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polnische Angelegenheit entstanden, und obgleich fie zum großen Theil auf Uebertreibung beruhen, so beweisen sie doch, daß die lleber- einstimmung zwischen den drei Mächten, wenn nicht ganz gestört, so doch zeitweilig unterbrochen worden ist. Oesterreich willAlleS vermieden wissen, was den Keim zu einem Kriege mit Rußland bieten kann. Dasselbe Ziel verfolgt England; aber beide Mächte sind gleichzeitig bemüht, mit Frankreich in gutem Einvernehmen zu bleiben und dessen Vorschläge zu Gunsten Polens, soweit dies mit ihren friedliebenden Grundsätzen vereinbar ist, zu unter stützen. Weder das englische, noch das österreichische Kabinet tritt dabei mit einem entschiedenen Ja oder Nein hervor; son dern jedes derselben macht seine Entschließung. von dem vor herigen Einverständnisse der anderen Macht mit Frankreich ab hängig, ein Einverständniß, von dem man in London ebenso wie in Wien recht gut weiß, daß es sobald nicht zu Stande kommen wird. So schleppen sich die Verhandlungen hin, ohne zu einem nennenswerthen Resultate zu führen; höchstens werden durch diese diplomatischen Schachzüge die unglücklichen Zustände im Königreiche Polen noch mehr in die Länge gezogen. - In letzterer Zeit scheint jedoch die französische Regierung auf eine Entscheidung zu dringen, da ihr daran liegen muß, bei Eröff nung des gesetzgebenden Körpers dem Lande Rechenschaft über den Stand der polnischen Frage zu geben. Wahrscheinlich wird es aber bis dahin zu einer Verständigung zwischen den drei Mächten nicht kommen, und Kaiser Napoleon kann sich dann darauf berufen, daß er alle Mittel und Wege versucht habe, den Polen Hülfe zu bringen, daß ihm aber hierbei von Seiten der übrigen Mächte die nöthige Unterstützung nicht zu Theil geworden sei. In keinem Falle wird aber eine solche Erfolg losigkeit der diplomatischen Verhandlungen Frankreich veranlassen, allein zu Gunsten Polens handelnd aufzutreten. Die Besorg nisse vor einem Kriege beruhen daher, wie schon bemerkt, auf arger Uebertreibung, wenn auch zugegeben werden muß, daß die gänzliche Resultatlosigkeit des diplomatischen Feldzugs in der polnischen Sache vielleicht in Zukunst auf die Beziehungen Frankreichs zu den übrigen dabei betheiligten Mächten einen vorwiegenden Einfluß äußern wird. Das Gerücht von einer bevorstehenden neuen österreichischen Anleihe hat sich vollständig bestätigt und es ist die betreffende Vorlage bereits am 16. Oct. dem Reichsrathe zugegangen. Das Anlehen wird den Betrag von 96 Millionen Gulden umfassen, wovon fast der dritte Theil, nämlich 30 Mill., zur Unterstützung Ungarns verwendet werden soll, da die Mißernte in diesem Lande ohne Beihilfe aus Staatsmitteln nothwendig zur Hungersnoth und Steuerunfähigkeit führen müßte. Mit jener Summe sollen zunächst Staatsbauten ausgeführt und so der brodlosen Be völkerung Arbeit und Beschäftigung verschafft werden; den Landwirthen gedenkt man Unterstützungen zur Anschaffung der Aussaat und zur Ergänzung ihres durch die Futternoth gefähr deten Viehbestandes angedeihen zu lassen. Der übrige Theil der Anleihe soll zur Deckung des im nächsten Jahresbudget be stehenden Desicits (von 34 Mill.) und zu einigen Kreditope rationen, welche die weitere Herstellung der Ordnung im Geld wesen bezwecken, verwendet werden. . Am 20. Oct. sind die Deputirten Siebenbürgens in das Abgeordnetenhaus eingetreten. Der Präsident begrüßte dieselben und hob den Sieg hervor, den der Gedanke der Reichsverfassung hierdurch gewonnen; er constatirte zugleich, daß der Reichsrath nun mehr in das volle Maß seiner Rechte und Pflichten eintrete. Der Präsident schloß seine Anrede mit dem Wunsche, daß dem Reichsrathe gegönnt sein möge, die noch fehlenden Mitglieder eben so froh zu begrüßen, wie er jetzt die Siebenbürger herzlich willkommen heiße. Einer der neuen Deputirten dankte für diesen Empfang und versicherte, daß die Siebenbürger von jeher der einheitlichen untheilbaren Monarchie zugethan gewesen und und sich zu einem konstitutionellen Oesterreich nur noch mehr hingezogen fühlten. Hoffentlich werde der Eintritt der Vertreter dieses Kronlandes sich zum heilsamen Wendepunkte in der Ge schichte Siebenbürgens und Oesterreichs gestalten. * Italien. General Bixio veranschlagt in einem Mai länder Blatte die Stärke der bewaffneten Macht Italiens < in folgender Weise: 180,000 Mann Infanterie, 20,000 Mann allenthalben mit seinen Ministern einverstanden sei und ob die Fortschrittsmänner Recht hätten, wenn sie behaupteten, man könne recht wohl den Minister entgegentreten und doch dem Könige die schuldige Treue bewahren. Auf diese Anfrage, welche fast darnach aussieht, als hätte sie irgend ein KreutteitungSmann bei dem Herrn Pastor in Steingrund für den nahe bevorstehen den Wahltag bestellt, hat nun der König geantwortet, daß jeder gute Preuße, welcher dem Könige seine Treue beweisen wolle, nur solche Männer wählen dürfe, welche das gegenwärtige Ministerium unterstützen; ein feindliches Verhalten gegen die Minister lasse sich mit der Treue gegen die Person des Königs durchaus nicht vereinigen rc. Die guten Leute in Steingrund, welche freilich nur vier Wahlmänner zu wählen haben, wissen nun, woran sie sind; die königliche Antwort ist aber außerdem im ganzen Lande durch den Druck verbreitet und somit allen Wählern zur Beherzigung empfohlen worden. Außerdem sind in den letzten Wochen alle Hebel in Be wegung gesetzt worden, um die Wahlen zu Gunsten des gegen wärtigen Ministeriums durchzuführen. Außer den Drohungen und Einschüchterungen, welche gegen Beamte und sonst von der Regierung abhängige Wähler angewandt Wurden, haben die Landräthe es sich noch ganz besonders angelegen sein lassen, die ländliche Bevölkerung für die Regierung zu gewinnen. In welcher beispiellosen Weise dabei der verfassungsmäßigen Wahl- sreiheit Hohn gesprochen wird, läßt sich kaum beschreiben. Wir wollen hier nur einen Beleg solcher landräthlichen Wahlumtriebe wiedergeben, um unsern Lesern zu zeigen, wie weit diese Beamten heutzutage in Preußen gehen dürfen. Der Landrath des unweit von Berlin gelegenen Teltower Kreises erließ an die sämmtlichen Schulzen semes Bezirks die nachfolgende originelle amtliche Zuschrift: „Ich erwarte von Ihnen bestimmt, daß Sie bei der bevorstehenden Wahl als Wahlmann gewählt werden. Denn, da Sie der erste in der Gemeinde sind, werden Sie auch der würdigste Vertreter der selben in politischen Fragen sein. Sie haben hierauf Ihren ganzen Einfluß zu verwenden und würde ich Sie, wenn Sie dies unter lassen, dafür zur Verantwortung ziehen müssen." Diese und ähnliche Mittel, auf die Wahlen einzuwirken, haben indessen ihren Zweck verfehlt, oder sind mindestens von nur ganz geringem Erfolge begleitet gewesen. Die Wahlmänner- Wahlen sind am vergangenen Dienstage im ganzen Lande vor genommen worden, und soweit bis jetzt Nachrichten darüber vorliegen, hat dabei allenthalben die liberale Partei den Sieg davon getragen. In vielen Städten sind durchgängig nur frei sinnige Wahlmänner gewählt worden, in anderen Orten ver mochten die Conservativen nur eine geringe Zahl ihrer Candidaten durchzubringen. Ueberall zeigte sich eine lebhafte Theilnahme an dem Wahlacte und die Wähler bekundeten durch ihre Ruhe und Festigkeit, daß sie des Sieges der guten Sache im Voraus ge wiß waren. Ueber die ländlichen Wahlen liegen bis jetzt nur ein zelne Angaben vor; aber auch diese melden das Uebergewicht der libe ralen Partei. Bisher hat sich überhaupt die ländliche Bevölkerung fast durchgehends nach dem Beispiele der Städte gerichtet, und wenn auch in einzelnen Bezirken das Gegentheil stattfinden sollte, so wird dies am Gesammtresultate sicherlich nicht viel ändern. Das Ministerium kann vielmehr schon jetzt erkennen, daß die große Mehrzahl des preußischen Volkes sich nun und nimmer mit dem gegenwärtmen Regierungssysteme befreunden wird. Mehreren im Staatsdienste stehenden preußischen Veteranen, welche der Leipziger Gedenkfeier beiwohnen wollten, ist hierzu der Urlaub versagt worden. In Stettin wurde die Benutzung des Paradeplatzes zur Destfeier des 18. Oct. Seitens des Militärkom mandanten von der Bedingung abhängig gemacht, daß keine deutschen Fahnen dabei verwendet werden sollten. In Erfurt hat die Polizei die Benutzung deutscher Fahnen ohne Weiteres verboten, und das dasige Festcomits hielt eS unter diesen Um ständen für angemessen, auf die Abhaltung der Feier ganz zu verzichten. Oesterreich. Berichte auS Wien bezeichneten Ende voriger Woche di- Situation als eine sehr ernste, und eimelne Stimmen sprachen sogar von drohenden Kriegsgefahren. Kiese Besorgnisse sind durch den Stand der Verhandlungen über die