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28. MM 1863. llr. S5. Zlrnt-g, -» tz«beu. Redacteur und Verleger: Friedrich Walther. vtertrljLheltch . beziehe» dmch V alle kgl. Post« Lin unterhaltendes Wochenblatt für den Würger und Landmann. r Litt -,s -i - - . , - ( ' ' ') WSNWHk DocheÜMA , /Politische «eltfchau. Destschland. Der bei Eröffnung des in Frankfurt a. M. zusammengetretenen Kürstentags gefaßte Beschluß, den König von Preußen durch ein Collectivschreiben nochmals zur Theilnahme an den Berathungen.der versammelten Bundesfürsten emzuladen, hielt seit Mitte voriger Woche alle Welt in Spann ung, denn eS war noch immer nicht alle Hoffnung aufge- geben, daß der König Friedrich Wilhelm der an ihn gerichteten gemeinsamen dringenden Bitte entsprechen werde. Dlese Hoff nung ist leider nicht in Erfüllung gegangen. Der König von Sachsen, welcher die schwierige Aufgabe der Vermittelung über nommen, reiste, wie bereits erwähnt, am 19. August Vormittags in Begleitung des Staatsministers v. Beust nach Baden-Baden ab und langte dort noch einige Stunden früher an, ehe Abends die Ankunft des von Wildbad kommenden Königs von Preußen erfolgte. König Johann überreichte dem Könige Friedrich Wil helm das nachfolgende, von sämmtlichen in Frankfurt versammel ten Fürsten, sowie von den Mandatträgern der freien Städte eigenhändig unterzeichnete Schreiben: ' " „Allerdurchlauchtigster großmächtigster Finst! Die auf Einladung Sr. Maj. des Kaisers von Oesterreich zur Berathung einer Bundesreform allhier ver'ammelten deutschen Fürsten und Freien Städte haben es schmerzlich em pfunden, Erv. Maj. nicht in ihrer Mitte zu sehen. Nach Kenntnißnahme der vo» tzr. Maj. dem Kaiser uns mitgecheilten Vorschläge haben wir in denselben allseitig eine geeignete Grundlage für unsere Verhandlungen erkannt, deren Remttat wir Ew. Maj. jedenfalls zur allerhöchstihrer bundesverfassunas- mäßiaen Zustimmung vorlegen würden. Wir hegen aber den levbasten WunsG, daß Ew. Maj., welwe bemfen find, in so hervorragender Werse an dem Er folge unserer Bemühungen theilzuhaben, auch schon an unsern Berathungen sich beihetligen möchten, damit daS große^ Werk, dessen Rothwendigkeit Ew. Maj. ja selbst anerkannt haben, um so leichter und sicherer zum Ziele geführt werden möge, und wenden uns daher, im Vertrauen auf allerhöchstihre bundesfreundlichen Gesinnungen, an Ew. Maj. mrt der dringenden Bitte, daß Allerhöchstfis noch jetzt in unserer Mitte erscheinen möchten. Der mit- umerzrichnete Kö-ng von Sachsen hat übernommen, E«v. Maj. dieses Schreiben in unser aller Namen zu überbringen und unserm Wunsche noch mündlich Worte zu leihen. Empfangen Ew. Maj. den angelegentlichsten Ausdruck unserer dundeSfreundlrchen Gesinnungen. — Frankfurt, den 17. Aug. 1863. Ueber die zwischen beiden Monarchen stattgefundenen Be sprechungen ist natürlich nichts Verläßliches bekannt geworden; doch versichern einige Blätter, daß König Wilhelm auch diesmal, wie in Gastein, in seinen Entschließungen geschwankt habe, bis der Einfluß des- Herrn v. Bismarck schließlich den Sieg davon trug. Der König von Sachsen reiste am 21. August früh von Baden-Baden nach Frankfurt zurück und überbrachte die an den Kaiser von Oesterreich gerichtete ablehnende Antwort des Königs Wilhelm. In diesem Antwortschreiben wird nochmals darauf hingewiesen, daß nach der Ueberzeugung des preußischen Monar chen das Werk zeitgemäßer Verbesserungen der Bundesverfassung nicht ohne eingehende Vorarbeiten mit einer Zusammenkunft der Souveräne begonnen werden könne, wenn der beabsichtigte Er folg erreicht werden solle. Bei dieser Ueberzeugung müsse der KÄrig um so mehr beharren, als er bis jetzt noch keine amtliche Mittheilung der österreichischen Anträge erhalten und das, was er auf anderem Wege darüber vernommen, ihn nur in der Mei nung bestärkt habe, seine Entschließung erst dann festzustellen, «enns die vorgeschlagenen Abänderungen der Bundesverfassung M ihrem Verhältnisse zu der berechtigten Machtstellung Preußen- rznd den Interessen der Nation durch die Räthe der Krone ein- Fünsundzwanzigster Jahrgang. Us. Quartal. gehend geprüft sein werden. Vor einer solchen Prüfung der einschlagenden Fragen könne der König eine bindende Erklärung gegen seine Bundesgenossen nicht abgeben und ohne solche würde seine Theilnahme an den Berathungen deS FürstentagS nicht ausführbar sein. Schließlich ertheilt der König die Versicherung, daß er trotz obiger Erwägung sich nicht abhalten lassen werde, jede ihm von keinen Bundesgenossen zugehende Mittheilung mit Be reitwilligkeit und Sorgfalt in Erwägung zu ziehen. In den Berathungen deS FürstentagS war mittlerweile eins Pause eingetreten, welche äußerlich durch mehrfache glänzende Festlichkeiten, nebenbei aber durch vertrauliche Zwischenverhand lungen ausgefüllt wurde. Schon tauchten Stimmen auf, welche auf Grund der preußischen Ablehnung eine tiefe Zerklüftung in den Meinungen der Fürsten verkündeten und ein Scheitern ter ganzen Verhandlungen in sichere Aussicht stellten. Oesterreich behielt indessen sein Ziel fest im Auge und ließ sich durch dis abweisende Antwort Preußens nicht beirren. Noch am Freitags Abend wurde seinerseits ein Ausschreiben an die Fürsten erlassen und in demselben zu einer zweiten Versammlung auf Sonnabend, den 22. August, eingeladen, in welcher über daS weitere, mit möglichster Beschleunigung einzuleitende Verfahren Berathung gepflogen werden sollte. Die Sitzung fand am genannten Lags statt und wurde durch Vorlesung deS ablehnenden Schreiben- de- Königs von Preußen eröffnet. Von keiner Seite scheint in dieser Ablehnung ein ausreichender Grund zur Aussetzung der Be rathungen gefunden worden zu sein. Man verschütt vielmehr zur sofortigen Discussion über die einzelnen Puncte des Reform- Projetts. Das Resultat der Berathung war der österreichischen Vorlage günstig und es gelangten mehrere Artikel derselben zur Annahme. Am Montage, den 24. August, fand die dritte und am 25. August die vierte Conferenz der Fürsten statt und was man über den Verlauf derselben vernimmt, lautet für die Vorlage Oesterreichs günstig. Die wichtigsten Bestimmungen des Entwurfs haben bereits die Zustimmung der erlauchten Ver sammlung erhalten und man hofft sich über die noch zu erledigen den Punkte in wenigen Tagen zu einigen. Die Details sollen dann in besonderen Ministerconferenzen festgestellt werden. Ueber die Modifikationen, welche der österreichische Entwurf durch den Fürstentag erfahren haben soll, laufen verschiedene Angaben um, welche sich in keiner Weise verbürgen lassen, da sich die Ver handlungen bis jetzt vollständig der Oeffentlichkeit entziehen. Doch scheint so viel gewiß, daß von einigen Seiten, namentlich von Baden, Abänderungsanträge im liberalen Sinne gestellt worden sind; auch wird versichert, daß selbst der Kaiser von Oesterreich sich gern zu weiteren Zugeständnissen geneigt gezeigt habe, sobald die übrigen Fürsten hierzu die Hand zu bieten bereit sind. Nach alledem scheint die Annahme deS Reform - Projekt- vollständig gesichert, und wenn auch damit keinerlei Bürgschaft für die Durchführung desselben gegeben ist, so liegt doch schon in der kundgegebenen Uebereinstimmung der in Frankfurt ver sammelten Fürsten ein Ereigniß von außerordentlicher Tragweite. Mit dem Fürstentage ist die deutsche Frage wieder auf die Tages ordnung gebracht worden und sie wird diesmal nicht wieder da von entfernt werden können, ohne ihre Lösung gefunden zu haben. Der Reform - Entwurf Oesterreich- wird daher in nächster Zeit noch oft Gegenstand der öffentlichen DiScussion sein, und wir halten uns um deswillen verpflichtet, ihn seinem ganzen Umfange »s