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tion, kl-Mei-n. »affe Str. S, § zu haben. 1. Januar 1864^ , merteljthrltch ir'/»N-r. A» beziehen durch § alle kgl. Poft- Lin unterhaltendes Wochenblatt für den Würger und Landmann. Redacteur und Verleger: Friedrich Walther. ^Politische Weltschau. Gott zum Gruße und Glückauf zum neuen Jahre jedem Einzelnen und Allen insgesammt. Ganz besonders unserem heißgeliebten deutschen Vaterlande. Wiederum zieht sich ein Jahresring um den alten, festen, kernhaften Stamm der deutschen Eiche, wieder ist ein Jahr dahin, das den Hoffnungen auf end liches Besserwerden, auf endliche Neugestaltung Deutschlands neue Nahrung gewährt. Wir treten ein in das neue Jahr, wie unsere wackeren Söhne und Brüder um diese Zeit in das ferne und ihnen doch so befreundete, stammverwandte Land — ungewiß der Zukunft, aber froh vertrauend auf den alten Gott, innig liebend das theure Vaterland, aufrichtig bestrebt, ihm zu Ehre, Macht und Ansehn zu verhelfen, heilig angelobend nach Pflicht und Gewissen ihm zu dienen und sein Heil zu fördern. Wie jene muthigen Krieger hoffen und erwarten, daß ihre Heimkehr dereinst eine sieggekrönte sei, wie sie nicht zurückbeben vor den Beschwerden und Gefahren, die möglicherweise ihnen bevorstehen: so treten auch wir ein in das neue Jahr, froher Hoffnung voll und kühnen Muthes, auch das Schwerste, wenn es sein muß, zu ertragen, um das siegverheißende Ziel zu erreichen. Mehr als jedes andere Jahr ist gerade das neu angebrochene dunkel und verhängnißvoll. An seiner Pforte stehen gerüstete, kriegsbereite Männer: Schleswig-Holstein ist die Losung. Aber weder ist diese Losung die einzige, noch wird sie einmüthig ver standen. Wie verschieden ist unter den zu Schleswig-Holsteins Schutz Berufenen die Auffassung der Frage. Wie anders denkt Oesterreich, das mit seinen nichtdeutschen Truppen den Reserve schutz zur Vertreibung nichtdeutscher Truppen aus Holstein bot, wie anders denkt Preußen) das daheim kein Verfassungsrecht achtet und dessen Reserve Schleswig-Holsteins Verfassung wieder herstellen soll, wie anders denkt, Gort sei Dank, Sachsen. Unsere Regierung hat in dieser Frage die correcteste Richtung einge schlagen, sie hat die großprahlerische identische Note der beiden deutschen Vormächte gebührend zurückgewiesen und sich durch dieses ihr Verhalten um Deutschland in hohem Grade ver dient gemacht. Möge diese volksthümliche Richtung in der einen brennendsten deutschen Frage von guter Vorbedeutung sein dafür, daß Sachsen auch in anderen deutschen Fragen seinem alten Ruhme, Träger der Reform zu sein, treu bleibe. Der Neujahrstag erinnert an seinen Vorgänger vor fünf Jahren. Es bedarf heute keines heißblütigen Neujahrsgrußes mehr, um den Erdall in seinen Fugen zu erschüttern. In fünf Jahren, so sagte man sonst, erneure sich der menschliche Kör per. Trotz der fieberhaften Schnelle, mit welcher sich die Ereig nisse dieses halben Jahrzehnts gefolgt find, trotz der zahlreichen Veränderungen, die sie hervornefen, haben sie die ersehnte poli tische Erneuerung des europäischen Staatskörpers noch nicht herbeigeführt Aber reich, überreich an umwälzenden Ereignissen, das waren sie. Kronen find gefallen, Dynastien gestürzt wor den, selbst über der päpstlichen Tiara schwebt das Damoklesschwert Aankreichs. Der Hort aller Freiheitsfreunde, die Zuflucht aller Verfolgten, die jüngste, hoffnungsvollste Staatenschöpfung — die vereinigten Staaten Nordamerikas zerfielen. Kurz, wohin das Auge sich wendet, allüberall, diesseits und jenseits des Weltmeers loht die Flamme der Zwietracht und der Entzweiung. Sollen wir eS beklagen, daß eine Reihe lanZ genug diplomatisch ver- Stch-m»dWan;iAster Jahrgang. I. Quartal. kleisterter, plump verbundener Wunden endlich aufgeht, daß die Leidenden endlich nach Hilfe schreien, ehe der Brand, der ge fährliche Brand eines europäischen Krieges hineinkommt? Und wenig fehlt, sehr wenig, so ist er da. Zu schroff stehen die Gegen sätze einander gegenüber. Man denke an Deutschland und Däne mark, Italien und Rom, Polen und Rußland, Ungarn und Oesterreich, Nord- und Südamerika. Man denke an den kriege rischen Friedenspolitiker in Paris, der es so gern sähe, wenn ein Congreß auf seinem Parquet tanzte. Unser Friedensheer, die Diplomatie, hat es bis jetzt noch nicht vermocht, daS schwere Gewölk des drohenden Weltkrieges zu vertreiben, seine ganze Kunst bestand im Wolkenschieben, sie schoben und schoben — und immer dichter häuften sich die unheildrohenden Wolken. Eins ist gewiß, so kann, so darf es nicht fortgehen. Diese unnatür liche Spannung, in der seit fünf Jahren und länger Europa erhalten wird, dieser kriegerische Frieden wird je länger, desto unhaltbarer. Wohl ist der Krieg ein fürchterliches Uebel, aber wenn es unvermeidlich sein sollte, dann ist besser frisch und rasch begonnen, als fort und fort verschoben, was dann unsre Kinder schlimmer noch zu überwinden hätten, als wir. Ein Blick auf das schuldlose Haupt unsrer Kinder — und der heiße Wunsch entringt sich der Brust: möge es ihnen nicht ergehen, wie uns, mögen sie nicht die bedauernswerthen Erben der väterlichen Schuld werden, mögen ihnen mindestens die Fragen 'erspart wer den, die heute uns bedrücken. Und dafür zu sorgen, das ist die Aufgabe der Gegenwart. Deutschland. Die deutsche Bundesversammlung hat innerhalb der letzten acht Tage nicht weniger als drei Sitzungen abgehalten; die Ursache dieser ungewohnten Thätigkeit ist die schleswig-holsteinsche Frage, welche nach jahrelangem Zögern nun mehr gebieterisch eine rasche Entscheidung fordert. In der ersten Sitzung, welche am 22. Dec. abgehalten wurde, geschah osficielle Anzeige darüber, daß der sächsische Generallieutenant v. Hake die Führung der Erecutionstruppen nebst Reserve übernommen habe und der dänische Commandirende in Holstein wegen Räumung der Herzogthümer zu Vermeidung von Feindselig-. keiten sich an denselben gewendet habe. Die übrigen Verhand lungen bezogen sich hauptsächlich auf ein Verpflegungs-Regle ment für das deutsche Bundesheer. Wichtiger war die folgende, am 23. Dec. abgehaltene Sitzung. In derselben hatte Baiern unter Anschluß Sachsens den Antrag gestellt, den holsteinschen Ausschuß zu beauftragen über die Legitimationsfrage, welche zugleich die Erbfolgefrage in sich schließt, binnen acht Tagen Bericht zu erstatten. Die Bundesversammlung ist diesem An träge indessen nur in einer ihn abschwächenden Form beigetreten. Es wurde nämlich mit 12 gegen 4 Stimmen beschlossen, von der Feststellung einer Zeitfrist ganz abzusehen urtd den besagten Bericht mit der, „der Dringlichkeit der Sachlage entsprechenden möglichsten Beschleunigung" zu erfordern. Selbst gegen diesen modificirten Antrag stimmten Oesterreich, Preußen, Mecklenburg und Luxemburg. ' Dagegen ist eS immerhin eine erfreuliche Wahrnehmung, daß die am 7. Dec. bei der Beschlußfassung über die Execution mit den beiden Großmächten gehende Majo rität sich in eine an Stimmenzahl so geringe Minorität ver wandelt hat. Es steht nunmehr schon in den nächsten Lagen ' eine Entscheidung über' die schleswig-holsteinsche Erbfolge-