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begrüßen. Die Deputation war jedoch mit dem Zuge verspätet ein getroffen, und Prinz Alexander hatte sich, nach einer halben Stunde Vergeblichen Wartens, aus dem Schlosse entfernt, um mehrere zu jener Festvorstellung aus Frankfurt angekommene fürstliche Gäste zu begrüßen, ohne jedoch für den erwarteten Empfang der Deputation geeignete Fürsorge zu treffen. Als daher letztere im großherzoglichen Palais ankam, fand sie verschlossene Thüren und wurde von einem Diener benachrichtigt, daß der Prinz nicht mehr zu Hause sei. Die Nachricht von diesem Vorgänge verbreitete sich rasch unter den im Theater versammelten Mit gliedern deS Juristentags, welche sofort die Sache der ständigen Deputation zu der ihrigen machten. Als nämlich der erste Act geendet war, verkündete ein Sprecher, daß die Deputation, da thr ein Empfang nicht zu Theil geworden, die Oper nicht habe besuchen können und deshalb die Juristenversammlung, zu ihr stehend, das Haus verlasse. DaS geschah sofort und die Fürsten sahen sich bald darauf in einem leeren Hause. Ein vom Prinzen Alexander durch den Justizminister nachträglich zugesagter Em pfang der Deputation im Theater wurde von dieser dankend abgelehnt. Preußen. Der König hat am 31. Baden-Baden ver lassen und sich von dort nach Schloß Rosenau bei Koburg be geben, um der Königin von England einen Besuch abzustatten. Am 1. Sept, ist der Monarch in Berlin eingetroffen und man sieht nunmehr wichtigen Entschließungen entgegen. Es ist von der in nächster Zeit bevorstehenden Auflösung des Abgeordneten hauses die Rede, doch dürfte vor der Hand die deutsche Reform frage die volle Thätigkeit des Ministeriums in Anspruch nehmen. Ein Berliner Blatt behauptet, daß der Ministerpräsident von Bismarck bei dem König die Vorlage einer Bundesverfassung auf breiter Grundlage besonders warm befürworte. Gleichzeitig heißt es, der Ministerpräsident sei bei dem König dahin vor stellig geworden, für diesen Fall die weitere Durchführung des Plans in die Hände eines anderen Ministers legen zu wollen. Von dieser Nachricht scheint indessen -nur so viel wahr zu sein, daß Preußen sich endlich entschlossen hat, seine negirende Stell ung aufzugeben und mit positiven Vorschlägen zur Umgestaltung der Bundesverhältnisse hervorzutreten. Ein Ministerwechsel kann dagegen kaum erwartet werden, obgleich Herr v. Bismarck nicht der Mann ist, den die Schwierigkeit der gestellten Aufgabe er heischt und zu dem das preußische, wie das gesammte deutsche Volk Vertrauen haben kann. Bei der kürzlich in Berlin stattgefundenen Gedenkfeier der Schlacht bei Großbeeren nahmen Stadtrath und Stadtverordnete am Festzuge nicht Theil, weil ihnen die Führung der deutschen Fahne untersagt worden war. — Der frühere Polizeipräsident von Berlin, Herr v. Winter, ein liberaler Mann, welcher jetzt Oberbürgermeister in Danzig ist, war von dieser Stadt als ihr .Vertreter im Herrenhause Igewählt worden. Diese Wahl hat aber die erforderliche Bestätigung nicht gefunden. Oesterreich. Wiener Blätter deuten an, daß die kaiserliche Regierung entschlossen ist, die deutschen Reformpläne auch dann zur theilweisen Durchführung zu bringen, falls eine Verständig ung mit Preußen nicht zu Stande kommt. Oesterreich würde demgemäß auf Grund des Artikel 11 der noch in Kraft befind lichen Bundesacte mit den ihm gleichgesinnten Staaten separate Bündnisse abschließen, ein Weg, welcher freilich die Kluft zwischen den beiden deutschen Großmächten noch mehr zu erweitern droht. Der Kaiser hat während feiner Anwesenheit in Frankfurt a. M. den Erzherzog Stephan wiederholt zu sich berufen und mit ihm conferirt. Man bringt diesen Umstand mit der Lösung der ungarischen Frage in Verbindung. Erzherzog Stephan trat bekanntlich nach dem am 13. Jan. 1847 erfolgten Tode seines Vaters in dessen Amt als Statthalter von Ungarn ein und wurde bald darauf zum Palatinus gewählt. Obgleich lieberalen Grundsätzen folgend, genügte der Erzherzog den Ansprüchen Koffurhs und seiner Gesinnungsgenossen nicht; die Revolution verdrängte ihn bald von seinein Posten, und er lebt seitdem in stiller Zurückgezogenheit auf einer seiner Besitzungen in der Rheiugegend. Srtt dem 25. Aug. weilt Prinz Karl von Preußen, eine her einflußreichsten Stützen des Biömarck'schen Regierungssystems, in Wien, um die Inspektion deS österreichischen BundeScontingentß vorzunehmen. Die Mission deS Prinzen wird gerade einen Lag vor der Rückkehr des Kaisers beendigt sein. Frankreich. Es wurde schon erwähnt, daß der in Frankfurt unternommene Versuch, Deutschlands Nätionalkraft vollständiger als bisher zu centralisiren, in Frankreich an maß gebender Stelle mit scheelen Augen bettachtet wird. Daß aber von dieser Seite ein förmlicher Widerspruch gegen diese Be strebungen erhoben werden. könnte, hätte wohl kaum Jemand für möglich gehalten. Und doch soll dem so sein. Die Frank furter „Europe" enthält nämlich folgende Mittheilung: „Das Tuilerienkabinet hat seinen diplomatischen Vertretern an den fremden Höfen in einer Circulardepesche Betrachtungen über den Artikel 8 der Reformacte („Krieg und Frieden") und seine die Interessen Frankreichs gefährdenden Bestimmungen zugehen lassen. Aehnlich hat das Turiner Kabinet von dem Stand punkte der Interessen Italiens sich in einer Circularnote vom 25. Aug. ausgesprochen." Neben dieser Mittheilung tauchen Gerüchte auf, wonach Frankreich neuerdings ohne Zuthun Eng lands und Oesterreichs nicht nur Schritte gethan haben soll, um sich mit Rußland zu verständigen, sondern auch bemüht sei, sich Preußen zu nähern. Die französische Regierung hat ihren Plan, die Zahl der Truppen in Manko zu vermindern, wieder aufgegeben, viel mehr soll die Occupationsarmee durch Absendung neuer Ver stärkungen im Herbste auf 30,000 Mann gebracht und auch durch Reorganisation des mexikanischen Heeres eine Streitmacht von gleicher Stärke geschaffen werden. — Die Spannung zwischen Frankreich und der nordamerikanischen Union steigert sich mit jedem Tage und die schon früher kundgegebene Neigung des Tuilerienkabinets, den amerikanischen Süden anzuerkennen, ist durch die Vorgänge in Mexiko nur noch verstärkt worden. Wie versichert wird, ist diese Angelegenheit in einem, am 29. August unter dem Vorsitze des Kaisers abgehaltenen Ministerrathe ver handelt worden. Man erwartet, daß nicht Frankreich, sondern sein Vasall, die mexikanische Regierung, die Anerkennung der amerikanischen Conföderation zuerst aussprechen werde, während die Negierung zu Richmond für diesen Preis alle Arrangements welche die französische Politik in Mexiko vornimmt, gutzuheißen gedenkt. Zu dem vor acht Tagen gemeldeten Eisenbahnunfall hat sich in voriger Woche in der Nähe von St. Etienne ein neuer gesellt. Der von Lyon kommende Zug rannte wider einen im Bahnhof haltenden Zug; mehrere Wagen wurden zertrümmert, vier Personen blieben auf der Stelle todt, fünf andere wurden schwer verletzt. Die öftere Wiederkehr derartiger Unglücksfälle hat endlich die Regierung veranlaßt, eine Revision der beim Eisenbahndienst geltenden Reglements vorzunehmen. Großbritannien. Die englischen Blätter, welche sich in ihrer Mehrzahl Anfangs mit vielem Wohlwollen über die österreichische Bundesreform aussprachen, fangen jetzt an, dieselbe strenger zu beurtheilen und versprechen sich von der Annahme derselben für Gesammtdeutschland nicht viel Gutes. Namentlich giebt sich die Besorgniß kund, daß der nächste große Krieg möge er ausbrechen, wo er wolle, Oesterreich in seinen Wirbel hinein ziehen und dann die deutschen Bundesstaaten nöthigen werde, mit dem Kaiserstaat Schlachten auszufechten, von denen sich Deutschland sonst fern gehalten haben würde Auch findet Preußen, so wenig die englische Presse mit dessen Politik ein verstanden ist, warme Vertheidiger und man hält eS für unmög lich, daß dieser Staat aus seiner ihm in Deutschland gebührenden Machtstellung verdrängt werden könne. Darin sind aber fast alle englischen Organe einig, daß die von den Fürsten selbst in die Hand genommene Reform auch bei ihrem völligen Mißlingen den guten Erfolg haben werde, das deutsche Volk zu erwecken und ihm die richtigen Bahnen zu zeigen, welche bei einiger Be harrlichkeit und Ausdauer endlich zum Ziele führen müssen. Rußland. Der Großfürst Konstantin ist am 25. August plötzlich von Warschau nach Petersburg abgereist, wohin ihn sein kaiserlicher Bruder berufen. Ueber den Zweck dieser Berufung gehen die verschiedenartigsten Gerüchte, die sich jedoch in keiner Weise verbürgen lassen. Die altrussische Partei, welcher der