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der Beschaffung der Geldmittel eine Einigung mit dem Stadtrathe erzielt werde. Nach dem Deputationsvorschlage sollte auch der Stadt- rath noch darum gebeten werden. Erörterungen anzustellen, ob eS nicht thunlich sei, durch Begünstigung von Pcivatschulen die durch öffent liche Schulen entstandenen Lasten der Stadt zu erleichtern. In Berlin sollten nach Aeußerung des Stadtv. Adv. E. Lehmann auf NO öffentliche Schulen 100 Privatschulen kommen und. erklärte sich derselbe für Decentralisation und gegen Kasernirung des Schulwesens. Für den letzten Punkt sprachen noch Stadtv. Schilling, dagegen Stadtv. Berthelt, welcher anführte, daß in Dresden 18 öffentlichen Schulen über 40 Privatschulen gegenüberstehen. Stadtv. Adv. Gruner gab ein Bild der Finanzverhältniffe Dresdens, wonach ca. 5Z Millionen Aktiva und ca. 3,4 Millionen Passiva, überhaupt aber nur 800,000 Thlr. zinslich nutzbringende Kapitalien vorhanden sind. Bei den außer ordentlichen Anforderungen an die Stadt muffe die Frage der Be schaffung der Geldmittel wohl erwogen werden und empfehle sich der Mittelweg, theilweise Anleihe mit Amorisation und theilweise Deckung durch Umlagen. Es sprachen sonst Stadtv Gruner gegen Adv. Keyser und vr. Schaffrath für den letzten Vorschlag der Deputation. Das Kollegium sprach sich hierauf für schleunige Verlegung der beiden auf der Hauptstraße befindlichen Waffertröge auf eine der schmalen Seiten der WasserhäuSchen aus. Nach Mittheilung der Finanzdeputation (Res. Stadtv. Schilling) sind von dem Stadtgrundplane bereits 73 Aufnahmen fertig und überhaupt 107 Aufnahmen anzufertigen und wird das Orginal dieses Planes auf 80,000 Thlr. Kosten veranschlagt. Die desfallsigen stadträthlichen Disiderien wurden genehmigt. Zur Herstellung der verlängerten Prager Straße bis zum Prager Platze wurden 2435 Thlr. bewilligt (Ref. Stadtv. Schaarschmidt). — In der am vergangenen Sonnabend abgehaltenen Sitzung des pädagogischen Vereins hielt Herr Lehrer Schröter einen Vortrag über: „das Wesen und die Behandlung schwachsinniger Kinder". Der Vortragende bemerkte, daß man gewöhnlich die Begriffe: Blödsinn und Schwachsinnigkeit verwechsele, daß es aber für die Erziehung der mit diesen Uebeln behafteten Kinder sehr nothwendig sei, den großen Unter schied zwischen beiden festzustellen. Während bei dem Schwachsinnigen, obwohl sein Fassungsvermögen ein äußerst geringes ist, sich doch einige Anknüpfungspunkte für die Erziehung und den Unterricht bieten, ist bei dem wirklich Blödsinnigen jeder Unterricht wirkungslos; er ist meist bildungsunfähig. Vor Allem zeigt sich der Unterschied in der Sprache. Wenn auch das schwachsinnige Kind den gesunden Kindern gleichen Alters im Sprechen nachsteht, so kann es doch, wenn auch nur un vollkommen, seine Wünsche und Gefühle in Worten kundgeben. Dies ist bei dem Blödsinnigen nicht der Fall. Es stößt nur unartikulirte Laute aus und vermag oft nicht die einfachsten Dinge (wie Speise und Trank) zu unterscheiden. Wie ein Unterschied zwischen Blödsinn und Schwachsinnigkeit zu machen ist, so darf man auch nicht schwach sinnige Kinder mit geistig schwachen Kindern verwechseln. Letztere kommen in jeder Schule, ja in jeder Schulklasse vor. Obgleich dieselben mit den andern Kindern im Lernen nicht gleichen Schritt halten können, so sind sie doch, wenn man sich mehr und eingehender mit ihnen beschäftigen kann, recht gut bildungsfähig. Deshalb hat man in Dresden 2 Nachhilfeklassen für Kinder, welche durch ihre geringe Be gabung den Unterricht hemmen, eingerichtet. Blödsinnige und wirklich schwachsinnige Kinder gehören in diese Nachhilfeklassen nicht', werden abrr dessenungeachtet, wie an Beispielen gezeigt wird, denselben über wiesen. Meist haben blödsinnige und schwachsinnige Kinder einen kränklichen Körper; diese Kinder bleiben im Wachsthume zurück und zeigen oftVerkcümmungen des Rückgrates, der Beine, sowie Plattfüße, Brustkrank heiten, Drüsenleiden, Nervenkrankheiten, Veitstanz u.s.w. Es giebt im All gemeinen weit mehr Schwachsinnige als Blinde und Taubstumme. In Dresden allein finden sich 40 blöd- und 60 schwachsinnige Kinder. Die Ur sache des Blödsinnes und der Schwachsinnigkeit sind meist in Um ständen vor, während oder nach der Geburt zu suchen. Ursachen, die vor der Geburt gewirkt haben, sind z. B. die Verheirathung unter nahen Verwandten, Krankheit der Eltern rc', während als Ur sachen jener Uebel nach der Geburt Selbstbefleckung, Zahnkrämpfe, Skropheln, Mangel an Nahrung, Erschütterung des Gehirns, durch Fall oder Schlag rc. angesehen werden müssen. Die meisten Blöd sinnigen sterben jung und zwar an Gehirnentzündung, Gehirnschlag, Lungenlähmung, Herzschlag rc., Hoch liegen auch Fälle vor, daß Blöd sinnige durch zweckmäßige Erziehung, durch öftere Bewegung in frischer Luft, durch eine passende Kost rc., wenn auch nicht ganz hergestellt, doch wesentlich gebessert wurden, so daß man sie nur schwachsinnig nennen konnte. Es ist nun Pflicht der Aerzte und Lehrer, durch Be lehrung diesen Uebeln vorzubeugen. Namentlich müssen junge Mütter und Hebammen auf die großen Gefahren aufmerksam gemacht werden, die oft aus kleinert Unvorsichtigkeiten und Versehen entstehen können. Bezüglich der Behandlung der Schwach- und Blödsinnigen sagt der Vortragende, daß sich für diesen Unterricht wie für den der Blinden und Taubstummen ein besonderer Zweig der Heilpädagogik ausge bildet habe, dessen Aufgabe eS sei, diese unglücklichen Kinder für das praktische Leben brauchbar zu machen. Wie nothwendig eine solche Erziehung ist, geht raus dem Umstande hervor, daß Schwachsinnige ohne dieselbe oft blödsinnig werden, und daß solche unglückliche Ge schöpfe in ihrem späteren Leben mehr als geistig Gesunde der Ber- . führung zum Bösem ausgesetzt sind. Wie viele Blöd- und Schwach sinnige. sind nicht durch ihr ausschweifendes Leben, durch Diebstahl, Brandstiftung, ja selbst Mord, dem Arbeits- und Zuchthause veifallen! Der Vortragende hält es daher für angemessen, statt der Nachhilfe klassen Nachhilfeschulen mit einer Einrichtung wie sie Kindergärten und Knabenbewahranstalten haben, zu beschaffen. Die Kinder würden dann nicht blos wenige Stunden, sondern den ganzen Tag über eine entsprechende Erziehung genießen. Noch besser wäre es freilich, der artige Kinder in besondere Anstalten (wie Hubertusburg) unterzubringen, wo sie durch Anleitung zu leichten nützlichen Arbeiten erwerbsfähig gemacht würden, damit sie nicht später den Gemeinden und der ganzen menschlichen Gesellschaft zur Last fallen. — Im verflossenen Monate October wurden 269 Kranke (44 weniger als zur selben Zeit im Vorjahre) ins Stadtkrankenhaus ausgenommen, überhaupt aber daselbst 548 verpflegt. Davon wurden 250 entlassen, es starben 27 und verblieben am Schlüsse des Monats 271 (44 weniger als im Vorjahre) in Behandlung. — „Uebcrmuth thut nie gut!" Die Wahrheit dieses Wortes er fuhren am 9. d M. zwei Brauerburschen in Altstadt, welche zum Scherz rangen und -wobei der Stärkere seinen Kameraden auf den losen Deckel eines mit siedendem Wasser gefüllten Bräubottichs so un glücklich setzte, daß derselbe hineinstürzte. Zwar half der Sieger dem Besiegten sofort wieder heraus, aber beide trugen lebms gefährliche Brandwunden davon und befinden sich jetzt im Stadtkrankenhause. Leipzig, 8. Nov. (Tagebl) Infolge der bekannten Weige rung der Direktion der Magdeburger Feuerversicherungsgesellschaft, die für das Dresdner Hoftheater stipulirte Versicherungssumme unter den obwaltenden besonderen Verhältnissen auszuzahlen, hat der königl. sächs. Staatsfiskus den Herrn Advokat Fränkel hierselbst Auftrag zur An stellung einer Klage gegen die gedachte Gesellschaft ertheilt; für die letztere wird voraussichtlich Herr Advokat Ferdinand Brunner hierselbst die Vertheidigung übemehmen. Vom Ministerium des königl. Hauses resp. für die Civilliste ist ein Auftrag zur Klaganstellung gegen die Gesellschaft bis jetzt nicht ertheilt worden, und es wäre wohl möglich, daß man von dieser Seite (wir bemerkten schon früher, daß diese Stelle nach unserem Dafürhalten für ihre Beamten zu haften hat) sogar gänzlich von einem solchen Schritte absähe. Bekanntlich war das Theatergebäude mit 120,000 Thalern von Seiten des Fiskus, und die Dekorationen, Utensilien rc. mit 30,000 Thlrn. von Seiten königl. Civilliste versichert. Unfälle und Verbrechen. — Bautzen, 8. Nov. In verflossener Nacht gegen ^12 Uhr brach bei dem Gartennahrungsbesitzer Joh. Jurz in Oberförstchen Feuer aus, welches dessen Wohnhaus mit eingebautem Viehstalle und angebauter Scheune total vernichtete. 2 Kühe, 1 Kalbe und 1 Ziege sind leider dabei mit umgekommen. — Leipzig. Am 8. d. M. entwich aus dem Arresthause des hiesigen Bezirksgerichts der 20 Jahre alte Markthelfer Pranger au- Schmiedeberg, welcher wegen Diebstahls zu zwei Jahren Zuchthaus verurtheilt war und der seiner demnächstigen Abführung nach Wald heim entgegensah. Er hatte zur Flucht den Umstand benutzt, daß einem andern mit ihm in der Zelle befindlichen erkrankten Gefangenen durch den Schließer Medizin gebracht wurde. Während letzterer sich mit dem Kranken beschäftigte, öffnete Pranger die Zellenthür, warf dieselbe von außen in's Schloß und schob dann, um den Schließer an der Nacheile zu verhindern, den Riegel vor. Ehe sich der Schließer bemerklich machen konnte, war der Flüchtling durch den Hof ent kommen.