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Nr. 11. — 10. Jahrgang. Die an jedem Wochentag Abend (mit dem Datum des folgende» Tages) zur Ver sendung gelangende unparteiische Zeitung „TÄHflscher Landes.An-eiger" inil täglich einem Extra-Beiblatt: i. Kleine Botschaft s. Sächsischer Erzähler s. Sächsische Gerichtszeitung 4. Sächsisches Allerlei b. Jllnstr. UnterhaLtnngsblaitt s Sontttagsblart 7. Lustiges Bilderbuch kostet bei den Ausgabestelle» monatlich 70 Psg., bei den Post-Anstalten 7b Pfg. Sächsischer KMes-AiiskM. Verbreitetstes unparteiisches tägliches Lokalblatt. Die Hanptblätter de» »Sachs. Landes-Anzeiger»" erscheinen (ohne dessen Ertra-Betblätter) auch in einer billigeren Sonder-Ausgab«als: „Chemnitzer General-Anzeiger" für Chemnitz monatlich 4V Pfg.frei insHans; außerhalb Chemnitz monatlrcp d) Pig. mit Zutragen. PostzeitungspreiSliste für 1890; Nr. 1307. Mittwoch, 15. Januar 18S0. ^^ Der Büchs. Landes-Anzeiger ist eingetrag« -z« i.d. 18S0erPost-Ztg»..Pr«i»list«r Nr.«7C FürAb onnenten erscheint je einmal >m Iahet Jllnstr. Kalender de- Sächsischen Sanddot» Jllnstr. WeihnachtSbnch (Jahresbnch). Verlags »Anstalt» Alexander Wiede Chemnitz, Theaterstraße Nr. S. Femsprech-Anschluß Nr. ISS. Telegr.-Adr.: Lander-Anzeige«. Chemnitz. Anzeigenpreis: Raun, einer schmalen Corpuszeile IS Psg. — Bevorzugte Stelle (lspaltige Petitzeile) SO Pfg. — Bei Wiederholung großer Anzeigen Preisermäßigung. — Bei Bestellungen von Auswärts wolle mt» den Etmücknngsbctrag (in VricsmarlNi) beifügen cj« 8 Silben Tcrpusschrift bilden ca. 1 Zeile.) — Anzeigen können nur bis Vormittag angenommen werden, da Druck und Verbreitung der großen Auslage länger« Zeit erfordern.'--» ^ Di« Anzeigzp finden ohne Preikausschlag gleichzeitig Verbreitung durch den „Chemnitzer General-Anzeiger" (billigere Sonder-Ausgabe derHauptblätter de» „Sächsischen Lande» - Anzeiger»" ohne dessen tägliche Extra-Beiblätter. Amtliche Anzeigen. lieber da» ^Vermöge» des Seiscnhändlers JuliuS Carl Mistler in Chemnitz wird heute am 11. Januar 18L0 Nachmittags 4 Uhr das CvncurSverfahren erössnct. Der Rechtsanwalt 1>r. Stadler in Chemnitz wird znmConcnrSverwalter ernannt. ConcnrSsorderungcn sind bis zum 11. Februar 1390 bei den: Ge richte anzninclde». Es wird znr Beschlußsassuug über die Wahl eines anderen Verwallcrs, sowie über die Bestellung eines Gläubigerausschusses nnd eintrcteudc» Falles über die in 8 120 der Coucnrsordnnng bezeichueten Gegenstände auf de» 4. Februar LUvv Bormittags 1t Uhr und znr Prüfung der angemcldele» Forderungen aus deu SV. Februar 1»«u Vormittags 10 Uhr vor dem Unterzeichneten Gerichte Termin anberanmt. Men Personen, welche eine znr ConcurSmasse gehörige Sache in Besitz haben oder zur Concnrsmasse etwas schuldig sind, wird ausgegcbe», nichts a» den Gcnieinlchnldncr zu verabfolgen oder zu leisten, auch die Ver pflichtung anserlegt, von dem Besitze der Sache nnd von den Forderungen, für welche sie aus der Sache abgesonderte Befriedigung in Anspruch nehmen, dem Concursverwalter bis zum 3. Februar 1SVV Anzeige z» machen. " Königliches Amtsgericht zu Chemnitz, Abtheiluug » B öhme. Bekannt gemacht durch: Actuar Pötzsch, G.-S- Das Coucursversahren über das Vermögen des Kaufmanns Friedrich Adolf Schreite«, in Firma „C. G. Schreiter", in Chemnitz wird, nachdem der i» den» Verglcichstcrmine vom 9. November 1889 angenommene Zwaugsverglcich durch rechtskräftige» Beschluß vom 16. desselben Monats be stätigt ist, hierdurch ausgehobc». Königliches Amtsgericht Chemnitz, Abth. » > den 11. Januar 1890. Böhme. Bekannt gemacht durch: Actuar Pötzsch, G.-S. Drahtnachrichten unseres Al»zeigers. Vom 14. Jannar. Paris. Das Theater „Sabatier" in Mon- tantra» ist vollständig abgebrannt. St. Lonis. Ein heftiger Wirbelwind richtete hier grosse» Schaden an. Zahlreiche grobe Gebäude, Fabriken, Kirchen, sowie auch der südwestliche Theil der Stadt find zerstört. Mehrere Menschen find dabei um s Leben ge- ko,unten nnd viele verletzt worden. Auch die Stadt Mem phis, am linken Ufer des Misstfippi, im nordamertkanischen Staate Tennessee gelegen, nnd mehrere andere Orte daselbst wurden von dem fürchterlichen Sturme heimgesucht und auch dort viele Personen verletzt. Der Orkan wüthete so heftig, datz ein Personenzug vom Geleise geweht wurde. — In Versailles, dem Hauptorte der Grafschaft Woodfort im Staate Kentucky, brach im Marstall Feuer aus, wobei 35 Rennpferde verbrannten. Lissabon. Die Aufregung bezüglich der vermeint licht«, schimpflichen Lösung des englisch - portngiesische» Eoustictes ist im Zunehmen begriffen. Die Stratzenkrawalle haben sich wiederholt. Die Situation gestaltet sich für die Regierung änherst kritisch. Polnische Rundschau. Chemnitz, 14. Januar. Deutsches Reich. Unser Kaiser hatte am Moniag Vormittag eine Conferenz mit dem Grafe» Bismarck, arbeitete mit dem Chef des Civilcabincts und empfing den aus Berlin scheidenden württem bcrgischen Gesandten Grafen Zeppelin in Abschicdsaudicnz, sowie dann den Oberpräsidenten der Rhcinprovinz von Berlepsch und den Herzog von Ratibor. Später hatte der Kaiser längere Unterredungen mit dem Großherzog »nd der Grvßherzogin von Bade». — Im Reichstage ist die Berathung des Militärctats ganz über Erwarten schnell vor sich gegangen. Allem Anschein nach haben alle Parteien sich darin geeinigt, möglichst schnell den Neichslagsschliiß herbeizuführe», wenn die verbündeten Regierungen, wie cs heißt, für diese Session auf die Fertigstellung der neue» Socialistenvorlage ver zichlen. Möglicherweise wird schon Ende der Woche der Scssions schlich, resp. die Auflösung des Reichstages für die Neuwahlen er folgen. — Die „Nvrdd. Allg. Ztg." constatirt jetzt ebenfalls, daß der Kaiser am Neujahrslage keinerlei Ansprache a» die Generalität ge halten hrt, nnd daß die bezügliche Nachricht eine Unwahrheit ist, die von französischen Blättern ausgebeutet wird. — In deni Befinden des Abg. Hammacher ist jetzt eine ent schiedene Wendung znm Besseren eingetretcn. Derselbe gedenkt noch, im Laufe dieses Monats nach dem Süden abreisen zu können. — Immer stärker treten die Gerüchte auf, der Reichstag werde sofort nach Aufstellung des Budgets, also etwa Anfang Februar, ansgclöst werden; alle anderen Vorlagen, auch die ostafrikanische Dampfervvrlage, sollen unerledigt bleibe». Der neue Reichstag soll oan» gleich nach Oster» zur Entscheidung über das Socialistengcsetz einbcrusen werde». Ergeben die 'Neuwahlen keine Cortcllmehrhcil, so werde» wir in diesem Jahre voraussichtlich noch einmal Neichs- tagswahlen habe», denn leimt der neue Reichstag das Socialistengesctz ab, so lv*.d er natürlich sofort von Neuem aufgelöst werden. — Die neue Nang-Quarticrlistc der preußischen Armee ist so eben ausgegcbe» worden. Die neue Liste führt im Ganzen siebe» Gencraifeldmarschälle und im Range gleichstehende Generalobersten aus, nämlich Graf von Moltke, Graf von Blumenthal, Prinz Georg von Sachsen, Prinz Albrccht von Preußen, Großherzvg von Baden, von Pape, Großherzvg von Weimar. Die Armcecvrps werden bis auf zwei von Generälen der Infanterie und Cavallerie commandirt; der commandireiide General des 6. Armeekorps, von Lewinski I., ist General der Artillerie. — Eine Bcrgarbcitcrversammlung hat, wie wir gestern mit- Heilten, am letzten Sonntag in Alteneffen stattgefundeii, in welcher Ms Redner die auf der Tagesordnung stehende» Punkte, Lohn erhöhung um 50 Procent, achtstündige Schichtdauer inclusioe Ein- nnd Ansfahrt, befürwortete». Der Bergarbeiter-Deputirtc Schröder aus Dortmund erklärte sich zwar mit diese» Forderungen einver standen, verurtheilte aber die Abhaltung von Versammlungen zu diesem Zwecke; vor Allem empfahl er die Stärkung des Bergarbeiter- uerbandes, durch welchen diese Fragen gelöst werden sollen. Ein Beschluß wurde in dieser Versammlung nicht gefaßt. — Im Gegensatz zu anderen Meldungen berichtet die „Kreuz- Zeitung", daß die zweite Lesung des SocialistengesetzeS doch noch im Reichstage und zwar nach erfolgter zweiter Etatsberathung stattsindcn werde. Die Verbündeten Regierungen halten daran fest, daß ihnen auf ihre Vorlage eine „Quittung" des Reichstages gegeben werden müsse. — Aus Stuttgart trifft die Meldung ein, daß der Prälat und Oberhosprediger Karl Gerok, als religiöser Dichter in den weitesten Kreisen bekannt, an der Influenza i» Complication mit der Lnngeiientzündung sehr schwer erkrankt sei. — Nach Kieler Meldungen sollte die Aufhebung des Verbotes der dänischen Schweineeinfuhr nach Deutschland demnächst zu erwarte» sein. Diese Nachricht war aber zum mindesten sehr verfrüht, denn i», Reichsamt des Innern ist davon nichts bekannt. Hingegen sind in Oberschlesie» Erleichterungen für die Ein- und Durchfuhr geschlach teter ausländischer Schweine angeordnet. . — Der der englischen Regierung nahestehende „Standard" er hält aus Zanzibar die, wie das Blatt sagt, verbürgte Mittheilung, oaß Leutnant Freiherr von Gravenrcuth in dem letzten Kampfe des Reichscominissars Wißmann mit Bwcmahari von den Aufständischen gefangen worden ist. Die Bemühungen, seine Freilassung zu erzielen, eie» bisher vergeblich gewesen, weil Bwanaheri über die Hinrichtung Buschiri's zu sehr erbittert sei. Oesterreich-Ungarn. Die deutsch-tschechischen Ausgleichs- Conferenzen wurden am Montag wieder ausgenommen und ist Aussicht vorhanden, daß von den Tschechen etwas nachgcgeben wird. Leider können die Tscheche» gar keine Garantie für die Haltung dcS tschechischen Volkes übernehmen, die das ganze Einigungswcrk schließlich ruiniren kann. ^— Das ungarische Abgeordnetenhaus nahm seine Arbeiten wieder auf. Der Handelsminister Baroß erklärte, die Pester Re gierung werde stets sorgfältig Ungarns Rechte aus die freie Donau Passage hüten und dieselbe von keiner Seite beeinträchtigen lassen Italien. Wie >aus Rom- gemeldet wird, beabsichtigt der Sohn des verstorbene» päpstlichen Generals Kanzler die Memoiren seines Vaters heranszugcben. Das Buch soll unter Aiiderm Docuniente über das Verhalte» des preußischen Gesandten von Arnim an die Oeffcnt lichkeit bringen. — Im Februar wird der Papst 20,000 italienische Pilger empfangen. Frankreich. Die deutschfeindliche „Antoritö" greift die Regie rung nnd den Botschafter Herbetle grimmig an, weil Letzterer beim Begräbniß der Kaiserin Augusta an der Fahnenstange des Botschafts Palastes halbmast geflaggt hat. — Bei den am Sonntag stattge- habtcn Nachwahlen znr Pariser Deputirtcnkammer wurden die Mo narchisten Peyrand und Dnpnytrem gewählt. Dagegen wurde der Monarchist Arnault durch den Republikaner Cambe, der Boulangist Lsouzon Leduc durch den Republikaner Puyboyer, der Boulangist Thirion-Montauban durch den Republikaner Clement ersetzt. Frankreich hat den italienisch-abessinischen Protcctoratsvertrag ohne Vorbehalt angenommen. Rußland. In Petersburg wurde am Montag das russische Neujahrsfest gefeiert. Der Zar hat eine größere Zahl von Ans zcichnungc» verliehen und Ernennungen vollzogen, bei welchen be sonders Anhänger der Panslawisten gut fortgekvmmen sind. Das Kaiserpaar wohnte dem Festgoltesdicnste und der Kirchcnparade bei und nahm später im Winterpalaste die Glückwünsche der Staalswürden- träger, fremden Vertreter ». s. w. entgegen. Die Zeitungen beschäftigen sich meist mit der inneren Lage und erhoffe» eine gedeihliche, wirth schaflliche und financielle Entwicklung. — Der russische Fiiianzminister hat durch sein neues Budget, welches einen Ueberschuß von 1>/z Mill Rubeln aufweist, beim Zaren einen großen Stein im Brett erhalte». Ein Petersburger Telegramm meidet nämlich, durch das Budget sei die Stellung des Fiuanzminislcrs allen gegnerischen Bestrebungei gegenüber außerordentlich gefestigt worden. England. Aus London wirb über den Colonialstreit mit Portugal berichtet: „Das von Londoner Zeitungen verbreitete Ge rücht, die letzten Depeschen des Ministerpräsidenten Salisbury an di portugiesische Regierung hätten die Räumung des Gebietes im Norden des Rur-Flusse- durch die Portugiesen verlangt, entbehrt jeglicher Begründung. Der englische Premierminister hat verlangt, daß Portugal sich positiv verpflichte, keinen Act der Jurisdiction in den Distrikten auszuübe», über welche England das Protektorat bean sprucht. Die Antwort des portugiesischen Ministers des Auswärtigen hat dies zugestande» unter des Bedingung, daß Seitens Englands das Gleiche geschehe, und hinzugefügl, daß die portugiesische Regierung bereit sei, sich in dieser Frage einem Schiedsgericht oder einer Confecenz zu unterwerfen. Zu gleicher Zeit hat die portugiesische Negierung an alle Mächte die Bitte um ihre guten Dienste in dem Streit mit England gerichtet. Alle Mächte haben darauf geantwortet und den Beweis ihrer freundschaftlichen Gesinnungen gegeben. Jedenfalls hat dieser Schritt jetzt kein praktisches Ergebniß, da die englische Regierung durch die Antwort Portugals hinreichend zufrieden gestellt ist, ui» darein zu willigen, daß die Verhandlungen fortgesetzt werden." — Die englische Regierung soll beabsichtige», das Parlament im Früh jahr bald nach der Annahme des Budgets aufzulöse». Das Ministerin», verspricht sich große Erfolge von der günstigen Wirkung des mit einem bedeutendem Ueberschuß abschließenden Budgets, während der AuSgang des O'Schea'schen Ehescheidnugsprocesscs Parnell und seine Partei im Lande gründlich in Mißachtung setzen werde. Auch glaubt Lord Salisbury, die Wahlaussichten der Gladstoneaner würden »m so günstiger werde», je länger der Wahltermin hinausgeschoben würde. Spanien. Die Krisis im Befinden des kleinen Königs ist noch nicht ganz vorüber. Die ungünstige» Symptome lassen zwar weiter nach, aber leider besteht »och die Befürchtung, daß die Krankheit ver- hängnißvoll für die künftige Entwickelung des Knaben werden kann. Die Königin hält ununterbrochen im Krankenzimmer aus. Jede Dienstleistung bei dem armen Kinde wird von ihr genau überwacht. Z Portugal. In der portugiesischen Hauptstadt hat es gewal-^ tigen Lärm gegeben. Als sich das unwahre Gerücht verbreitete, die . Regierung hätte auf ein englisches Ultimatum blind nachgegcbe», wurden den Ministern die Fenster eingeworfcn. Bor den Ministeriell und vor dem Palaste von Belem wurde gerufen: „Nieder mit de» Ministern!" Auch im englischen Consulat wurde», obwohl das Hand von der Polizei bewacht wurde, die Fenster eingcworfen und das Wappenschild abgerissen und mit Füße» getreten. Die Polizei ver haftete mehrere Tumultuanten, die Regierung hat die Bestrafun- der Schuldigen und der englischen Regierung volle Genugthnnn- versprochen. Orient. Auch in den Hauptstädten der Balkanstaaten wurde das Neujahrsfest allgemein begangen. In Belgrad wurde in Gegen wart des Königs Alexander ein großes Tedeum abgchalten» worauf der junge Fürst zahlreiche Glückwünsche entgcgennahm. Achnlich verlief der Tag in Sofia und Bukarest. Vom Landtage. Am 13. Januar beschäftigten sich beide Kammern hauptsächlich mit der Erledigung von Bittschriften. Die 2. Kammer hatte die Freude, ihren Präsidenten Or. Haberkorn wieder in ihrer Mitte z« sehen. Derselbe eröffnet« die Sitzung mit einem herzlichen Dank für die ihm von vielen Kainmermitgliedern bekundeten hochehrenden und erfreuenden Beweise der Theilnahme und Freundschaft, und zu gleich mit dem Wunsche für ein recht ersprießliches Wirken znm Wohle des Vaterlandes während der übrigen Dauer des Lcnidtages. Die Kammer bewilligte sodann ohne Debatte »nd einstimmig auf Antrag der Finanzdcpntativn (Berichterstatter Abg. Niethammer) die im außerordentlichen Etat eingestellte» 100,000 Mark zur Vermehr- ^ ung der Gütergleise und Krahne am Elbkai in Dresden-Neustadt. " Eine längere Debatte vcranlaßte die Petition des Vereins „Urne" in Dresden und des Vereins für Feuerbestattung in Chemnitz gesetzliche Zulassung der Feuerbestattung innerhalb des Königreichs Sachsen. Den mündlichen Bericht der Deputation erstattete v. Trebra-Lflidenau, der im Allgemeinen kauf die Behandlung Gegenstandes in de» früheren Landtagen hinwics, ferner darauf, daß die gegen die Einführung der Feuerbestattung s. Z. i» der Deputation und in der Kammer geltend gemachten Gründe auch heute noch die entscheidenden seien, und daß diese Gründe von den Petenten auch neuerlich nicht ausreichend widerlegt worden sind. Die Deputation habe unter diese» Umstände» zu keinem anderen Votum gelangen könne», als der Kammer z» empfehlen, die Petition auf sich^brruhen zu lassen. Abg. Schreck nahm in einer ausführlichen Rkve gegen den Deputationsantrag Stellung. Es sei in hohem Grade bcsrciiid- lich, daß eine Petition wie die vorliegende, welche von einem so an gesehenen Verein ausginge, welche nun schon zum dritten Male ein gereicht und in deren Motivirung darauf Bezug genommen werte, baß der König von Italien, ein dem Deutschen Reiche verbündeter und so befreundeter Fürst, die Feuerbestattung erlaubt hat, daß die Ständekammer des Großherzvglhums Hessen ihr Votum für die Einführung der Feuerbestattung abgegeben und daß so viele Behörden dieselbe gebilligt haben, daß Angesichts dessen diese Petition so kurzer Hand abgethan werden solle. Redner tadelte es als eine Intoleranz, wenn man die Asche Verbrannter, wie mehrfach geschehen, als „verflucht" bezeichnet nnd die Absetzung dieser Asche auf evangelischen Friedlöfen verweigert. Er citirte einige Aussprüche Friedrich Wilhclm's lil. und Kaiser Wil- helm's 1., die sich scharf gegen die Unduldsamkeit der Orthodoxen und die Heuchelei tuenden, und kam alsdann ans die criiniiialislischen Bedenken zu sprechen, die gegen die vorliegende Petition geltend gemacht worden sind. Er wies auf Grund seiner langjährigen juristischen Praxis dieses Bcdenken zurück. Durch die Einsührnng der Feuerbestattung brauche übrigens nicht ei» einziges Reichs oder Landesgcsctz geändert zu werde», da ja die erwähnte Art der Bestattung nicht obligatorisch, sondern facultiv eiugcsührt werden soll. Die sanitären Rücksichten, die für die Fcncrbcstatlniig sprechen, seien tvohl zu beachten, denn es sei festgcstellt. daß sich in Zeiten der Epidemie» die Kirchhöfe in ihrer gegenwärtigen Gestalt für das Befinden der Allgemeinheit als in höchstem Grade gesnndhnts» schädlich erweisen. Redner ging dann auf die fvriiiellc» Vorzüge bei der Feuerbestattung, bez. auf den religöscn Act bei derselben näher ei», die keineswegs de» ethischen (»cd sittliche» Gefühle» entgegen seien, und wies ans cinen - Fall in Gotha hin, wo sich der Herzog bei der Fcuerbcstatlnng einer hohen Persönlichkeit besonders habe vertreten lassen. Anschließend hieran wies Redner die Worte eine- Mitgliedes der 1. Kammer (Snpcrindentent vr. Pank), welches die Feuerbestattung als eine schwere Verletzung des Chnstenlhums und als einen Rückfall in das Heidenthui» bezeichnet hatte, energisch zurück. Redner wünschte zum Schlüsse, daß die Frage, wen» sie anderweit zur Verhandlung komme, mit etwas mehr Toleranz behandelt werde Abg. Philipp beantragte, die Peiition der Negierung zur Kc.mtniß- nähme zu überweise». Abg. 0 ^.vke verurtheilte die Fc»erte'tattini( vom ethischen nnd christlichen Standpunkt aus. Redner bezeichnet« eine Einführung der Feucrbestatinng als eine Beleidigung unseres Volkes (Bewegung, Oho!) und bat, dem Deputations-Volum bcizn- trcten. Abg. Ackermann bekänipfle die Anschauung des Abg. Schreck, als ob cine Verletzung der Verfassung vorläge, wenn das DcpntationS- Botni» angenommen werde. Die Frage der Feuerbestattung sei ke ne Frage des Gewissens und des Glandciis, sondern des Gefühls und der Sitle. Die Zeit für die Einsührnng der Fenerbestaltung sei noch nicht gekommen nnd werde nicht eher vorhanden sein, als bis da- Volk sagt, die jetzige Art der Beerdigung widerstrebt den Gefühlen und der jetzt herrschenden Sille. Wenn das Landescvnsistorium die Aufstellung von Urnen ans dem Friedhof verboten hat, so laffe sich