Volltext Seite (XML)
darf also nicht mehr der Klöster, um von ihnen auS Heiden zu bekehren, oder Beispiele frommer Entsagung zu geben; eine Ent sagung, die keinen Sinn mehr hat und die geradezu dem sittlichen Streben, zu dem die Menschheit durch Verbesserung ihres leiblichen Wohles gehoben werden soll, Hohn spricht. Durch die tiefste Begeisterung für die Lehren des Christenthums, durch deren un mittelbarste Anwendung auf die gegebenen Verhältnisse, sollte sich in früherer Zelt der Mönch nicht blos über sein natürliches Da sein erheben, sondern dieses sogar vernichten. Eine solche Miß achtung deS Weltlichen zu Ehren deS Göttlichen konnte nur in dem Stadium deS Durchgangs und der ersten Entwicklung be rechtigt sein. Heut ehrt man Gott durch Achtung und Anwen dung der Kräfte und des Lebensgeistes, den er Jedem gegeben und wodurch man nicht nur sich, sondern Allen nützt. Das Menschenleben hat durch Schwäche der Kindheit und des Alters, durch Schmerzen des Leibes und des Geistes, durch Unglück und Tod schon so viele unabwendbare Leiden für Jedermann, daß es nutzlos und widersinnig erscheint, dieselben durch freiwillige Marter- Anstalten noch höher zu steigern. Wenn dies früher vornehmlich die religiöse Weihe der Klöster bilden sollte, so ist fe heut nicht mehr zu rechtfertigen. Um fromm zu sein, braucht man das Leben und die Arbeiten, die es fordert, die Genüsse, die es dar reicht, nicht zu verachten. Wie wir nach dem Evangelium einen Gott der Liebe, statt des alttestamentlichen Gottes der Rache, annehmen, so soll auch das Christenthum keine Strafe, sondern die innere Kraft unserer Moral und unserer Menschenwürde sein. Man thut auch Unrecht, den früheren religiösen Charakter der Klöster heut noch in erste Reihe zu stellen. Sie erweisen sich vielmehr als eine wesentlich kirchliche Einrichtung des Katho lizismus, die sich außerhalb der bestehenden Landeßgesetze und Kultur erhalten will, um auf das Volk einen Einfluß zu wahren und zu üben, der — wie sich gezeigt hat — immer feindseliger den geistigen Ansprüchen des Staates wie der bürgerlichen Ge sellschaft entgegentritt. Als der wackere Joseph II: im Jahre 1781 die meisten der zwecklosen Klöster in Oesterreich aufhob, rechtfertigte er sich gegen den Kardinal Herzan folgendermaßen: „Da ich den Aberglauben und die Pharisäer verachte, so will ich mein Volk davon befreien. In dieser Absicht werde ich die Mönche verabschieden, die Klöster derselben aufheben und sie den Bischöfen ihres Bezirks unterwerfen. . . Wir haben diesen Dingen den Verfall des menschlichen Geistes zu verdanken. Nie wird es ein Diener des Altars zugeben, daß ihn der Staat dahin weise, wohin er eigentlich gehört, wenn er ihm keine andere Be schäftigung als das Evangelium allein läßt und wenn er durch Gesetze verhindert, daß die Kinder Levi mit dem Menschenverstände kein Monopolium treiben. Die Grundsätze des Mönchthums von Pachomius*) an bis auf unsere Zeiten sind dem Licht der Ver nunft gerad entgegengesetzt gewesen; sie kamen von der Hoch schätzung ihrer Stifter bis zur Anbetung selbst, so, daß wir in ihnen die Israeliten wieder aufleben sehen, welche gen Bethel gingen, um goldene Kälber anzubeten. Diese unechten Begriffe von der Religion verbreiteten sich auf den gemeinen Mann; er kannte Gott nicht mehr und hoffte Alles von seinen Heiligen . .. So werden, wenn ich meinen Plan vollbracht, die Völker meines Reichs die Pflichten genauer kennen, die sie Gott, dem Baterlarw und ihren Nebenmenschen schuldig sind. So werden uns noch die Enkel segnen, daß wir sie von dem übermächtigen Rom be freit, die Priester in die Grenzen ihrer Pflicht zurückgewüsen, und ihr Dortsein dem Herrn, ihr Dasein aber dem Vaterland allein unterworfen haben." » z l Der Kampf zwischen Kirche und Staat, wie er immer tiefer greift, jemehr die Dogmen der Kirche mit den Grundsätzen eines von Bildung getragenen Lebens in Zwiespalt gerathen, hat auch stets um das Klosterwesen gewogt und wird immer wieder um dasselbe sich drängen. Die katholische Kirche, wie sie Nichts von ihren Institutionen als der Zeit verfallen anerkennt, sieht in den Klöstern lediglich die Werkzeuge ihrer Macht. Der Staat, wenn er seinen heutigen Kulturberuf, das heißt seiner Artbildung entsprechen will, wird immer mehr in den Klöstern eine In stitution erkennen müssen, welche seinen Zwecken und Aufgaben *) Stifter de- ersten Nonnenkloster-; starb S48. widerspricht. Seit einem Jahrhundert wogt dieser Kampf. Der Staat hat die Klöster aufzuheben gesucht, die Kirche wußte sie wieder herzustellen; davon zeugen Oesterreich, Frankreich, Preußen, England. Der Jesuitenorden, seiner Zeit selbst vom Pabst auf gehoben, ist ebenso nicht nur wieder anerkannt, sondern auch vornehmlich dazu benutzt worden, das Klosterwesen auszubreiten. Bald unter dem Vorwand religiösen Bedürfnisses, bald unter der Bezeichnung von frommen Stiftungen, zur Förderung des Unterrichts oder der barmherzigen Krankenpflege sind die Klöster in neuerer Zeit zu einer Verbreitung gelangt, welche ihren tenden ziösen Plan nur zu deutlich erkennbar macht. Der Kampf zwischen Kirche und Staat ist nicht ein Kampf zwischen Religion und Unglauben, sondern das Ringen um die Oberherrschaft ihrer ver schiedenen Grundsätze. Die Kirche will den Staat beherrschen, der Staat aber muß sich, um seinen Aufgaben gerecht werden zu können, Herr seiner selbst wissen. Mag die Kirche ihre Auf gabe in der Pflege der Religion ungestört suchen, aber innerhalb der Staaten muß sie dem Lebensgesetz derselben unterstehen. Welcher Nutzen entspringt denn heute noch aus Klöstern, in denen die Insassen bestimmten Regeln unterworfen sind und aus dem Staatsleben abgelöst und fremder geistlicher Macht gehorsam werden? Welche andere Bedeutung kann man ihnen noch beilegen, als die, sich aus religiösen Traditionen innerhalb des Staatslebens als eine Kolonie mit eigener Selbstherrlichkeit zu bewahren, ohne daß die Religion davon Segen erndete? Wie es dem Staat obliegen muß, innerhalb seiner Grenzen jede religiöse Ueberzeugung zu dulden, so kann er doch im eigensten Interesse nicht Ein richtungen gestatten, welche mit religiöser Unterlage einen eigenen Gerichtsstand schaffen und die sich außerhalb der für Alle gültig sein sollenden Gesetze stellen. Es kann und.darf im Staat nicht Jeder thun, was er will, um auf Kosten der Mitbürger sein eigenes persönliches Wohl allein zu fördern; eS zieht der Staat eben die Scheidelinien, bis wie weit dies ohne Beeinträchtigung des öffentlichen Wohles möglich ist. Und je weiter er diese Linien zieht, um so freier und ruhmvoller steht er da. Doch bezüglich der Klöster handelt es sich keinesfalls nur um Toleranz. Die ganze Natur derselben widerstreitet der heutigen Ordnung und Sittlichkeit und diese hat der Staat vor Allem zu vertreten. Abgesehen von der abstoßenden Verstümmelung der Menschen natur, die hier gefordert wird, und die nicht blos körperlicher, sondern auch geistiger Art ist; abgesehen davon, daß nur zu leicht hinter den schweigenden Klostermauern Laster, Völlerei und Berderbniß gepflegt werden können und thatsächlich vielfach ge pflegt sind — so entziehen sich Mönche und Nonnen dem bürger lichen Leben um eines Zweckes willen, den der Staat nicht länger dulden kann. Je mehr die Ueberlebtheit der körperlichen Quälerei zu Ehren Gottes, wie viele Orden sie verlangen, aner kannt ist, desto verpflichteter wird der Staat, als Vertreter der öffentlichen Moral die Menschen vor solchen Verirrungen abzu halten. Je weniger es heut unbenommen ist, seinem religiösen Glauben zu leben, desto mehr ist der Staat verbunden, religiöse Gemeinschaften zu verhindern, die ihren Mitgliedern daS Privi legium einer völligen Loslösung aller Pflichten gegen den Staat und die Gesellschaft verleihen. Der Zweck des Staates besteht darin, daß alle Staatsbürger, wie die Pflege ihrer Moral durch die Kirche gegeben wird, so durch Arbeit und Theilnahme am Leben sich nützlich machen und der höchsten Menschenwürdigkeit zustreben. Nichts entfernt sich aber davon gewiß mehr, als die Klostermoral, welche Himmlisches und Irdisches, Geistiges und Natürliches völlig auseinander reißt und die natürlichen Triebe und Neigungen, sowie das Leben in der Welt und ihren Zwecken für durchaus sündlich und böse erklärt, um damit nur recht viel Unbildung und Aberglauben weiterwuchern zu lassen. Das echte Christenthum ist dem Mönchsthum fremd; denn letzteres verneint das Leben und auch dessen Geist, das Christenthum aber will es vom Geist durchdrungen, verklärt und veredelt wissen. Der Untergang des Klosterwesens schadete weder dem Christenthum, noch der Kirche in ihrem inneren Werth; wohl aber wäre der selbe eine Wohlthat für die Gesellschaft und eine Genugthuung der Civilisation. Darum fort mit den Klöstern! ->l. Drum. —— -