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keil vertheidigt, fehlt dem Präsidenten der Union alle Macht, die Befreiung der Sclaven durchzusetzen und die Kunde von seiner Proklamation,«wenn sie unter den dortigen Schwarzen bekannt wird, kann nur zu Gewaltthätigkeiten und blutigen Metzeleien gegen die Weißen und deren Kauen und Kinder führen, wie sie früher schon in einzelnen Thenen des Landes bei dem Ausbruche von Sclaven-Empörungen in erschreckender Weise vorgekommen sind. Allerdings empfiehlt Präsident Lincoln den befreiten Sclaven, sich aller Gewaltthätigkeit zu enthalten und in Fällen, wo es erlaubt ist, getreulich für angemessenen Lohn zu arbeiten; aber das sind schöne Worte in den-Wind gesprochen. Der Sclave, wenn er frei ist, oder frei zu sein glaubt, wird sich daran nicht kehren, und seine Leidenschaft richtet sich zunächst gegen Diejenigen, welche ihr Besitzrecht gegen ihn geltend machen wollen. So wird die Proklamation möglicherweise viel Unheil anstiften, vor Allem aber die Erbitterung der südlichen Bevölkerung steigern und zu grausamen Gegenmaßregelu an reizen; aber die Sclaverei wird sie leider nicht ausrotten, schon um deswillen nicht, weil alle Staaten, welche zur Union halten, sie in legaler Weise aufrechterhalten dürfen. Daß der Süden zu Repressalien geneigt ist, die den blutigen Bürgerkrieg noch grausamer zu machen drohen, dafür spricht schon jetzt eine Prokla mation, die der Präsident der Conföderirten, Jefferson Davis, am 23. Dec. veröffentlicht hat. In derselben wird dargelegt, daß der Bundesgeneral Butler in Neuorleans einen Anhänger des Südens, welcher noch vor dem Einrücken der Bundestruppen in dieser Stadt die Unionsflagge herabgeriffen, hat hinrichten lassen, daß die Unionssoldaten zu Gewaltthätigkeiten gegen un schuldige Bürger der Conföderation aufgefordert worden seien, und das gesammte Eigenthum der Bürger confiscirt und die afrikanischen Sclaven zum Aufruhr aufgereizt worden sind. AuS allen diesen Gründen verfügt der Präsident des Südens, daß General Butler und alle seine Offiziere als Räuber und Verbrecher, die den Tod verdienen, betrachtet und, w-nn sie in die Hände der Conföderirten fallen, hiernach behandelt werden sollen; daß ferner alle mit den Waffen in der Hand gefangenen Sclaven nach den Gesetzen der Südstaaten mit dem Tode be straft werden, und alle Unionsoffiziere, die mit aufständischen Sclaven gemeinsame Sache machen, dieses Schicksal theilen sollen. Hoffentlich kommen diese barbarischen Anordnungen nicht zur Ausführung, aber schon der Umstand, daß sie erlassen werden konnten, spricht deutlich genug für die im Süden herrschende Erbitterung. Zur Ehre der Unionsregierung muß übrigens her vorgehoben werden, daß General Butler, welcher in Neuorleans mit der rücksichtslosesten Strenge aufgetreten war, von seinem Posten entfernt worden ist, und daß sein Nachfolger, General Banks, milder und gerechter dort verfährt. Die in den letzten acht Tagen vom nördlichen Kriegs schauplätze eingegangenen Depeschen bestätigen die bereits ge meldete Nachricht, daß die Bundestruppen in dem Kampfe bei MurfreeSborough (Staat Tennessee) den Sieg davon getragen und die genannte Stadt am 4. Januar eingenommen haben. Doch lauten alle bisher vorliegenden Berichte, namentlich was die beiderseitigen Verluste anlangt, noch immer unklar und wi dersprechend; darin stimmen sie aber überein, dafl der Kampf ein sehr blutiger gewesen, dessenungeachtet aber eine eigentliche Entscheidung, welche auf den ferneren Verlauf des Krieges ein zuwirken vermöchte, nicht herbeigeführt habe. Die Unionisten sollen 6500 Mann an Todten und Verwundeten und 28 Ge schütze, sowie mehrere Tausend Gefangene verloren haben; der Verlust der Conföderirten wird mit 4500 an Todten und Ver wundeten und 1000 Gefangenen angegeben. Eine andere De pesche besagt, daß die Conföderirten 12,000 Mann (?)-verloren haben sollen; Letztere behaupten, in aller Ordnung aus Mur- neesborough abgezogen und 4000 Gefangene, 24 Kanonen und 5000 Gewehre mitfortgeführt zu haben- Die volle Wahrheit wird wohl erst durch spätere Berichte festgestellt werden. — Im Staate Mississippi sind die Unionisten nach fünftägigem Kampfe bis auf eine englische Meile von Vicksburg vorgedrungen, dann aber durch die Uebermacht der Conföderirten gezwungen worden, sich jurückzuziehen. Die BundeStruppen sollen in diesen Kämpfen A00V—4000 Mann verloren haben. Drei Brüder u«d ihre Wege. Erzählung aus neuerer Zeit von Franz Ludojatzky. (Fortsetzung.) ' Diese Nachricht schlug den wackern Daniel für ein paar Wochen ganz nieder; er hatte den Gottfried von Herzen lieb und darum regte dessen Unglück ihn zu so großer Theilnahme an. Bald sollte er etwas Näheres über ihn erfahren. Eines Abend- saß er mit seiner Familie beim Abendbrode, als ein stattlicher Herr mit einem kleinen Mädchen in die Stube trat. „Ra nu, Besuch bei uns?" rief Daniel aufstehend und eben wollte er fragen, mit wem er die Ehre habe, zu sprechen, als der fremde Herr ihn umarmte und ihn seinen herzlieben Bruder nannte. „Christian! Bruder Christian!" schrie dieser mit einer so gewaltigen Stentorstimme, daß das kleine fremde Mädchen bitter lich zu weinen anfing. So groß die Freude war, so unverhofft einen seiner Brüder bei sich zu sehen, so groß war auch der Schmerz in Daniel redlichem Herzen, als er die Veranlassung erfuhr, die denselben zu ihm führte. Christian brachte das vierjährige Töchterchen Gottfrieds, der wie er sagte, mit demselben vor vierzehn Tagen bei Nacht zu ihm gekommen und ihn dringend, gebeten chabe, sich seines Kindes anzunehmen, welches ein großes Hinderniß für ihn auf der Flucht wäre, da er doch wegen des zarten Alters Magdalenens Rücksichten nehmm müsse, die für einen Flüchtling höchst verderblich werden könnten.' Als Bruder habe er daS nicht abschlagen können, aber seine Stellung als Buchhalter im Finanzministerio mache eS ihm ganz unmöglich, das Kind eine- so schwer gravirten Flüchtlings wie Gottfried einer sei, bei sich zu behalten, denn es gäbe so viele böse Menschen, die sich ein großes Vergnügen daraus machen würden, ihn der geheimen Verbindung mit den Demagogen zu bezüchtigen und sich außer ordentlich freuen dürften, wenn der Minister, dessen Gunst durch Fleiß und strengste Pünktlichkeit er sich erworben, ihn mit Arg wohn betrachte und er somit in seiner Laufbahn entweder gehemmt oder was gar nicht unmöglich sei, gar dieselbe zu quittiren durch unaufhörliche Jntriguen und Reibungen gezwungen werde, wo durch er natürlich seine ganze Zukunft verliere. „Herr Gott, 's ist schrecklich!" rief Daniel... „o Du armes gutes Lenel, bist Du aus so hundsföttische Art schon zur Waise geworden!" Und Frau Dore trocknete sich die Augen, die ganz voll Thränen standen, denn Schwager Gottfrieds Un glück griff ihr tief in's Herz und sie meinte, das arme Kind rönne doch nicht verstoßen werden, das wäre ja mehr al- grausam. Schwager Christian rückte nun mit der Ursache seines Kom mens heraus. Lenchen sollte bei Bruder Daniel erzogen werden, wo Niemand sich um politische Denuncationen kümmere und da er, der Christian, gern thun werde, was in seinen Kräften stehe, so bitte er den Bruder Daniel vorerst als eine Beisteuer zu Lenchens Erziehung mit hundert Thalern zufrieden sein zu wollen. Die zwei schweren Fünfzigthaler-Rollen, die Christian auf den Tisch legte, zeugten für seine brüderliche Gesinnung. Daniel sagte: „Sieh, Bruder Christian, wäre ich nicht im Geldpunkte so sehr lendenlahm, ich nähme, weiß es Gott, nicht einen Deut von Deinem Gelde; aber bei unser Einem ists in der Fecht schule — leider Gottes — übel genug bestellt. In der Roth müßte das arme kleine Ding freilich mit durchgeschleppt werden, denn wir könnten'- beim Herrgott nicht verantworten, wenn wir uns des Kindes unseres Bruders nicht nach Kräften annehmen wollten. Und dann noch Eins. Verweigerte ich die Annahme Deiner hundert Thaler, so wäre das ein schweres Unrecht an Dir, als wollte ich Dich ausschließen von der Betheiligung an einer guten brüderlichen That, und derlei Hochmuth und Un brüderlichkeit halte Gott ferne von mir. Das kleine Ding bleibt hier bei uns, wir werden es nach besten Kräften aufziehen und behüten." Christian fiel dem Bruder um den Hals vor Freude und sagte, seine Zustimmung habe ihm einen großen Stein von Herzen genommen, wofür er ihm tausendmal danke. Er sei gewlß, daß Lenchen keine bessere Aufnahme irgendwo finden könnte, al- gerade bei ihnen und sie sollten sich darauf verlassen,