Volltext Seite (XML)
offiziöse „Prov. Korresp.", die Regierung seiest entschlösse^ > entschiedene Schritte zu thun, um.da§^>errenhauS»u reformiren. „Sie wird", sagt da- Blatt, „ihr DeefaffuvgswWtzcö Recht (zum Pairsschub) und ihre ernsten Pflichten in dem Bewußtsein üben, daß eS sich, auch über die zunächst liegende Krage hinaus, um die Gewähr ekner stetigen und harmonischen Ent wicklung der preußischen Monarchie überhaupt han delt." DaS ist deutlich genug gesprochen; wenn nur den Wor- ten auch die Lhaten folgen möchten. In Baiern bildet die gerichtliche Sperrung der Spitz - eder'schen D achauer Bank das Ereigniß des Tages. Fräu lein Spitzeder, ehemalige Schauspielerin, verstand eS ebenso wie ihr Vorbild Langrand in Belgien, die Dummheit der Gläubiger für ihre Schwindelgeschäfte auSzubeuten, wobei ihr jesuitische Pfaffen die hilfreichste Unterstützung gewährten. Es ist nur zu verwundern, daß der Staat nicht früher schon gerichtlich eingriff und sich lediglich mit Warnungen vor der Gefährlichkeit dieser Dachauer Bankgeschäfte begnügte. Als nun aber doch vor einigen Lagen bei Fräulein Spitzeder eine Gerichtskommission erschien, stellte sich die Jndustrie-Ritterin im hohen Grade überrascht, sprach ihre Ansicht von der Unzulässigkeit des gerichtlichen Vorgehens auS, fügte sich jedoch bald gelassen in das Unvermeidliche. Die sofort unter Assistenz eines tüchtigen Sachverständigen in Angriff genommene Untersuchung der Bücher ergab in kurzer Frist, daß dieselben äußerst mangelhaft geführt wurden, daß die größte Un ordnung in der ganzen Geschäftsgebarung herrschte und Ueber- schuldung zweifellos vorliegt. Daraufhin wurden die Siegel an gelegt und der Spitzeder die Civilsicherheitshaft angekündigt. Ihre Ueberführung in das Gerichtsgefängniß konnte jedoch erst nach geraumer Zeit, Nachts 1 Uhr bewerkstelligt werden. Ueber den Stand des Geschäftes erfährt man, daß von einer Buchführung im kaufmännischen Sinne nicht die Rede war und daß die ge führten Ausschreibungen sich nicht über das Niveau des Markt- zettelS einer Köchin erhoben. Der Aktivstand an Baarem (etwa 70,600 Gulden), Obliegenheiten aller Art, Juwelen und Immo bilien (16 größere und kleinere Häuser) wird 900,000 Gulden nicht übersteigen, wogegen man von Passiven im Betrag von 8 — 9 Millionen Gulden spricht. Die nächsten Lage müssen die Entscheidung des Gerichts bringen, während es sich gleich zeitig zeigen wird, ob und welche Voraussetzungen dem Staats anwalt gegeben erscheinen, um eine Untersuchung wegen betrüger ischen Bankerott- beantragen zu können. Desterretchisch s Ungarische Monarchie In der Liroler Landtags-Angelegenheit hat die Regierung wieder einmal eine Matt Herzigkeit an den Tag gelegt, wie alle verfaffungöfeindlichen Elemente sich dieselbe gar nicht größer wünschen können. Noch ehe die Interpellation wegen der Inns brucker Rektorwahl beantwortet wurde, forderte der Statthalter Graf Laaffe den Landtag zur Vornahme der Reichsrathswahlen auf. Dieselben gingen vor sich und fielen bei der klerikalen Majorität deS Liroler Landtags natürlich auf Männer, die den ReichSrath noch nie betreten haben und auch nicht betreten wer den. Bei alledem that Graf Laaffe, als herrsche zwischen Re gierung und Landtag das herzlichste Einvernehmen, denn dieselben Leute, welche unbefugter Weise die Wahl des Rektor vr. Ull mann angefochten, lud er zum Diner zu sich. Endlich aber ging doch die achttägige Krist, welche die Interpellanten der Regierung zur Antwort gestellt, zu Ende und Graf Taaffe erklärte, daß da- Vorgehen deS Landtags bezüglich der Rektorwahl völlig außer der Kompetenz desselben liege, und forderte den Landeshaupt mann unter Hinweis auf die zweifellosen gesetzlichen Vorschriften auf, dem Rektor daS Handgelöbniß abzunehmcn. Ein Antrag Dipauli'-, den Schluß der Sitzung auszusprechen, um über die Erklärung der Regierung sich schlüssig machen zu können, wurde * angenommen. Als am anderen Läge der Landtag zu- ' Ahlten die Interpellanten, d. h. die klerikale Majorität mehr „mit zu thun" und somit war der gemacht. Der Regierung wäre nun selben möglich gewesen; aber nein Zession auS. Die Frage liegt v ^cht dasselbe that, wie *-n wegm Aner- Innung deS ReichSraHS wurde durch AufbWng dcS Mager Landtags und AnwcndrMg des Nvthwahlgcsctzeß beantivottet. väge ein System in der Handlungsweise der kaiserlichen Regie rung, so wußte dasselbe mit dem Liroler Landtag geschehen. Man durfte ihm nicht gestatten, bei seiner notorischen Verfassung-- feindlichkeit die Reichsrathswahlen zu vollziehen, sondern mußte, wie in Böhmen, mittelst deS NothwahlgesetzeS die Bevölkerung selbst an die Wahlurne rufen. Der Unterschied in der Behand lung beider Länder liegt aber lediglich in dem Umstande, daß in Böhmen die Opposition auS .drm NationalitätSprinzip, in Tirol auS klerikaler Ueberhebung erwuchs. Die nationalen Selbständig- keit-gelüste der Czechen konnte wohl ein Beust in der Wiener Hofburg besiegen, aber den Einfluß der Schwarzen an dieser Stelle zu brechen, dazu ist weder ein Andrassy noch ein Auers perg bis jetzt fähig gewesen und werden unter Franz Joseph in alle Zukunft dazu nicht fähig tein. Denn eS ist ein öffentliche- Geheimniß, daß der Kaiser seinen inneren Ueberzeugungen nach diesem Lager selbst angehört. Darnach mag man auch bemessen, welchen Erfolg die Bewegung haben wird, die sich jetzt in ver schiedenen Kreisen der Bevölkerung gegen die Jesuiten zu erheben scheint. Von einzelnen Städten Ungarns, Siebenbürgens rc. werden nämlich Petitionen an den Reichstag kolportirt, um die noch fortwährend andauernde Einwanderung von Jesuiten zu bekämpfen. Kommen sie im ReichSrath zur Verhandlung, dann wird man mehrere Redner mit „sittlicher Entrüstung" sich erhe ben sehen, aber weiter hat es keinen Zweck. Im Lande bleibt Alles, wie es ist, und den frommen Vätern der Gesellschaft Jesu darf kein Haar gekümmt werden. Dafür sorgt die Wiener Hofburg. Italien. Die Regierung hat dem Papste die Rententitel zur Verfügung stellen lassen, welche demselben durch das Garantie gesetz zugesprochen wurden. Die Sendung begleitete ein Schrei ben des Finanzministers Sella. Der Kardinal Antonelli ant wortete demselben, daß der Papst eine Summe nicht annehmen könne, deren Gewährung auf der Anwendung von Gesetzen be ruhe, die vom heiligen Stuhle nicht acceptirt seien. — Also immer noch die alte, konsequente Hartnäckigkeit, wodurch sich der Vatikan seit Jahren auszeichnet. Die Peterspfennige sorgen dafür, daß die Rententitel nicht gerade zur päpstlichen Leibes-Nahrung und Nothdurft gehören. Frankreich. Herr Thiers hat der National-Versamm- lung die längst erwartete Botschaft erstattet. Dieselbe kon- statirt zunächst die im Lande herrschende Ruhe und das ernste Bestreben der Regierung, der Vertretung der Nation Achtung zu verschaffen. Es wird sodann der ganz außerordentliche Erfolg der letzten Anleihe hervorgehoben, dabei mitgetheilt, daß die darauf erfolgten Einzahlungen den Betrag von 1750 Millionen jetzt schon erreichen, und der von der Regierung getroffenen Vor sichtsmaßregeln gedacht, durch welche einer Vertheuerung der Wechsel vorgebeugt werden soll. „Wir haben, wird in der Bot schaft erklärt, 1500 Millionen in Wechseln auf Deutschland, .wir haben ferner Preußen bereits 800 Millionen bezahlt, wir werden weitere 200 Millionen im Monat December bezahlen, und es bleiben uns immer noch 500 bis 600 Millionen in Wechseln zur Leistung weiterer Zahlungen zur Verfügung." Die Botschaft gedenkt demnächst des günstigen Zustandes der Bank von Frankreich, deren Metallvorrath 900 Millionen beträgt, verbreitet sich über den ausgezeichneten Aufschwung, welchen der französische Handel genommen habe, dessen Umsatz im Jahre 1872 die Summe von 7 Milliarden übersteigen werde und setzt auf die Budgetverhältnisse eingehend, auseinander, daß nur vorübergehende Ursachen in den Steuererträgcn zu einem Defizit von 132 Millionen geführt hätten. Es wird dabei hervorgehoben, daß man in Voraussicht dieses Defizits schon eine die Ausgaben übersteigende Summe in den Voranschlag ausgenommen habe; da- Gleichgewicht in Einnahme und Ausgabe werde 1873 voll ständig hergestellt und wahrscheinlich würden 1874 Ueberschüffe vorhanden sein. DaS Liquidationskonto für die noch auS dem Kriege herrührenden Ausgaben wird unter anderen mehrere hun dert Millionen erfordern, welche zu der Wiederherstellung de- KriegsmarerialS nothwendig sind. Im Ganzen dürften etsva 700 Millionen erforderlich sein, zu deren Deckung jedoch schon