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sonst eben nicht eigene Zurückhaltung, die aus zweierlei Gründen entsprang. Erstens hatte ihr Alter gesagt: „Wer mich Ln Har nisch bringen will, darf nur vom Finanzrath zu reden anfangen" also schwieg Jedes, um> ihn nicht «zornig zu machen. Und zweitens wäre eine solche Aufstachelei deS Alten zum Aerger auch eine hirnlose Thorheit gewesen, weil sie daS angenehme Leben, daS sie hier führten, denn Meister Daniel war kein Pfennig fuchser, der sein und der Seinigen Vergnügen nach dem dafür ausgegebenen Groschen abwog, sicherlich sehr gestört hätte; der Alte würde dann die gute Laune verloren haben und ein längeres Hierbleiben hätte vielleicht sein Ende erlebt. Frau Dore schwamm in einem Meere voll Wonne, denn sie sah und hörte täglich Neues; ihr Ludwig hatte zum Beginn deS nächsten Monats beim Hoftischler Arbeit gefunden und bis dahin wollte Meister Daniel auch dableiben und „dummthun", wie er sagte; außerdem sah sie es klar und deutlich, daß Herr Ehrhard, der täglich zum Besuch im „Wallsisch" sich einfand, totaliter in das liebliche stille Lenchen verschossen war und hätte ihr wohl die Bemerkung entgehen können, wie Melanie, mit welcher Lenchen eine recht zärtliche Freundschaft geschloffen, ihrem Ludwig gar nicht gleichgültig sei! Vom Herrn Ehrhard hatte sie mit ihrem Alten gesprochen, der sie aber derb ausgelacht, weil „ein Herr, wie der, eine Frau brauche, die bedeutende Groschen mitbringe und wenn er, Meister Daniel nämlich, den Lenchen auch ein paar tausend Thälerchen mitgeben wolle, so ziehe das doch bei einem solchen Geschäftsmann, wie Herr Ehr hard einer sei, noch lange nicht." Frau Dore war somit abgefertigt und sagte nichts weiter, weil sich eigentlich auch gar nichts dagegen sagen ließ. „Wenn Herr Ehrhard nur mit einer Erklärung herausplatzte!" dachte sie bei sich; aber davon schien gar keine Rede; noch zwei Tage waren übrig bis zur Abreise nach ihrem kleinen Heimathsstädtchen und Herr Ehrhard redete von allem, nur nicht von seiner Liebe zu Lenchen. Am vorletzten Tage kam er indeß früh und fragte, ob sie mit ihm einen Besuch in der Landes-Irrenanstalt, drei Stunden von der Hauptstadt, machen wollten? „Na, warum nicht?" meinte Meister Daniel ... „ich habe ohnehin Noch keine solche Anstalt gesehen." c „Behüt' uns Gott, wir werden doch nicht noch zu den Verrückten gehen wollen!" rief Frau Dore erschrocken; aber der Atte sagte zu und da galt kein Weigern. (Schluß folgt.) " .. - - .. Briefe aus Nordamerika. . II. Brooklyn, 8. März 18SS. (Gegenwärtiger Stqnd des Krieges. — Geringe Erfolge der Unionisten. — Wie hoch stent sich der bisherige Verlust auf beiden Setten? — Allgemeine Verlegenheiten. — Da- Conscnptionsgesey und die Miliz. — Die Behandlung der Ntg»r; Bewaffnung der Schwarzen. — Finanzen; die Papiergeldwirth- : . schäft. — Allgemeiner Bankerott da- Ende. — Fromme Wünsche.) Es sind nun zwei Jahre verflossen, seitdem die südlichen Staaten die )Fahne der Unabhängigkeit erhoben. Sie haben den Krieg für dieselbe mit einer Hingebung, Ausdauer und Opfer willigkeit geführt, welche auch ihren erbitterten Feinden Hoch achtung abzwingt. Die Redensatt, daß es sich nur um den Aufstand einer Hand voll Sklavenhalter gehandelt, von welchen das übrige weiße Volk verführt worden sei, hat sich in ihrer ganzen Nichtigkeit herausgestellt, denn wir wissen ja längst, daß im Süden eine ganze Nation in Waffen steht, um ihre Selbst ständigkeit zu behaupten. Dabei herrscht dort eine beispiellose Einmüthigkeit, während bei uns im Norden Alles in wilder Patteizerrüttung sich befindet. Unsere Abolitionisten erklären, daß sie gegen die Rebellen einen AuSrottungSkampf führen wollen; die große konservativ - demokratische Partei, welche jetzt immer mehr zu Kräften kommt und bei den Wahlen in sechs oder acht der wichtigsten Staaten einen glänzenden Sieg davon getragen hat, sagt dagegen laut, fie wolle weder einen Aus- rottungs- noch Unterjochungskampf, sondem führe den Krieg lediglich für die Herstellung der Union. Sie spricht auch offen aus, daß man vor dem Ausbruche desselben dem Süden himmel schreiendes Unrecht gethan habe, und in diesem Sinne äußern Jemand, und man geDpben sind, etwas mchr Verlust von mindesten- AlS Thatsache steht fest, daß wir unsererseits der Unter jochung deS Südens heute noch um keinen Schritt näher find, als vor zwei Jahren. Nimmst Du eine Anzahl von Punkten an der Küste oder an großen Strömen aus, welche für unsere Flotte erreichbar waren, so befindet sich in der Gewalt unserer Truppen sehr wenig vom FeindeSlande. Durch Vicksburg und Port Hudson unterbrechen die Conföderitten die Schifffahrt auf Beispiel weiter, daß der zweite Mann verloren wurde! Die Conföderirten haben auch schwer gelitten^ Sie-Ahlen 20,893 Getödtete, 59,614 Verwundete, aber--n und Ha« durch stellen fich di- lügenhaften Uebevtreibrmgen da- Ab-We-ttr sultat heraus. Die Unionisten haben bis zum 1. Februar b. I. verlo- ren: In Schlachten Gebliebene 43,874 MannzBerwundrSe 97,029, Gefangene 68,218. Das ergiebtein Total von SOS,LSI. Dazu kommen noch an Leuten, welche durch Krankheit Hin weggerafft und an den Wunden geDeben sind, etwas mchr als 250,000z also zusammen ein Verlust von mindeste»- 400,000 bis 450,000 Mann; das heißt beinah- die Hälfte aller seit März 1861 au-gechobenen Mannschaft «Ein solcher Verlust isL in der Weltgeschichte unerhört;, eS gi-bt --in dem Mississippi; Missouri ist Ln seiner Gesinnung g-theilt, Kentucky gegen die Union im höchsten Grade mißvergnügt, Tennessee zur Hälfte in den Händen der Südlichen; an der atlantischen Küste haben wir weder Charleston in Südcarolina noch Savannah in Georgien genommen, denn alle bisherigen Versuche sind gescheitert. Und wie schmählich, trotz ungeheurer alle Angriffe gegen Richmond, seit dem ersten mißlangen, und wie unsere „stolze Potomac- weniger als sieben Mal mit blutigen Köpfen wurde, das weiß Jedermann. Jetzt ist diese unthätig diesseits des Rappahannock liegt, um sich auch viele deutsche Blätter, am nachdrücklichsten das „New- Yorker Journal", aus welchem ich Dir einige Ausschnitte beilege. An die Wiederherstellung der Union glaubt aber kaum noch macht sich, so schwer e- auch fällt, mit dem Gedanken einer definitiven Trennung schon dermaßen vertraut, daß in den Zeitungen über die fünf Staatengruppen, in welche sich dermaleinst die frühere Union zerlegen werde, hin und her geredet wird > Doch darüber muß die Zukunft entscheiden und auf Muthmaßungen will ich mich nicht einlaffen) " Washington vor dem Feinde zu schützen, ganz und gar demo- ralisirt: selbst die Lincoln-Blätter gestehen ein, daß sie nur noch ein „Mob", also ein zusammengelaufener Haufe, von bewaffneten Leuten sei, weiter nichts. Vorgestern brachten unsere Zeitungen wieder eine spaltenlange Liste von cassirten Officieren, und es muß wahrhaftig arg kommen, wenn hier zu Lande solche Cassa tionen erfolgen. Was man in Europa DiSciplin, ManneSzucht nennt, daS ist ein in der Unionsarmee unbekanntes Ding. (»Selbst Raub und Brandstiftung, welche neulich drüben in Newyork ein Regiment aus Massachusetts gegen einen deutschen Restaura teur verübte, sind unbestraft geblieben. Dem Süden gegenüber ist, wie gesagt, bis heute so viel wie gar nichts erreicht worden, und im Mai läuft die Dienstzeit von mehr als 80,000 Freiwilligen ab, von denen der größte Theil nach Hause gehen wird. Alle Opfer an Geld und Blut sind vergeblich gebracht worden, und beide stellen sich in der That als ungeheuer heraus. Hrer erschien vor vierzehn Tagen in englischer Sprache eine Schrift, deren Verfasser außerhalb deS Parteiwesens steht. Er heißt Clark und die Schrift führt den Titel: „Tagebuch über den Trennungskrieg". Clark hat mit großem Fleiß alle Angaben aufgesucht, zusammengestellt und dann so gesichtet, -aß er die unverschämten Lügen und Ruhmredigkeiten über glänzende Siege unserer UnionStruppen auf daS richtige Maß zurückführte.Wenn jene paar hundert Triumphe, mit denen hier und in Europa das Volk so unbeschreiblich frech und zwar auf Betrieb der Lincolnregierung und der Abolitionisten betrogen wurden auch nur zur Hälfte wahr gewesen wären, dann mußte von den Rebellen heute weder Stumpf noch Stiel übrig, und der ganze Süden längst bezwungen sein. Aber Lügen haben kurze Beine. Run stellt sich, nach sorgfältigen Ermittelungen, folgendes Re Anstrengungen, am Bull Run, armee" nicht zurückgeworfen Armee, welche