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E s ch fif ch er L a rrd e ö-A nzekger. Nr. 31. Dienstag, 7. Februar 1668. Mißtrauensvotum zunächst obgelehnt ist. Allenthalben wird dieses Ereigniß mit der Publikation des deutsch-österreichischen Bündnis vertrages in Verbindung gebracht. Tie letztere hat übrigens auch in Pan's kräftig gewirkt. — Präsident Carnot hat dem deutschen Bot schafter Grasen Münster aus Anlaß des Todes seiner Tochter sein Keileid aussprechen lasten. — In Tonkin machen die Franzosen jetzt kurzen Prozeß und verfahren ganz nach chinesischem Muster. Ter ehe malige Oberleiter der Militarangelegcnheiten in Nam-Tieh, ein 23 Jahre alter Mandarin, seine beiden Brüder und ihre drei Diener, die kürzlich den Franzosen in die Hände fielen, sind an demselben Tage abgeurtheilt und hingerichtct. Aber die dortigen Scharfrichter scheinen noch keine große Uebung zu habe», denn es war eine so scheußliche Metzelei, daß selbst drei der Henker die Geschichte nicht länger mit ansehen konnten. Die sechs von Blut triefenden Köpfe der Hingerichteten wurden nufgespießt. Belgien. Aus Brüssel wird gemeldet: Die Gruppe, welche die russische Anteile übernehmen soll, besteht aus: Comptoir d'Es- compte, Banque de Paris und der Pays bas Societä Generale in Paris, welcher einer Reihe belgischer und holländischer Finaanzicrs sich anschließen. Rußland begehrte vorerst 500 Millionen Rubel. Das Syndikat wies jedoch auf die Unmöglichkeit hin, eine derartige Summe bei heutiger Geldmarktslage aufzubringen, worauf Rußland sich mit 300 Millionen zufrieden gab. Das Syndikat will Teil zahlungen für die Anleihe bis August erstrecken, mit der Bestimmung, daß, wenn inzwischen kriegerische Ereignisse eintreten sollten, die Leistungspflicht für noch nicht gezahlte Raten Wegfälle. England. Auch die englischen Blätter beschäftigen sich aus nahmslos mit der großen Tagesfrage und sind fast einstimmig für den gethancn Schritt. Die „Times" bezeichnet die Veröffentlichung des Bündnißvertrages als einen Schritt, dessen ernste Bedeutung sich im gegenwärtigen Moment unmöglich unterschätzen laste. Es entstehe jetzt die Frage, ob die erfolgte Kundgebung einen klugen Rückzug oder ein entschlosseneres Vorgehen Rußlands veranlassen werde. Der „Standard" betrachtet die Veröffentlichung als eine an Rußland ge richtete unzweideutige Warnung vor der Gefahr, welche es bei einem Friedensbruche laufen würde. — Die in London verhafteten Dynamit- Verschwörer Callan und Harkines sind zu 15 Jahren Zwangsarbeit verurtheill worden. Rußland. Von hervorragender Seite wird aus Petersburg mitgetheilt, daß die in den seitherigen Friedensversicherungcn Rußlands ausgesprochene friedliche Haltung durch die Veröffentlichung des Bündnisvertrages in keiner Weise alterirt wird. Tie russische Regier ung gesteht also zu, daß Deutschland und Oesterreich ein gutes Recht zur Publikation des Vertrages halten. Das sagt auch folgende Aenßerung des mit dem Auswärtigen Ministerium in Verbindung stehenden Journals „Nord": „Wenn sich auch auf den ersten Blick nicht übersehen laste, wie die Veröffentlichung einer gegen Rußland gerichteten Abmachung eine Beruhigung Hervorbringen könne, so sei doch zu wünschen, daß die Veröffentlichung die friedlichen Folgen haben möge, die man in Berlin und Wien erwarte." — Nach einer Mittheilung aus Warschau ist die angekündigte Vermehrung der Wachen im Grenzgebiet überall durchgcführt worden. Die Waggon bauanstalt Lilopo u. Rau in Warschau arbeitet seit Neujahr Tag und Nacht an einer großen Bestellung der russischen Regierung von tausend schmalspurigen Rollwagen für militärische Zwecke, welche bis Ende Mai serlig zu stellen sind. Nach Meldungen der „Polit. Korr." find in den letzten Tagen die Getreidepreise in den westlichen Gouverne ments in Folge von großen Armeeankäufen gewaltig gestiegen. Trau rig steht cs freilich augenblicklich mit der Einquartierung der Truppen im Grenzgebiet. Für die Unterbingung der Pferde muß man viel fach voclieb nehmen mit Schweine- und Hühnerställe», wo es so eng, dunkel und dumpfig ist, daß die Pferde sich die Hüften abstoßen und fortwährend an Augenkrankheiten leiden. Dabei sind die Wohnungen für die Mannschaften mitten unter der Familie des Quartjergebers und Seite an Seite mit Ferkeln und Federvieh noch mangelhafter, so daß die meisten Leute im Stalle bei den Pferden schlafen, um sich vor Ungeziefer zu schützen. Nach dem Futter müssen die Leute weit laufen und darunter leidet der Dienst. Es kann im Kriege nicht schlimmer stehen, als gegenwärtig im Friede». Orient. Aus Bukarest wird telegraphirt, daß in den Konferenzen, welche Minister Sturdza mit den leitenden Persönlichkeiten in Berlin und Wien gehabt habe, die Uebereinstimmung in gemeinsamen politi schen Interessen unverhüllt zn Tage getreten ici. Rumänien stimmt den Tendenzen des Friedensbundcs ausrichtig zu. Deutscher Reichstag. —NN. Berlin, den 4. Februar. Auf der Tagesordnung steht: Gesetzentwurf betr. die Abänderung des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse in den deutschen Schutzgebieten. Abg. Meyer-Jena (natlib.) beantragt Verweisung der Vorlage an eine Commission von 14 Mitgliedern. Ter Gedanke der Vorlage, daß die Aburtheilung von Vergehen in den Schutzgebieten auch dort erfolgen soll, ist ein sehr gesunder. Abg. Ri nie len (Centrum) empfiehlt sorgsamste Vorberathung des Gesetzentwurfes durch eine Commission von 21 Mitgliedern. Redner wünscht möglichste Förder ung der Mission in den Schutzgebieten, denn nur durch die Missionare könne wahre Kultur dort eingeführt werden. Abg. von Grävenitz (frcikons.) führt aus, daß alle Parteien für das Grundprinzip der Vorlage sein muffe», denn es handle sich dabei um die Geltend machung und Aufrechterhaltung der Reichsgewalt. Geh. Rath Kayser betont die großen Schwierigkeiten der vorliegenden Materie. Die Regelung der Rechtsverhältnisse der Colonialgescllschaften liegt auch den verbündeten Regierungen sehr am Herzen, aber diese Frage muß noch sehr genau erwogen werden. Die hier vorgeschlagcne Form von Actiengesellschaftcn empfiehlt sich in diesem Falle nicht. Was die Frage der Zulassung der Missionare anbelangt, so vermag ich eine definitive Antwort natürlich nicht zu geben, doch hoffe ich, daß sie wohlwollende Beachtung finden wird. Abg. Bamberger (freist): Es wäre wünschenswerth, wenn für die Colonialgcrichtsbarkeit eine Appellationsinstanz geschaffen würde, damit alle Bürgschaften für eine genügende Rechtsprechung gegeben sind. Im klebrigen bin ich für Umgestaltung der Aktiengesellschaften in dem Sinne, daß die Colonial- gesellschaften in jenem Rahmen Aufnahme finden können. Abg. Ha mm ach er (natlib.) fordert eine weitere Ausgestaltung der Gesetz gebung über die Gesellschaften. Das Gesetz muß vor Allem den Be dürfnissen des praktischen Lebens Nachkommen, besonders wo cs sich um so wichtige ^actorcn wie im vorliegenden Falle handelt. Das Acticngcsellschaftsrecht empfiehlt sich indessen für die Colonialgcsell- schastcn in keiner Weise. Staatssekretär vr. von Schclling tritt dem Vorredner darin bei, daß das System unseres Handelsrechtes, besonders des Gcsellschaftsrcchtcs, eine weitere Ausgestaltung sehr verdiene. Ich glaube auch, daß die verbündeten Regierungen jetzt Anlaß nehmen werde», der Frage der Gescllschaftsgcsetzgcbung näher zn treten. Tie Vorlage wird darauf einer Commission von 14 Mit gliedern überwiesen. Es folgt erste Berathung des Gesetzentwurfs betr. Zurückbeförderung der Hinterbliebenen von im Auslande ange- stcllt gewesenen Rcichsbcamten und Personen des Soldatenstandes. Die Vorlage wird unverändert in erster und zweiter Lesung genehmigt. Darauf folgt die erste Berathung des Nachtragsetats für 1863,89. Es werden gefordert an fortdauernden Ausgaben 78,400 Mark für Gesandtschaften, Consulate und Schutzgebiete; an einmaligen Ausgaben 2500 Mark zur Herschaffung der noch in Olympia zurückgebliebenen Architcckeustücke und 6,300,000 Mark für den Ankauf der Tele graphenkabel zwischen Borkni» und Lowestoft und zwischen Greatseal und Britannia. Abg. Websky (natlib.) beantragt die Verweisung der Vorlage an die Budgetcommission nud empfiehlt derselben, die Verzinsung der für den Kabelankauf geforderten Summe der Post- vcrwaltung zur Last zu schreiben. Abg. Schräder (freist) schließt sich den Ausführungen des Vorredners an. Der Nachtragsetat wird daraus der Budgctcommissivn überwiesen. Es folgt dritte Berathung des Gesetzentwurfs betr. die Unterstützung von Familien in den Dienst eingetretener Mannschaften. Die 88 1—11 werden debattelos ange nommen. 8 12 beantragen die Abgg. Rickert und Goldschmidt (freist) in der Fassung der Regierungsvorlage anzunehmen. Die Abgg. von Kleist-Retzow und Hahn (kons.) beantragen, daß der Zeit punkt der Zahlung der im 8 12 vorgesehenen Entschädigung durch jedesmaliges Specialgesctz des Reiches bestimmt werden soll. Staats sekretär von Bötticher: Ich habe zu erklären, daß der 8 12 in der vom Hohen Hause beschlossenen Fassung für die verbündeten Regierungen unannehmbar ist. Ich bitte, in erster Linie den Antrag Rickert-Goldschmidt anzunehmen; in zweiter Linie halte ich auch den Antrag der Abgg. von Kleist-Retzow und Hahn noch für eine Ver besterung der in zweiter Lesung hier gefaßten Beschlüsse. Nach kurzer Diskussion wird der konservative Antrag angenommen und mit der selben das ganze Gesetz. Darauf vertagt sich das Haus auf Montag 1 Uhr. (Erste Berathung des neuen Anleihegesetzes, zweite Berath ung der Wehrvorlage.) Vom sächsischen Landtag. Dem Landtag ist ein Gesetzentwurf über die Aufbringung der Kosten bei Zusammenlegung der Grundstücke zugegangen. Als Grund zur Einbringung dieses Gesetzes wird angegeben, daß in den letzten Jahren verhältnißmäßig nur wenig Anträge ans Grund stückszusammenlegung gestellt wurden, obgleich die Regierung der Ueberzeugung ist, daß für noch eine große Anzahl von Ortschaften, insbesondere in dem nördlichen Theile der Lausitz, in gewissen Theilcn des Voigtslands, sowie des Regierungsbezirks Dresden eine umfassende Zusammenlegung der Grundstücke ein wirkliches Bedürfniß ist. Reden der wenig befriedigenden Lage der Landwirthschaft im Allgemeinen wird als Uriache dieser Erscheinung angenommen, daß die Bctheiligien, wenn sie einen bezüglichen Antrag zu stellen beabsichtigen, über die Höhe der entstehenden Kosten sich von vornherein ein annähernd zu treffendes Bild zu machen im Stande sind. Ter Gesetzentwurf be stimmt nun, daß die Bctheiligien bei einer Grundstückszusammen- lcgung zu den Kosten der Spccialcommissare und Feldmesser nur nach feststehenden Pauschiätzcn beitragen sollen, während ein etwaiger Fehl betrag von der Staatskasse zn tragen ist. Darnach sind die Be- Iheiligten schon vor Stellung des Antrags in der Lage, zu übersehen, was ihnen die beabsichtigte Zusammenlegung im äußersten Falle kosten wird. I» direktem Zusammenhang mit diesem Gesetzentwurf steht eine Nachtragsforderung zum Staatshaushalt von 30,000 Mk. zur Deckung der von den Bciheiligten nicht aufgebrachten Fehlbeträge bei Grundstückszusammenlcgungen. Sächsisches. — Dresden. Für die Aufführungen des Luther-Festt spiels von Herrig, welche im Mai in der Festhalle auf dem Bis marckplatz stattfinden werden, ist als Darsteller der Hauptrolle derselbe gewonnen worden, welcher in Leipzig in so ausgezeichneter Weise den großen Reformator zur Geltung gebracht hat: Herr stuä. tlasol. Lehmann aus Zwenkau. Tie Chöre werden vom Kreuzchor und vom evang. Hofchor gesungen. — Durch die Güte des sächs. Fischerei- Vereins erhielt der Zoologische Garten gratis wie schon früher auch in diesem Jahre embryonirte Forelle »eier zur weiteren Wartung bis zu deren Ausschlüpfen und noch späterem Aussetzen in einen Gebirgsbach. Es sind diesmal 4000 Stück Eier, welche, in einem sogenannten kalifornischen Trog durch städtisches Wasscrleitungs- waffcr von unten bespült, dadurch zur Reife gelangen. — In Antonsladt hat sich eine Frau durch das Tragen gistiggefärbter rothwollencr Strümpfe an einem mit einer offene» Wunde ver sehen gewesenen Fuße eine starke Blutvergiftung zugezogen. Zuerst hat dieselbe einen Ausschlag am ganze» Körper bekommen und jetzt schwebt sie in Gefahr, das eine Bein ganz zu verlieren. — Cu ne walde, 4. Februar. Nachdem die hier herrschende Trichinosis nun den Höhepunkt überschritten hat, geschah gestern ein neues Unglück. Unser allvelicbter Ortsarzt kam auf einer Fahrt zu einem Patienten, der sich die Zunge durchschnitten, infolge des Scheucns seines Pferdes unter den Schlitten und wurde von dem Pferde so unglücklich in das Gesicht geschlagen, daß wohl Kinnlade und Nasen bein gebrochen sein dürften. Tics Unglück erregt allgemeine Thcil- nahme. Ta unser Arzt mit dem vom König!. Ministerin» z» Hilfe gesandten Arzte vollauf zu thun hatte und kaum fertig werden konnte, so fehlt cs nun wieder an einem Arzte. — Freiberg. Tie hiesige königl. Staatsanwaltichaft erläßt folgende Bekanntmachung: Mitte Oktober vorigen Jahres haben in Hainichen vier unbekannte Frauenzimmer in Nonnentracht milde Gaben zn einem Fonds für Errichtung eines Waisenhauses gesammelt, eine Einzeichnungsliste vorgelegt, die Höhe cingezeichnetcr Beträge aber durch Vorsetzung einer 1 in die Mark-Spalte verfälscht, um spätere Geber zu höheren Gaben zu verleiten. Um dieselbe Zeit haben sich 3 Nonnen des Ordens voin Herzen Jesu vor dem Stadt rathc in Hainichen durch Vorzeigung eines von einer clsaß-lothringer Behörde ausgestellten Scheines ausgewicscn, gegen sie richtet sich der Verdacht der Fälschung. Die Polizeibehörden werden um Ermittelung dieser Personen, Vernehmung derselben und Beschlagnahme der Zcich- nungsliste ersucht. — lieber den Silberfund, welcher kürzlich in Großluga bei Pirna gemacht wurde, wird weiter berichtet: Nachdem der Direktor des kgl. Münz-Kabinets, Herr Or. Erbstcin, die Münzen sorgsältigst untersucht hat, stellt sich ein noch höheres Alter derselben, als erst angenommen war, heraus. Die größte Sorte, 3 ein i,n Durchmesser, 1 rum stark, ist ein sogenannter Engelgroschcn oder Schreckenbcrger (ff', Gulden), der von dem Kurfürsten Friedrich dem Weisen in Ge meinschaft mit seinem Vetter Georg und seinem Bruder, Johann dem Beständigen, vor 1507 geschlagen wurde. Tie mittlere Sorte, 2ff'„ cw im Durchmesser, in der größeren Anzahl vorhanden, ist von den letzt genannten drei Fürsten geschlagen worden zwischen 1507 und 1525, heißt auch Groschen, ist ff.^ Gulden Werth. Tie kleinste Sorte, 2 ew im Durchmesser, in geringerer Anzahl vorhanden, ist ein sogenannter Spitzgroschcn — 18 Pfennige. Er stammt aus der gcineinschäftlichen Regicrungszcit des Kurfürsten Ernst, seines Bruders Albrccht und ihres Oheims Wilhelm III., der 1482 starb. Ji» Ganze» wiegt der Silbcrfund, nachdem viele Erdthcile abgcsallcn sind, etwas über drei Pfund. —. Eschd orf bei Pirna. Am 4. Februar früh erhängte sich hier der Gutsbesitzer Eduard Karsch. Derselbe, welcher in guten Verhältnissen lebte, hatte am Abend des vorhergehenden Tages »och den Karpfcnschmaus im hiesigen Gasthofe besucht. Man ist daher gänzlich im Unklaren darüber, was den Man» zum Selbstmord ver anlaßt haben könnte, und wird sein tragisches Ende allgemein beklagt. Karsch stand in den 40er Jahren. Er hintcrläßt einen Sohn aus erster Ehe und seine Frau. — Fr auen sie in, 3. Februar. In Folge des vor einigen Tagen milgethcilte» Brandes in Hartinannsdors sind ein dortiger Einwohner und eine anderwärts wohnende Person gefänglich eiiigezogen worden. — Leipzig. Das der Stadt Leipzig aus dem Nachlasse ihres Ehrenbürgers, des Herrn Hofrath Or. Pctschke, testamentarisch über wiesene Vermögen beziffert sich, nach Abzug einer größeren Anzahl vvn Legalen, auf rund 450,000 Mark, von dessen Zinsen Gemälde und Skulpturen für das Städtische Museum angcschafft werde» sollen. — Unter den Nachlaß-Akten des hiesigen Amtsgerichts hat man vor längerer Zeit auch die Akten über den Nachlaß Johann Sebastian Bach s, Joh. Gottlieb Seume's und Friedrich Rochlitzer's ausgefunden. Der Rath hiesiger Stadt richtete daraufhin an das königliche Justizministerium die Bitte, diese drei für die Geschichte unserer Stadt hochwichtigen Aktenstücke der Handschriftensaininlung der hiesigen Stadlbibliothek zur ferneren Aufbewahrung zu überlasse». Das genannte Ministerium lehnte aber die Erfüllung dieser Bitte ab und forderte sämmtliche drei Aktenstücke für das HauptstaatS- Archiv in Dresden ein. — Die Aktionäre der Leipziger Diskonto- Gesellschaft werden, wie schon berichtet, gegen den Auffichtsrath klagen, wenn kein Vergleich zu Stande kommt. Die Kosten des Processes werden in 3 Instanzen auf 600,000 Mark geschätzt. — Plauen, 4. Februar. In vergangener Nacht ist hier ein verwegener Einbruchsdieb stahl verübt worden. Tie Diebe haben mittelst eines Centrumbohrers mehrere Thüren in einem Geschäfts- Hause angcbohrt und damit den V.rschluß beseitigt, Pulte und Kasten erbrochen, jedoch nur die Portokassc in Höhe von 60 Mark erlangt, überdies aber Spitzen und Kleiderstoffe im Werthe von mindestens 900 Mark gestohlen. — Crimmitschau, 4. Februar. Laut Bekanntmachung der hiesigen Stadtpolizei-Behördc wird seit einigen Wochen der hier wohn haft gewesene ehemalige Fabrikant Emil Ludwig Ra ich er vermißt. Man ve'rmuthet, daß derselbe durch Selbstmord aus dem Leben ge schieden ist. Rascher war 74 Jahre alt. — In unserem Vorort Leitelshain wurde dem Zeugmcister der dasigen freiwilligen Feuer wehr, Herrn H. Baumgärtel, durch Herrn Amtshauptmann v. Bose aus Zwickau die demselben vom König verl.ehene Feuerwehr Auszeich nung überreicht. Baumgärtel widmet sich seit nunmehr 28 Jahren dem Dienste der Feuerwehr. — Zwickau, 4. Februar. Heute verstarb hier Herr Bezirks schulinspektor Brunner. — Auf hiesigem Bahnhöfe wurde heute der am 9. Juni 1839 geborene, in Maricnthal wohnhafte und vcrhei- rathete Hilfsweichenstcllcr Carl Gottlieb Steg beim Turchkriechen durch zwei Wagen vom Tode plötzlich ereilt. Tie Untersuchung er gab als Todesursache einen Herzschlag. — Stollberg, 5. Februar. Unsere Stadt »nd Umgegend verstehen das Sparen. Abgesehen davon, daß unsere städtische Spar kasse einen, wenn auch bei niedrigem Zinsfüße, ganz enormen Zuschuß zur Stadtkaste bringt, zahlt der hiesige Confirmandensparverem an diesjährige Confirmanden gegen 5000 Mark eingezahlte Steuern mit Zinsen zurück und im Sparverein Bienenstock betrugen die Einzahl ungen im vorigen Jahre 13195 Mark, die Rückzahlungen dagegen 9578 Mark. — Unsere Geslügelau sstellung, welche am 5. d. M. eröffnet wurde, zeigt ausgezeichnete Exemplare von Hühnern und Tauben. Der Besuch derselben ist ein lohnender und wäre nicht das üble Thauwetter eingetreten, so würde schon heute der Besuch ein recht zahlreicher gewesen sein. — Nächsten Sonntag findet im Lokal verein für innere Mission zum ersten Male die Generalversammlung im eigenen Hause des Vereins statt. Chemnitzer Stadt Anzeiger. Ti« tZrnmte iniIeiit Blattes irret«» eri'uLl uns irichlizr Biactenbciien gülizü Milz».»«,:«». Chemnitz, den 6. Februar. — Vor fünfzig Jahren. Anläßlich sei am Dienstag den 7. d. M. stattfindenden Äffährigen Jubelfeier der Eröffnung des hiesigen Smdttheaters mag sich wohl mancher Theaterfreund die Frage vorlege», wie cs denn mit dem Thcaterweien vor Erbauung des jetzigen Schanspielbanses in Chemnitz bestellt gewesen sein mag. Wie uns ein Gewährsmann versichert, sollen die von ver schiedenen ambulanten Ichauspielergesellschaften in jener Zeit gegebenen Vor stellungen — wenn man von der äußeren Ausstattung absichl — gar nicht übel ausgefallen sein. Das Reperioir beschränkte sich damals zumeist aus Lust-, Schau- und Trauerspiele. Operetten waren damals völlig unbekannt.. Erst in viel späteren Jahren sclltcn diese meist trivialen und geschmacklosen Musikstücke aus deutschen Bühnen Ausnahme finde» und zwar mar es der in Paris lebende Jakob Oste,ibach, der mit seinen frivolen Operetten nicht nur in Frankreich, sondern leider auch in Teuischland eine ganz neue Richtung im Thealer-Reperioir anbahnle. Das Chemnitzer Publikum in den früheren Zeiten begnügte sich mit Kotzcbue, Grillparzer, Mbllner, Halm und war be glückt, wenn ihm ei» Schiller'ichcs Stück geboten wurde. Auch an berühmten Gästen fehlte cs in jener Zeit nicht. Ganz besonders großen Erfolg erstellen Wilhelm Kunst und Etzlair gelegentlich ihrer hiesigen Gastspiele. — Sin hervorragendes Theater-Ereigniß i» der damaligen Zeit war die Aufführung der ewig schönen Weber'schcn Oper: „Der Freischütz". Dieses vortreffliche Meisterwerk errang hier bei seiner ersten Aufführung unter der Direktion eines Herrn Ursprung einen beijpicl'.o'en Erfolg. — In den Jahren 1827 bis 1829 leitete hier mit einigen Unterbrechungen ein gewisser Graf den Thespiskarren Von diesem Direktor wird gerühmt, daß'er selbst ein ganz vorzüglicher Bühnenkünsier geweien sei und überdies eine so vortreffliche Schauspieler-Ge'ellichast nach Chemnitz gebracht habe, baß die ganze Sladt von de» damaligen Theatervorstellungen rin „Gasthof zur Sonne" eiiizükl gewesen sei. Erst mehrere Jahre später halte sich dann das Chemnitzer kunstsinnige Publikum cuischloffen, ein der gewaltig aus- olühenden Stadl würdiges Theatergebäude Herstellen zu lasten. Ter Bau schritt rüstig vorwärts und am 7. Februar 1838 wurde bas neue Haus mit dem Raupach'iche» Scham'visle: „Tie Schule des Lebens" oder, Die Königs- ivchlcr als Bettlerin" eröffnet. Gar Vieles hat sich seither in diesem Hause ereignet — Gutes »nd Schlimmes — wie es das Theaterwcsc» mit sich bringt. Wir schließen diese kurze Notiz mil dem Wunsche, daß das Haus inmitten der Theaierstraße noch recht lange seiner Bestimmnng erhallen, bleiben möge. — Das III. Ballfest des Chemnitzer Radsahrcr-Vereins verbunden mit Gala-Radaufführungen und Concert, welches am vergangenen Tvniiersiag in den Sälen zu „Stadt London" stailsand, nahm einen glänzenden Verlauf. Ein gewähltes zahlreiches Publiknm war erschienen, und dieserhalb war auch der für die hiesige Gemeindediakonie b> stimmte Reinertrag der Festkaste ein ansehnlicher. Ter Radfahrcrvercins - Marsch: „Vorwärts! Voran!" von Urban leitete die Festlichkeit ein Ihm solgte die Ouvertüre zu der Adam'tchen Oper „Giralda" und nun begannen, nachdem das Vor standsmitglied Herr Fabrikant Köhler einen „Fest- und Willkommgruß" gesprochen, die, eine Ueberraschung nach der anderen bringenden, Radanfführ- ungcii. Es war geradezu erstaunlich, welch' aiigenehme Unterdaltungcn, welche gefällig tändelnde» Gaukeleien mit dem „Eisen-Roß", diesem spröden Geschöpf, in buntester Vielfältigkeit ermöglicht wurde». Vier Herren in spanischen Costümen fuhren die Ec camillo-Quadrille; drei Herren in Herolds- und Acrobaten Costümen führten „Das fahrende Reck" aus. Lebhafte Heiterkeit erregte die nächste Nummer, „Der Bclocipeden Automat", komiiche Scene, dargcstcllt von 4 Herren, die 3 Clowns und 1 Fahrer im Clubcoftüm reprä- scntirlcn. Sehr bcisällig ausgenommen wurde ferner das Kunstfahren des Herr» Max Sw ob oda und die Piece „Die Post", dargestellt von sechs Herren in Jockev-Costüme» unter Musikbegleitung „Tie Post" von Schaffer. Diese »eben dem Solokunstsahren vorzüglichste Nummer des Programins bildete die Krone des Abends. Zwei iniige Radfahrer, Mende und Swob oda, producirien sich nachdem in einem .Jugend-Ziveiradduett", und Herr Max Swoboda beschloß die Aufführungen mit einem „Pedes-Ped-Fahren", welches hier »eu war. Orchester-Darbietungen und ei» Harfensolo von Frl. Geidel wechselte» mit den Rad-Productionen ab. Zur Tafel ü ls. carto halte der Wirlh, Herr Matthäs, alles, was Küch- und Keller zu leisten ver mögen, aufgeboien, und der Festball schloß sich würdig den übrigen Ver anstaltungen des Abends an. — Tie hiesigen Gabelsberger Stenographenvereine feiern, wie seit einer Reihe von Jahren üblich, nächsten Donnerstag, den 9. Februar, den Geburtstag des Erfinders der deutsche» Redezeichenluiist, F.X. Babels bergers, durch einen Fcstkommcrs, welcher im großen Saale zu , Staoc London" staliffndct. Das von dem aus den Vertretern der einzelnen Ver eine gebildeten Conlrolausschnß anfgcstellte Programm läßt einen genußreich.» Abend erwarten, de»» cs enthält neben einem von der städtischen Capelle auSzusilhrendcn Concert eine Festrede, gehalten von Herr» Lehrer Rentzn» i» Gablenz, über die gegenwärtigen Bestrebungen für Reinigung der deuljchc» Sprache, mehrere Barhtonloli und einige gemcinschastliche Gesänge, zwischen denen, wie gebräuchlich, Trinksprüche vorgesehen sind. An der Festlichkeit nehme» nicht nur die Mitglieder der bctheiligien Vereine theil, eS sind zu derselben auch Dame» »»d Gäste gebeten und willkommen. — „Das Märchen". Wir haben auch an dieser Stelle schon daraus hitigewicscii, daß im „Römischen Kaiser'' gegenwärtig, und zwar nur bi» Milte dieser Woche, mehrere Gemälde von Professor Graes i» Berlin, eines der bedentendsten Maler der Gegenwart, ausgestellt find. Den ersten Rang von diesen Gemälden nimmt, schon den» Acußcren nach, das be kannte Gemälde „Das Märchen" ein. „Tic verwunschene Königstochter, —