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SL und Sitz des BerwaltungSraths der Schillerstiftung —- zur Zeit Weimar — ein wechselnder sein soll, dies Nomadenleben aber mit einer gesicherten Vermögensverwaltung sich schwer verträgt, als ferner mach der bestehenden Gesetzgebung wohl die einzelnen Zweigstiftungen, nicht aber die Gesammtstiftung die zur Anleg ung, Ausleihung, Einhebung und sonstigen Verwaltung von Kapitalien unbedingt erforderlichen Rechte einer sogenannten mo ralischen oder juristischen Person erlangen können, noch erlangt haben. Aus diesem Grunde erklärte der Hauptverein sich dahin: er wolle mit den für die Schillerstiftung gewonnenen 300,000 Thlr. eine eigne ZweigstiftMg bilden, dieses Geld solle wie bisher in der für alle Zeiten Sicherheit bietenden Verwahrung des Königl. Sächs. Cultusministerii verbleiben, und zwei Drittheile der Zinsen solle der Verwaltungsrath der allgemeinen deutschen Schiller- stistung erhalten, wogegen der Hauptverein den Statuten gemäß über das dritte Dnttheil gerade so, wie jeder andere Zweig verein der Schillerstistung selbst verfügen wolle. Ferner stellte der Hauptverein den Antrag zur Gründung einer nach Schillers Namen zu benennenden Akademie für deutsche Lite ratur und Sprache. Für diese Akademie sollten 100U-00 Thlr. von den der Schillerstiftung zufließenden 300,000 Thlr. abge- zweigt, diese aber durch zwanzigjährige Zinsansammlung und einen Beitrag von 2000 Thlr. jährlich aus der Tiedgestiftung auf 300,000 gebracht werden, eine Summe, mit der allerdings eine großartige Thätigkeit sich eröffnen ließ. Allein so schön dieser Plan, der ostgehegte Ideen — unter andern auch von Dalberg, dem geistvollen Gönner Schillers ausgesprochen — mit Mitteln in's Leben rufen sollte, wie sie Privatkräfte selten zu sammenbringen -werden — das ließ sich nicht leugnen, daß diese Idee dem Gründungsgedanken der Schillerstistung fern lag, daher sie denn auch sofort aufgegeben wurde. Nicht so der zweite Wunsch auf Veröffentlichung der Namen der Schillerstiftungspensionäre. In den Satzungen der deutschen Schillerstistung ist u. A. bestimmt, daß die Unterstützten nur den Vorständen der Zweigstiftungen all jährlich zu nennen, diese aber zur Verschwiegenheit verpflichtet sind. In dieser Namensverschweigung liegt, das fühlte' der Dresdner Lotterie-Comite sehr richtig heraus — eine sehr be denkliche Anordnung, die schon zuvor m der Generalversammlung der Schillerstiftungsvorstände für und wider besprochen worden war. Für die Geheimhaltung der Namen wurden hauptsächlich folgende Gründe geltend gemacht: Man erniedrige den Dichter und Schriftsteller, wenn man öffentlich bekannt mache, daß die Schillerstistung ihn unterstütze. Man binde dem Verwaltungs rath die Hände, wenn man ihn der öffentlichen Controle unter stelle. Das Streben nach Oeffentlichkeit sei Zeitphrase. Da gegen ist feiten des Dresdner Schiller-Lotterie-Comite's, sowie feiten mehrerer Zweigvereine, wie uns däucht mit Recht, geltend gemacht worden: es sei Ehrensache der Schillerstistung, sich und ihren Pensionären gegenüber, deren Namen zu veröffentlichen. Sie sei hierzu verpflichtet gegenüber dem deutschen Volke, das Controle üben dürfe und unparteiische, von aller Gunst und Abneigung unabhängige Verwaltung fordere. Wie die Schillerlotterie dem Mißverständniß begegnete, daß man als Zweck ansah, was Mittel zum Zweck war, als Spekulation das, was eine Appellation an die Mildthätigkeit des deutschen Volks, allerdings in sinniger Form heiteren Glücksspiels war: ebenso begegnet die Schillerstistung innerhalb wie außerhalb ihrer Kreise der mißverständlichen Auffassung, als sei sie eine Bettel suppenanstalt für arme Poeten, ein Almosenamt für die, welche — um ein bekanntes, sehr gewagtes Witzwort zu wiederholen — ihren Beruf, d. h. ein nährendes Brotstudium, verfehlt haben. Nein, das ist die Schillerstistung nicht, das soll sie nie werden. Nicht jeder Schmierer, nicht jeder, der Reime schmiedet und Er zählungen zusammenschreibt, nicht jeder, der sich Dichter und Schriftsteller nennt, ist es auch. Eine Stiftung, die den Namen Schillers an der Stirn trägt, kann nur für Die bestimmt sein, die Schillers — nicht. ebenbürtige, davon kann natürlich nicht die Rede sein, aber doch würdig nachstrebende — Jünger sind. Darum heißt es auch in h 1 der Satzungen: „Die Schiller stistung hat den Zweck, verdienstliche Schriftsteller und Schriftstellerinnen dadurch zu ehren, daß sie ihnen oder ihren nächstangehörigen Hinterlassenen in Fällen über sir verhängter schwerer Lebenssorge Hülse und Beistand darbietet." Und irr gleicher Weise war es von »Haus ays Aufgabe der National lotterie: „Würdige aber hilfsbedürftige Schriftsteller durch Unter stützungen an sie selbst oder an ihre unmittelbaren Hinterblie benen zu ehren." Wenn aber so die Schillerstistung dem würdigen Talente den Ehrenzoll giebt, dann kann nur falsche Scham eine Verschweigung des Namens wünschen — die doch immer nur eine scheinbare, kleine wirkliche sein würde. Es ist keine Bettelei, kein Almosen, wenn ein talentvoller Schriftsteller, wenn dessen Angehörige aus der Schillerstistung unterstützt werden; die Nation giebt ihnen durch diese den Ehrensold, der ihnen zukommt. So wenig die Bedrängniß, in welche ein Dichter geräth, eine selbstverschuldete zu sein braucht, ebensowenig muß sie ihn in den Augen seiner Mitbürger herabsetzen. So materiell ist unsere Zeit denn doch nicht, daß sie uneingedenk wäre der Schiller'schen „Theilung der Erde," daß sie den Dichter, den Künstler danach schätzte, ob sie „es nöthig haben." Nein,, auch unsere Zeitgenossen wissen es, daß der Dichter, der Künst ler, „will er im Himmel seines Gottes leben," will er ganz dem Schaffensdrange sich hingeben, ziemlich leer ausgeht der der täglich sich erneuenden Theilung der Erdengüter. Der reichere Poet hat uns noch nie als der bedeutendere gegolten. Wer also meint, jene öffentliche Namensnennung schade dem Credit des Dichters, der verwechselt den Dichter mit dem Kauf mann. Und als ob sich die Frage lediglich um Nennung oder Verschweigung des Namens drehte! So steht es nicht einmal. Jene, die es für so gefährlich halten, daß die Nation erfahre, wer den Ehrensold empfangen, sie gebieten Schweigen gegen über der Nation, nicht aber gegenüber den vielen Schillerstiftungs- comitees. Diese bekommen es allesammt gedruckt zu lesen, wer bedacht worden — aber mit der Verpflichtung, darüber zu schweigen Diese Halbheit, dieses halbe Schweigen, halbe Mit theilen, dies Zuflüstern im eingeweihten Kreise ist dqs Gefähr lichste von Allem. Besser der frische fteie Lichtzug und Luft strom der Oeffentlichkeit, als dies Dämmerlicht, diese Stick luft der Vertraulichkeit. Und gebietet ihr zehnmal Still schweigen, und legt ihr siebenfache Siegel um die Rechen schaftsberichte: ihr Inhalt kommt doch zu Tage, sei es nun in Form vertraulicher Mittheilung, sei es durch stärkere Indiskretion. Darum gilt auch hier der alte Satz, dessen Rich tigkeit selbst gewiegte Jnculpaten kennen: was man einmal nicht geheim halten kann, das sage man lieber gleich offen heraus. Jenes Dämmerlicht der Vertraulichkeit ist das rechte Halbdunkel für Klatschgeschichten und Verdächtigungen, für alle jene Misere, welche — wer kennte das nicht? — die kleinen den großen Geistern anzuheften pflegen. Jenes Halbdunkel giebt auch dem Mißtrauen vollen Raum, mit dem nun einmal Alles angesehen wird, was die Oeffentlichkeit scheut. Die Furcht vor Einseitig keit bei Zuwendungen, der Verdacht, daß gewisse Coteriezwecke vorzugsweise Berücksichtigung finden, daß diese oder jene Richt ung zurückgesetzt werde, alles Das wird bei mangelnder Oeffent lichkeit um so lauter und mißtönender hervortreten, je tüchtiger, der Sache gewachsener die Männer sind, welche die entscheidende Stimme haben. Grade diesen gewährt die Oeffentlichkeit eine sehr heilsame Controle und sehr nöthigen Schutz gegen die nie aus bleibenden Zumuthungen allerlei Art. Die Forderung nach Oeffent lichkeit ist endlich keine Zeitphrase, wohl aber tiefgefühltes Zeitbe- dürfniß und ihr wird die Schillerstiftung auch auf die Dauer sich nicht entziehen können. In einem Punkte könnte man meinen, sei der Verschweigung der Vorzug zu geben: - in Rücksicht auß politisch Mißliebige. Allein die Gründe, die hierbei obwalten würden, verlören durch das Halbdunkel der vertraulichen Mit theilung nichts an ihrer Stärke. Es kommt darauf an, daß unabhängige Männer in den Vorstand gewählt werden, Männer, die den edlen Zweck wollen und erreichen helfen, unbekümmert um Parteirichtung und Tagesgeflüster. Das politische Mißfallen, komme es von oben oder von unten, wird dann auf die Be schlüsse dieser Männer keinen Einfluß üben, die öffentliche Mein ung aber ihnen eher zur Stütze dienen, als gefährlich werden. Am 15. Juli 1862 einigte sich der Comite der Schiller- lotterie-Stiftung mit einigen Mitgliedern des Verwaltungsrathes dahin, daß von dem Kapital der 300,000 Thlr. die Zinsen