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chyr eigenen Angelegenheiten gewährt werden müssen, u Und das wäre em großer Fortschritt, den man schon lange ersehnt hat. Der Moniteur vom 90. Juni pubücirt ein kaiserliches Decret, welches zwar zunächst nur die Stadt Paris berührt, dessenun geachtet aber von Wichtigkeit ist. Durch dasselbe wird nämlich die Beschränkung der Zahl der Bäcker für Paris vom 1. Sept, d. I. an aufgehoben. AuS Petersburg ist die telegraphische Nachricht eingegangen, daß die in der polnischen Angelegenheit dorthin abgesandten Noten der drei Großmächte am 27. Juni dem Fürsten Gortscha- koff übergeben worden sind. Ueber die Aufnahme, welche sie bei der russischen Regierung finden werden, existiren bis jetzt natürlich nur Vermuthungen; doch gewinnt die Meinung immer mehr Boden, daß die Vorschläge Englands, Frankreichs und Oesterreichs keine schroffe Zurückweisung erfahren werden, wenn auch die Ausführung der vorgeschlagenen Reformen noch lange auf sich warten lassen wird. Die österr. General-Correspondenz vom 1. Juli Abends versichert, die bestimmte Nachricht aus Paris erhalten zu habey, daß der Kaiser Napoleon den förmlichen Entschluß gefaßt habe, die amerikanischen Südstaaten anzuerkennenz derselbe »erde aber vorher einen Waffenstillstand fordern und im Falle her Ablehnung werde dann selbst ohne Zustimmung Englands die Anerkennung erfolgen. Indessen hoffe der Kaiser wenigstens Pir Forderung deS Waffenstillstandes den Beitritt Englands. Rach den neuesten Berichten, welche aus Veracruz in New- york eingetroffen sind, hat sich die französische Armee m Marsch nach der Hauptstadt Mexiko gesetzt. Das an der Pariser Börse verbreitete Gerücht, wonach diese Stadt von den Franzosen be reits genommen sein soll, ist völlig unbegründet. — Es werden neuerdings in Frankreich umfängliche Seerüstungen getroffen und es sind dieselben mehrfach mit der polnischen Angelegenheit in Verbindung gebracht worden. Es wird aber versichert, daß die selben ausschließlich Mexiko gelten, wo es an Vorräthen und Munition fehlt. Großbritannien. Die englische Regierung hat bereits unter'm 10. d. M. eine Circular-Note an die Schutzmächte GüÄhenlands gesandt, welche die Erklärung enthält, daß Eng land, falls die Bewohner der jonischen Inseln die Einverleibung in Griechenland wünschen, bei den Schutzmächten eine Conserenz zur Erwägung dieses Wunsches beantragen werde. Zuvor soll aber die Einverleibungsfrage dem nächsten jonischen Parlament zur Entscheidung vorgelegt werden. — Im Oberhause ist auf den Wunsch der Regierung die Discussion über die polnische Krage abermals verschoben worden; man will damit wo möglich bis zum Eintreffen der russischen Antwort warten. Die Streitsache zwischen der englischen und brasilianischen Regierung ist durch den schiedsrichterlichen Spruch des Königs der Belgrer in der Hauptsache zu Gunsten Brasiliens entschieden worden. — Die Befürchtung, daß es zwischen England und Japan zum Kriege kommen werde, ist noch nicht beseitigt. Zwar hat der britische Gesandte auf die dringende Bitte der Japanesen die Ullimatumsfrist bis zum 11. Mai verlängert, aber man er blickt in diesem Zugeständnisse keine Bürgschaft des Friedens, und die Japanesen selbst fangen an, sich zum Kriege zu rüsten. Die „Times" hegt wenig Hoffnung auf eine befriedigende Lösung der polnischen Frage. Sie ist der Meinung, daß der Kaiser von Rußland selbst in seiner gegenwärtigen unsicheren Lage sich nicht bewegen lassen werde, auf die von den drei Mächten gestellten Forderungen einzugehen. Und selbst wenn, wa- kaum zu erwarten, die verlangten Zugeständnisse gemacht werden sollten, so dürfe man damit die polnische Frage nicht für erledigt halten; es werde damit höchstens dem Blutvergießen für den Augenblick Einhalt gethan, aber man werde dasselbe nach kurzer Unterbrechung in noch furchtbarerer Weise sich ^erneuern sehen- - Die Lage Englands sei unter diesen Umständen eine höchst kritische; es wünsche, gleich Frankreich,. Polen zu retten, aber die Wege beider Mächte gingen weit auseinander, sobald/ aus der gegenwärtigen Verwickelung ein Krieg entstehe. England könne nicht die Ziele verfolgen, weiche Frankreich im Auge habe,, und eine Wiedereroberung der Rheingrenze oder eine Schwächung Und Demüthigung Rußlands, die durch die gegenwärtige mißliche Lage Preußen- erleichtert werde^ entspreche nicht der englischen Politik. England habe durch den Krieg nichts zu gewinnen und daher allen Grund, die Erhaltung deS Friedens zu wünschen. — Dagegen hält eS die „Morning-Post", welche dem englischen Ministerium näher steht, als die „Limes", für ihre Pflicht- die russische Regierung zu warnen, daß sie sich durch die friedlichen Aeußerungen des Parlament- und der Presse in England nicht zu dem gefährlichen Wahne verleiten lasse, als würde England sich um keinen Preis zu keinem Kriege entschließen. Die Erfahrung habe gezeigt, daß ein solcher Wahn das sicherste Mittel fti, einen Krieg herbeizuführen. Dänemark. Am 29. Juni ist plötzlich der Erbprinz Friedrich Ferdinand, ein Oheim des regierenden Königs, im 71. Lebensjahre mit Tode abgegangen. Der Mannesstamm der oldenburgischen Dynastie, welche seit 400 Fahren über Dänemark und Schleswig-Holstein herrscht, steht demnach nur noch auf zwei Augen, denen deS regierenden kinderlosen Königs. Rach dem Ableben des Letzteren würde daher ein cognatischer Ver wandter des Königshauses den dänischen Thron besteigen, wäh rend in den Herzogthümern und namentlich in Holstein nach deutschem Rechte die agnatische Seitenlinie zur Herrschaft ge langen und so die dänische Monarchie in zwei Theile zerfallen würde. Durch den vielbesprochenen und mit Recht angefochtenen Londoner Vertrag vom 8. Mai 1852 ist nun aber die dänische Erbfolge dergestalt geregelt worden, daß die Herrschaft aller unter Dänemark vereinigten LandeStheile (mit Ausschluß der Frauen, welche nach dem Königsgesetze von 1665 im Königreiche erbberechtigt waren) der Hauptlinie anheimfällt und durch Ver- zichtleistung beziehentlich Ausschließung der älteren Linie» der Prinz Christian von Glücksburg als legitimer Thronfolger nach dem Absterben deS Königsstammes aufgestellt wird. Dieser Prinz (Vater des Königs von Griechenland und der Prinzessin von WaleS) hat drei Söhne, von denen der älteste zunächst Aussicht hat, auf Grund jenes dem deutschen Interesse widersprechenden Londoner Vertrags, Herrscher der dänischen Gesammtmonarchie zu werden. Rußland. Seit die von England, Frankreich und Oester reich nach Petersburg gesandten Vorschläge in der Hauptsache be kannt geworden sind, spricht sich unter den Polen die Meinung aus, daß auf Grund desselben eine Lösung der polnischen Wirren nicht erzielt werden wird. Nehme Rußland jene Vorschläge an, so würden sie von den Polen entschieden zurückgewiesen werden. Die geheime Nationalregierung hat zwei Decrete erlassen, durch welche die Eisenbahnstrecke von Warschau bis an die Grenze Rußlands, sowie die von Landwerow nach Wierzbelowo al- dem» Verkehr verschlossen erklärt, die Bahnwärter und Arbeiter dieser Strecken aufgefordert werden, ihren Dienst zu verlassen und bei den dazu angewiesenen Gemeinden vorläufig Unterkommen zu suchen. Den Maschinenführern wird verboten, - Maschinen und Züge zu führen, und dem Publikum ist untersagt, mit diesen Bahnen zu reisen oder Sendungen zu besorgen. Auch der Telegraphendienst auf diesm Strecken wird durch jene Decrete aufgehoben. Die russische Regierung, welche seit Monaten keine Steuer» erhält, weil die geheime Nationalregierung die Zahlung derselben ver boten hat, beabsichtigt nunmehr zunächst in Warschau die Steuer pflichtigen zur Entrichtung der Abgaben durch Personalarrest zu zwingen. Das Mittel wird sich aber nicht consequent durchführen lassen, da man sonst die ganze Einwohnerschaft der Hauptstadt em- sperren müßte. Die Gefängnisse sind aber schon jetzt überfüllt. Wenn in den letzten Wochen zwischen den Russen und Polen weniger Gefechte vorgekommen find, so läßt sich hieraus nicht schließen, daß der Aufstand seinem nahen Ende entgegen geht. Aus den Vorbereitungen, welche die geheime National- regierung trifft, läßt sich vielmehr erkennen, daßL dem Kampfe noch eine größere Ausdehnung gegeben werden soll. Die russi sche Regierung weiß die- und nurst daher immer mehr Truppen in das Land. Nach den officiellen Angaben stehen gegenwärtig 120,000 Russen im Königreiche,. und diese wohlorganisirte Mili tärmacht erweist sich immer noch al- unzureichend, um den Auf stand zu dämpfen.)! In letzterer Zeit hat die Vollstreckung zahl reicher Lode-urtheile und namentlich da- barbarische Verfahren