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»44 Und wtr, die Vertreter des deutschen BürgerthumS, möchten wir uns der Größe unserer Aufgabe, aber auch der Kraft, die in den deutschen Gemeinwesen lebt, immer und immer voll und klar bewußt sein, auf daß wir nicht müde werden, mit Mannesmuch und Manneswürde dahin zu trachten, daß das jüngere Geschlecht ähnlich werde jenem opfermuihigen Heldengeschlechte, dessen letzte Zeugen unsere Feier verherrlichen; daß daS Vaterland eine Verfassung empfange, welche dasselbe einig und frei macht, welche nicht duldet, daß sein verletztes Recht, und wäre es das geringste, ungesühnt, seine verpfändete Ehre uneingelöst bleibe, wie sie zum bittersten Schmerz der Nation in SchleSwig-Holstein dank unserer Bundesverfassung noch heute uneingelöst ist, welche die sichere Bürgschaft in sich trägt gegen die Wiederkehr der Zeit, wo deutsche Söhne in den Heeren deS FeindeS gegen daS eigene Vaterland kämpfen mußten! Dahin mit allen unS zur Hand stehenden gesetzlichen Mitteln unablässig zu trachten, das geloben wir angesichts dieses heute begründeten Mahn zeichens als deutsche Männer dem deutschen Vaterlande! Und nun schreiten wir zu dem Werke, das uns hier zusammen geführt hat. (Es erfolgen die üblichen drei Hammerschläge.) Der erste Schlag gilt dem Erwachen des deutschen Volks in seinem nationalen Bewußtsein; gilt allen denen, welche dafür ge kämpft, gelitten und geblutet haben l Der zweite Schlag gilt dem treuen Ausharren in der be gonnenen Arbeit für die großen Endziele deutscher Nation! Der dritte Schlag gilt dem endlichen Siege des deutschen Volks im Ringen nach nationaler Macht und Größe, Einheit und Freiheit des heißgeliebten deutschen Vaterlandes! Hierauf führten ein österreichischer und ein preußischer General, General von Pfuel, der erste preußische Freiwillige Heidemann, Baron Seydlitz aus Dresden, der bei Leipzig schwer verwundet wurde, und je ein Vertreter der Städte Wien, Berlin, Dresden, Hannover, Bremen, Mainz, Stuttgart und Augsburg die üblichen Hammerschläge. Der Zug begab sich sodann in gleicher Ordnung zurück durch das schönangelegte Johannisthal nach dem ehemaligen äußeren Grimmaischen Thore, wo hinter einer höchst geschmack voll aus Brettern und Laub im gothischen Kirchenstyl erbau ten Ehrenpforte, die Stadt Leipzig zur Erinnerung an die Kö nigsberger Landwehr, die unter Führung des Major Friccius hier das Thor erstürmte, ein schönes Denkmal errichtet hat. Es wurde enthüllt unter einer vortrefflichen Rede des Stadtverord netenvorstehers vr.. Joseph, der auf die Heldenthat der Land wehr hinwies, die aus eigner Selbstbestimmung das Werk der Befreiung that, und dann von der Parade durch Commandowort auf die Chauffeegräben Hinausgetrieben wurde. An solchem Denkmal solcher Thaten muß der Spott der Verkenner der Landwehr für immer verstummen. Möge sie, so schloß der Red ner, fortbestehen als eine der kräftigsten und ruhmreichsten Stützen des Vaterlandes gegen dessen Feinde, und als Leitstern des Män- nermuths und der Selbstverläugnung im Kampfe um Freiheit und Recht. Um 4 Uhr Nachmittags kehrten die Zugtheilnehmer heim und fanden sich zum Festmahle ein, das in den reichgeschmückten Sälen der Centralhalle, des Hotel de Pologne, des Tivoli, des Odeum, wie vom Verein zur Feier des 19. October im Schützen hause, bereitet war. Unter den Tafelreden in der Centralhalle sind hervorzuheben die des vr. Wiedemann aus Stuttgart, der den deutschen Sängerbund gegründet. Dieser Bund ist durch fünf Ausschußmitglieder beim Feste vertreten. Wäre uns, so rief der Redner, ein Zweifel beigegangen, ob wir erscheinen sollten, so würden wir eher nach Gründen für die Betheiligung gesucht, nicht aber Gründe gegen dieselbe vom Nagel heruntergeriffen haben. Die Leipziger Schlacht ist ein roth besiegelter Schuldbrief ausgestellt, aber noch nicht eingelöst. Noch sagen die Fürsten nicht: „Das ist eine heilige Schuld, wir wollen sie zahlen". Langsamen Zahlern gegenüber bedarf es energischer Mittel. Nun aber erinnerte der Redner an die Lichtpunkte Deutschlands. Er findet sie in den deutschen Sängern. Er wünscht, daß die Ein-, heit nicht auf zweierlei Wegen erstrebt werde, daß das Volk alle seine Eifersüchteleien, seine BiSmarkereien und RechbergeretGr fallen lasse. Sein Hoch gatt der Harmonie deS deutschen Volke-. Im Hotel de Pologne eröffnete Oberbürgermeister Pfotenhauer die Festtafel durch eine mit Beifall aufgenommene ErinnerungSrede an die gefallenen Helden. Man mußte sich mit dem Festmahl beeilen, denn schon war die späte Abendstunde eingebrochen und Leipzig in ein Mährchen aus „Tausend und eine Nacht" umgewandelt. ' So nur kann man den Eindruck bezeichnen, den die prächtige Illumination aller Häuser, aller Plätze auf den Zuschauer machte. Auf dem Markte bot vor Allem das Rathhaus mit der Inschrift: „1813. October", das Königshaus mit seinem schönen Transparent, boten' all die anderen Häuser einen herrlichen Anblick dar. Alles aber übertraf der Augustusplatz, auf welchem von der Grimmaischen Straße bis zur Post Laubgewinde an Masten und Vasen sich schlängelten, allesammt mit bunten Lämpchen behangen. Dahinter leuchteten Pyramiden. Das Augusteum, das Museum zeigten im lieblichen Lichterglanze die Trefflichkeit ihrer Architektur. Am Schwanenteiche und auf der Promenade bis zum Petersthore flimmerte und funkelte es von zahllosen Lichtern, die längs der sich schlängelnden Wege, ja in Form großer Sterne auf dem Teiche selbst angebracht waren. Wer könnte all die Pracht und Herrlichkeit beschreiben, die sich da zeigte. Würdig unserer er leuchteten Zeit schloß so dies Fest mit einer herrlichen Beleuch tung der Stadt, die auf's Neue bewährt hat, welch ein Kleinod Deutschland an ihr habe. E. L. - — — —- - - -' - Dresden, den 22. October. > — Der 18. October wurde in Dresden Abends in Braun'S Hotel durch einen sehr zahlreich besuchten Festact gefeiert. Nach einem einleitenden Melodram von L. Siegel hielt Or. Feodor Wehl die Fest rede, in welcher er auszuführen suchte, daß das Jahr 1813 mit sei-' nen denkwürdigen Ereignissen als das eigentliche Datum unserer modernen Revolution zu betrachten sei. Ihm folgte nach Aufführung der Beethoven'schen Egmont-Ouverture Ur. Schlimper mit einem Dor trage über die Leipziger Schlacht und über die politischen Verwickel ungen, welche ihr vorausgegangen. Den Schluß der Feier bildete die Absingung des Arndt'schen Vaterlandsliedes. — In der Kreuz schule und der ersten Realschule wurde die Erinnerung an dm gro ßen Befreiungskampf durch entsprechende Vorträge über jene denk würdige Zeitepoche am 19. Oct. ebenfalls in würdiger Weise gefeiert. — In der Provinz haben die Städte Chemnitz, Oederan, Crimmitz- schau, Hohenstein, Ernstthal, Zwickau, Glauchau, Reichenbach, Meißen, Zittau u. s. w. eine besondere Lecalseier am vergangenen Sonntage veranstaltet, während auch in anderen hier nicht genannten Städten jener Tag durch Vereine und Corpocationen festlich begangen wurde. Selbst mehrere Dorfschaften sind mit anerkennnenswerthem Eifer diesem Beispiele gefolgt. — Ein am Dienstag, den 13. Oct., Nachmittags in Mock ritz bei Dresden ausgebrochenes Feuer, welches die Scheune und das Seitengebäude des dasigen Richters Bellmann vernichtete, ist durch den lOjahrigen Knaben des Handarbeiters Börner herbeigeführt worden, welcher sich hinter jener Scheune ein Feuer angemacht hatte. * Sayda, 16. Oct. Gestern Abend brannte daS auS vier Gebäuden bestehende Gehöfte deS Gutsbesitzers MattheS in Hallbach total darnieder. Flachsdörren im Backofen soll das Feuer veranlaßt haben. Meißen, 20. Oct. In hiesiger Umgebung zeigte sich Mitte voriger Woche ein anscheinend herrenloser toller Hund, welcher be reits mehrere Hunde gebissen hatte, bis es gelang, ihn im Dorfe Cölln zu tödten. Von Seiten der Behörden sind sofort die erfor derlichen Vorsichtsmaßregeln angeordnet worden. * Plauen i. V., 21. Oct. Bei der gestrigen Landtagswahl für den 5. Bezirk des Handels- und Fabrikstandes wurden StaatSminister a. D. Georgi in Mylau und Fabrikant Mammen von hier zu Abgeordneten und die Fabrikanten Hertwig in Schneeberg und Hänel in Annaberg zu Stellvertretern gewählt. (Fortsetzung im Beiblatt.) Neustadt-DreSden, Dampf-Schnellpressendruck der C. Heinrich'schen Buchdruckerei. (Hierzu der Dampfwagen Nr. 43 nebst einer Beilage.)