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Sächsischer Landes-Anzeiger : 01.03.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-03-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188803018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18880301
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18880301
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1888
-
Monat
1888-03
- Tag 1888-03-01
-
Monat
1888-03
-
Jahr
1888
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 01.03.1888
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'Nr. 51. — 8. Jahrgang. Sächsischer > Der jeden Wochentag Abend (mit Datum de- folgenden Tage») zur Versendung »gelangendeSächsische LanVeS-Anzetger" mit täglich einem besonderen Unter« haltungsblatte und mit dem Extrabeiblatt Lustige« Bilderbuch kostet bei den Ausgabe stellen monatlich 70 Pia., bei denPost-Änst. 75 Ps. (1888er MS.-PreiSliste Nr. KOÜo.) ' - LlirAbonnentenerlcheiritjeeinmalimJahr: Sopimer-iÜsknbLliiifaiirplftnhkst für Sachsen. viuter.Lisenbalinfalirvlaiilieft für Lachsen. Illustr. Kalender de« Sächsischen Landboken. Jüustrirtk« Ladreibuch derliailder-llnzeigerr. I - i ^ ..»i »- mit „Chemnitzer Stadt-Anzeiger". Urrparteiiscke tägliche Zeitung für Sachsen und Thüringen. Donnerstag, 1. MLrz 1888. BeiMederholunggroßerAnnoncenRabatt. Bei Bestellungen von AnSwärt» wolle inan JnsertionSbetrag (inBriesmarken) beifügen sie 8 Silbe» CorpuSschrift bilden ca. IZeile.) Annoncenannahine nur bi« Vormittag. Seck«: Nemitn Ricke. - vuchdnickcrri. übemniy. Theaterslratze 5 (Ferusyrechstelle Nr. 133s. Telegr-Adr.: LandeS-Anzeiger, Chemnitz. Mit täglich einem besonderen 4. Sächsisches Allerlei - Unterhalt,MsMlitt: i. Kleine Botschaft - 2. Sächsischer Erzähler — 3 Sächsische Gerichts-Zeitung s JllnsirirteS Nnterhaltnugsblatt — 6 Sonntagsblaitt — Ertra-Beiblatt: Lustiges Bilderbnch. Amtliche Bekanntmachungen. Ueber da» hinterlasseue Vermögen der verstorbenen Tischlermeisters Carl Modert Schreitcr in Chemnitz wird heute am 27. Februar 1888 Nachmittags */,4 Uhr das ConcurSverfahren eröffnet. Der RechtSanwalt Bauer in Chemnitz wird zum Concursverwalter ernannt. ConcurSfordenmaci, sind bis zum 26. März 1868 bei dem Gerichte anzumelden. Es wird zur Be schlußfassung über die Wahl eines anderen Verwalters, sowie über die Bestellung eines GlönbigerauSschusseS und eintretenden Falle- über die iii 8 120 der CoiicurSordnung bezeichnelen Gegenstände auf den 16. März 1888 Nachmittags 4 Uhr und zur Prüfung der angemeldeten Forderungen aus den 6. April 1886 Vormittags 10 Uhr vor dem Unterzeichnete» Gerichte Termin anbcraumt. Alle» Personen, welche eine znr Concursmasse gehörige » Sache in Besitz haben oder zur ConcurSinasse etwas schuldig sind, wird auf- gegeben, nichts an de» Gememschuldner zu verabfolgen oder zu leisten, auch di« Verpflichtung auserlegt, von dem Besitze der Sache und von de» Forder ungen, für welche sie aus der Sache abgesonderte Befriedigung in Anspruch nehme», dem Concursverwalter bis zum 31. März 1888 Anzeige zu machen. ^ Königliches Amtsgericht zu Chemnitz. Die im Grundbuche auf den Name» Wilhelm Friedrich Wa ther einge tragenen, in Gablenz an der Clausstrahe gelegene» Grundstücke, als: 1. Haus mit Garten, Nr. 336 des Flurbuchs, Nr. 8, Adtheilung t! des BrandcatastcrS, Folium 284 des Grundbuchs sür Gablenz. geschätzt auf 15,000 M., 2. Hans -mit Garten, Nr. 335 des Flurbuchs, Nr. 9, Abtheilnng 0 des BrandcatastcrS, Folium 285 des Grnudbnchs sür Gablenz, geschätzt auf 15,000 M., solle» im diesigen Amtsgerichte zwangsweise versteigert werden »»d ist der 14. März 1888 vormittags 10 Uhr als Versteigcrniigstermin, sowie der 28. März l88s Purmittags IO Uhr als Termin zu Verkündung des BcrthcilnngsplanS an bcraumt worden. Eine Uebcrsicht der ans den Grundstücken lastenden An sprüche und ihres Nangverhältnisses kann in der Gcrichtsschre berei des Unter zeichneten Amtsgerichts eingesehe» werde». Chemnitz, am 16. Januar >888. Königliches Amtsgericht. DaS KonknrSverfahreil über daS Vermögen der Milchvcrkanfsgeschäfts- suhaberin Jda Auguste verehel. Koch in Chemnitz wird nach erfolgter Ab haltung des Schlußtermins hierdurch aufgehoben. Chemnitz, den 25. Februar 1888. Königliches Amtsgericht. Telegraphische Nachrichten. Von, 26. Februar. München. Den „Neuesten Nachrichten" wird aus Berlin tele- graphirt: Ueber die v.rschiede» geartete Haltung Oesterreichs und Deutschlands in der bulgarischen Frage hat nunmehr eine Verständig '-ring stattgehabt. Es steht fest, daß ein Zwiespalt darüber vder i» Folge davon ausgeschlossen ist. Wien. Der Afrikareiscnde Oscar Lenz richtete an die Zeitung" ein ausführliches Schreiben, worin er den Nachweis versucht, 1>aß die neulichen pessimistischen Nachrichten über das Schicksal Sian leys vorsichtig aufznnehmcn seien. Lenz glaubt, daß Stanley lebt, imd daß die nächsten Nachrichten über ihn von der Westküste Afrikas ckommen dürften. Rom. Nach Eintreffen des Ultimatums der französischen Re gierung begab sich General Mcnabrea gestern Abend zu Flourens, -um die Gründe zu erfahren, warum Frankreich plötzlich seine Haltung gewechselt habe. FlourenS erklärte, die Verhandlungen im Senat über die Zölle seien der Grund davon. Mcnabrea legte hierauf noch mals die Opportunität eines Handelsvertrages für beide Länder dar, worauf Flourens darauf einging, daß Gegenvorschläge ans Rom als Basis neuer Unterhandlungen ci»laufe». Paris. Die gemäßigte Presse bedauert, daß General Boulanger bei den vorgestrigen Wahlen 54,671 Stimmen erhalten hat. „Debats" kennzeichnet die Wahlen vom Sonntag als Fortschritt des Radikalis mus; eine „iniliiärisch-dcmagog schc Diktatur" sei nufgctancht. „Nc- publique" sagt: Steigt der Radikalismus, so folgt der Kommunismus. „Temps" ermahnt die Kammer zur Besserung. Der radikale „Rappel" erklärt die Kundgebung sür Boulanger als gesetzwidrig. „Justire" meint, sie sei ein Protest gegen die Impotenz der opportunistischen Negierung. Cassagnac schreibt in der „Anotritö", da- Land verlange einen Staatsstreich und eine Säbelregicrung, gleichviel von wem! San - Re »r» o, den 29. Februar. Nach einem gestern stattgefundenen Erstickungsanfall verbrachte der Kron prinz eine relativ befriedigende Nacht. Politische Rundschau. Chemnitz, den 29. Februar. Deutsches Reich. Ans Sau Nemo. Der „Reichs Anzeiger" vom Dienstag publizirt folgendes Bulletin: „San Remo, 28. Februar 10 Uhr 25 Min. Vorm. Se. K. K. Hoheit der deutsche Kronprinz verbrachte eine ziemlich gute Nacht, im Uedrigc» keine Veränderung. Mackenzie. Schiader. Krause. Hovell. Bramann." — Ai» Montag Nachmittag er'chicn der Kronprinz zweimal im Mantel und Hut auf dem Balkon der Villa Zirio in Begleitung seiner Gemahlin und seiner Töchter und begrüßte mit lebhaftem Hutschweuken die gegen über aus dein Balkon des Hotels Mediterraner befindlichen Verwandten. Die Nacht zum Dienstag war ziemlich gut, der Kronprinz erwachte einige Male, schlief aber bald wieder ein. Der Husten ist geringer, der Ansivnrf mäßig, aber immer noch gcröthet. Es heißt, bei der Behandlung des Kehlkopfes werde eine ganz neue Erfindung in An wendung gebracht, welche nicht ohne Erfolg die Ausbreitung der Kehlkopfgeschwüre (und damit i»> bösartigen Falle die Vertheilung des Krebsgistes durch den ganzen Körper) hindere. Wie weit das wahr ist, muß zunächst dahin gestellt bleibe». Professor Kußmaul ist am Dienstag früh nach Straßburg zurückgereist. Professor v. Bergmann hatte den Kaiser telegraphisch gebeten, abreiscn zu dürfen, bleibt aber auf ausdrücklichen Wunsch des Kaisers. Das Allgemeinbefinden war Dienstag den Verhältnissen gemäß befriedigend. Der Kronprinz svrichl schon etwas mehr, aber doch i». Ganzen nur wenig und muß namentlich alles lebhafte Spreche» vermeiden. Sicheres, wie sich die Krankheit in den nächsten Tagen gestalten wird, läßt sich nicht sagen, sie ist, auch nachdem die Hauptgefahr, die Lungenkrankheit, im Augen blick nicht vorhanden, unberechenbar. Peinlich genaue Vorsicht und Beobachtung der bis ins Kleinste dctaillirtcn ärztlichen Anordnungen ist selbstverständlich, wen» neue Zwischenfälle verhindert werden sollen. An eine Reise kann der Kronprinz vorläufig nicht denken, indessen wird er bei Eintritt dauernd warmen Wetters nach Potsdam gebracht werden, also etwa Ende Mai oder im Juni. Der Kronprinz ist geistig völlig frisch, soll aber nach Vorschrift der Aerzte sich nicht für längere Zeit mit Lcctüre oder Einsicht von Actenstücken beschäftigen, welche größere Anspannung der Gcistcskräste erfordern. Ein am Dienstag Abend eingcgangcues Telegramm meldete, daß der Krön prinz am Tage etwas ruhle, weil die letzte Nacht nicht unbedingt gut war und etwas Abspannung zur Folge hatte.,- Bon einer weite ren Ausdehnung der Kchlkopfgeschwnre ist »och ''--chts zu konftatiren; selbst Professor! Kußmanl gab dem- Kranke» gute Hoffnung, ers werde im Sommer wieder in Potsdam sei» können, unverändert. — Beim Reichskanzler Fürsten Bismarck Diner statt, zu welchem sämmllichc Mitglieder die preußischen Staatsminister, sowie die Untersta-tssekretäre Ministerialdirectorcn Einladungen erhalten baben. — Dem Reichsschatzsclrctär I)r. Jacob! ist ein weiterer Urlaub ertheilt, da sein Befinden noch nicht derart ist, daß er am 1. März seine Amtsgcschäfte wieder übernehmen kann. — Die Regierung in Chile hat von der NcichSrcgicrung sich 2 tüchtige deutsche Techniker als Jnstructeure erbeten. — Die „Köln. Ztg." führt i» einem längeren Artikel aus, daß die Schaffung eines Rcgentschaftsgcsetzes für das deutsche Reich ganz nnnöthig, weil überflüssig sei: „Die Ausübung der Präsidialrechte in dem aus einer Reihe von Staaten bestehenden deutschen Bundesstaat steht der Krone Preußen zu und wer nach Maßgabe des Preußischen Staaisrechtes zur staats- und völkerrechtliche» Vertretung dieser Krone befugt ist, und wer die Regierung in Preußen aus Grund der preu- zischen Verfassung ausübt, ist zugleich znr Ausübung der Präsidial gewalt befugt, welche die Reichsversassung der preußischen Krone eingcräumt hat. Der König von Preußen übt die Präsidialgcwalt als deutscher Kaiser aus, der Regent v.m Preußen übt sie als Re gent ans, nicht als Reichsregent, sondern als preußischer Regent. Diese Ansicht wird von den hervorragendsten Lehrern des deutschen Der Herr Redacteur in Stellvertretung. Humoreske von H. d'Altona. Nachdruck verboten. Daß der Redacteur einer Zeitung mit einer gewissen Dosis Nn- empfindlichkeit ausgerüstet fein muß, wenn er nicht elend am Gallen- ficber als ei» Opfer feines Berufs zu Grunde gehen will, das wird mir auch der eingefleischteste Feind des Geschlechts der Zeitungs schreiber glauben. Welche Keulenschläge sausen auf das Haupt des Redakteurs nieder! Welchen heimtückisch versteckten Nadelstichen ist er stündlich ausgesetzt! Von hundert Abonnenten einer Zeitung sind mindestens ncunundneunzig fest überzeugt, das Blatt besser redigiren zu können als der Redacteur, und wo gäbe cs einen Stammtisch seines Ortes, an dessen Kreuz er nicht mindestens des Abends einmal geschlagen würde — wenn er nicht dabei ist. Zu den unerbittlichsten Besserwisser» des Städtchens Nesselvrt, dessen einzige Zeitung, der „Merkur", meiner Leitung anvertraut war, gehörte Apotheker Thymian. Eigentlich nannte man ihn mit Unrecht noch Apotheker. Er hatte bereits vor Jabren sein Metier an den Nagel gehängt und seine ganze Thätigkcit bestand seitdem darin, sich mit der Regelmäßigkeit eines Pendels zwischen Haus und Bierstube zu bewegen und hinter dem Kruge zu kannegießern. Er war ein Pessimist ärgster Sorte, rechthaberisch und verbissen. Die Erde war ihm ein kugelförmiges Conglomerat von Bosheit und Unverstand, auS dem sich ein besonders dunster »nd ein leuchtender Punkt abzeichnete. Der leuchtende Punkt war er, Thymian, der Un fehlbare, der Engelreine; der dunste Punkt war das Zcitnngswcsc» Das war nach Thymian gründlich verfahren, so verfahren, daß cs überhaupt nicht mehr zu retten war. In de» Augen Thymian's war jeder Zeitungsschreiber ein Ignorant zum mindesten, wenn er nicht noch eine schlimmere Bezeichnung verdiente. Aber Thymian hat sich gebessert und wie das zugegange», will ich hier erzählen. Eines Abends ging mir ein Telegramm zu, welches wich ans wenige Tage in meine Heimathstadt rief. Um eine» befreundeten Gymnasiallehrer aufzusuche», welcher mich bereits früher einmal in der Redaction vertrete» hatte, begab ich mich in das Restaurant „Zum grünen Hirsch". Mein Freund saß am «hrwürdigen Stammtisch der Gaststube, in der Runde befand sich auch «tapothÄ» Thymian. Im Ganzen also: fand ein großes des Bundesraihcs, und Mein Freund lehnte die Uebcrnahmc der Stellv.rtrctnng ent schieden ab. Er wünsche sich nicht noch einmal den Unaniichmlich- keiten nusznsetzen, welche die Nedigirung der Zeitung derzeit für ihn im Gefolge gehabt, sagte er. Thymian hatte aufmerksam unser Gespräch verfolgt und warf nun mit der ihm eigenen Miene der Uebcrlegenheit die Bemerkung dazwischen: . „Aber, Herr Oberlehrer! So ein bische» Zeitung z» redigiren und sich Unannehmlichkeiien zuzichcn! Das begreife ich absolut nicht! Man muß cs nur verstehen, den Leuten die rechte Brühe zu kochen! Nicht in rücksichtsloser Selbstüberhebung die berechtigten Forderungen des Publikums unbeachtet lassen! Nicht die eigene Meinung der Oeffcntlichkcit als die der Allgemeinheit aufdrängc» wollen, und nicht im bequemen Sichgehenlassen die Schccre sür die Feder arbeiten lasse»! Ja, Ja! lieber das Kapiicl ließe sich »och Manches sagen, aber " Ein Blick, zusammengesetzt aus Spott und Vorwurf, traf mich durch die scharfen Anzeiigläsec; dann verlieft«: Herr Thymian die glühende Nase in den Bierkcug, solange, daß ich hinreichend Zeit hatte, einen mich durchblitzenden diabolischen Gedanken zu einem wohl überlegten Plan auszuspinnen. Unbarmherzig halte Thymian bis jetzt jedes Blatt des „Merkur" zerpflückt, mochte er einmal zeige», ob das „Bessermachen" bei ihm auf der gleichen Höhe »lit seiner Kritik stand! Als seine Nase wieder aus dem Hellen Krug emporstieg, wie der Purpurball der Sonne früh aus dem lichten Acther auftaucht, wendete ich mich an ihn: „Vielleicht werden Sic die Güte haben, Herr Thymian, die Re daktion ans die kurze Zeit zu übernehmen! Ich würde Ihnen außer ordentlich dankbar sein und sicher das Publikum auch!" Ein flüchtiger Ausdruck des Triumphes glitt über sein Gesicht. Seine Augen drehten sich von dem Nachbar links zu dem Nachbar an der reihten Hand, als wollte er sagen: „Ja ich! Seht Ihr? Ich!" Die weißen Finger strichen das glottrasirte Kinn, dann wölbte er einen Augenblick die Lippe», wäh rend der Kopf sich auf die Halsbinde neigte »nd die Brauen sich nachdenklich zusammeuzogen und nun erwiderte er langsam, bedächtig, als wäre seine Zustimmung die Folge eines schwere Entsagung for dernden Entschlusses: Staatsrechtes vertrete», eS ist deshalb eine Lücke in der Reichs»«- fassnng nicht verhanden und kann ein Bedürfniß für de» Erlaß eine» RegentschaftSgesetzcs nicht anerkannt werden." — Am Montag empfing der Papst im Vatikan im Beisein zahlreicher Kardinäle 1200 deutsche Pilger. Der Bischof von Mainz verlas eine lateinische Glückwunschadrcsse. Der Papst dankte und er widerte, er kenne die Frömmigkeit der deutschen Katholiken und deren Liebe zum heiligen Stuhl. Sodann sprach er über die Sache de» Katholizismus, welche mit allen Kräften vertheidigt werden müsse, und gedachte der einmüthigen Huldigungen, welche dem Papstthum zum jüngsten Jubiläum dargebracht worden sind. Wenn er nicht davon ablasse, stets von neuem die Rückgabe von Rom zu fordert so geschehe das, damit die Freiheit des Papstes allen Nationen zu« Vortheil gereiche. Die deutschen Katholiken möchten fortfahren, für die Freiheit und Unabhängigkeit der Kirche zu wirken. Biel sei be reits Dank dem Wohlwollen des deutschen Kaisers und der Regier ungen in Preußen und den anderen deutschen Staaten geschehen. Der Papst schloß mit dem Wunsch, die Katholiken möchten auch ferner in Einigkeit, Weisheit und Beständigkeit ihrer Lache dienen. — Mit dein Erlaß des Reichskanzlers i» Sachen der Berliner Productenbörse hat man sich bereits in Berlin beschäftigt und haben die Aeltesten der Kaufmannschaften die Niedersctzung einer Komniisiun von sieben Mitgliedern zur Specialerörtcrung beschlossen. In der Berathung wurde hervorgehoben, daß dem Erlasse eine Auffassung zu Grunde liege, welche dem in der Börsenordnung enthaltenen PciNzip der Selbstverwaltung entgegentrete. Auch zweifelte man an der Aus führbarkeit der im Erlasse gemachten Vorschläge. — Das neue Weingcsctz lautet nach den definitiven Beschlüsse« der Reichstagscomiuission in seinen ersten beiden Paragraphen: 8 I. Dienachbezeichueten Stoffe, nämlich: löslicheAlnmiiiiuinsalze(Alau»tc.)» Baryumvcrbindungc», metallisches Blei oder Bleiverbindungen, Gly cerin, Kermesbeeren, Magnesinniverbinduiige», Salicylsänre, unrein« (freien Amylalkohol enthaltender) Sprit, nichtkrystallinischer Stärke« zucker, Theerfarbestoffe oder Gemische, welche einen dieser Stoffe ent halten, dürfen Wein, weinhaltigen oder weinähnlichen Getränken, welche bestimmt sind, Anderen als Nahrungs- oder Genußmittel zu dienen, bei oder nach der Herstellung nicht zugesetzt werden. 8 2 lautet: Wein, weinhaltige oder weinähnliche Getränke, welchen de» Vorschriften des 8 1 zuwider einer der dort bezeichnet«» Stoffe zu- gesctzt ist, sowie Rothwein, besten Gehalt an Schwefelsäure in einen» Liter Flüssigkeit mehr beträgt, als sich in zwei Gramm neutralen schwescl sauren Kaliums vorfindet, dürfen gewerbsmäßig weder scilgc- halten noch verkauft werden. § 3 bestimmt den Declarationszwang. — Die Ansiedlungs - Commission in Posen hat das ungefähr 1000 Morgen große Gut Waldowken im Kreise Bcrent, welches vis- hcr Herrn v. d. Marwitz gehörte, für 129,000 M. angekanft. — Die Mannschaften der nach Kiel zurnckgekchctcn Kreuzer- corvette „Louise" klagen sehr über den Aufenthalt i» Kamerun. Die Leute sind zum große» Theil wieder fieberkrank gewesen und der maßen erschöpft in die He math znrückgekehrt, daß ihnen ei» drei monatlicher Urlaub zur Erholung gewährt werden mußte. Als er schwerender Umstand für den Aufenthalt in Kamerun ist anznsehe», daß dort Mangel an »othwcndigcn Lebensmitteln herrscht, die Ver pflegung mithin die beste nicht ist. Oesterreich-Ungarn. Immer langsam voran!, so wird eS mit den neuen, von Rußland angeregten Verhandlungen ganz sicher gehen, und dann ist noch fraglich, vb Ncnnensmerthcs zu Stande kommen wird; der Sultan denkt gar nicht daran, mit Waffengewalt, gegen den Koburger, Rußland zu Liebe und Oesterreich-Ungarn, Eng land und Italien zu Leide, vorzugchen, und daß man sich in Sofia vor verschnörkelten Aktenstücken und gedrechselten Proleslcn nicht fürchtet, ist doch sattsam bekannt. Das Beste ist, daß trotz dieser nicht g rade glänzenden Aussichten die Lage doch fortgesetzt friedlich anfgcfaßt wird. Selbst in Wien und Pest, wo das Kricgsfieber doch in den letzten Jahren recht häufig auftrat, ist man ziemlich ruhig. Oesterreich-Ungar» bleibt fest bei seinen einmal anfgestelltcn Principien stehen. Es will „Nun, um Sie der Verlegenheit zu entreißen, will ich für Sie in die Bresche springen. Hoffentlich sind Ihre Leser mit dem Tausch zufrieden!" — „Zweifelsohne!" gab ich zurück und ersuchte ihn dann, mich noch am selben Abend auf mein Bureau zu begleiten, da mir am andern Morgen nicht Zeit genug blieb, ihm die erforderlichen Informationen zu gebe». Er unterbrach mich, indem er mir mit einer Miene der Geringschätz ung die Hand schüttelte: „Aber lieber Freund, das ist ja durchaus überflüssig! Ich werde cs schon machen. Das bischen Leitartikel, Rundschau, Lokales re. bringt man schon zusammen. Reisen Sic be ruhigt; das Blatt wird sich in guten Händen befinden." Ich benutzte dennoch den ersten Frühzug nicht, um ihm wenig stens die nothwendigsten Fingerzeige erthcilcn zu können. DaS hochfahrende Selbstbewußtsein seines Wesens, seine sicgeS- sichere Miene hätten mir eigentlich die Gewißheit verschaffen sollen, einen Stellvertreter gefunden zu haben, dessen Thätigkcit die meinige vollständig in den Schatten stellen werde. Trotzdem vermochte ich mich eines unbestimmten Gefühls der Bangigkeit nicht zu erwehren. Mich überkam eine Ahnung, daß ich nicht recht gctha», den Stab des „Merkur" in die Hände Thymians gelegt zu haben und ich beschloß, auf alle Fälle meine Zurückkchr »och Möglichkeit zu be schleunigen. — Thymian ging an die Arbeit. Ein wilder Ehrgeiz, der Ncsselorter Bürgerschaft eine Muster zeitung ersten Grades zu liefern, bemächtigte sich seiner. Verächtlich schob er die Papierscheere auf dem Schreibtisch zur Seite. Ein Zug des Hohnes umspielte die Mundwinkel, als er i« den Gununitops blickte. Der Hausdiener überreichte ihm einen Hansen Zeitungen; die neuesten des Tages. Mit flüchtigem Blick überging Thymian die neuesten Nachrichten der Residcnzblätter. Dann stiefi er die Fed« energisch auf de» Boden des Tintenfasses; wie das voni günstigen Wind getriebene Segelboot flog der Kiel über da- Papier. Dann und wann stockte die Feder. Einen Augenblick ließ er die gcdankenschwangere Stirn auf der Fläche der linke» Hand ruhen, dann hob er mit einem kräftigen Ruck das Haupt, in den Auge» wetterleuchtete eS und wie ein Gewittersturin rauschte die Fed« wieder »der die Unterlage. Der Leitartikel war fertig. „Ein Ausblick nach Osten!" lautert -M
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