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wenigstens sind sie doch wohl zu registriren. — Die Nachricht über den jüngst gemeldeten Austritt des LegätionsrathS Hoff mann auS dem norddeutschen Bundesrath wird von der amt lichen „Darmst. Atg." alS unbegründet bezeichnet. — Der Bundeskanzler Graf Bismarck ist nach der Abreise des Königs . Wilhelm von Pansin nach Varzin zurückgekehrt. — Bei den bevorstehenden Konferenzen, betretend die St. Gotthardsba hn, wird der norddeutsche Bund durch den preußischen Gesandten beim Bundesrath, General v. Röder, sowie durch den Ober baudirektor Weishaupt vertreten werden. Preußen. Berlin, die Vater- und Todesstadt Alexander von Humboldt s, beging die Feier des hundertjährigen Geburts festes ihres großen Sohnes durch Einweihung des im Norden der Stadt angelegten Hum boldt-Haines und durch die Grund steinlegung des dem Verewigten in diesem Haine zu errichtenden Denkmales. Trotz strömenden Regens wohnten 50—60,000 Menschen der Festlichkeit bei, unter ihnen Graf Bismarck, General Wrangel und andere hervorragende Persönlichkeiten. Oberbürger meister Seydel hielt die Festrede und nachdem die Einsenkung der Urkunde, sowie die Förmlichkeiten der Grundsteinlegung voll zogen war, schloß der Stadtverordneten-Vorsteher Kochhann die Festlichkeit mit folgenden sehr beifällig aufgenommenen Worten: Das Andenken an den Mann, der die Wahrheit in der Natur suchte und sand, durch die Forschung in der Natur das menschliche Herz dem Guten öffnete, dieses Andenken kann nur in den Schöpfungen der Natur allein würdig gefeiert melden. Wie die alten Hellenen in den heiligen Hainen ihre Götterbilder errichteten, wie unsre germanischen Urväter die schönsten Bäume des Waldes der Gottesverehrung wid meten, so wollen wir hier eine Stätte unseren Mitbürgern errichten, wo sie fern und frei von dem Treiben der Geschäfte in dem Genuß der Natur sich Gott näher fühlen, einen Tempel der Natur als Denkmal und Sinnbild der wahren Gottesverehrung, welche die freie Forschung der Wissenschaft nicht ausschließt. Lehrt doch der Stifter der christlichen Religion selber, die Liebe und Allmacht Gottes sei in der Natur bester und tiefer zu begreifen, als durch priesterliche Satzungen und pfä'lfischen Hochmuth, die nur Unglauben und Heuchelei erzeugen. — Die Feier des heutigen hundertjährigen Geburtstags Alexander von Humboldt's möge uns die Morgenröthe einer bestem Zeit sein, ein Weckruf an die ganze gebildete Welt zum Kampfe gegen Aber glauben und Heuchelei, zur Förderung der Wahrheit nach allen Richtungen. Das ist ja das Große und Schöne in dem Wesen des gefeierten Mannes, daß er die Aufklärung, die Wahrheit in der Natur nicht nur für sich, nicht nur für einen engen Kreis von -Gelehrten, sondern für die ganze Welt, für Hoch und Niedrig, erstrebt hat. Wollen wir würdig forlwirken in seinem Sinne, so müssen wir das Licht der Wahrheit anzünden an allen Orten, Hinterlist und Finsterniß niederwcrfen, wo immer sie ihr H^.upt zu erheben wagen. Möge deshalb der Humboldt-Hain eine Stätte der Freude an der Natur werden, zur Erweckung des Sinnes für alles Edle und Gute. Möge er von Geschlecht zu Geschlecht die Mahnung tragen, einzustehen für die Wahrheit, soweit menschliche Kraft es vermag! Gottes Gnade walte über diese Stiftung jetzt und immerdar! Vom Kronprinz und der Kronprinzessin, welche an dell Manövern bei Königsberg theilnahmen, war folgendes Telegramm eingegangen: „Den zur Feier des hundertjähngen Geburtstages Alexanders v. Humboldt Versammelten senden wir aus der Ferne unsern Gruß. Berlin ehrt sich selbst, indem es seines großen Mitbürgers ehrend gedenkt, des Mannes, der ein Streiter und Held auf dem Felde der Wissenschaft, ein Freund seines Königs war, des Volkes Wohl innig und warm im Herzen trug, und der den Dank seiner Zeit und künftiger Geschlechter, wie wenige andere, verdient" — An demselben Tage nahm König Wil helm zwischen Heiligenbeil und Schirten die große Parade über das 1. Armeekorps ab. Er begab sich in einem Extrazuge von Königsberg aus dorthin mit dem Kronprinzen und der Kron prinzessin von Preußen, dem Großherzoge von Mecklenburg- Schwerin, dem Großfürsten Nicolaus Nicolajewitsch von Ruß land, dem Kronprinzen von Sachsen und den Prinzen Karl, Albrecht, Friedrich Karl und Albrecht (Sohn) von Preußen. Die fremdherrlichen Offiziere, sowie der größte Theil des königlichen und prinzlichen Gefolges waren schon vorangeeilt. Bei der Rückkehr nach Königsberg fand im königlichen Schlosse große- Militär-Galadiner statt. Bei den Festlichkeiten Lags zuvor kam leider in Königsberg ein bedeutendes Unglück vor, indem das Brückengeländer des Schloßteickes von dem Andrange der Menge durchbrochen wurde und eine Anzahl von Personen in den Leich fiel. Das Gedränge war durch den Ruf: „Die Brücke brennt" veranlaßt worden. Biß rum 14. hatte man bereits 38 Leichen aufgefunden. — Nach Mittheilunä der „Kreuzzeitung" ist der Staatshaushalts-Etat pro 1d70 Ende voriger Woche fest- gestellt worden. Wie es heißt, sind sammtliche Positionen aufs Möglichste beschränkt worden. — Bischof Häfele widerruft die Mittheilung, daß er auf Wunsch deS Königs von Preußen eine Gedenkschnst in Angelegenheit des Konzils abgefaßt habe. — Die Berichte über den Stand der Rinderpest lauten aus allen betroffenen Landestheilen übereinstimmend günstig und lassen keinen Zweifel darüber, daß die Seuche im preußischen Staatsgebiete als erloschen zu betrachten ist. Die Gartenbau-Ausstellung in Hamburg wurde am 13. d. M. durch eine herzliche Ansprache des Syndikus Merck geschlossen. Vor dem Schlüsse fand eine Verkündigung der er- theilten Preise statt. Hierbei wurde unter den auf Sachsen fallenden Prämien der Kölner Preis für den schönsten und best durchdachten Parkanlageplatz dem Direktor des Blasewitzer Waldparkvereins, Regierungsrath Königsheim in Dres den, für den Neumann'schen Plan, zuerkannt. — Der Arbeiter, welcher von dem technischen Direktor der Lauenstein'schen Fabrik durch einen Schuß verwundet wurde, ist am 10. d. M. gestor ben. Im Ganzen sind ca. 80 Arbeiter verhaftet und 15 bis 18 verwundet. OesterreichLfLb-Ungarische Monarchie Graf Beust hat am 12. d. M. eine zehn- bis zwölftägige Erholungs reise nach der Schweiz angetreten, und zwar ohne alle Begleitung. Auf früheren Badereisen hatte der Reichskanzler immer einige Beamte um sich und blieb durch tägliche Kouriersendungen in ständigem Verkehr mit seinen Bureaux. Man darf also wohl - den diesmaligen Solo-Ausflug als ein gutes Zeichen für die all gemein friedliche Weltlage auffassen. — Das czechische Wahl manifest ist erschienen. Mit Ausnahme einiger Stellen ist dasselbe würdiger gehalten, als die meisten Aktenstücke, die bisher aus czechischer Parteifeder geflossen; es athmet den Ernst der Situation. Die czechischen Parteiführer scheinen sich des Wahl sieges nicht sicher zu fühlen; sie wenden sich daher mit dringender Bitte an ihre Landsleute, ihnen dock kein Mißtrauensvotum zu ertheilen. — Der Kaiser hat dem Fürsten Karl von Rumänien das Großkreuz des Leopoldordens verliehen. Der Fürst stattete dem Reichskanzler Grafen Beust einen Beiuch ab, welchen dieser erwiederte, und empfing beide Präsidenten des hiesigen israelitischen Kultusvorstandes m längerer Audienz, in welcher die Lage der Israeliten in Rumänien eine eingehende Erörterung fand. Der Fürst reiste am 14. d. M. nach der Schweiz ab. Italien. Es ist unglaublich, welche Zähigkeit das Mini sterium Menabrea besitzt. Tag für Tag erwartete man den Rücktritt desselben, und nun hat es doch wiederum den Muth gefunden, nochmals vor die Kammern zu treten, die zum 15. Oct. einberufen werden sollen. Mit jedem Tage wird es schwieriger, schreibt man aus Florenz der „Nat.-Ztg.", über den endlichen Aus gang unserer Lage etwas Haltbares zu äußern. Auf der einen Seite ein in zwei Parteien getheiltes Ministerium, das weder gehen noch bleiben will, auf der andern Seite ein König, der sich nicht zu rathen weiß und dessen Unzufriedenheit aufs Aeußerste gediehen ist; dazu ein in den letzten Zügen liegender Schatz. Man behauptet, daß der König, nachdem er den Baron Ricasoli und den General Cialdini zu Rathe gezogen, den General Durando hat rufen lassen, der schon einmal Minister des Auswärtigen war und den man schon ost als künftigen Minister hat bezeichnen hören. Durando hat sich lange mit dem Könige über den Ernst der Lage und die Nothwendigkeit, schleunigst Ab hülfe zu bringen, unterhalten. Man will auch wissen, der General wär nicht so sehr abgeneigt, die Verantwortlichkeit der Last zu übernehmen, und hätte einige Tage gefordert, um eine endgültige Antwort zu geben; doch stellt er als erste Bedingung der An-