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204 gefunden. Der zeithenge Minister der Generalpolizei, Hr. de MaupaS, ist zum Senator ernannt und al- Gesandter nach Neapel geschickt worden. Gü« Entsetzung Wl^vameMch durch dm Minister deS Len. O. PechigW, -«lßem dir nebm "und über ihm «e-iewnie Psliaeigewatt Nn-st Zu wider war, herbeigeführt worden sein. Hr. de MaupaS soll seinen Fall längst geahnt haben, und die böse Welt sagt, daß die in den letzte« Wochen entdeckten Complotte und die deß- halb verfügten zahlreichen Verhaftungen nur zu Stande ge bracht worden seien, um die Notwendigkeit und Unentbehr lichkeit deS Polizeiministeriums nachzuweisen, eine Angabe, die um deswillen nicht ganz unwahrscheinlich ist, weil die meisten Verhafteten wieder freigelassen sind, und die Regierung selbst öffentlich anerkennt, daß gegenwärtig Ruhe und Sicherheit im Lande herrschen. Ferner behauptet man auch, daß obiger Schritt nicht ohne Einfluß auf die Politik der Regierung blei ben werde, weil Hr. de. Maupas im Ministerium die Frie denspolitik vertrat, indem er sich fortwährend auf den un ruhigen Zustand des Landes berief, während Persigny dieser Ansicht entgegenwirkte und ein entschiedenes Auftreten Frank reichs nach Außen forderte. — Ein ferneres Decret des Kai sers ordnet durch ein besonderes Statut die Verhältnisse der kaiserlichen Familie, wie solches durch Senatsbeschluß vom 7. Nov. 1852 vorgesehen war. Dem Kaiser, als dem Ober haupte der Napoleoniden, ist dadurch die ausgedehnteste Ge walt über sämmtlicke Mitglieder der kaiserlichen Familie ver liehen; er hat die Heirathen der einzelnen Mitglieder zu ge nehmigen, die Erziehung der Kinder zu ordnen und ohne feine Genehmigung darf kein Familienglied eine größere Reise unternehmen, auch kann der Kaiser in gewissen Fällen gegen feine Verwandten einjährigen Arrest und auf dieselbe Zelt die Verbannung verfügen. Was die orientalischen Angelegenheiten anbelangt, so ha ben wir schon früher auf die Unbestimmtheit der Regierungs organe hingewiesen, welche es unmöglich macht, ein bestimm tes Urtheil über die Politik des kaiserlichen Kabinets zu fäl len. Die Pariser Journale begnügten sich in den letzten Tagen damit, die ruffenfeindlichen Artikel der englischen Blätter ab zudrucken, yhne eine eigene Meinung hinzuzufügen. Nur das halboffizielle Bulletin führt eine ziemlich energische Sprache. Frankreich würde hiernach Rußland auffordern, offen seine Absichten zu erklären und zu sagen, ob es für Krieg oder Frieden ist. Im ersteren Falle will Frankreich den Czaren unterstützen, um eine für Alle ehrenhafte Lösung zu Stande zu bringen. Wenn aber Rußland den Krieg wolle, so sei Frankreich bereit, ihn anzunehmen. Frankreich werde aber auf einer schnellen und definitiven Antwort bestehen, da die Unsicherheit, ob Krieg ausbrechen oder der Friede erhalten werden solle, schon zu lange gedauert habe. Dieses werde und müsse das Ultimatum deS Napoleon'schen Frankreichs sein. — Im Uebrigen hat sich in letzter Woche der Glaube an die Aufrechterhaltung des Friedens sowohl an der Börse als auch im Publikum von Neuem befestigt, da man noch im mer hofft, Rußland werde es nicht zum Aeußersten kommen lassen. Der Kriegsminister, Marschall St. Arnaud, hat dem Prinzen von Preußen in Saarlouis einen Besuch abgestattet; der Marschall wohnte an der Seite des Prinzen einer Revue der preußischen Truppen bei. .Großbritannien. Die englischen Blätter find weit weniger zurückhaltend in ihren Urtheilen über die orientalische Frage, alS die französischen; ihr feindseliges Auftreten gegen Rußland "ist durch die neueste Eirculardepesche des Peters burger KabinetS nur noch gesteigert worden, obgleich man hieraus bei der gegenwärtigen KrisiS eine Folgerung auf die Politik "veS englischen Kabinets nicht ziehen kann. Mehrere 'Blätter dringen auf die Entlassung Lord Aberdeen's und Lord Elarmdon'S aus dem Kabinet, da ihre Schwachmüthigkeit und ihre'Nachgiebigkeit gegen Rußland den Krieg möglich ge macht hätten. Die Londoner Börse und der größere Theil deS Publikums glauben übrigens an keinen Krieg, selbst für den Fall, daß, woran man auch in England nicht mehr zweifelt, die Russen die Donaufürstenthümer besetzen. — Die Nachricht, daß daS Geschwader deS Admiral- Corry sich mit Ler Mr de« L-rdanell« liegenden Flotte vereinigen solle, hat sich Nicht besteigt. E- sLeW Üelmchr, d^ß diese Abteilung der britischen Seemacht bestimmt ist, in der Nordsee zu kreu zen, um bei der Hand zu sein, falls die Bewegungen der russischen Flotte in der Ostsee verdächtig würden. Admiral Corry ist auf der Fahrt den Kanal aufwärts bereits am 20. Juni an Plymouth vorbeigekommen. Dänemark. In der am 24. Juni stattgefundenen Sitzung des vereinigten Reichstag- hat endlich die dritte Be- rathung der Erbfolgebotschaft stattgefunden und es ist dieselbe mit 119 gegen 10 Stimmen angenommen worden; mehrere Deputirte enthielten sich der Abstimmung. Die Regierung hat demnach, nachdem sie im Laufe eines Jahres den Reichs tag dreimal aufaelöst, schließlich doch noch ihr Ziel erreicht. Rußland. Die Nachrichten aus den Standquartie ren der russischen Armee reichen bis zum 20. Juni; bis zu diesem Lage hatten die Russen ihre Stellung am Pruth noch nicht verlassen, aber in der Moldau hält man die russische Besetzung für eine ausgemachte Sache und auch in der Wa lachei ist man auf gleichen Besuch vorbereitet. Wie die Augs burger Allg. Ztg. aus Jassy berichtet, wäre die Proklamation des russischen Kaisers, welche am Tage des Einrückens der Truppen veröffentlicht werden soll, bereits gedruckt; dieselbe soll die Versicherung enthalten, daß die militärische Besetzung der Fürstenthümer keineswegs die Einverleibung derselben, sondern blos die Nöthigung der Pforte zur Annahme des Ultimatums zum Zwecke habe. Türkei. Fast alle Nachrichten aus Konstantinopel, von denen die letzten bis zum 17. Juni reichen, stimmen darin über ein, daß die Pforte das russische Ultimatum verworfen habe; nur einzelne Angaben weichen hierüber darin ab, daß sie be haupten, die Ablehnung sei in einer Form ausgedrückt, welche eine Rückantwort des Petersburger Cabinets wahrscheinlich mache. Nach dem amtlichen Blatte des Divans ging man im türkischen Ministeriums von der Ansicht aus, daß Alles, was Rußland begehre, und noch mehr, durch den am 6. Juni erlassenen Ferman (s. Nr. 25) gewährt worden. Dem russi schen Kaiser gegenüber noch eine besondere Garantie über die Erfüllung der gemachten Verheißungen zu geben, hielt der Divan mit der Würde und Unabhängigkeit des türkischen Thrones nicht vereinbar, da der Sultan vor allen Mächten der Welt die Verpflichtung übernommen habe, die den ver schiedenen Culten zugesicherten Privilegien unangetastet zu be wahren. Die noch übrige hauptsächlichste Forderung Rußlands, wonach der Sultan dem Petersburger Cabinet eine förmliche und separate Acte ausstellen soll, wäre demnach zur Zeit noch unerledigt, und wenn der Czar auch ferner darauf beharrt, so wäre im Grunde genommen noch alles beim Alten. Einen besonderen Einfluß auf den versöhnlichen Ton der letzten tür kischen Note soll der neuangekommene österreichische Gesandte, Freiherr v. Bruck, geäußert haben, welcher durch seine Ver mittelung eine friedliche Lösung der vorhandenen Wirren zu erstreben hofft. Wenn man indessen erwägt, daß der Fürst Mentschikoff schon während seiner Anwesenheit in Konstanti nopel sich dahin äußerte, daß die Gewährleistung der Rechte aller Christen von Rußland keineswegs als ein Mittel der Ausgleichung angesehen werden könne, so darf man auf eine Nachgiebigkeit des Petersburger CabinetS nicht sicher zählen. Mit dem Dampfer, welcher die türkische Note nach Odessa trug, find auch die Archive der russischen Gesandtschaft abge gangen. — Die Pforte rüstet übrigens mit Macht. Man beabsichtigt die Bildung und Aufstellung von zwei ArmeecorpS, jedes in der Stärke von 45,000 — 50,000 Mann in Bul garien; der Generalstab ist nach Schumla beordert worden, wo auch Omer-Pascha erwartet wird. Ein drittes Armeecorps, etwa 48,000 Mann stark, soll zu Erzerum in Asien coneen- tnrt werden.