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der Sewerbefreiheit vor und steht kein gesetzliches AufenthaltS- htnverniß i« Wege, so erhält der Anmelder einen Anmeldeschein— und er kann da- Gewerbe betreiben. Entschied flch die Behörde da hin, daß er nach der Gtädteordnung auch Bürger werden muß und weigert sich der Anmelder dessen, so kann ihm deshalb der Anmeldeschein nicht vorenthalten werden — dafern er nur die Bürgerrechtsgebühren deponirt. Dies „Dafern" ist eine zwar gelinde, aber für den Unvermögenden immer noch recht fühl bare Ausnahme von der Regel der Gewerbefreiheit. Hat man den Anmeldeschein, so kann man d-S Gewerbe auch durch einen verantwortlichen Stellvertreter oder Pachter ausüben lassen. ES ist gestattet, ein freies Gewerbe an verschiedenen Orten des Landes zu betreiben. Wo der Unternehmer nicht selbst wohnt, muß er einen Stellvertreter einsetzen. An einem und demselben Orte darf man aber außer dem Verkaufsorte an der Werkstelle nur noch eine Einzelverkaufsstelle für Artikel einer und derselben Art besitzen. Eine und dieselbe Person kann indeß verschiedene Gewerbe betreiben. Verschiedene Gewerbtreibende dürfen sich zum gemeinsamen Betriebe vereinigen. Jeder Ge- werbtreibende ist in der Wahl seines ArbeitS- und Hülfsper- sonal- unbeschränkt. Der Wander- und Herbergszwang ist aufgehoben. Für Arbeiter und Gehülfen werden Arbeitsbücher eingeführt. Unmündige schließen ArbeitsvertrSge mit Ein willigung deS Vaters oder Vormundes ab. Lehrlinge kann jeder selbständige Gewerbtreibende wie bisher annehmen. Ueber die Bedingungen und Dauer der Lehrzeit entscheidet der Lehrvertrag. Er ist Sache freier Vereinbarung, darf aber nichts den Gesetzen Zuwiderlaufendes enthalten. Der Lehr vertrag .mit Minderjährigen muß vor der OrtSobrigkeit abge schlossen werden. Die Probezeit, falls solche im Lehrvertrage brdlchgen, wird in die fortgesetzte Lehrzeit eingerechnet. Gegen den Willen seiner rechtlichen Vertreter, oder — wenn er mün dig — gegen seinen Willen kann der Lehrling nicht zur Fort setzung der Lehrzeit genöthigt werden. Doch bleibt dem Lehr herrn sein Entschädigungsrecht und der Strafanttag wider den entlaufenen Lehrling. Ist nichts bedungen, so wird von dem Lehrgeld für'S erste Lehrjahr doppelt soviel gerechnet, als für ftdeS folgende. Der Lehrling hat das Recht auf ein Lehrzeugniß. > Nur die einer Innung angehörigen selbständigen Ge- werbtteibenden können die Benennung „Meister" beanspruchen. Den Innungen sicht weder ein Beitrittszwang noch die Auf- nabmeverweigerung zu. Die dermalen vorhandenen Innungen bleiben fortbestehen. Ihre Specialartikel gelten so lange, bis sie revidirt oder abgeändert werden — jedoch nur insoweit, als sie nicht mit dem Gewerbegesetz in Widerspruch stehen. — Es sei für diesmal mit diesen allgemeineren Bestimmungen genug. DäS Gesetz selbst wird nächstens erscheinen und jeder Tewerbsmann wird wohlthun, den Inhalt sich einzuprägen. Die Zeit der Prüfung ist nun bald zu Ende. Die Schranken fallen und der sächsische Gewerbstand soll und wird bewähren, daß er unter dem Segensstrahl der Gewerbefreiheit Tüchtiges zu leisten vermag. So möge sie denn bald kommen, die lang ersehnte und langbekämpfte Gewerbefreiheit, sie, die uns zuruft, die allen wackeren Gewerbtreibenden verheißt: Arbeit ist des Bürgers Zierde, - N > Segen ist der Mühe Preis'. Dresden, den 25. April. — Nächsten Donnerstag, den 9. d. M. findet die Eröffnung deS zoologischen Gartens statt. /T— « AuS dem Geiichtsfaal haben wir zu berichten, daß der Flickschneider F. W. Beckmann aus Löbau wegen mit ei nem Kinde getriebener Unzucht zu 9 Monaten Arbeitshaus verur- theilt wurde. Am GinsprnchStage wurde zuerst über einen schon lange obschwebenden Streit verhandelt, der zwischen dem Hausbe sitzer C. A. Wustlich in Altcoschütz und einigen anderen Personen sich entwickelt hatte. Wustlich war deswegen verklagt worden, weil er ein von ihm au-gestellteS Schulddoeument über 29 Thlr. dem rechtmäßigen Inhaber listiger Weise entnommen, obgleich er später die fragliche Schuld bezahlt hatte. Gr war deshalb zu, 2 Wochen Gefängniß, eine gewiA Frau Schellenberg aber wegen gegen ihn außgestoßener Beleidigungen zu 2 Thlr. Strafe verurtheilt worden^ Da- Gericht bestätigte beide Erkenntnisse, mit der Modifikation, daß Frau Sch. von Strafe und Kosten frei sein solle, wenn sie beschwören könne, die Beleidigungen nicht gesagt zu haben. Sodann wurde ein Grkenntniß de- GerichtSamtS Tharand, wornach eine berüchtigte Diebin, die Joh. Ros. Adam au- Dorfhain, wegen eine- Gelddiebstahls, den sie beharrlich leugnete, zu 1 Jahr Ar beitshaus verurtheilt worden war, bestätigt. Endlich fand ein zwischen dem Herrn VorwerkSbefitzer T. G. E. Schumann in Seidnitz und dem GerichtSaufwärter Herrn Kreißer allhier entstan dener Streit seine Erledigung. Herr Schumann hatte nämlkch seinen Stock, dessen Werth auf 6 Thlr. veranschlagt war, im Vor zimmer deS Gerichts stehen lassen, wo Hr. Kreißer und 2 Copisten so wie ein Pferdejunge Hrn. Schumann'S mit seinem Vater, die ihn verklagt hatten, zugegen waren. Letztere kamen eher auS dem Ver hör zurück, packten ihre Sachen zusammen und verschwanden. Als aber Hr. Schumann nachfolgte, war sein Stock weg. Nun ergab flch, daß Herr Kreißer denselben unterdeß einmal in Händen ge habt und flch besehen tMe, und darauf hin wurde Hr. Schumann unangenehm, und meinte: „Wenn man einen Stock hier im Ge richtsamt hinstellt, so glaubt man ihn doch gut aufgehoben", und was dergl. mehr war. Kreißer und die Copisten, welche darin den Vorwurf erblickten, als sollten fle flch den Stock widerrechtlich an geeignet haben, verklagten darauf Hrn. Schumann und da- Ge richtsamt verurtheilte ihn zu - Thlr. Strafe. Da aber Hr. Sch. darthat, daß in jenen Aeußerungen eine solche Insinuation durch aus nicht habe liegen sollen, sprach ihn auf erhobenen Einspruch das Bezirksgericht frei. In einer ferneren Hauptverhandlung wurde der Bergarbeiter C. A. Wunsche aus Döhlen mit 10 Monaten Arbeitshaus bestraft, weil er auS einer verschlossenen Stube, deren Thüre er mit Gewalt aufgewuchtet, eine Uhr nebst goldener Kette sowie 3 Thlr. 22 Ngr. baares Geld gestohlen hatte, und an demselben Tage der Schreiber Arno Klink von hier, schon im Monat März wegen Unterschlagung mit 6 Monaten Gefängniß bestraft, infolge einer zweiten Anklage wegen mehrfacher Schmähungen auf Re ligion und Cultus, von der er bei jener Verhandlung freigesprochen worden war, auf von der Staatsanwaltschaft erhobene Nichtig keitsbeschwerde nunmehr noch nachträglich zu 1 Monat Gefängniß verurtheilt. — Wegen Unterschlagung und böslichen Bankrotts wurde gegen den suSpendirten Advokaten C. A. Winkler zu Tha rand (vormaligen Bürgermeister in Elterlein) erkannt. Er hatte 50 Thlr. und 35 Thlr., die ihm von Clienten zur Auszahlung anvertraut worden waren, nicht abgeliefert, sondern verthan, auch, während am 3. Januar der Concursproceß gegen ihn eröffnet worden war, noch am 12. Januar über sein Mobiliar dergestalt verfügt, daß er Demjenigen, den er um die 35 Thlr. betrogen hatte, dasselbe verpfändete und das betr. Document auf den 2. Jan, zurückdatirte. ES trafen ihn 1 Jahd 8 Monate Arbeitshaus. ZWilsdruf, 1. Mai. Gestern wurde der dem Trünke er gebene Schuhmachergeselle Büttner von hier, welcher^von Dresden nach WilSdruf zurückkehrte, unweit von hier in dem Graben der nach Kesselsdorf führenden Chaussee erfroren aufgefunden; er hatte sieben Stunden dort gelegen. Pirna, 1. Mai. Am Sonnabend hat flch auf der säch sisch-böhmischen Bahn ein bedauerliches Unglück ereignet. Der früh von Königstein abgegangene Personenzug gericth nämlich bei Strand infolge unrichtiger Weichenstellung auf das in die Niederkirchleith- ner Sandsteinbrüche führende Ladegleis, wodurch ein heftiger Zu sammenstoß mit den in Ladung befindlichen drei Lowries herbeige führt wurde. Letztere wurden zertrümmert, die Locomotive.stark beschädigt und das Ladegerüste über den, Bahndamm geschleudert. Keider sind bei diesem Unfälle zwei Arbeiter der Sächsischen Sand stein-Compagnie, welche letztere die Brüche erpachtetchat, verunglückt; der eine, Fr. L Kalb, genannt Peuckert, aus Wsißig, wurde so fort getödtet, der andere, NamenS Vetter aus'Sebnitz, wurde schwer am Kopfe verletzt und ist, wie wir hören, gestern ebenfalls ge storben. Der Lokomotivführer Ryssel erlitt eine nicht unbedeutende Kopfverletzung. Die Schuld wird lediglich dem an jener Bahn strecke angestellien Weichenwärter Herold beigemeffen. (FortfftzUWtzclm «er Neustadt-DreSden, Dampf-Schnellpeeffendruck der E. Heinrich'schen «uchdmckeret. (Hierzu: Ler Dampstvage» Rr. 18 nebst zwei «eilten.)