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Italien. AuS Florenz berichtet der Telegraph, daß . gerüchtweise verlaute, der Kronprinz werde zum Generalstatthalter deS Königreichs ernannt werden und seine dauernde Residenz in Florenz nehmen. — Man wird sich erinnern, daß bei der päpst lichen Säkularfeier der Herzog von Ratibor beauftragt wurde, nach Rom die Glückwünsche des preußischen Hofes zu überbringen. Der Papst hatte damals diesen preußischen Abgesandten ebenso wie seine Begleitung mit Orden ausgezeichnet, worauf König Wilhelm nach einem an allen Höfen üblichen Gebrauch auch einigen päpstlichen Würdenträgern preußische Orden verlieh. Diese sehr einfache Geschichte benutzen jetzt italienische Blätter, um die Beziehungen Preußens zur römischen Kurie in ein falsches Licht zu stellen. Man behauptet nämlich, daß zwischen beiden Mächten intime Verhandlungen geführt würden, welche keinen andern Zweck hätten, als in Rom den preußischen Einfluß an die Stelle deS französischen zu stellen, ja vielleicht sogar in einer mehr oder weniger nahen Zukunft die französische Occupation mit einer preußischen zu vertauschen. Die Erdichtung ist freilich etwas plump, indessen verleumdet man frischweg in der Hoffnung, daß in der gläubigen Masse des Volkes doch etwas hängen bleibt. Frankreich. Die Feier des Napoleonstages verlief in Frankreich allerwärts in Ordnung und ohne Unfall. Das Am nestiedekret wurde in allen Gemeinden durch öffentlichen Anschlag zur öffentlichen Kenntniß gebracht und mit großer Befriedigung ausgenommen. In St. Etienne gab man 56 Verurtheilten die Freiheit wieder. Sowohl unter den dortigen Arbeitern als auch unter den Arbeitgebern herrschte darüber große Freude. In Paris selbst wur den 153 Personen, welche wegen Preßvergehen oder anderer politischer Vergehen verurtheilt waren, aus der Haft entlassen. Nach den bis jetzt getroffenen Bestimmungen wlrd der Kaiser das Lager von ChalonS erst am 25. d. M., kurz vor Aufhebung desselben, besuchen; am Napoleonsfeste war er, wie nachträglich bestätigt wird, durch Krankheit am Erscheinen im Lager verhindert. — Durch kaiserliches Dekret ist angeordnet worden, daß die am 17. d. M. stattgefundene Bestattung des verstorbenen Kriegs- ministerS Marschall Niel auf Staatskosten geschehe. Ueber den Lebensgang deS so plötzlich auS seinem Wirkungskreis Geschiedenen entnehmen wir französischen Blättern folgende Angaben: Der Marschall Niel war am 4. October 1802 in Muret (Haute- Garonne) geboren. Er absolvirte im Jahre 1821 seine Studien in der polytechnischen Schule und in dem Jahre 1823 in der Applikationsschule in Metz, wo er bald einen besonderen Beruf zur Artillerie-Wissenschaft an den Tag legte. Er wurde 1827 Genie-Leutnant, 1831 Kapitän und zeichnete sich als solcher bei der Belagerung von Constantine aus, avancirte rasch zum Oberst und betheiligte sich im Jahre 1849 an der römischen Ex pedition als GeneralstabS-Chef. Er nahm es in dieser Eigenschaft über sich, die Belagerung und eventuell daS Bombardement der ewigen Stadt so zu leiten, daß die öffentlichen Denkmäler keinen bemerkenswerthen Schaden erlitten; nach der Kapitulation erhielt er von dem General Oudinot den Auftrag, Pius IX. die Schlüssel der eroberten Stadt nach Gaöta zu überbringen. Am 30. April 1853 wurde er zum Divisions-General befördert; im August 1854 leitete er die Operationen vor Bomarsund und nahm diesen Platz binnen acht Lagen sammt 2400 Mann und 180 Geschützen. Im Jahre 1858 hatte er die Sendung, bei dem König von Piemont um die Hand der Prinzessin Clotilde für den Prinzen Napoleon anzuhalten und im Jahre 1859 war er eS, welcher als Befehlshaber des IV. Armeekorps der Alpen- Armee den Sieg vor Solferino entschied, so daß der Kaiser Tags darauf an die Kaiserin wörtlich schrieb: „Der General Niel hat sich mit Ruhm bedeckt." Er wurde infolge dieser Waffenthat zum Marschall von Frankreich und am 21. Januar 1867 als Nachfolger deS Marschalls Randon zum Kriegsminister ernannt. In dieser Eigenschaft war er der Leiter und die Seele der neuen Armee-Organisation. Daß er gleichzeitig auch das Haupt der französischen Kriegspartei war, haben wir schon erwähnt. Ueber seinen muthmaßllchen Nachfolger gehen die Ansichten noch ziem lich weit au-einander. — Vom Senat ist nichts weiter zu melden, als daß die Kommissionen mit der Berathung über den Reform-Entwurf fortfahren. Das Napoleons-Jubiläum. Am 15. August dieses Jahres wurde am Hofe zu Paris die Feier des hundertjährigen Geburtstages Napoleon Bonaparte s mit Pomp und Glanz begangen, des Mannes, welcher eine Dy nastie in Frankreich zu gründen vermochte und dessen Neffe heut, seit siebenzehn Jahren, den Thron dieses Staates einnimmt. Es ist wie ein Märchen, die Geschichte Napoleon I. sich zu ver gegenwärtigen ; eS ist wie ein Wunder, die Geschichte der Wieder errichtung der napoleonischen Dynastie nach der Verdammung von 1815 zu vernehmen. Der Kaiser Napoleon III. hat gewiß alle Ursache, das Jubiläum der Geburt seines Oheims zu feiern, denn ohne dessen Namen, ohne dessen Thaten und ohne dessen Andenken würde er nach allen seinen Jugend-Abenteuerlichkeiten niemals eine solche Rolle haben spielen können. Vor zwanzig Jahren fand er noch die Reste der alten napoleonischen Armee, welche den Kriegsruhm von hundert Siegen hegte und pflegte; er fand noch Diplomaten und Geschlechter, welche ihre Erhebung und ihren Namen dem großen Eroberer verdankten und die deshalb aufrichtig dem Manne deS Staatsstreichs ihre Dienste widmetm und seinen dynastischen Ehrgeiz zu einem National- bedürfniß stempelten. Man kann wohl sagen, daß Louis Na poleon nur mit den Trümmern des altnapoleonischen Reichs seine Herrschaft aufrichten und — was mehr ist — befestigen konnte. Für ihn war der Jubiläumstag also gewiß ein Festtag, an welchem Pauken und Trompeten nicht genug sein Glück ver kündigen konnten. Anders stellt sich schon die Antwort, wenn man sich fragt, welche Ursache das französische Volk haben kann, die Geburt eines Soldaten zu feiern, der allerdings der populärste National held der neueren Geschichte ist. Kriegierischer Ruhm und Er oberungen haben seither durchweg die Größe der Männer in der Weltgeschichte dargestellt. Fragt man nach den großen Männern der Geschichte, so nennt man ohne Besinnen Alexander, Hannibal, Cäsar, Karl den Großen, nicht etwa Aristo teles, Plato, Cicero, Cato — denn diese sind nur bedingte Größen. Aber wenn auch solche Auffassung als eine aus roheren Zeiten uns überkommene gilt, welche von der Höhe unserer Spanien Der „Jmparcial" meldet, daß eine Karlisten- bande, bestehend aus 500 Mann zu Fuß und 50 Reitern, bei Andilla in der Provinz Valencia von den Truppen angegriffen worden ist. Die Karttsten wurden geschlagen und mußten ihre sämmtliche Bagage in den Händen der Truppen lassen. — In BurgoS dauern die Verhaftungen fort. In der Nacht vom 11. zum 12. d. M. sind dort zwölf Geistliche ins Gefängniß gebracht worden, welche sich an die Spitze von karlistischen Banden zu stellen beabsichtigten. Um ihre leichtgläubigen Pfarr kinder zu täuschen, hatten sie erzählt, alle Kirchen Madrids und der größeren Städte Spaniens ständen in Flammen, die Liberalen wollten auch alle Dolfkirchen dem Feuer überantworten. Gott, die Jungfrau und die Heiligen machten es allen Gläubigen zur Pflicht, zu den Waffen zu greifen, um solche Frevel zu verhindern. Türkei. Die egyptisch-türkische Differenz gilt für voll ständig beigelegt. Aeußerlich, meint man, werde sich die Ver- öhnung anläßlich der Suezkanal-Eröffnung zeigen. Zu dieser ollen nun vom Sultan Einladungen an die Souveräne ergangen ein jedoch zugleich mit der Mittheilung, daß der Vicekönig den Gästen die Honneurs machen werde. Amerika. Unter den Nachrichten aus der neuen Welt sind nur die vom Kriegsschauplätze in Paraguay insofern von größerem Interesse, als sie merkwürdiger Weise noch immer der Sache des Diktators Lopez günstig lauten. Freilich stammen dieselben aus paraguitischer Quelle. Nach ihnen wären die Alliirten genöthigt worden, ihre Operationen einstweilen einzu stellen. Die Stadt Rosario sei den Brasilianern durch para- guitische Truppen wieder entrissen, außerdem hätten dieselben ein brasilianisches Schiff genommen. Die gegenwärtige Stellung des Präsidenten Lopez bei Ascurra wird als uneinnehmbar ge schildert. Wahrscheinlich kommen nächstens aus Brasilien wieder ganz entgegengesetzte Nachrichten.