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wurde nämlich auf dem siebenbürgischen Landtage beschlossen, den Reichsrath durch Abgeordnete zu beschicken, und schon am folgenden Tage verschritt man zu der Wahl von 26 Deputaten, welche in nächster Woche in den Reichsrath eintreten und diesen dadurch aus den engeren in den mit größern Vorrechten aus gestatteten weiteren Reichsrath verwandeln sollen. Es fehlen nun in der Versammlung noch die Vertreter Ungarns und Venetiens. Die Magyaren schmollen noch immer und die Ge rüchte, welche in letzterer Zeit über eine bevorstehende Ausgleich ung zwischen ihnen und der Regierung aufgetaucht sind, scheinen sich nicht so bald verwirklichen zu wollen. Die österreichische Regierung hat Schritte gethan, um auf die preußische Depesche vom 22. Sept., welche sich über die deutsche Reformacte ausspricht, eine gemeinsame Antwort der jenigen Regierungen vorzubereiten, die sich für die Durchführung jener Acte ausgesprochen haben. Nach Versicherung der Wiener Blätter haben die meisten deutschen Regierungen sich zu einer solchen gemeinschaftlichen Kundgebung bereit erklärt; von anderer Seite wird dagegen behauptet, daß dieser Vorschlag nicht allseitigen Anklang gefunden habe, daß vielmehr erst eine Verständigung über die in der preußischen Antwort aufgestellten drei Puncte (s. Nr. 40) zwischen dem Wiener und Berliner Kabinete für wünschenswerth erachtet werde. Es wird mit vieler Bestimmtheit eine neue österreichische Anleihe von 100 Millionen Gulden als nahe bevorstehend an gekündigt. Dieselbe soll mit 5 Proc. in Silber verzinst werden und von der Couponsteuer befreit werden, um ihr Abnehmer im Auslande zu sichern. Italien. Die italienische Negierung hat mit Rußland einen Handelsvertrag abgeschlossen, welcher in seinen Hauptgrund sätzen dem vom Turiner Kabinet mit Frankreich vereinbarten Vertrage folgt, für die Schiffahrt Italiens aber einige noch günstigere Bestimmungen enthält. — Zwischen dem päpstlichen Stuhle und der französischen Regierung sind seit einiger Zeit die gegenseitigen Beziehungen etwas kälter geworden. Der Obercommandant der französischen Truppen, Herzog von Mon- tebello, hat es gründlich mit der päpstlichen Regierung verdorben, und letztere verlangt seine Abberufung. Der Herzog hat einen längeren Urlaub erhalten und sich nach Frankreich begeben; man glaubt, daß er nicht nach Rom zurückkehren werde. Frankreich. Die Pariser Blätter haben auch in ver gangener Woche sich vorzugsweise mit der polnischen Angelegen heit beschäftigt, ohne daß es selbst dem aufmerksamsten Leser mög lich wird, aus diesen Mittheilungen einen Halbwegs sichern Schluß auf die eigentlichen Absichten der Regierung zu machen. Heute blasen die Blätter in die Kriegstrompete und morgen bringen sie wiederum Beruhigungsartikel, um der Börse aufzuhelfen. Allem Anscheine nach machen sich in der Umgebung des Kaisers zwei Strömungen, eine friedliche und eine kriegerische, geltend, welche jene Widersprüche in der Tagespresse Hervorrufen. Ueber die Absichten des Kaisers ist Niemand unterrichtet, und Alles, was darüber gesagt wird, beruht auf Vermuthungen. Mit großer Spannung sieht man daher der Eröffnung des gesetz gebenden Körpers entgegen, welche am 5. November erfolgen soll. Neuerdings ist es aber wieder zweifelhaft geworden, ob der Kaiser bei dieser Gelegenheit eine Thronrede halten wird. Der National-Zeitung wird aus Paris geschrieben, daß der Kaiser während seines Aufenthalts in Biarritz von einem be denklichen Unwohlsein befallen wordcn sei. Er hatte öftere An fälle von Ohnmacht zu bestehen und in dem vorliegenden Falle nahm das Uebel einen ernsthafteren Character an. Trotz aller Bemühungen der Aerzte kehrte dem Kaiser das Bewußtsein erst nach drei Stunden allmälig zurück. Am 13. Oct. ist in Paris der Staatsminister Billault ge storben. Derselbe fungirte bekanntllch bis im Juni d. I. als sogenannter Sprechmimster und zeichnete sich durch seine gewandte Vertheidigung des kaiserlichen Regierungssystems aus. Der Moniteur vom 14. Oct. meldet mehrfache Ernennungen und Veränderungen in Besitzung der französischen Gesandtschafts posten. Die wichtigste derselben betrifft den Wechsel der diplo matischen Vertretung in London; Baron GroS wird nämlich durch den Graf Latour d'Auvergne (zeitherigen Gesandten in Rom) als Botschafter am englischen Hofe ersetzt. Bisher war die Meinung verbreitet, Graf WalewSki solle.den Botschafter- Posten in London erhalten und durch seine Ernennung ein ent schiedeneres Vorachim in der polnischen Frage angezeigt werden. Großbritannien. Das Gerücht von einem nahen Rücktritte des Ministers des Auswärtigen, Lord John Russell erhält sich; man betrachtet Lord Clarendon als seinen Nachfolger und würde in dieser Modifikation des Kabinets einen engeren Anschluß der englischen Politik an die französische erblicken. — Die „Post", das Organ Lord Palmerstons, kommt nun doch noch zu der Erkenntniß, daß der Einmarsch deutscher Truppen nach Holstein noch lange keine Kriegserklärung gegen Dänemark sein werde. Das Blatt macht sich zwar über das periodisch wiederkehrende „holsteinische Fieber" der guten Deutschen lustig, aber es muß anerkennen, daß die Exemtion eigentlich eins der Grundrechte der Bundes-Executive bildet. An diese Zugeständ nisse knüpft das englische Blatt jedoch die zuversichtliche Hoff nung, daß Deutschland gegenüber den Vorstellungen Englands und Frankreichs es nicht wagen werde, von seinem äußersten Rechte Gebrauch zu machen. Die englische Regierung hat zwei Widderschiffe, welche auf den Werften von Liverpool der allgemeinen Ansicht nach für den amerikanischen Süden gebaut werden, mit Beschlag belegen lassen. Am 12. Oct. ist Lord Lyndhurst, einer der ersten Rechts gelehrten und Parlamentsredner, im 91. Lebensjahre verstorben. Er bekleidete dreimal das Amt eines Lordkanzlers und ward als erfahrener und einsichtiger Patriot von allen Parteien hoch verehrt. Spanien. Ein auf San Domingo ausgebrochener Auf stand erregt die Besorgniß der Regierung; sie hat beschlossen, 8000 Soldaten und 30 Millionen Realen nach den überseeischen Besitzungen Spaniens abzusenden. — In der Nähe von Bar celona ist am 10. Oct. eine Brücke eingestürzt, als eben ein Eisenbahnzug darüber fuhr. Sieben Wagen und die Locomotive stürzten in den Strom. Viele Leichen wurden aus dem Wasser gezogen, andere hat der Strom mit fortgerissen. Eine genaue Angabe über die Zahl der Verunglückten fehlt noch. Rußland. Der Statthalter General v. Berg hat der Stadt Warschau eine außerordentliche Contribution aufgelegt, um sie als den Heerd der seit zwei Jahren verübten Verbrechen und als die Hauptquelle aller Unglücksfälle, welche über das Land ge kommen, zu bestrafen. Hiernach müssen alle Grundbesitzer und Einwohner eine außerordentliche Contribution von 8 Procent ihres Einkommens zahlen; verweigerte Zahlung zieht militärische Exemtion und eine Steigerung der Steuer auf 12. Proc. nach sich. — Die Hausbesitzer sind aufgefordert worden, bis zum 20. Oct. anzuzeigen, daß in ihrem Hause keine Waffen, Munition, Uniformen und überhaupt keine Gegenstände, welche alsKriegs- Contrebande bezeichnet sind, aufbewahrt werden. Werden trotzdem bei einer Revision derartige Gegenstände in einem Hause vor gefunden, so müssen die Eigenthümer und die Miether mit Per son und Vermögen die Verantwortlichkeit nach Kriegsrecht tra gen; das Haus selbst wird consiscirt und zu militärischen Zwecken verwendet. — Die Gefechte in den Provinzen zwischen den Russen und den Aufständischen werden seltener; dle Uebermacht der russi schen Streitkräfte ist zu groß, als daß die Insurgenten noch auf erhebliche Erfolge rechnen könnten. Amerika. Vor New-York ankert gegenwärtig eine russische Flotte, welche, wie es heißt, mehrere Monate dort ver bleiben wird. Die Sympathie, welche Kaiser Alexander stets für die amerikanische Union bekundet, hat dem Befehlshaber des Geschwaders, Admiral Paulding, und den russischen Marine offizieren eine sehr freundliche Aufnahme bei den Amerikanern gesichert. Man giebt den nordischen Gästen glänzende Feste und überschüttet sie förmlich mit Artigkeiten. Bei einem Bankette, welches zu Ehren des russischen Admirals gegeben wurde, hielt dieser eine Rede, worin er die Zuversicht ausdrückte, daß Amerika, wenn es zu einem Kriege mit auswärtigen Mächten gezwungen werden sollte, die Russen Schulter an Schulter mit den Ameri kanern stehen sehen werden. Die Offiziere der im New-Yorker Hafen liegenden französischen und englischen Schiffe sind zu den