Er lebe hoch! — Kaiser Friedrich hat folgende Kabinetsordre erlassen: Gleich meines in Gott ruhende» Herrn Vaters Majestät will ich unverweilt und unausgesetzt meiner Armee meine Fürsorge zuwenden. Das von Sr. Majestät dem Kaiser und Könige Wilhelm gegebene und wieder holt zeitgemäß geänderte Excrzier-Rcglement der Infanterie, welches sich bis zum heutigen Tage in seinen Grundsätzen durchaus bewährt hat, wird bei den Ansprüchen, welche die fortgeschrittene Technik der Feuerwaffen jetzt an den Soldaten stellt, ein . Vereinfachung bedürfen, um Zeit und Raum zu schaffen für eine noch gründlichere Einzelaus bildung und für eine einheitlichere und strengere Erziehung in der Feuer- und Gefechtsdiszipli». In diesem Sinne will ich als für künftig zum Wegfall besonders geeignet vor Anderem die dreigliedrige Aufstellung bezeichne», welche im Kriege nicht gebraucht wird und im Frieden zu entbehren ist. Jedoch will ich'die hiernach erforderlichen Aenderungen des Reglements so gestellt wissen, daß zum Dienst zur Fahne einberufene Mannschaften des Beurlaubtenstandes sich ohne besondere Einübung in der Schule des Reglements zurcchtfinden. Ich sehe in dieser Angelegenheit baldigst Ihrem Vortrage entgegen. Char lottenburg, den 26. März 1888. gez. Friedrich. An den Kriegs- Minister. — Auf Grund kaiserlicher Ermächtigung weist der Minister von Maybach die preußischen Eiseiibahndircktioiicn an, freiwillige Gaben an Lebensmitteln zum Verzehren, an Decken, Kleidungsstücken und ähn lichen Bedürfnisse», welche zur Unterstützung der nothleidenden Be völkerung in den von den Ueverschwemmungcn betroffenen Gebieten bestimmt sind und von Staats- oder Kommunalbehörden, Kreisver- eincn oder anderen Wohlthätigkeitsvereinen aufgegeben und an solche Behörden oder Vereine gerichtet werden, bis auf Weiteres frachtfrei zu befördern. Die betreffenden Frachtbriefe müssen mit dem Vermerk versehen sein: „Freiwillige Gaben für die nothleidende Bevölkerung in " — Wie die „Nordd. Mg. Ztg." mittheilt, haben die verbün deten Negierungen sich dahin entschlossen, dem Neichstagsbeschluß auf Wiedereinführung der Berufung gegen Strafkammerurtheile nicht zuzustimmen. — Das Gefolge der zum Leichcnbcgängniß des hochseligen Kaisers erschienenen fremden Fürstlichkeiten ist durch Kaiser Friedrich mehrfach mit hohen preußischen Orden dekorirt worden. Eine gleiche Aus zeichnung wurde den zum Ehrendienst kommandirten Preußischen Generalen und Offizieren seitens der fremden Herrschaften zu Theil. Italien. Die Verhandlungen mit dem Ncgus sind, laut offi- ciösen Mittheilu»gen< gänzlich gescheitert; wie „Popolo Romano" schreibt, muß sich der Negns seinem Prestige und seiner Krone zu Liebe in den Wille» der mächtigen Kriegspartci, deren Führer Ras Alulah ist, fügen. Ein Angriff der Abessynier auf die Italiener gewinnt daher wieder an Wahrscheinlichkeit. — Der König und die richt, er wolle aus Gesundheitsrücksichten in Zukunft eine Haartonr tragen, unter seinen Anhängern fast wehmüthige Gefühle erregte. vr. R. in Hettstädt sucht sich über die dem Kanzler verordnet« Perrücke zu trösten: „Wat, sei willn DI ne Paruck upstülpen? Na, wenn sei man wnll upstunns") ok hülpen Un gegen dat sakresche Podagra nützen! De Kopp bliww doch Bismarck'sch, ok unner de Mützen, Denkt doch allcpot wat Drihäriget ut Gegen de swarze un rode und wälschc Brut- Gott schenk Di Gesundheit, min leiwe Fürst, Dat Du wedder de markige Bismarck wirst I" Rührend klingt der Glückwunsch eines bayrischen CitherschlägerS aus Augsburg: „Du hast uns Boarn net verlosten, A oanzigs Deutschland aufgebaut. Wer könnt' als Boar Di letzt hoffen, Wo sindt mer den, der Dir »et traut? — Nimm diese Landler als a Gabe Von anem Cithernschlager an, I gieb Dir Alles, was i habe Und was i z'sammcnstoppeln kann. Bleib viele Jahr noch Deutschlands Zier Mit Deinem Kaiser für und für!" Die „Getreuen im Jeverlande" senden dem Kanzler alljährlich zum Geburtstage das herkömmliche Geschenk von einhundertundein Kiebitz eiern, und wenn dasselbe einmal verspätet eintrifft, so führen sie ge wiß einen triftigen Grund als Entschuldigung an: „De Kiwit kun vor Kol nich leggen, „Dat wulln wi to us' Entschuldigung seggen." Ihre Nachbarn im Ammerlande vervollständigen dieses LieblingS- gericht des Kanzlers durch eine Sendung ihrer „berühmten Swiene- Schinken" und pflegen dieselbe gleichfalls mit einem plattdeutschen Gruße z» begleiten, welchen der Verfasser „im Uptrag van väle Westerstädter un vör sick sülvst" unterzeichnet, indem er die Nach schrift hinzufügt: „Un wenn He kien Ammerlandtsch Plattdiitsch kann, Königin von Italien werden bei ihrem bevorstehenden Besuche bei dstk Königin Victoria von England vom Ministerpräsidenten Crispi be gleitet sein. Dadurch erhält die Zusammenkunft eine hervorragende politische Bedeutung. — Der Kaiser Dom Pedro von Brasilien ist von Cannes nach Italien abgereist und wird dem Papste in Rom einen Besuch abstatten. Aus Rom wird noch berichtet, daß die döLt' anwesenden Cardinäle, Erzbischöfe und Bischöfe dem Papste, welcher wohlauf ist, in seiner Privatbibliothek anläßlich des Osterfestes ihre Glückwünsche darbrachten. Frankreich. Das neue Ministerium Floquet ist allerdings gebildet, trägt aber schon den Todeskcim in sich, und die Gambettistea werden im Verein mit de» Monarchisten über kurz oder lang seinen Todtengräber spielen. Will es gegenüber dem bereits absehbaren MißWp.ürnSvotum der Kammer dann nicht zurücktreten, so bleibt ihm nichts übrig, als entweder die Kammer aufzulösen, oder sich der Militärdiktatur eines Boulanger in die Arme zu werfen. Die Dinge stehen also sehr flau, und Boulanger und Genoffen können munter weiter im Trübe?.' fischen. Die alleinige Schuld an dieser heillosen Lage trägt die Uneinigkeit der republikanischen Parteien, die auch in der ersten Berathung des Cabinets Floquet bereits deutlich hervor- getreten ist. Die in das Ministerium aufgenommenen Gambettisten Ricard und Loubet sprachen sich gegen Floquets Pläne auf Revision der Verfassung aus und haben bereits ihre Portefeuilles wieder nieder gelegt. Das Cabinet bestand nunmehr ausschließlich aus Radikalen und zwar: Floquet Präsidium und Inneres, Goblet (zur Zeit de» Schnäbele-Zwischenfalles Premierminister) Auswärtiges, Freycinet (der Gambcttas Gehilfe bei der „Nationalvertheidigung" war) KriegS- ininister, Admiral Krantz Marineminister, Lefövre Justizminister, Pcytral Finaiizminister, Lockroy (Victor Hugo's Schwiegersohn) Unter- richtsminister, Lecquillier Minister der öffentlichen Arbeiten, Vielte Land- wirthschaftsininister, Legrand Handelsminister. (S. Tel.) Mit Aus nahme der erstgenannten drei Minister sind alle Uebrigen Größen dritten und vierten Ranges, die keine selbstständige Rolle zu spielen im Stande sind. Am Dienstag traten die Kammern wieder zusammen, die Präsentation des Ministeriums erfolgt aber erst heute oder morgen. Als Kammerpräsidenten werden für Floquet besonders Brissop und Clcmenceau genannt. Goblet, als zukünftiger Leiter der auswärtigen Angelegenheiten Frankreichs, darf in Deutschland nnr sympathisch be grüßt werden. Wir erinnern an die Schnäbele - Angelegenheit. Al» damals im Schooße der Pariser Regierung die Frage, ob Krieg oder Frieden, erörtert wurde, da war es neben dem Minister des Aus wärtigen, Herrn Flourens, ganz besonders der damalige Minister präsident Goblet, dessen besonnene und entschieden friedliche Haltung den Ausschlag zum Guten gab. Goblet verdient mithin gewiß das selbe Vertrauen, dessen sich Flourens erfreut hat. Welche Gründe- den Letzteren, der den drei Ministerien Goblet, Rouvier und Tirard angehörte, veranlassen, nicht auch in das Cabinet Floquet hinüberzu treten, das entzieht sich vorläufig unserer Kenntniß. Der Vollständig keit halber sei erwähnt, daß die Mehrzahl der Pariser Blätter noch, gestern Flourens' Verbleiben als wahrscheinlich bezeichnet«. — Iw Marseille nehmen die Feindseligkeiten zwischen einheimischen und italienischen Arbeitern drohende Ausdehnungen. ) Belgien. Der Lütticher Sozialisten-Kongreß, an welchem Ab gesandte von 106 sozialistischen Vereinen, sowie Vertreter englischer- Gewerkvereine theilnahmen, verlief ruhig. Man beschloß die An sammlung großer Fonds zu baldiger Veranstaltung einer allgemeinen Streikbewegung. Rußland. Ueber russische Militärmaßregeln wird der Kreuz zeitung telegraphirt: Der russische Artillerie-General von Engelhardt hat in Seraing (Belgien) bedeutende Kanonen-Ankäufe gemacht. Ruß lands Mobilisirung ist sehr umfassend. Vom Don find große Massen Kosacken nach der Grenze beordert. Der Kosacken-Hauptmann Fürst Swjalopolk-Mirski ist nach Petersburg befohlen. Von Odessa sind in Simferopol (Krim) riesige Proviantvorräthe angelangt. In den nächsten Tagen wird eine Revue der baltischen Flotte stattfinden. Orient. Die serbische Skupschtina gab auf Antrag des Präsi denten ihr Beileid anläßlich des Hinscheidens Kaiser Wilhelm- durch Erheben von den Sitzen kund und ermächtigte die Regierung, dem Präsidium des deutschen Reichstages hiervon Mittheilung zu machen. — König Milan sagte beim schon gemeldeten Enipfange der Volks- *) Aus die Stunde, sogleich. dann wend He sick man an den Sternkieker Tietzen, dat is mie Landsmannn." Hinter dem Jever- und Ammerlande steht das treue Ostfries land nicht zurück. Da finden wir aus Bingum bei Leer das nach folgende Gedicht, welches „de Hartensmeinung van de unnerschreewene Bingummers" ausdrückt: „Sei sünd uns' Mann; Hör mög' wi lieben; Up Hör sünd wi nich wenig stolt. Sei sünd noch, as in olle Tieden, Een Mann ut faste Ekenholt; Ut Jsder un Stahl, een Kerl up't Deck, De ook geen Footbrcit geil von d'Fleck. Dat Dütschland iS to Ehren kamen Un weer up faste Footen stcit, Un det sück't nich mehr hövt to schämen, Das is bi Gott geen Molligkeit. Hör weet wi dat uns' Lcvcnd lang Nahst Gott un'n hogcn Himmel Dank. Nu heww wie weer uns' Kaiser baven, Uns' goode Oll, wat moi iS dat^ Un de Franzose», de olle Raven, Hewwcn Heller wat up d'Jucken*) had, Un wat s' uns stahlen, heww wi weer. — Hoch Bismarckl Düsend Dank daförl Un sang'n de Mulle»**) an to fröten Un wählen in dat dütsche Land, Un sang'n de Bullen an do stöten: Sei heww'n de Plenter bi de Hand. T'iS würkelt Gatts een MordSpleseer, Wenn Sei mit Hör spöl'n Kröpelweer. Och, mug de leide Gott doch geven, Dat Sei noch mennig, menig Jahr Vört't Vaterland noch mugaen leven, Dann Hard t geen Noth und geen Gefahr Völ Glück un Segen un goode Mootk Bismarck fall leven. — Dann stah'n w' «MS gsotz. *) Rücken. **) Maulwürfe.
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