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Dienstag, Nr. 9Ü 1. Iccemöer 1868. ZMHWe DocheitmS. Vrek-t vierteljährlich l2'/»Ngr. g» beziehen durch alle kgl. Post- Anstalten. Sin unterhaltendes Blatt für den Bürger und Landmann. Erscheint jede« Dienstag «nd Kreitag früh. Nedigirt unter Verantwortlichkeit de- Verleger- L. Heinrich. Politische Weltscha«. Deutschland. Im österreichischen Rothbuch ist wegen der Donaufürstenthümer viel Pulver verschossen worden und da bekanntlich jetzt das junge Norddeutschland überall seine Hand im Spiel hat, wo es etwas Skandal giebt, so ist es gar nicht zu verwundern, daß man ihm auch die rumänischen Agi tationen in die Schuhe schiebt. Hat doch der ultramontane Münchener „Volksbote" jüngst herau-geklügelt, daß bei der bekannten Scene am Grabe Baudin'S auf dem Pariser Montmartre-Kirch hofe „Preußen dabei gewesen sein sollen, die von der Umsturz arbeit aus Spanien zurückkehrten." Vielleicht gelingt es dem frommen bainschen Blatte, auch noch dahinter zu kommen, daß es Preußen sind, die den AuSbruch des Vesuv verschulden. Kurz, es passtrt eben nichts mehr auf der Welt, was nicht den politischen Jntriguen des Grafen Bismarck Schuld gegeben würde, und ob gleich sein Organ, die Norddeutsche Allgemeine Zeitung, sich wohl schwerlich zu einem Dementi deS Mü tchener „Volksb." veranlaßt fühlen dürfte, hat sie doch in Bezug auf die rumänischen Agitationen ein sehr offenes Geständniß abgelegt, um all' jene Verdächtigungen zurückzuweisen. Das ganze Getriebe, sagt dieselbe, habe keinen andern Zweck, als die Zustimmung Ungarns zu einem Bündniß Oesterreichs mit Frankreich gegen Norddeutschland zu erlangen. Sei erst die Macht de- letzteren durch das österreichisch-französische Uebergewicht gebrochen, so werde auch für Ungarn die letzte Stunde geschlagen haben, denn es stehe dann der Centralisation nicht- mehr im Wege. Es heißt dann wörtlich weiter: Mit welcher Lockspeise sollen nun die Ungarn geködert werden? Durch die Erwägung der Besorgniß, daß Preußen darnach trachte, Rumänien auf Kosten Ungam- zu erweitern. Jeder verständigen Politik liegen reale Verhältnisse zu Grunde. Vergleicht man die Macht eine- auch erweiterten Rumäniens und des ungarischen Reiche- mit einander, so wird man in Pest den preußischen Politikern wohl so viel Einsicht zutrauen, daß sie auf die Sympathien Ungarns ein großes, auf den Beistand oder die Zuneigung Rumänien- gar kein Gewicht legen. Ungarn hat seine schöpferische, staatenbildende Kraft Jahr hunderte hindurch in den Kämpfen mit der österreichischen Uebermacht für politische und religiöse Freiheit erprobt. Wie oft eS auch erschöpft am Boden lag und seine Tapfern das Blutgerüst oder den Scheiter haufen besteigen.sah, eS hat sich immer von Neuem emporgerafft und e- ist für seine staatliche Existenz eingetreten. Was hat, was kann Rumänien dem Gleiche- an die Seite stellen? — Die preußische Förderung einer rumänischen oder slavischen Agitation gegen Ungarn würde demselben in der That gefährlich werden, und wäre diese feind liche Haltung Preußens gegen Ungarn vorhanden, wir dürften unS nicht wundern, wenn die ungarische Regierung zur Rettung de- Staates nach jedem Bündnisse griffe. Wenn aber die ungarische Presse sich vergegenwärtigt, baß Preußen nicht so thöricht sein kann, einen mächtigen Freund zu opfern, um dafür die leichtwiegenden Sympathien des ent fernt liegenden unter dem Schutze der europäischen Großmächte stehen den Rumäniens einzutauschen, so werden die ungarischen Journale die Bedeutung der Anklagen der Wiener Zeitungen gegen Preußen zu würdigen verwögen. — Wir stehen im deutschen Norden den politischen Zänkereien und Plänen der Parteien in Rumänien zu fern, um ihre Bedeutung ermessen zu können. Erscheinen sie aber Ungarn bedent- VreiHigstcr Zahrgang IV. Quartal. lich, wohl gar gefährlich, so ist Preußen gewiß der letzte Staat, welcher eine Störung de- ungarischen Nachbar- durch Rumänien auch nur entschuldigen würde. Preußen. Dw nordschleSwigsche Frage, oder vielmehr die Frage wegen der beiden nordschleswigschen Abgeordneten Krüqer und Ahlmann, welche die Eidesleistung auf die preußische Ver fassung verweigern, kam am vergangenen Freitage im Abgeord netenhause zur Verhandlung. Die Geschäftsordnung- Kommission beantragte beim Hause: „!) die Abgg. Klüger und Ahlmann zur bedingungslosen Ab leistung de- vorschriftsmäßigen Eide- auf die Verfassung durch dt.S Präsidium vor die Schranken de- Hause- laden zu lassen; 2) im Falle ihre- nicht entschuldigten Ausbleibens oder der Verweigerung der unbedingten Eidesleistung die Abgg. Krüger und Ahlmann nicht für legilimirl zu erachten, einen Sltz im Hause der Abgeordneten einzu- nehmen, und demgemäß die königliche Staatsregierung auftufordern, eine Neuwahl im.1. und 2. schle-wig-holsteinchen Wahlbezirk zu veranlassen." Der Referent Abz. v. Puttkammer motivirte diese An träge durch den Hinweis, daß mittelst deS Einverleibungsgesetzes die Herzogthümer Schleswig und Holstein ohne Ausnahme irgend eines Theiles mit Preußen vereinigt seien. Art. 5 des Prager Friedensvertrages eröffne zwar einem Theile der nordschleswigschen Bewohner für die Zukunft die Aussicht, viel leicht später einmal an Dänemark zu kommen, aber damit werde noch keineswegs ihr gegenwärtiges Verhältniß zum preußischen Staat ein anderes, wie das der übrigen Bewohner. Weder dem Könige von Dänemark, noch der Bevölkerung NordschleswigS habe der Prager Frieden irgend welches Recht eingeräumt. — Abg. v. Mallinckrodt trat gegen die Kommissions-Anträge auf, aber nur aus praktischen Gründen. Gegen Punkt I habe er nichts einzuwenden, denn wenn die beiden Abgeordneten den vor schrift-mäßigen Eid nicht leisten wollten, könnten sie auch ihren Sitz im Hause nicht einnehmen. „Anders" fuhr der Redner fort, „liegt eS mit der Frage, ob die Befugniß des Hauses so weit geht, daS Mandat eines rite gewählten Abgeordneten für erloschen zu erklären, nur deshalb, weil er der Verpflichtung zur Eidesleistung nicht nachkommt. Im vorigen Jahre konnte das Haus sehr wohl zweifelhaft darüber sein, wie sich die Wähler ihren Abgeordneten gegenüber stellen würden. Die beiden Ab geordneten sind aber wiedergewählt worden, der eine mit sehr großer Majorität, der andere mit etwas geringerer Majorität; die Wahlbezirke haben sich hierdurch ausdrücklich selbst auf den Boden ihrer Abgeordneten gestellt. Ich gebe zu, daß manche Gründe für die Ansicht der Kommission sprechen, viele aber sprechen auch dagegen. Was würde denn wohl das Resultat sein, wenn wir die Mandate wieder für erloschen erklärten und die Regierung zur Veranstaltung von Neuwahlen aufforderten? — Die beiden dänischen Abgeordneten würden wieder gewählt werden, sie würden wieder mit denselben Ansprüchen vor daS Haus treten, dieselben Erklärungen abgeben, Ihnen den Prager Frieden immer wieder ins Gevächtniß zurückrufen: sonst erreichen Sie doch nichts weiter damit. (Ruf links: Sehr richtig.) Im zweiten Wahlbezirk, wo der Wahlkampf zwischen Deutschen und Dänen ein heftigerer war, würden aber noch traurigere Folgen V4