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Nr. 163. — 8. Jahrgang. Der jeden Wochentag Abend (mit Datum de» folgende» Tages) znr Versendung gelangende „Sächsische Lailves-Auzeiger" mit täglich einem besonderen Unter- baltungSblatte und mit dem Extrabeiblatt rostiges Bilderbuch kostet bei den Ausgabe stellen monatlich70Psg„ bei denPost-Anst. 75 Pj. (1888er ZtgS.-Preisliste Sir. 5035.) Für Abonnenten erscheint je einnial im Jahr: Sommer-Eiseiibahnsahrulaiihefi für Suchst». Sinter-Eisenbahiisahrplandeft für Sachse». Jllustr. Kalender de- Sächsischen Laiidboten- Zllustrirte-Iahre-buch desLandes-AnzeigerS. SSchstscher Sonntag, 15. Juli 1888. Mit täglich eineni besonderen 4. Sächsisches Allerlei - Telegraphische Nachrichten. Vom 13. Juli. Augsburg. I», bayerischen Hochland, sowie im Allgäu findet l«t gestern anhaltender Schneefall statt. Athen. In Griechenland hat vorletzte Nacht ein starkes Erd beben staltgcfunden, dasselbe hat aber keine ernstlichen Folgen gehabt. Sofia. Seit einigen Tagen fällt in Sofia die Haltung der Beamten des deutschen Konsulats auf, welche offen aussprechen, die Tage des Prinzen Ferdinand in Bulgarien seien gezählt; man glaubt daher, daß das Konsulat Weisungen von Berlin empfangen hat, die gestatten, so zuversichtlich über die Zukunft zu sprechen. Paris,, den 14. Juli, Vormittags. Die Verwundung Bo" langers ist lebensgefährlich. Gestern trat sehr starkes Fieber ein. Die Kräfte sind im Abnehmen begriffen. jllllilks-Allseistr mit „Chemnitzer Stadt-Anzeiger". Unparteiische tägliche Zeitung für Sachsen und Thüringen. Untcrhtiltuiigsblcitt: 1. Kleine Botschaft — 2. Sächsischer Erzähler — 3. Sächsische Gerichts-Zeitung b Jllnsirirtes Unterhalt,mgSblatt — 6. Sonntagsblatt — Ertra-Beiblatt: Lustiges Bilderbuch. BciWiederholung großer AnnoncenRabatt. Bei Bestellungen von Auswärts «volle man Jnsertionsbetrag (i» Briefmarken) beifügen fie 8 Silben CorvnSschrift bilden ca. 1 Zeile.) Annoncenannahme nur bis Vormittag. kniüln MMn We, Bnchdrnckerei. Chemnitz, kheaterstratze 8 (Fernsprechstelle Nr. ISS). Telegr -Adr.: Landes-Anzriger, Chemnitz. Ein neuer Boulanger-Skandal. HI Chemnitz, den 14. Juli. In der französischen Kammer hat sich am Donnerstag wieder ein mal eine nette Scene abgespielt. Nachdem schon durch einen Antrag des Abg. Rens Laffvn auf Unterdrückung aller religiösen Genossen schaften die Gcmüther der Abgeordneten in große Aufregung versetzt worden waren, erschien der General Boulanger zu allgemeinem Er staunen in Begleitung seines Generalstabes in der Kammer. Er hatte diesmal ein etwas anderes Aussehen als sonst. Seine kurz ge schnittenen Haare standen aufrecht und waren nicht gescheitelt. Er legte auf den Tisch des Hauses folgende Motion nieder, deren Be gründung er mit näselnder Stimme verlas: „Die Kammer fordert, überzeugt von der Nothwendigkeit neuer Wahlen, die Regierung auf, den Präsidenten der Republik zu ersuchen, von seinem Auflösung s- rcchte Gebrauch zu machen, das ihm der Art. 5 des Gesetzes vom 25. Februar 1675 verleiht." Die Kammer begleitete die Verlesung der Begründung dieses Antrages mit Hohngclächter. Besonders die Stellen, an denen er das Ministerium verbraucht nennt und von seinen Wahlerfolgcn spricht, stimmten die Republikaner sehr heiter. Die Rechte applaudirte ihm zuweilen mit großer Begeisterung. Flvquet antwortete ihm in einer jener Reden, die aus Bonmots zusammen gesetzt sind, und, trotzdem sie keinen rechten eigentlichen Inhalt habe», durch die Schlagsertigkeit einzelner Bemerkungen wahre Jnbclstürme der Begeisterung Hervorrufen. Er bringi die Winzigkeit der Person Boulangers in lächerlichen Gegensatz zu der Volksvertretung und ver sucht ihn nicht zu widerlegen, sondern nur lächerlich zu machen. „Sie", rufl er Boulanger zu, „der Sie in den Vorzimmern der Herzöge und in den Sakristeien verkehrten, Sie wollen alte, bewährte Repub likaner an ihre Pflicht mahnen, von denen der Gemäßigtste dem Lande mehr geuützt hat, als Sie ihm je schaden können!?" Diese Worte bringen Bonlanger in sürchtcrliche Math, er springt auf, steigt einige Stufen herunter und schreit dem Ministerpräsidenten ins Gesicht: „Das ist Verleumdung!" Durch den donnernden Applaus der Linke» schallen diese mit Stentorstimme geschrieenen Worte zu den Tribünen empor. Nachdem Floquet seine Rede mit einer pathetischen Erinnerung an die große Revolution geschlossen hat, besteigt Boulanger wiederum die Tribüne. Er muß furchtbar verletzt worden sein, denn er liest nicht ab, sondern spricht frei. Die Kammer macht cs ihm schwer; nur einzelne seiner Worte sind anfangs ans den Tribünen verständlich. Als er aber inmitten einer Plötzlich eintretenden Stille mit leiser Stimme in süffisantem Tone Herrn Floquet ins Gesicht sagt: „Sie haben unverschämt gelogen" (»ach anderen Berichten hat Boulanger viermal einen derartigen Rus ansgestoßcn), da bricht ein solcher Sturm der Entrüstung los, daß der General minutenlang mit ver schränkten Armen auf der Tribüne steht, ohne ein Wort hcrvvrzu- bringen. Von der Linken ertönten ununterbrochen Rufe: „Zur Ord nung, zur Ordnung!", während Cassagnac auf der Rechten nicht müde wird, zu schreien: „Er hat die Wahrheit gesagt." Endlich schreit Boulanger unter Höllenlärm in die Versammlung: „Sic haben die Freiheit der Tribüne verletzt, ich gebe meine Demission", und verläßt unter heftigen Gestikulationen die Tribüne und das Hans. Die Rechte verlangt, daß der Präsident die Demission verlese, sie hofft, daß dieselbe noch eine Beleidigung gegen Floquet enthalten werde; aus demselben Grunde sträuben sich die Opportunisten gegen die Verlesung. Herr Meline giebt endlich dem Verlangen der Rechten nach. Wie groß ist aber das Erstaunen der Kammer, als der Präsi dent folgende Erklärung verliest: „In Folge des Votums der Kam mer lege ich mein Amt nieder." Es hatte noch gar kein Votum stat«gefunden. Die ganze Komödie war also wohl präparirt. Aber die große Erregung Hut den General veranlaßt, das Faktum gar nicht abznwarten, welches ihn veranlassen sollte, seine Demission zu geben. Er hat sich damit unsterblich lächerlich gemacht. Und die Worte, mit denen der Präsident diese denkwürdige Sitzung schloß: „Er hat sich selbst gerichtet", werden im Lande ein tausendfältiges Echo finde». Doch mit dem Schluß der Kainmcrsitznng war die Angelegenheit »och nicht beendet. Noch am Donnerstag Abend ließ Floquet den Exgcneral durch die Deputirten Clemenccau und Georges Perin fordern. Letzterer wählte den Degen als Waffe und nahm zu Secnn- dcwten seine Parteigenossen Lchcrisse und Laisant, beides ehemalige Osfici.'re. Das Duell fand gestern, Freitag, früh zwischen 9 und 10 Uhr statt mit zwei Waffcngängen; bei dem ersten wurden Bon- langer am linke» Schenkel, Floquet an der rechten Hand, beide leicht, verletzt; beim zweiten Gange erhielt Floquet eine ganz leichte Wunde an der linken Brust, Bonlanger indessen eine Wunde am Halse, welche heftigen Bluterguß zur Folge hatte. Diese Halswunde stellte sich bei der Untersuchung als schwerer heraus, wie man anfangs angenommen hatte. Ein von den boulangistischen Blättern heraus gegebenes Bulletin erklärt; „Die Halswunde ist schwer, die Athmung schwierig. Ücber den weiteren Verlauf des Ver wundungsprozesses läßt sich nichts Bestimmtes Voraussagen." Eine ähnliche Erklärung enthält auch das Protokoll über das Duell. Natürlich drängt dieses so plötzlich und unerwartet gekommene Ereig niß vor der Hand alles andere in Paris weit in den Hintergrund. Die monarchistischen Blätter bejubeln den angeblichen „Neinsall" Floquets, der dadurch, daß er Bonlanger antwortete, das stark gesunkene Prestige des Exgencrals neu belebt habe. Die Republikaner weisen mit Recht auf die Gemeingefährlichkeit des Generals hin, der dadurch, daß er in allen vacanten Wahlkreisen, zunächst in Ardeche und Somme, candidirt und 50 „plebiscitäre Abstimmungen" auf seinen Namen herbeizuführen sucht, wenig Anderes als ein Aufrührer sei, der, wenn nicht den Bürgerkrieg, doch Aufregung und Haß säe und den fried lichen Bürger im ruhigen Erwerbe störe. Im Allgemeinen kann man wohl annehmen, daß das Borkonnn- niß das Ansehen des Ministerpräsidenten Floquet eher gestärkt als geschädigt habe. Floquet hat wenigstens gezeigt, daß er sich vor dem traurigen Reclamehelden Boulanger, der bekanntlich schon vor einigen Monaten bei der Duellaffäre mit Ferry seine Feigheit bewies, nicht fürchtet. Gespannt darf man im klebrigen sein, ob nicht die Ver wirrung, welche doch infolge des Ereignisses unter einem Theil der französischen Parteien entstanden ist, von irgend einer neuen Per sönlichkeit zum Emporkommen ausgebeutet wird. Politische Rundschau. Chemnitz, den 14. Juli. Deutsches Reich. Der Kaiser nahm gestern früh die akademische Kunstausstellung in Berlin, welche Werke lebender Künstler des In- und Auslandes enthält und morgen Mittag eröffn werde» soll, in Augenschein und sprach dem Präsidenten Becker der Kunstakademie, der ihn führte, gegenüber seine Anerkennung über die Leistungen der heutigen Kunst aus; er stellte auch mehrere Ankäufe in Aussicht. Nach Erledigung einiger Regierungsgeschäfte kehrte der Kaiser Mittags nach Potsdam zurück. Gestern Abend 10 Uhr begab sich der Kaiser von da mit seiner nächsten Umgebung mittels der Dampf yacht Alexandria nach Spandau, von wo aus nach Mitternacht mittels Sonderzuges die Reise nach Petersburg angetreten wurde. Die Ankunft in Kiel wird heute früh 9 Uhr erfolgt sein, worauf alsbald der Kaiser mit dem „Hohenzollern" in See geht. Die Rück fahrt des Kaisers aus Rußland nach Kiel wird wahrscheinlich mehr Zeit beanspruchen, als die Hinfahrt, da der Kaiser, wie jetzt auch die „Krzztg." erfährt, den Königen von Schwede» und Dänemark einen Besuch abzustatten gedenkt. Die Jacht „Hohenzollern" würde dann mit dem sie begleitenden Geschwader die Häfen von Stockholm und Kopenhagen anlanfen. — Prinz Albrecht, Regent von Braunschweig, wurde zum General-Inspekteur der 1. Armee-Inspektion ernannt und General- Adjutant von Winterfcld zum Chef des Generalstabs dieser Inspektion bestimmt. Der frühere Admiralitäts-Chef von Caprivi wurde zum kommandirenden General des 10. Armeekorps ernannt. — Geheimrath Prof. Or. v. Bergmann erhielt den Stern und das Kreuz des Komthurs vom Hausordcn der Hohenzollern, Geh. Rath Prof. I-r. Gerhardt den Rothen Adlerorden 2. Klasse mit Eichenlaub. — Deutschland trat der Suez-Kanal-Konvcntion bei. — Wie schon gestern ein Telegramm ans Wiesbaden meldete, wurde der Kronprinz von Serbien gestern Vormittag kurz nach 10 Uhr dem dortigen Polizei-Präsidenten übergeben. Derselbe ist schon Mittags 12 Uhr in Begleitung des Kriegsministcrs Protitsch und dessen Gefolge nach Belgrad abgereist, wo er heute spät Abends er wartet wird. Zu seinem Empfange sollen in Belgrad große Vorbe reitungen getroffen sein. Die Königin Natalie reiste gestern Abend 7 Uhr ebenfalls ab. Dieselbe habe, so wird berichtet, als der Poli zei Präsident v. Reinbabcn, ein Commissar rc. den Kronprinzen aus der Villa seiner Mutier abholten, weinend auf dem Balkon gestanden und jenem Kußhände nachgeworfcn. — Ueber die Scheidnngsan- gelegcnhcit des serbischen Königspaars liegen noch keine bestimmten Nachrichten vor; die größeren Zeitungen »eigen indeß meist der An sicht zu, die Scheidung werde in den nächsten Tagen endgiltig ausgesprochen werden. Deutschland wird dadurch nicht mehr in Mitleidenschaft gezogen. Italien. In einer römischen Korrespondenz hatte kürzlich die „Jndep. Belge" gegen das italienische Volk den Vorwurf erhoben, cs fühle keine Sympathie für Kaiser Wilhelm II. Wie ein Tele gramm meldet, crthcilt die Crispische „Riforma" auf diese Anzapf ung folgende Antwort: „Das offizielle Italien und das ganze italienische Volk hat den neuen Kaiser mit großer Sympathie be grüßt. Italien war in hohem Grade befriedigt durch die Worte, welche der Kaiser in seiner Thronrede über Italien sagte. Angesichts der Reise Kaiser Wilhelms nach Rußland verharrt Italien in ruhiger Sicherheit, denn es erblickt in dieser Reise des deutschen Monarchen eine Befestigung seines Friedensprogramms." Frankreich. In Paris fand gestern die Einweihung eines Denkmals Gambcttas auf dem Carousselplatze statt. Floquet hielt dabei trotz seiner Verwundung eine Rede, in der er die Verdienste Gambettas pries, und schloß mit der Aufforderung, alle Kräfte dem Volke zu widmen, welchem Gambctta gedient habe, der Armee, welche er liebte, sowie dem Vatcrlande, welches er vertheidigte. Der Wunsch Aller könne nur auf die Republik gerichtet sein, die Reformen zn- gcneigt, in der Wahrung ihrer Rechte friedliebend, zugleich aber unveränderlich in ihrer Stärke sei. Scnatspräsidcnt Lcroycr wies darauf hin, daß Gambctta in der Institution des Senats die festeste Stütze der Republik erblickte. Ferner sprachen Frcycinet, Meli» und Spuller. Freycinet feierte in seiner Rede Gambctta wegen der un erschütterlichen Standhaftigkeit im Jahre 1870/71 und wegen seiner Verdienste um die Armee, deren Huldigung er darbringe. Rußland. Ein Ukas des Kaisers setzt das diesjährige Rekruten kontingent auf 250000 Mann gegen 235 000 im vorigen Jahre fest. Ferner setzt es die Dienstzeit für die dem Loos gemäß eintretenden Mannschaften auf 18 Jahre fest, wovon 5 aktiv sind. Die Abiturienten der höheren Lehranstalten und die Freiwilligen genießen gewisse Privilegien. Der Landwchrdienst ist bis zum 43. Lebensjahr verlängert worden; derselbe besteht aus den Soldaten, welche bereits aktiv gedient haben, und ist in zwei Klassen cingctheilt, deren erste den Stamm bildet, während die zweite nur durch ein kaiserliches Manifest einberufbar ist. Orient. Das osfieiöse Blatt der bulgarischen Regierung, die „Swoboda", hört aus Konstantinopcl, das Petersburger Cabinct beabsichtige, die Mächte einzuladen, sich für eine Rekonstruktion Bulgariens auf Grundlage des Berliner Vertrags auszusprechen. Die „Swoboda" bemerkt dazu, ein solcher Schritt wäre erfolglos, da er die Darangabe der Union der beiden Landestheile, die Opferung des Fürsten und alles Anderen involvire, während die Bulgaren in keinem Falle aufgeben würden, was sie einmal erlangt haben. Chemnitzer Stadt Anzeiger. DI- sneimde unieies Blaiieö werde» ersucht, uns wichtige Begebenheit«» gütig» mitjutheNi». Chemnitz, den 14. Juli. 5V—. Im Jahre 1589 am 2. September erhielten die Innung«- artikel der hiesigen Weber-Innung vom Churfürsten Christian I. die Bestätigung und staatliche Anerkennung. In dankbarer Erinnerung derselben beschloß dieJnnung in ihrerlctztenGeneral-Bersainmlung, am 2.Sept. >889 ein Jnbel-Erinnerungsfest in solenner »nd würdiger Weise zu be gehen; cS wird beabsichtigt, mit diesemFest die Weihe einer neuen InnungS« sahne zn verbinde», und ist projectirt, eine neue Fahne durch freiwillige Geldbeiträge zn beschaffen. Behufs der Ausführung dieses Projektes hat sich ein Frauen-Comitee unter Leitung der Frauen der beiden Obermeister gebildet Dasselbe wird in nächster Zeit seine Thätigkeit beginnen und frei willige Geldspende» entgegcnnehmen. Ein diesbezüglicher Aufruf wird nächst- deni in diesen Blättern erscheinen »nd das Nähere bekannt geben. — An Rath und Stadtverordnete habe» 28 ältere Mitglieder der hiesigen städtischen Capelle eine Bittschrift gerichtet, die sich mit verschiedenen Neueinrichtungen der Capelle und damit für die älteren Mit glieder verbundenen Mißständen beschäftigt. Die Verhandlungen über diese Bittschrift bei den genannten Collegien werden voraussichtlich Gelegenheit biete», aus die Sache näher einzugehen. —o—Das Chemnitzer Eisenbahnwesen II. AehnlicheSchwierig keiten, wie die zuletzt erwähnte betr. der gleichzeitigen Jnangrisfnahme des Eisenbahnbaues nach beiden Richtungen hin, stellte» sich »och mehrere ein und so kam es denn, daß infolge der endlosen Vcrhandlnngcn die ganze Angelegen heit mehr und mehr an allgemeinem Interesse einbüße» ließ. Indessen das Direktorium ließ in seinem Eifer trotz der wenig erfreulichen Resultate nicht nach, selbst dann nicht, als es am 7. August 1840 von der Staatsregierung die cntmuthigende Weisung erhielt, „daß es gerathen sein würde, mit ferneren Vorschritten in dieser Angelegenheit ganz zu warten, bis die schwebenden, vielleicht auch das Erzgebirge berührenden Verhandlungen mit auswärtigen Regierungen über die Anlage von Eisenbahnen zn einein Resultate gediehen sei» würden." In wie vielen anderen Orten wäre bei einer derartigen hosfnungslosen Lage nicht die Flinte in's Korn geworfen worden? Hier bewährte sich wieder der zähe Unternehmungsgeist der Chemnitzer Bürgerschaft, welchem die Stadt das heute erlangte Ansehen auf der ganzen Erde verdankt, auf s Glänzendste, man erlahmte nicht. Am 2l. April wendete sich das Direktorium nochmals mit einer Bittschrift an die Staatsrcgierung, um Auskunft zu erhalten, was be stimmt zn hoffen und zu erwarten stehe, »nd beantragte eine Vereinig»» g der Chemnitzer Eiscnbahngcsellschaft mit derLeipzig-Hoser, «nd damit eine Berbindnng der Stadt Chemnitz mit der Leipzig-Hofer Eisenbahn auf irgend eine Weise. Die Energie des Direktoriums stärkte auch wieder die Zuversicht in weiteren Kreisen und dasselbe fand seinerseits auch wieder Auf munterung in der lebhafte», am 26. Juli 1841 abgehaltencn dritten Generalversammlung derErzgcbirgischen Eisenbahngeselychast. In der selben waren laut Protokoll 353Actionäre mit 492l Aktien und 758Stimmen zugegen. Es wurde beschlossen, die Sache nach Kräften weiter zu treiben und, ,ür den Fall, daß die Erbauung der ganzen Linie gefährdet werde, vorzugs weise nunmehr die Aufmerksamkeit aus die Abtheilnng Chemnitz-Riesa zu richten. Am Abend jenes Tages, der das allgemeinste Interesse erregte, wurde vem verdienstvollen Vorsitzenden des Direcioriums, Bernhardt Eisenstuck, ein Fackelständchen gebracht. Das ewigeStockm der Sache, an dem die damalige Regierung nicht ohne Schuld toar, führie nunmehr dazu, daß der ganze Jn- dustriebezirk, dessen Mittelpunkt Chemnitz war, und in dem man sich von der Erbauung der Linie bis Chemnitz auch weitere Verbindungen nach dem Erz gebirge versprach, iebhaft sich an der Agmitio» betdeiligle, um den Bemüh ungen des Direktoriums Nachdruck zu verleihe». Im Laufe des Sommers 1842 machte eine Deputation der Städte Annaberg, Chemnitz, Döbeln» Frankenberg, Hartha, Marienberg, Stollberg, Wolkenstein und Zichopau, des Jttdiistricvereins zn Chemnitz, des Fabrik- und Handelsstandes und des Hand werkervereins lnerscli'lt eine Vorstellung an den König, sowie an das Mini sterium. Gestützt daraus r-chtetc das Direktorium nnn unterm 18. December 1-42 eine Petition an die Ständeversammluiig. Man ersieht hieraus, daß an den Chemnitzer Jndnstrickreisen die Schuld an der Versumpfung der ganze» Angelegenheit nicht lag; cs waren eben verschiedene ungünstige Umstände, die znsämmcnkamen, um eine uachlheilige Wirkung auszimüe»; vor Allem spielten die »nrnhige» politischen Verhältnisse hierbei eins große Rolle. (Forts, folgt.) — Thalia-Theater. Morgen, Sonntag, kommt das stets mit großem Beifall ausgeuommene Lustspiel: „Die berühmte Frau" zum 5. Male znr Aufführung. Frl. Helene Schneider vom Staditheater in. Leipzig, welche sich steis durch die vorzügliche Wiedergabe der allerliebsten Rolle „Herma" anszeichnste, beendet dabei ihr Gastspiel. Beides wird sicherlich genügen, um dos Hans vollständig zu füllen. Am Montag gelangt die vor züglichste Operetten-Noviiät: „Die sieben Schwaben" von Carl Millöcker zum 1. Male zur Aufführung. Diese Operette ist mit allen ersten Kräften besetzt und geht mit bedeutend verstärktem Chorpersonal, sowie vollständig neuen Dccorationen, Ccstümen, Requisiten ic. in Scene. Genannte Novität ist im Nesidcnzthcatcr z» Dresden über 60 Mal ausgesührt worden, dürfte al'o auch hier nicht verfeqlcn, eine ganz besondere Anziehungskraft auszuüben. Am Dienstag gelangt zum letzten Male: „Das Pensionsmädl" (Novize) zur Darstellung. — Ein deutsches Fest wird, wie wir an dieser Stelle scholl ausführlich mitthciklcn, morgen Sonntag in de» Räumlichkeiten der Linde zum Besten des Turnhallenbnufonds abgehalten werde»; das Fest, über welches Näheres aus einem diesbezüglichen Inserat in dieser Nummer zn ersehen ist, wird bei jeder Witterung stattfinde»; erwähnt sei nochmals, daß u. A. eine der schwierigsten Kraftproductionen, das Heben eines lebenden Pferdes mit Reiter frei von der Erde, gegen 7 Uhr Abends durch ein Mitglied des Athletenklubs „Saxonia", Herr» Milcker, zur Ausführung gelangt. — JilFladerersGasthaus,Zschopa»crstraße, wird morgen Sonntag ein großes Sommerfcst, verbunden mit Kinderfest, Stern- und Vogel schießen, staitfinden. Am Montag Abend wird ein großes Abonnements - Concert der Lippold'scheu Kapelle mit darauffolgendem Ball abgehalten werden. Näheres ist aus einem Inserat in heutiger Nummer ersichtlich. —l-. Die Albino Rolla in „Mosella" bleibt, so verlautet, nur noch bis nächsten Montag, den 16. d M„ in Chemnitz. Wer sich dieselbe noch anschen will, muß dies also bis übermorgen lhun. —* Glücklich abgelansen. Gestern Abend nach 6 Uhr war in einer Ausgrabung aus der Thcaterstraße ein Arbeiter durch Einsturz einer Erdwand lheilwcis verschüttet worden. Nachdem der Mann von dem Erdreich befreit worden war, stellte es sich heraus, daß er glücklicher Weise unverletzt gebliebcip war. Der Unsall hatte eine große Ansammlung von Menschen zur Folge. —* Diebstahl. Gestern Abend in der 7. Stunde erschien bei einem - an der Logenstraße wohnhaslsu Korbmacher ein Man» mit einem Kinder wagen und bot den Wagen zum Kauf an »nd zwar erst für 12 Mark, dann für 10, 8, 6 »nd schließlich für 5 Mark. Er gab hierbei au, er sei in großer Bedrängnis!, habe starke Famitie, müsse den Hauszins bezahlen und deshalb den Wagen verlause». Der anwesenden Fra» des Korbmachers erschien die Sache verdächtig, weshalb sie nach Polizei schickte. Bei Ankunft eines Schutz manns suchte der Unbekannte z» entfliehen, er wurde jedoch von zwei Pas santen ausgehaltcn. Er war »nnmehr geständig, den Wagen aus einem Haus flur an der Adorferstraße gestohlen zu haben. Noch während der Vernehmung des Diebes ans der Wache erschien der Eigenthümcr des Wagens, um Anzeige über den Diebstahl zu machen. Er gab an, daß der Wagen von dem Diebe von einer Kette losgerissen worden sei, mittels welcher er an das Hofthor angeschlossen gewesen sei. —* Schwindelei. Vor mehreren Wochen erschien bei einer hiesigen ledigen Arbeiterin eine von ihrem Manne getrennt lebende Ehefrau, gab a», verreisen zu müssen, da sie zn einer Hochzeit eingeladen sei, und bat die Arbeiterin, ihr doch hierzu ihre goldene Uhr zu borgen. Die Arbeiterin ließ sich anch überrede» und lieh icrFrau ihre Uhr. Als jedoch die znr Rückgabe der Uhr bestimmte Zeit vorüber war, ohne daß eine Rückgabe statlgesnndc» hatte, suchte die Arbeiterin die Frau anf. Die Letztere gab nnn vor, sie habe die Uhr wegen eines Defccts zu dem Uhrmacher tragen müssen. Bei Nachfrage erwies sich jedoch diese Angabe als unwahr. A!s inan die Frau hierauf fassen wollte, war sie aus ihrer Wohnung verschwunden. Gestern wurde die Frau mm ermittelt und festgcnonime». Sie war »»»mehr ge ständig, die Uhr gleich damals, als sie dieselbe geliehen habe, in einem hiesigen Pfandgeschäft für 15 Mark versetzt zu habe». Der Pfandschein wurde »och in ihrem Besitz vorgefundc». Hierzu „Lustiges Bilderbuch" für die Separat-Abonuenteu destelbeu