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Die in voriger Woche in Frankfurt a. M. stattgefundene Versammlung protestantischer Glaubensgenossen war von unge fähr 130 Geistlichen und Laien besucht, und es ist von derselben nach eingehenden Verhandlungen die Begründung eines deutschen Protestantenvereins beschlossen worden, aus dessen von den Anwesenden einstimmig angenommenen Statuten wir die wichtig sten Satzungen in Nachfolgendem mittheilen: Auf dem Grunde des evangelischen Lhristenthums bildet sich unter denjenigen deutschen Piotestanten, welche eine Erneuerung der evangelisch- protestantischen K rche im Geiste ker evangelischen Freiheit und im Einklang mit der gesammten Culturentiv ckelung unserer Zeit anstreben, ein Deutscher Protestantenverein. Derselbe setzt sich namentlich -um Zweck: 1) Den Ausbau der deutschen evangelischen Kucke auf den Grundlagen des Gemeindeprincips und die Anbahnung einer organischen Verbindung der einzelnen Kucken auf diesen Grundlagen. 2, Die Wahrung der Reckte, Ehre, Freiheit und Selbständigkeit de- deutscken Protestantismus und die Bekämpfung allis unprotestantrschen hier archischen Wesens innerhalb der protestantischen Kirche. 3) Die Erhaltung und Förderung christlicher Duldung und Achtung zwischen den verschiedenen Confesfionen und ihren Mitgliedern. 4) Die Anregung und Förderung zu-allen denjenigen christlichen Unter nehmungen und Werken, welche die sittliche Kraft und Wohlfahrt unsers Volks bedingen. Der Selbstbestimmung der Protestanten bleibt es überlassen, in den einzelnen deutschen Ländern, Provinzen rc. besondere Ver eine zu bilden, welche mit dem Gesammtvereine als Zweigvereine in Verbindung treten. Alljährlich wird ein deutscher Protestanten tag, das heißt eine allgemeine Versammlung des Gesammtvereins stattsinden und hierzu von einem engeren Ausschüsse die nöthige Einleitung getroffen werden. Für den Ort der nächsten Zu sammenkunft ist Eisenach bestimmt worden. In München haben in dieser Woche die Separatverhand- lungen über die Zollvereinsangelegenheit begonnen und es hat Oesterreich in der Person des Baron v. Kalchberg einen be sonderen Bevollmächtigten hierzu nach der bairischen Hauptstadt gesendet. Wie verlautet, werden bei diesen Vorconferenzen außer Baiern von den übrigen Zollvereinsregierungen nur Hannover, Wür- temberg, Hessen-Darmstadt, Kurhessen und Nassau vertreten sein. Der Senat der freien Stadt Frankfurt, welcher sich früher für die Annahme des preußisch-französischen Handelsvertrags ausge- prochen, hat ebenfalls einen Bevollmächtigten nach München enden wollen; der gesetzgebende Körper hat sich aber gegen jede Betheiligung an derartigen Parteiberathungen ausgesprochen und davon abgemahnt. Die Stadt Worms hat die Theitnahme an der Leipziger Schlachtfeier „der Kosten wegen" abgelehnt. Wenn man sich im übrigen Deutschland bei den Sammlungen für das Luther denkmal auf denselben engherzigen Standpunkt gestellt hätte, so würde wohl Worms auf die Ehre verzichten müssen, das großartige Denkmal in seinen Mauern erstehen zu sehen. In Kassel wird der fünfzigjährige Jahrestag der Schlacht bei Leipzig mit einer kirchlichen Feier begangen werden; der Kur fürst hat die Betheiligung der gesammten Civilstaatsdienerschaft und des sämmtlichen Militärs bei diesem Acte ausdrücklich an befohlen. Auch ist von der Negierung Anordnung getroffen, daß in allen Schulen des Landes jener denkwürdige Tag in würdiger Weise öffentlich gefeiert wird. — Nach einer Verord nung der Regierung sollen fortan die schwarz-roth-goldenen Ab zeichen, „nachdem sie ihren revolutionären Character verloren", Politische Weltschau. Deutschland. Die Bundesversammlung hat in ihrer Sitzung vom l.Oct. fast einstimmig die Anträge der vereinigten Ausschüsse, die Vornahme der Bundeserecution gegen Dänemark betreffend, zum Beschlusse erhoben. Nur der dänische, limburgische und badische Gesandte stimmten dagegen. Baden hat hierzu selbstverständlich ganz andere Gründe, als die Vertreter der beiden erstgenannten Regierungen. Die großherzogliche Regierung er klärte nämlich schon früher, daß sie sich für die deutschen Herzog- thümer kein Heil von der Erecution zu versprechen vermöge; daß sie vielmehr durch die dänischerseits fortgesetzte Mißachtung vertragsmäßiger Verbindlichkeiten nunmehr auch den deutschen Bund nicht mehr für verpflichtet erachte, an den Vereinbarungen von 1851 und 1852, deren Beseitigung von der schleswig-hol steinischen Bevölkerung selbst gewünscht wird, festzuhalten. Diese Verträge seien vielmehr unbedingt als erloschen und die unver änderten alten Rechte der deutschen Herzogthümer als wieder hergestellt zu betrachten. An dieser Ansicht hält Baden auch jetzt noch fest, und es tritt somit dem vorliegenden Bundesbe schlusse nur um deswillen nicht bei, weil er ihm nicht weit ge nug geht. Gleichzeitig hat aber die badische Regierung die Er klärung abgegeben, daß sie trotz ihrer abweichenden Meinung gern bereit sein werde, jede von der Mehrheit des Bundes be schlossene Maßregel in der Ausführung zu unterstützen. — Sachsen und Hannover haben sich zur Uebernahme des ihnen- bei der Ausführung der Erecution zugedachten Bundesmandates bereit erklärt, und in beiden Staaten sind bereits die darauf abzielenden militärischen Vorkehrungen im Gange. Ob nun nach Ablauf der Dänemark gestellten dreiwöchentlichen Frist ein nochmaliger Aufschub von gleicher Dauer, welcher nach der Executionsordnung, sobald nicht Gefahr im Verzüge, zulässig ist, ausgesprochen wer den wird, hängt von den weiteren Beschlüssen der Bundesver sammlung ab. Vor der Hand ist von anderer Seite der Versuch gemacht worden, die Erecution zu hintertreiben. Die englische Regierung hat nämlich eine vom 29. Sept, datirte Note an die Bundesversammlung gerichtet, worin sie die Rechtmäßig keit der Erecution in Zweifel zu ziehen sucht und die Ausführ ung dieser Maßregel als eine Gefährdung der Integrität und Unabhängigkeit Dänemarks bezeichnet, welcher England nicht gleichgiltig zuzusehen vermöge. Die deutsche Bundesversamm lung wird daher ernstlich ersucht, einen Aufschub eintreten zu lassen und die Streitfrage zwischen Deutschland und Dänemark der Vermittelung anderer Mächte zu überlassen, welche an die sem Streite selbst nicht, dagegen bei der Aufrechterhaltung des europäischen Friedens und der dänischen Unabhängigkeit doppelt betheiligt seien. Die Bundesversammlung hat diese englische Note den vereinigten Ausschüssen zur Begutachtung überwiesen und hoffent lich wird eine derartige Einmischung in die inneren Angelegen heiten Deutschlands ihre gebührende Zurückweisung finden. Ver mittelnde Schritte sind bisher stets an dem Starrsinn Dänemarks gescheitert; sie würden auch jetzt zu keinem gewünschten Erfolge führen, da die neuesten in Kopenhagen gemachten Verfassunys- vorlagen deutlich genug zeigen, daß es dort auf die offene Ein verleibung des Herzogthums Schleswig in das dänische König reich abgesehen ist. Lünfundzwanzigster Jahrgang. IV. Quartal. Nr. 4l. Irntag, 9. Hctoöer 1863. Kn unterhaltendes Wochenblatt für den Bürger und Landmann. « dir Expedi tion, kl. Meißn. Gasse Nr. » zu Haden. Vierteljährlich L,'/»Rgr. An beziehen durch * alle kgl. Post- ' Anstalt«. Nedacteur und Verleger: Friedrich Walther.