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herrlichen, eigen- für da- Fest von deutschen Meistern ersten sMangS cvmponirten und dirigirten Festgesänge. Eine religiöse Composttion unsere- Iuliu- Otto, „der 83. Psalm", eröffnete in würdigster Weise den Reigen. Die Solvstellen trugen wir Dresdner — Orpheus, Liedertafel und Liederkreis — vor. Mit Ausnahme des einen, de- hochpoetischen Gedichte-: Sturme-mythe von Lenau, eomponirt von Lachner, waren alle nun folgenden Getanaftücke patriotischen, deutscheinheitlichen JrchaltS. Der greise Methseffel in Braunschweig hatte einen FistAesang gedichtet und componirt, dessen Schlußworte: Triumph, wenn nun bald ' Weitjubelnd erschallt Das Lied von der deutschen Einheit — stürmischen Beifall fanden. Es folgten: „Alldeutschland", ,^n da- Vaterland", daS schöne, vom Wackern Herzog-von Coburg ^omponirte Lied „An die deutsche Trikolore" mit der tvehmüthigen Frage: Altes Banner deutscher Große, Fühlst Du Deines Ruhmes Blöße, Trägst du Flore, Trikolore? und dem siegeSmuthigen Aufruf: Lebe, stiege, kämpfe wieder - Und nach langem Traum dec Macht Grüßt Dich neue Herrscherpracht. Den Schluß bildeten: „An die Deutschen" und „Des Sän- ,g«rS Htrz." Eine angenehme Unterbrechung dieser Ausführung gab ein telegraphischer Gruß des Königs Mar an seine „treue Stadt Nürnberg und ihre Gäste", der mit der bairischen Volkshymne „Heil unserm König, Heil" erwidert wurde. Nach der Aufführung wogte Alles hinaus ins Freie auf den herrlichen Marplatz. Der Spätabend führte uns wieder in die Festhalle zu Einzelvorträgen, denen wir beim Gläserklang lauschten. Die Wiener und Jnsbrucker Sänger fanden beson deren Beikall. Am Montag den 22. Juli Mittags hiclten wir unsren festlichen Aufzug »ach der Sängerhalle. Wir zogen, über 5000 Sänger, 250 Gesangvereine, durch die festlich geschmück ten Straßen und Plätze der herrlichen Stadt. An unserer Spitze zog kein Kaiser — aber die schwarz-roth-goldne Fest fahne. Nürnberger und Fürther Turner bildeten das Spalier auf beiden Seiten. Sechs Musikchöre geleiteten den Zug. Die Vereine folgten n-ch alphabetischer Ordnung ihrer Wohnorte, wir waren also mit unter den Vordersten. Jedem Verein trug ein Lurnerknabe auf hoher Fahnenstange ein Schild mit dem Berein-namen voran, ihm folgte die Vereinsfahne. Das Gewühl auf den Straßen, die dichtgedrängten Schaaren an Balkonen und Fenstern sind nicht zu beschreiben. Noch we niger der enthusiastische Jubel, mit dem wir begrüßt und empfangen wurden. Wie Sieger zogen wir einher, aus allen Fenstern flogen Blumenspenden. Und als die Blumen ver- spendet waren, da wurden die Kränze und Laubgewinde von den Giebeln gerissen und auf uns herabgeworfen, ja selbst Armbänder fielen von schöner Hand hernieder als Freudespen- - den für die Sänger. Ja, da bewährte sich wieder einmal das Dichterwort: „Drum soll auch ein ewiges, zartes Band Die Frauen und Sänger umflechten." ES mußte aber auch einen schönen, großartigen Anblick gewähren, von den Eckfenstern und Erkern dieser Giebelhäuser auS den großartigen Zug der Sängersckaaren zu übersehen. Wer nennt die Völker, kennt die Namen, - Die alle hier Zusammenkommen? Frankfurt a.M.war mit 16 Nürnberg mit.11, Fürth mi16, Mün chen mit 4, Dresden mit 3 Vereinen vertreten. Es waren zahl reiche Sänger da auS Amberg, Ansbach, Apolda, Augsburg, Bamberg, Bayreuth, Eoburg, Chemnitz, Eonstanz, Dres den, EssyraK, Erlangen,, Elberfeld, Frankfurt a. M , Fürth, Freiberg, Gotha, Hof, Innsbruck, Kassel, Kiel, Landshut, Leipzig, Linz, Magdeburg, Mainz, Mannheim, Meran, München, Nürnberg, Passau, Plauen, Preßburg, Regens burg, Rudolstadt, Salzburg, Schwabach, Schweinfurt, Schwe rin, Straubing, Stuttgart, Ulm, Weißenburg, Wien, Wies baden, Würzburg, Wunsiedel u. s. w. Deputationen ge sandt hatten die Sängervereine von Bautzen, Berlin, Berk Braunschweig, Bremen, Darmstadt, Heidelberg, Karlsruhe, Köln, Königsberg, London, Lübeck, Memel, Speyer, Lep- litz, Weimar, Zweibrücken u. s. w. Au- Constantinopel und Newyork waren je ein Vertreter der deutschen Gesangvereine (Teutonia, Liederkranz) erschienen. Die Liedertafel zu Her mannstadt hatte einen Festgruß, der Sängerbund Teutonia in Paris ein Telegramm gesendet. Nachmittags fünf Uhr fand In der Tonhalle die zweite Hauptaufführung statt, gleichfalls von acht Originaleompofl- rionen, deren sechs wiederum patriotischen Inhalt- waren. Den gewaltigsten Eindruck machte das Gedickt „Unser Hort" von Ör. Hölzl, componirt von Grobe in Nürnberg. -Es lautet: ^ Was wir wollen? — Sangeslust Heven Kopf und treue Brust Frauen, deutscher Männer werth, Für den Feind ein scharfes Schwert, Gleiches Recht und gleiche Pflicht, Gleichheit Aller vor Gericht, Freren Rath und freies Wort, .'.7^ Deutscher Einheit heil'gen Hort. Was wir wollen? — Engverwandt Nord und Süd im deutschen Land, Allerweg ein deutsches Lied, Das durch uns're Gauen zieht, Uns durch alle Nerven bebt Und begeisternd sie erhebt; Denn nur so: — früh oder spat Wird das deutsche Lied zur That! — Was wir wollen? — Hand in Hand Fürst und Volk für's Vaterland, Eine Flagge auf dem Meer, Eine Fadne für das Heer, Einen Führer in der Schlacht, Unsrer Fahne Sieg und Macht, Achtung, die der Erdball zollt, Deutschlands Banner „Schwarz-Roth-Gold!" Ihm folgte: „Frühlingsgruß an das Vaterland", „der deutsche Landsturm", „Frisch auf zum Siegen", „Allgemeines Schlacht- gebet" (von Körner), „Ermanne dich, Deutschland". Am Abende fanden Einzelvorträge statt. Ein sachkundiger unparteiischer Beurtheiler (L. Bischoff in Köln) hat die Vor träge der Vereine zu Coburg, Dresden, Innsbruck, Würz burg und Wien, für die ausgezeichnetsten erklärt. Der Wiener Männergrsangverein erntete durch den Bortrag des „Wald- liedes" den reichsten Beifall. Am 23. folgte, nach einem Ausfluge nach Dutzendteich und Schmausenbuck, Len Thaten des Männergesangs daS Rathen. Unsere Vereinsvorstände tagten im großen Rathhau-saal und beschlossen die Gründung eines allgemeinen deutschen Sänger bundes. Abends fanden patriotische Gesammt- und Einzelvorträgestatt. Die Stimmung war von Anfang bis zu Ende eine ge hobene,-eine freudige, getragen und verklärt durch die stegeS- gewisse Zuversicht, daß „wie wir hier uns einig finden, so wird's auch sein zu jeder Zeit." Der Liederkcanz zu Mündelheim und die Münchner Sänger- genoffenschaft (Liedertafel, Bürgersängerzunft, Liederkranz, Neu bavaria) brachten ihren Gruß in gedruckten Festliedern dar. Der Münchner Festgruß enthält mehr als die locale Initiale, das Münchner Kindlein, verspricht. Er enthält den patrioti schen Zuruf: Sei Du der Thau, der seine Perlen regnet Auf unsrer Hoffnung längstgestreuten Samen, Sei Du der Spruch, der unser Mühen segnet, O deutsche- Lied und mach' unS einig! Amen. Der „Sängerruf" der Münchner lautet: In Lied und Red', in Fried' und Fehd', Fest, einig, frei, sei unser Feldgeschrei. ' ' - Zwei schöne Illustrationen: ein Blld der Sängerhalle und ein geschmackvolles Erinnerungstableau, mit den Porträts der Com- ponisten: Ernst Herzog von Coburg, Kalliwoda, Methseffel, Hiller, Otto, Möhring, Tschirch, Storch, F. v. Lachner, Kücken, Abt, Becker, B. v. Lachner, Neeb, Emmerling und Grobe, werden uns auch äußerliche Gedrnkzeichen an Nürnberg bleiben. Die dort verlebten herrlichen Tage werden nie dem Gedächt- niß entschwinden. Nürnbergs trefflicher, tüchtiger Bewohner,