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theilt, daß den Deutschen ihre Einheitswünsche und Freiheitshoff- nttnaen verkümmert wurden — es geschah das Alles, obgleich die Verbündeten siegten. Das eben ist das Zwingende und Bedeutungsvolle dieser Rückerinnerung, daß sie uns mahnt an die Großthaten vergangener Geschlechter, mahnt an den herrlichen Sieg, den Begeisterung und Vaterlandsliebe ekrüngeN und aus dieser alänzenden Vergangenheit uns für die schwankende, un klare Gegenwart ein verheißungsfrohes, schönes Bild der Zukunft entgegenbringt. Hätten wir errungen, was ein Arndt, ein Kör ner, ein Fichte, ein Stein, ein Scharnhorst und wie sie Alle heißen, die großen Männer, Helden und Sänger jener Zeit, er strebten und wozu sie den Grund legten r die Freudenfeuer zum Octoberfeste würden längst nicht Mehr lodernde Klammen sein, sondern ruhig blinkendes Kerzenlicht: in harmonischer, ruhiger Stimmung würden wir jener Tage gedenken, als geschichtlicher Wahrzeichen, und nur frohe Gefühle würden uns bewegen. Da hin haben wir es nicht gebracht. Jetzt ist das Erinnerungsfest an die Schlacht bei Leipzig zuerst und vor Allem ein Fest des Dankes und der Erhebung. Vernehmt! An diesem heut'aen Tage Hielt Gott der Herr ein groß Geriet. Es ist ein Fest der Erinnerung an die Großthaten und Er folge der Vaterlandsliebe und der Volksbegeisterung, denn es ruft dem Volke zu: Hermalmt habt Iht die fremden Horden. ünd endlich ist es ein Fest der Mahnung und der Hoffnung. Die Schlacht der Völker ward geschlagen, Der Fremde w ch von deutscher Flur, Doch die befreiten Lande tragen Noch manchen vor'gen Dranges Spur. Und wie Man aus versunknen Städten Erhah'ne Götterbilder gräbtz So ist manch heil'g Neckt zu retten, Das unter wüsten Trümmern lebt. Warnend mahnt uns das blutgedüngte Gefilde bei Leipzig an den Fluch deutscher Zerrissenheit, der hüben und drüben, auf preußischer Seite gerade so gut als auf rheinbündlenscher, seinen traurigen Einfluß übte^. So lanae die deutschen Regierungen uneins unter einander waren, so lange sie sich gegenseitig mißtrauisch, eifer süchtig und ländergierig befehdeten, so lange waren sie eine leichte Beute des Erob-^g, so lange gaben sie sich und Deutschland dem Feinde preis. So lange ferner das Volk nichts galt, so lange es bloß den Schwamm darstellte, der ausgesaugt, und die Menschenmasse, die zu Kanonenfutter verbraucht wird, so lange der Länderbesitz und die Landesunabhängigkeit nur als Privatsache der Fürsten abgesehen würde- dem Volke aber bineinzureden nicht ge stattet war: — so lange mißglückte jeder Versuch zum Sturze des Tyrannen. Erst als dre Volkskraft, geweckt und genährt durch den Gründer der deutschen Städteordnung, Freiherrn .von Stein, bMch deN feurigen Volksredner Fichte, durch den Heldensänger Körner, durch den mannhaften Schriftsteller Arndt und Andere entfesselt würbe Und lawinenartig hervorbrach, erst da war, dem Korsen das Schicksal bereitet. Das mahnt, das lehrt die Erin nerung an die Völkerschlacht bei Leipzig. Und wie wir mit dem Vornamen heißen, ob Sachse, ob Schwabe, ob Baier, ob Preuße, ob Oesterreicher, wir Alle, Alle, ob unsere Ahnen mitgekämpft bei Leipzig oder nicht, gleichviel, sind berechtigt und verpflichtet, uns die bedeutungsvolle Erinnerung an jenen heiligen Krieg tief einzuprägen. Einer unser trefflichsten Geschichtsschreiber, Ludwig Häußer, sagt: „Die Zeiten der Schmach und Demüthigung, wie die, in denen der Uebermuth der fremden Dränger uns ge nächtigt und gestählt hat, sie sollten mit unauslöschlicher Schrift m allen deutschen Herzen eingegraben sein, damit die Nachge borenen wissen, was unsere Väter gelitten und geopfert haben, um ihres Vaterlandes willen. Die Warnungsstimme, die aus diesen Erinnerungen spricht, sollte niemals durch sorglose Sicher heit übertäubt, das Gefühl frommen Dankes durch keine Verstimmung späterer Tage verbittert werden." Es kann nicht der Zweck dieser Blätter sein, ein Bild jener Völkerschlacht zu entrollen. Wer sich in aller Kürze darüber belehren will, dem sei als eine der billigsten die treffliche Ge- Ppnkschrift: „Feldmarschall Blücher und der deutsche Befreiungskrieg"*) empfohlen, welche sich durch Klarheit und *) Dresden, Verlag von C. C. Meinhold und Söhne. Preis 5 Ngr. Dresden, den 15. October. — Wie bis jetzt verlautet, wird Sachsen zu der Bundesexe- cution in Holstein vier Jnfanteriebataillone, ein Reiterregiment, ein JägerbatailloN und zwei Batterien Artillerie stellen. Hierzu sind dem Vernehmen nach folgende Truppenabtheilungen bestimmt: Die Jnfanteriebrigade Kronprinz (Garnison Dresden), das erste Reiter regiment Kronprinz (Garnison Großenhain, Roßwein und Riesa), das erste Zugerbataillon (Garnison Leipzig), zwei Batterien Artillerie, Sanitätssoldäten, Train rc. Den Oberbefehl über die sächsischen und hannoverschen Truppen wird, wie es heißt, der Eommandant der zweiten Infanterie-Division, Generallieutenant v. Hake, über nehmen, welcher schon 1849 in Schleswig thätig war. — In voriger Woche sind von der Remonte-Commission in Leipzig be reits 240 Pferde zur Ergänzung des Armeebedarss angekauft worden. — Gestern fand vor dem hiesigen königl. Oberapellationsgericht die zweitmstanzliche Verhandlung gegen den Bäckermeister Winkelmann aus Werdau statt, welcher wegen des im April v. I. an der Witlwe Thürmer in Lausigk verübten Raubmords vom k. Bezirksgerichte zu Borna zum Tode verurtheilt worden war. Der höchste Gerichtshof hat dieses erstinstanzliche Todesurtheil lediglich bestätigt. — Am Sonntage Abend nach acht Uhr brannte cs in Dres den fast gleichzeitig an zwei Orten, in einem Hinterhause auf der kleinen Plauen'schen Gaffe und in der vierten Etage des „Ritter hofes" auf der Breitestraße. Das erste Feuer wurde bald, das zweite aber nur nach größerer Anstrengung gelöscht, da dort die Flammen sich bereits nach der dritten Etage und bis unter das Dach verbreitet hatten, ehe man sie vollständig zu dämpfen vermochte. —r. Aus dem Gerichtssaale. Am 7. Octbr. ward der Kutscher I. G. Braune zu 1 Jahr Arbeitshaus verurtheilt, weil er seinen Dienstherrn Sommer in Potschappel mehrfach bestohlen hatte. Der letzte Diebstahl, bei welchem Sommer den Dieb aufeigenthüm- liche Weise fing, betrug gegen 17 Thlr. Sommer hatte Verdacht auf B. und um den Dieb sicher zu erfahren, zeichnete er einige Thaler seines Faßlichkeit der Erzählung, wie durch ihre gediegenen Holzschnitte auszeichnet. Keiner aber sollte die Erinnerungstage vorübergehen lassen, ohne sich das Bild jener großen Zeit vor Augen zu führen und seinem Herzen die Lehre ernzupräaen, die sie uns zuruft: N chtswütdig ist die Nation, Die nicht ihr Alles setzt an ihre Ehre. Den ersten Funken zur Völkerschlacht und zum Siege hat die Städteordnung, Steins herrliches Werk, gegeben. Durch sie zuerst wurden die Bürger wieder berufen, MltjUwirken für'S Gemeinwohl. Die preußische Städteordnung hat bekanntlich der unseren zum Vorbilde gedient: Und so kann es denn als eint sehr paffende Anknüpfung hieran tiur erfreulich genannt werde», daß die städtischen Behörden Berlins mit denen Leipzigs sich vereinigten,, um eine Vertretung sämmtlicher deutHer Städte zum Feste in Leipzig herbeizuführen. Man kann Manches ün der Anordnung dieser Festfeier auszusetzen finden, man mag namentlich mit vollem Grunde bedauern, daß eine Vertretung der deutschen Landgemeinden nicht mit angeregt wurde, da doch Steins Reformwerk, durch Entfesselung des Bodens und der Landbewohner, den Dörfern ebenso wie den Städten zu Gute kam und da auch der deutsche Bauernstand seine Jugend opfer- muthig zur Befreiung Deutschlands stellte. Aber wolle man doch nicht immer um des Besseren willen das Gute anfeinden und anzweifeln. Gewiß hätte Manches noch besser eingerichtet werden können. Allein, da das nun einmal so gekommen ist, läßt sich's nicht ändern und sollte man nicht um einzelner, an sich zum Theil wohlberechtigter Gründe das große Ganze stören. Welch' seltsamen Eindruck muß es auf die Fremden machen, wenn sie lesen, daß hier und da die Einladung zur Betheiligung am Feste abgelehnt wurde. Auch hier möchte man zurufen: Seid einig, einig, einig! So wollen wir denn die Festtage ernster, heiliger Erinner ung an eine große Vergangenheit würdig begehen, damit nicht auch uns der bittere Vorwurf unseres Herrchen Uhland treffe: Man sprach einmal von Festgeläute, Man sprach vön einem Feuermeer, Doch was das große Fest bedeute, Weiß es denn jetzt noch irgend wer?