Volltext Seite (XML)
Ux-td. u. Redaktton rersdeu-Neustadt L Meihnn Gasie 4. D« Fettung erscheint riensta«, T-aaerstaa und kanuadend f^üh- rrdsanementd- Sächsische DocheilunA Inserat« »erden bi. Montag, Mittwoch u. Freitag Mittag angenommen und kosten: diel spalt. Zeile 15 Pf. Unter Eingesandt: 30 Pf. Jnferaten- flnnahmesteUeu.' 62. Jahrgang. Sonnabend, dm 12. Mai 190V. Ar. 56. An unterhaltendes Blatt für den Bürger und Landmann. Amtsblatt für die kgl. Amtshauptmannschaften Dresden-Altstadt und Dresden-Neusta t, für die Ortschaften des kgl. Amtsgerichts Dresden, sowie für die kgl. Forstrentämter Dresden, Tharandt und Moritzburg. Verantwortlicher Redakteur und Berleaer Herrmann Nüsser in Dresden. _ Invalidendank, Haasenstein L Vogler, Rudolf Mosse, Ä. L. Daube L ho. in Dresden, Leipzig, Frankfurt a/M., N Kohl, Sesiel<*doi s, Hugo Müchlrr, Kötzschenbroda u. s. w. Preis: »ettrljLhrl. M. Fu beziehen durch »v kaiserlichen Post- «asialten und durch unsere Boten. Dn freier Lieferung dit Haus erhebt die Uost noch eine Ge bühr von 25 Pf. Politische Weltschau. DeutfedeS Reich. Die Budgetkommission deS Reichstags beendete am Donnerstag die erste Lesung des Flottengesetzes und tritt nächsten Dienstag in die zweite Lesung ein. Der von der Subkommisston gtstellte Antrag über die Besteuerung der KompensationS- gtschäste wurde nach Empfehlung des Vertreters der ReichSbank, Geheimraths v Glasenapp, unverändert angenommen. Der Stempel für Kauf- und AnschaffungS- geschüste (Börsensteuer) wurde, entgegen dem vorher gefaßten Beschlusse, statt auf nur auf '/,o Pro Taufend angenommen. Abg. v. Kardorff kündigte für die zweite Lesung einen Antrag an, den Kommisfions- stempel verschieden zu gestalten, entsprechend den EwisfionSkursen. Der Antrag Müller-Fulda, die Uiberschüsie der ReichSstcmpelabgaben im Jahre 1900 über das Etatsoll der Ueberweisungen aus den Stempel abgaben zur Verstärkung der Betriebsmittel des Reiches zu verwenden, wurde angenommen, nach Ablehnung des Antrags Richter, wonach deren Verwendung zur Schuldentilgung erfolgen sollte. Die Ablehnung deS Antrags Richter erfolgte aber nur mit 12 gegen 10 Stimmen. Auch die Resolution Müller und der Antrag Gröber, betreffend die Deckung, wurden an genommen Abg. Gröber erklärte, eine Ergänzungs steuer werde vom Centrum nicht mehr sür erforderlich erachtet. Hinsichtlich der Bierbesteuerung wollten sich seine Freunde noch nicht festlegen; die geplante Steuer auf Seefahrkarlen ließen sie fallen. Der Reichstag förderte am Mittwoch die Weiter- berathung der Unfallversicherungsnovelle bis zum Z 79, nachdem er ohne Debatte diePo st dampfer vorlag e in dritter Lesung angenommen hatte. Eine längere Auseinandersetzung riefen die Bestimmungen über die Vermögensverwaltung der BerufSgenossen- schasten hervor und zwar die in der Kommission be- schloffene Erweiterung, daß die Bestände der Berufs genoffenschaften auf Beschluß der GenoffenschaftSver- sammlung auch in solchen auf den Inhaber lautenden Pfandbriefen deutscher Hypotheken-Aktienbanken ange legt werden dürfen, welche die Reichsbank in Klaffe 1 beleiht. Staatssekretär Graf Posadowsky trat leb haft für die Streichung dieses Zusatzes ein, während der Abg. vr. Lehr (ntl) beantragte, die Worte: „auf Beschluß der Genoffenschaftsversammlung" zu streichen, so daß also die Anlage in Hypothekenpfandbriefen auch ohne diesen Beschluß nach dem Ermessen der Vorstände der Berufsgenossenschaften zulässig sein soll In dieser Fassung wurde der Paragraph schließlich angenommen. — Am Donnerstag setzte daS HauS nach der zuerst vorgenommenen ersten Lesung deS Gesetze- über die militärische Strafrechtspflege in Klautschou die zweite Lesung der Unfallversicherung-Novelle fort und führte die Berathungen über das Gewerbe-Unfallversicherungs- gesetz zu Ende. Die Bestimmungen über die Ueber- wachung der Betriebe, die Beaufsichtigung der BerufS- genoffrnschasten, die Reichs- und Staatsbetriebe, sowie die Schluß- und Strafbestimmungen wurden in der Fassung der Kommission ohne erhebliche Aenderung an genommen. Oesterreich» Ungarn. Im österreichischen Reichsrathe haben die Czechen, wie schon kurz gemeldet, sogleich in der ersten Sitzung, nachdem Ministerpräsident von Koerber die Sprachenvorlagen eingebracht und be gründet hatte, die Obstruktion begonnen, so daß das Haus nicht in die Tagesordnung eintreten konnte. Gleich- zeitig mit diesen unerquicklichen Vorgängen führt das Wiener „Fremdenblatt" Folgendes auS: „Unbezweifel bar ist da- Einbringen der Sprachengesetze im Hause ein Sieg des Parlamentarismus, sein schwer errungener Triumph. DaS sieche und innerlich zerrüttete HauS hat einen Erfolg zu verzeichnen, nach dem es zur Zeit seiner größten Machtfülle vergeblich gestrebt hat. Der Kreis seiner gesetzgeberischen Macht ist erweitert. ES ist ihm daS wichtigste, politisch bedeutsamste Gebiet legislativer Einwirkung zurückgestellt worden. Nunmehr fragt eS sich, welchen Gebrauch eS von diesem Siege über die Exekutivgewalt machen, ob eS auch die Kraft - haben wird, ihn zu verwerthen? Wenn eS nach einem Erfolge gestrebt hätte, der schließlich mit einem Miß erfolge enden wird — was dann? Wenn eS eine Auf gabe immer von Neuem sür sich reklamirt hätte, die es jetzt, da ihr diese zugefallen ist, doch nicht lösen könnte? So ernste Gedanken knüpfen sich an Even tualitäten dieser Art, daß man nicht gerne mit ihnen rechnet, vielmehr an der Hoffnung festhalten will, alle parlamentarischen Parteien müßten Alles ausbteten, um diese Niederlage deS Parlamentarismus zu vermeiden, eine Niederlage, die den Verlust des so schwer er- kämpften legislativen Machtzuwachses zur Folge haben müßte. Welche schmerzliche, welche folgenschwere Ent täuschung würde Oesterreich bereitet werden, wenn schließlich auch der legislative Weg zur Schlichtung der sprachlichen Wirren ein Irrweg bliebe, wenn auch dieser zu keinem Ergebnisse führte, wenn alle Hoffnungen, daS Parlament durch das Parlament selbst zu heilen, zu Illusionen würden. Woher käme dann die Hilfe und woher sollte dann Oesterreich seine weitere Zu versicht und seine Hoffnung schöpfen? Welch' ein grau samer Hohn überdies, wenn die Obstruktion, die durch Maaßnahmen der Exekutive herbeigesührt wurde, auch an dem Versuche der legislativen Ordnung neu ent- brennm wü-d-, wm" g-'C»echm ,m ObkruNion ihnm di- Inn-r- -,-chisch- m-sedeSvorlage angeboten wird, — also rhr Welche Stellung immer die Parteien zur Sprachen- vo-L der R-ginung n-hm-n. d-m - rd stch Niemand enlzi-h-", S ", ^ ,da^ ment tretend auf daS er seit Jahren immer stürmischer verwiesen wurde, daS letzte ÄuSkunstSmtttel ergriffen hat da! ihm noch für ein- -inverständltch- Ordnung der inneren Verhältnisse und eine parlamentarische Wiederab HauseS offen steht. Kaun, darf auch dieses der Staat nicht sagen können, daß er Alle- getham was von ihm ver- langt wurde und was in seiner Macht gestanden?" Italien AuS der Feder eines angeblichen Diplomaten bringt, so wird auS Rom berichtet, die Stamva" (Gazzetta Piemontese) an erster Stelle einen phan^ Artikel über Italien- äußere Politik. Der Autor sieht im Geiste schon daS schwarz-weiß-rothe Banner in Triest wehen und warnt vor „Deutschland brutaler Politik", die Italien nicht übermäßige- Ver trauen einflößen dürfe, auch verweist er auf die be- denkliche Intimität der Reichsregierung mit dem Vatikan. Der Artikel diese« merkwürdigsten aller „Diplomaten" schließt mit der Erklärung, daß Italien keinen Augen blick zögern dürfe, im deulsch.englischen Jntereffenstreite sich für England zu entscheiden. — Italien wird da- sicherlich bleiben lassen! , Belgien. Nach Mittheilung auS Brüssel ver öffentlicht das amtliche Blatt der dortigen Regierung eine Verfügung, durch welche beide Kammern aufgelöst und die Neuwahlen aus den 27. d. M. festgesetzt werden. DaS belgische Ministerium befand sich in einer prekären Lage. Bei der Berathung deS Etat- deS Krieg-- Ministeriums plädirteu der Fortschrittler Lorand und der Unabhängige ColfS für eine Herabsetzung der mili tärischen Dienstzeit. Der KriegSmimster Cousebant er klärte, sie sei nur möglich, wenn die Präsenzstärke der Armee erhöbt werde; sür diesen Vorschlag war in der Kammer erst recht keine Majorität zu finden. Der konservative Führer Woeste, dem daS jetzige Ministerium überhaupt zu gemäßigt ist, trat ebenfalls gegen die Regierung auf, so daß sie sozusagen zwischen zwei Stühlen saß. Ob außer der Mllitärfrage noch andere Gründe sür die Auslösung der Kammern Vorlagen, ist im Augenblicke noch nicht festzustellen; immerhin ist daran zu erinnern, daß das Ministerium de Smet de Naher nicht gebildet wurde, um die HeereSreform in die Wege zu leiten, sondern ein neue- Wahlgesetz zu schaffen. Vielleicht mag aber König Leopold die Ab sicht haben, gewissermaaßen zwei Fliegen mit einer Ileuisseton. Die Erbschaft. Line Erzählung vom Lanve von E. Siewert. (Nachdruck verboten.) ! (2. Fortsetzung.) „Meine Tochter muß geholt werden. Glauben Eie nicht", fuhr sie großartig fort, „daß ich nicht zenau weiß, wie dringend die Arbeit ist, dazu bin ich zu sehr Landwirthin . . ." „Nun, aber?" fragte Otto Dücker schnell. „ES sind eben Gründe vorhanden, eine Erbschaft betreffend." „Thut eS vielleicht ein Bote? Auch den könnte ich schwer abgeben, doch ginge eS vielleicht." Der Inspektor sann nach. Herr Gothe trat nun zu den Belden, dieser stattliche, hünenhafte Herr Gothe, »it seinem bräunlichen Gesicht, dem langen, grau- «elirtev Bart, der kraftvollen, herrischen Stimme. Der Aall wurde ihm unterbreitet. Seine Frau maaß ihn »tt den Augen, mit einem so scharfen Blick aus ihren cyaaenblauen Augen, daß Otto Dücker begierig seine- Privcipal« Miene beobachtete. „Hm, hm, ich habe e- allerdings vergessen", sagte dieser. „Sie haben vollkommen Recht, bester Dücker. Die Lirthschast geht vor, aber natürlich die Wünsche der Frauen gehen noch mehr vor. E- paßt ja Wkcht. . ." Otto'- Gesicht verfinsterte sich. Also er gab nach! Liese Weiberwüthschastl „wie wünschen Sie es ein gerichtet zu haben?" fragte er trocken, mit seinem Stocke kleine Löcher in den Sand bohrend. „Machen Sie daS ganz, wie Sie wollen", beeilte sich Herr Gothe zu sagen. Er liebte eS sehr, die Last von seinen Schultern, die eigentlich zum Tragen breit genug waren, aus Andere abzuwälzen. „Ganz, wie Sie wollen!" Er ging, um sich die Flinte zu holen. Ingrimmig wandte sich der Inspektor, um die wohlorganisirte > Arbeit der Leute auf den Kopf zu stellen. Kam e- etwa darauf an, ob die Tochter heute oder morgen kam? Mußten nicht die Weiber in Lapritz übermüthig werden, wenn Alle- nach ihrer Flöte tanzte? Und Magda? Ec hatte herau-gesunden, daß seine Königin herz lich wenig gelernt hatte, oft kindisch unbeherrscht und heftig war, dabei launenhaft und eigenwillig, welche Eigenschaften durch die nachsichtige Behandlung der Settern — auch Frau Gothe zeigte sich, wie die- ost solch' imposante Frauen sind, erstaunlich weich und milde, sowie eS auf ihre Kinder kam — «och bestärkt wurde?. Er sand heraus, daß sie Freude daran fand, ihn zu verwöhnen und anzulocken, um ihn ein ander mal zu narren und kalt zu behandeln. Er wußte genau, daß sie ihr Müthchev an «hm kühlte, daß die- häßlich von ihr war und doch wachte ihn das Eine überselig und da- Andere zum unglücklichste« Menschen unter der So»ne - Wenn er eS über sich gewann, ihre Mängel aufzuzählen, so erstrahlten dafür ihre Tugen den in um so hellerem Lichte. Wie tüchtig war fiel Nicht so, wie die meisten Landsräulein-, die ein wenig tu Alle- hineiopsnschen, sondern wirtlich praktisch, mit einem erstaunlichen Scharfblick in allen landwtrthschast- lichen Dingen. Er konnte es stch wohl vorstellen, daß sie einmal, als der vorige Wirthschaster trank lag und ihr Vater viel auswärts zu thun hatte, die Wirthschaft selbst geleitet hatte, früh um vier Uhr aus dem Platze war, die Leute avstellte, daS Füttern beaufsichtigte — kurz, den Posten, den sie üvernommen, vollkommen ausfüllte. Ja, sie hatte Ausdauer und Energie und war gutmüthig und geraden Sinnes. Er liebte sie, die ganze Magda, wie sie nun einmal war, ihre Schön heit, ihre Augen, ihre hohe, edle Nase, ihre metallische Stimme, ihr heftige-, derbes, urwüchsige- Wesen, e- war kein Kraut dagegen gewachsen. EL gehörte nicht viel Scharfblick dazu, um die Triebfeder zu entdecken, die Otto Dücker bewog, seine ganzen Kräfte in uneigennützigster Weise für die Familie Gothe eiozusetzen; eS war sein Ideal, sich vollkommen unentbehrlich zu machen. Frau Gothe war eS gewohnt, daß ihre Töchter Eindruck machten und nahm die Dienste diese- unansehnlichen, tüchtigen Menschen er freut und mit aller Gemüth-ruhe entgegen; sie schätzte ihn sogar sehr, weil sie al- praktische Frau bald weg Katte, daß er gerade die Eigenschaften besaß, die ihrem Manne adgingrn, nemlich die Hingabe an die täglichen kleinsten Dmge, au- denen da- Getriebe der Wirth- schäft besteht und die eiserne Zähigkeit und Konsequenz, um bei den Leuten den Wille« de- Herrn durchzu- setzen. Ja, sie verhätschelte ihn sogar und zog ihn ganz zur Familie, wa- ihm oft Qualen bereitete, von denen Niemand etwa- ahnte. Seinem Ziele war er in all den Monaten um keinen Schritt näher gerückt, fortwährend zwischen Hoffnung und an diesem heißen Julitage war freudige Zuversicht seine gekommen.