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19. November 1872 Dienstag, Sächsische DocheLkmA Verantwortlicher Redattenr und Verleger: Herr«««« Müller in Dresden. Dresden, in der Expedi tion, kUMeißn. Gasse Skr. 3, Vretsr vierteljährlich LS Ngr. Za beziehen durch alle lass. Post- Anstalt«. von den früheren Beschlüssen des Abgeordnetenhauses, „bis zur anderweitigen gesetzlichen Regelung" bleiben die Befreiung der Beamten, Geistlichen und Lehrer von den Kreis-Abgaben. Bei der.Befugniß des Kreises zu statutarischen Anordnungen ist der Grundsatz festgehatten, daß Gegenstände der Gesetzgebung nicht durch ist der Für die werden können. Ein wichtiger Punkt der Ziffern bei der Abgrenzung der Amtsbezirke, mensetzung deS Kreistages und die Bildung der Wahlverbände bleibt die BestimmunZ, daß -wischen Stadt und Wiederzusammentritt der Kommission soll auf obiger Grundlage ein vorläufiger Gesetzentwurf ausgearbeitet und demnächst der Kommission zur Berathung vorgelegt werden. Dem preußischen Abgeordnetenhause legte am vvrigen Sonnabend der Minister Graf Eulenburg abermals die neue Kreisordnung vor. Er äußerte dabei: „Während der Be- rathungen über den Entwurf im Abgeordnetenhause hat sich nicht überall ein Einverständniß herausgestellt; die Regierung hoffte jedoch, die Bedenken gegen einzelne Beschlüsse durch eine Vereinbarung zwischen beiden Häusern beseitigen zu können. Diese Hoffnung ist aus bekannten Gründen nicht in Erfüllung gegangen. Im Weiteren gab der Minister eine Uebersicht der Veränderungen bei den einzelnen Paragraphen, wie solche als Resultat der ver traulichen Konferenzen zwischen der Regierung und einzelnen Mitgliedern deS Hauses festgestellt sind. In Kürze laufen die selben auf Folgende- hinaus: Aufrechterhalten soll im Unterschiede Ein unterhaltendes Blatt für den Bürger und Landmann Erscheint jeden Dienstag und Freitag früh. Inseratenpreis: Kür dm Raum rinn grspaltenm 3»Il« 14 Ngr. Uutrr .Eingrsandt' r R,«. Ur. 91. Land die Zahl der Vertreter nach der Einwohnerzahl bemessen wird. Dagegen fällt für die beiden ländlichen Wahlverkände die Halbirung nach den Steuern fort. Die Ernenrung deS Amtsvorstcherö erfolgt auS einer Vorschlagsliste, welche der Kreis tag aus den zu dem Amie Befähigten entwirft. Bei den Polizei- Verordnungen, welche vom Amtsvorstehrr erlassen werden, bleibt die Zustimmung deS AmtSausschuffeS in erster Linie erforderlich. Wird dieselbe versagt, so kann der Amtsvorsteher sich an den Kreisausschuß wenden, der berechtigt ist, Lie fehlende Zustimmung des AmtSauSschusseS zu ergänzen. Endlich ist noch zu erwähnen, daß eS den Kreisen anheimgestellt bleibt, ob sie einen SyndicuS wählen wollen oder nicht. Die Hinzuziehung eines solchen ist also nicht mehr obligatorisch. Der Minister schloß seinen Vor trag mit den Worten: „Bon Nichtigkeit ist, daß zwischen Re gierung und Abgeordnetenhaus über jeden Paragraphen dieses weittragenden Gesetzes ein Einverständniß zu Stande kommt. Die Regierung hat gegeben, waS sie konnte; sie fordert jetzt, was sie muß. Thun Sie nun das Ihrige. Ich gebe mich nicht bloS der Hoffnung- ich gebe mich der festen Zuversicht hin, daß daS Abgeordnetenhaus die Lage verstehen und wirklich Hand in Hand mit der Regierung einer Gesetzgebung von so enormer Bedeutung die Wege bahnen wird." (Beifall) Im Herrenhause würde die KreiSordnung jetzt allerdings auch ohne Pairsschub wahrscheinlich durchgehen, denn den Jun kern ist der Muth gewaltig gefallen. Kleist-Retzow, der wackere Führer der feudalen Majorität hat sogar „Urlaub auf unbestimmte Zeit" genommen. Die Temparatur muß sich also im hohen Hause gewaltig verändert haben, seitdem die Re gierung alle Zweifel gehoben, daß sie sich nicht zum Spielball junkerlicher Laune hergeben werde. Wenigstens versichert die VL Politische Weltschau. Deutsch.« Reich ES liegt in der Natur der BnhLll- niffe, daß man sich in Deutschland bisher wett mehr mtt den Nachbarn im Westen und Osten, als mit denen im Norden beschäftigte. Die kleinen Staatengebilde des Nordens spielen im europäischen Völker konzert doch nur eine untergeordnete Rolle. Gletchwohl ist es ein erfreuliches Zeichen, daß sich auch dort eine veränderte Stimmung Bahn bricht. Der Jahresbericht der königlichen Knegsakaderme zu Stockholm spendet nicht nur der deutschen Kriegsführung während deS letzten deutsch-französischen Krieges das höchste Lob, sondern e- treten-in demselben auch die Sympathien für Deutschland fast unverhüllt hervor. Mancherlei Anzeichen sprechen außerdem dafür, daß sich namentlich in den gebildeteren Kreisen der nor dischen Bevölkerung eine gewisse günstigere Beurtheilung der deutschen Zustände zu äußern beginnt. Aber es will unS doch scheinen, als beruhe vieler Umschwung vorläufig noch auf einem ziemlich selbstsüchtigen Motiv. Die in den nordischen Staaten sehr stark vertretene sozialistische Richtung erweckt nämlich in den besitzenden Klassen die Hoffnung, Deutschland werde diesen de struktiven Tendenzen Einhalt thun. Sodann glaubt man, durch eine versöhnlichere Stimmung gegen Deutschland dasselbe ver anlassen zu können, den Artikel 5 deS Prager Friedens zu Gunsten Dänemarks nach nordischer Auslegung in Ausführung zu bringen. Diese Ausführung ist bekannt. Es handelt sich nach derselben, natürlich ohne jede Sicherstellung der deutschen Bevölkerung, nach wie vor weit weniger um die Rückgabe der nordschleswig- schen Grenzdistrikte, als um die Wiederabtretung der Insel Alsen. Davon kann natürlich in Deutschland nicht die Rede sein. Ohne diese Grundbedingung dürfte es aber den Einsich tigeren in den nordischen Staaten sehr schwer werden, ihre Auf fassung der großen Menge verständlich zu machen. Ganz abge sehen von dem tiefen Gegensätze, welcher in den Staatsverfaffungen der nordischen Staaten und des deutschen Reiche- obwaltet, fehlen deshalb noch, alle Bedingungen, welche einer Annäherung der ersteren an Deutschland -um Anhalt dienen könnten. Trotzdem wird man selbst verein-elten Aeußerungen nach dieser Richtung hin eine Bedeutung für die Zukunft nicht absprechen können. Die durch furchtbare Stürme angerichteten Verheerungen an dm Küsten der Nord- und Ostsee finden unter „Vermischtes" nähere Besprechung. Fürst Bismarck leidet an Rheumatismus und ließ deshalb semm Hausarzt von Berlin nach Varzin rufen. Gewisse Ber liner Blätter, die in der Kunst, aus der Mücke einen Elephanten zu machen, Erkleckliches leisten, benutzten diesen Umstand zur Aus streuung beunruhigender Gerüchte, denen zufolge de» Reichskanzler sehr gefährlich erkrankt sein sollte. Die offiziöse Presse fleht sich ^ber veranlaßt, diese Uebertreibungen auf ihr richtiges Maß zru rückzuführen. — Ueber hie neue bevorstehende LabakSsteuer verlautet auS offiziöser Quelle: die betreffende ReichSkomMission habe vor ihrer bereits gemeldeten Vertagung auf einige Wochen ' durch Majoritätsbeschluß festgestellt, daß der Ersatz für dieSalz" ' steuer durch die Einführung einer Steuer von 10§ Lhlr. pro Centner auf einheimischen und von 14 Lhlr. pro Centner auf importieren Rohtabak beschafft werden soll. Bis zum dtermr dreißigster Jahrgang. IV. Quartal.