Volltext Seite (XML)
größten Meister auf dem von mir so vorzugsweise geliebten und geübten Instrumente kennen und machte, von ihrem Ra/H und Beispiel geleitet, solche unverkennbare Fortschritte, daß selbst der schwer zu befriedigende Herz einmal zu meinem Freunde, dem Factor, nach einigen von mir vorge tragenen Variationen von seiner eigenen Compo- sition äußerte: Ich begreife nicht, wie dieser Preuße der zarten und ausdrucksvollen Intonation ge kommen ist. Ich würde ihn jedenfalls für einen Italiener oder Franzosen gehalten haben, wenn ich nicht überzeugt wäre, daß er ein ächter Branden burger ist. Bei dem Namen Herz kann ich eine Bemerk ung nicht unterdrücken, die jedem in Paris ver weilenden Deutschen gleichsam unwillkürlich ent gegentritt. ES sind dieß die vielen deutschen Na men, deren Träger dessenungeachtet kein Wort Deutsch sprechen, sich auch selten ihrer deutschen Vorfahren erinnern und sich nur ungern an eine Abstammung gemahnt seden, welche Namen wie: Cramer, Hoffmann, Bauer, Obermann u. s. w. vnabweislich als eine ächt teutonische bezeichnen. Auch ein Markthelfer deS Herrn Buvry, Namens Weidner, ist ein ächter Pariser, der kein Wort Deutsch versteht und von dessen Vorältern, außer dem deut schen Namen, auch nicht die mindeste traditionelle Sage auf eine deutsche Abstammung hindeutet. Dieser Weidner wurde oft scherzweise von dem würdigen Pfefferküchler te eonspirateur (der Ver^- schwörer) genannt, und auf mein Befragen, wie dieser ganz harmlose, nur hin und wieder dem Trünke etwas ergebene Bursche zu diesem omi nösen Beinamen gekommen, wurde mir folgende tragikomische, ächt charakteristische Pariser Criminal- Grschichte mit Voruntersuchung, Mündlichkeit und Oeffentlichkeit nebst Geschworenen-Gericht in op tima lorma mitgetheilt und zur Steuer der un verfälschten Wahrheit mit einem gedruckten Blatte dei Lsretteäes tribunaux, welches Weidner sorgfäl tig aufbewahrte und mit einem gewissen Stolze, als officiellen Beweis seiner VerfchwörungSdigni- tät vorzrigte,- belegt. Da ich glaube, daß manchem unserer Leser die dramatisirte Skizze einer solchen Verhandlung nicht unwillkommen sein dürfte, so theile ich selbige hier um so lieber mit, da sie manche Veranlassung zum Vergleiche mit dem in mehren deutschen Staa» ten noch üblichen, heimlichen, inquisitorischen Vtr* fahren darbietet und wohl im Stande sein möchte, die Vorzüge de- einen, wie die Nachtheile de- an deren in da- gehörige Licht zu stellen. (Fortsetzung folgt.) Mäßigkeit. Einer der trefflichsten Geistlichen in den Ver einigten Staaten, der vor einiger Zeit verstorbene Vr Channing, der durch seine amtliche Uätig- key und durch ausgHnchvete Schriften lange wohl- thattz gewirkt und selbst den Muth gehabt hat, äegen die in den südlichen Staaten begünstigte Sklaverei zu schreiben, giebt in einer Flugschrift schätzbare Bemerkungen über Unmäßigkeit, ihre Ursachen, ihre Folgen und ihre Verhütung,'die einer weiteren Verbreitung werth sind. Die^ Ur sachen der Unmäßigkeit, sagt er, seien zum gr-ß» ten Theil äußere, und man müsse da- Gegen mittel in der Erhebuna deS Charakters und i» der Verbesserung deS Zustande- der arbeitenden Volksklaffe suchen. Die Ursachen der Unmäßig^ keit finden sich in dem gegenwärtigen Zustande des Gesellschaft. Allerdings liegt die Grundursache deS Uebels in der Unmäßigkeit selbst, in sittlicher Schwäche und Unentschlossenheit und in freiwilliger Nachgiebigkeit gegen die Versuchung. Die Ge sellschaft aber, welche Versuchungen vermehrt und die Kraft des Menschen zum Widerstande schwächt, ist für alle weit verbreiteten Laster verantwortlich und hat die Verpflichtung, Alles zu deren Unter drückung aufzubieten. „Eine der gewöhnlichsten Ursachen der Unmäßigkeit ist in dem gegenwärtigen Zustande der Dinge zu suchen, in dem schweren Druck der Sorgen, der auf einem großen Theile der Menschen liegt. Wie viele find genöthigt, um sich und ihre Familien zu erhalten, sich Ar beiten aufzulegen, die den Geist erschöpfen und der Gesundheit schaden, und- sie glauben, Erleich terung in aufreizenden Genüssen zu finden. Man kann nicht sagen, daß die Gesittung die Last der Menschen .erleichtere, sie hat dieselbe bis jetzt nur vermehrt, und in dieser Wirkung muß man das Zeichen eines großen Mangels in den sogenannten Fortschritten der Gesellschaft finden. — Es kann nicht die Absicht des Schöpfers sein, daß daS ganze Leben in Plackerei zur Befriedigung thier- ifcher Bedürfnisse hingebracht werde. Der Zu stand der Gesittung ist sehr unvollkommen, in welchem die Mehrzahl der Menschen vor körper licher Anstrengung nicht Zeit gewinnen kann zur geistigen, sittlichen und gesellschaftlichen Ausbildung. Es ist ein trauriger Anblick, die Menge zu dem Zustande von Lastthieren herabgewürdigt zu sehen. Erschöpfende Arbeiten machen den Geist unfähig, Versuchungen Widerstand zu leisten. Der Mensch, der durch Arbeit abgemattet und durch seine Lage von höheren Genüssen ausgeschlossen ist, wird ge zwungen, in übermäßigen Sinnengenüffen eine lauschende Erleichterung zu suchen. Wie der'Zu stand der Gesellschaft verändert werden solle, um übermäßigen Druck von irgend einer Klaffe abzu halten, ist allerdings eine schwierige Frage. So 'viel ist klar, in unseren gegenwärtigen Einricht ungen und Gewohnheiten liegt nicht die Richtung, »Hülfe zu bringen. Im Gegentheil scheinen Wohl- ! habende und Dürftige durch übermäßige Arbeit, ängstliche Gorge für die Zukunft, schwere Kampfe mehr und mehr gedrückt zu werben. Innere geistige Veredelung möchte da- einzige sichere Mittel geHm gesellschaftliche Uebel sein." < „Eine andere, mit jener innig verbundene Ur sache iß die geistige Erniedrigung utid UgwiffeM