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Sächsischer Landes-Anzeiger : 07.09.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-09-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188809078
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18880907
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18880907
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1888
-
Monat
1888-09
- Tag 1888-09-07
-
Monat
1888-09
-
Jahr
1888
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 07.09.1888
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Nr. 200. — 8. Jahrgang. Der jeden Wochentag Abend (mit Datum des folgenden Tages) zur Versendung gelangende „Sächsische Landes-Anzeiger" mit täglich einem Extra-Beiblatt: 1. Kleine Botschaft S. Sächsischer Erzähler 3. Sächsische Gerichtszeitung 4. Sächsisches Allerlei 5. Illustrirtes Untcrhaltungsblatt 6. Sonntagsblatt 7. Lustiges Bilderbuch kostet bei den Ausgabestellen monatlich 70 Pig., bei de» Post-Anstalten 75 Pfg. (Post-Zeitnngs-PrciSliste Nr. 6035.) Sächsischer iMes-Aiiskiser. Unparteiische tägliche Zeitung für Sachsen rrnd Thüringen. Verlags-Expedition: Alexander Wiede, Bnchdrnckerei, Chemnitz, Theaterstratze Nr. 5. Fcrnsprech-Anschluß Nr. 136. — Telegramm-Adresse: Landes-Anzeiger, Chemnitz. Freitag, 7. September 1888. Von den Hauptblättern des „Sächsischen Landcs-Anzeigcrs" erscheint (ohne dessen tägliche Extra - Beiblätter) eine billigere Sonder-Ausgabe unter dem Titel: Chemnitzer General-Anzeiger für monatlich nur 50 Pfg. mit Zutragen; außerhalb Chemnitz monatl. 57 Pf. in. Ztr. (Zeitungs-Preisliste 3. Nachtr. Nr. 1350a.) Für Abonnenten crscheint jc einmal ini Jahr: Eomiiier-Eiseiibahtifahrplaiiheft für Sachse». Wintcr-Eiscnbahnfahrplaiihcft für Sachsen. Jllustr. Kalender des sächsischen Landboten. Illustrirtes Jahresbuch des Landes-Anzeigers. Anzeigenpreis: Rani» einer schmalen Corpnszeile 15 Pfg. — Bevorzugte Stelle (Ispaltige Petitzeile) 30 Pfg. — Bei Wiederholung großer Anzeigen Preisermäßigung. — Bei Bestellungen von Auswärts wolle mau den Einrückungsbetrag (in Briefmarken) beifügen tje 8 Silbe» Cvrpnsschrift bilden ca. 1 Zeile.) — Anzeigen könne» unr bis Vormittag nngcuommen werden, da Druck und Verbreitung der großen Anstage längere Zeit erfordern. — Die Anzeigen finden ohne Preisaufschlag gleichzeitig Verbreitung dnrch den „Chemnitzer General-Anzeiger" (billigere Sonder-Ausgabe der Hauptblättcr des „Sächsischen Landes-Anzeigers" ohne dessen tägliche Extra-Beiblätter). Amtsgerichtliche Bekanntmachungen. Im Handelsregister für den Stadtbezirk des Unterzeichneten Amtsgerichts wurde heute a»f Folium 3151 die Firma Carl Ochmichcn in Chemnitz (Schillerplatz Nr. 24) und als deren Inhaber der Kaufmann Herr Friedrich Carl Oehnnchen daselbst, Besitzer eines Agenturgeschäfts, eingetragen. Chemnitz, am 3. September 1888. Königliches Amtsgericht. Das im Grundbuchc auf den Namen Gottfried Hermann Gerstenbcrger eingetragene Banergut, bestehend aus Wohn- und Wirthschastsgebände», Hof- ranm, Garten, Teich, Feld, Wiese und Birkenniederwald, Nr. 11, 203 und 201 des Flurbuchs, Nr. 32 des Brandkatasters und Folium 44 des Grund buchs für Eibcnberg, nach dem Besitzstands-Verzeichnis; eine Fläche von 22,0 Hcctar 63,3 Ar enthaltend und mit 624,61 St.-Einh. belegt, ortsgcrichtlich auf 26,070 Mark geschätzt, soll an Unterzeichneter Amts stelle zwangsweise versteigert werden und ist der 22. Sevtcmber 1888, Vormittags 10 Uhr, als Anmcldetermin, ferner der 8. October 1888, Vormittags 10 Uhr, als Verstcigernngstcrmin, sowie der 16. October 1888, Vormittags 10 Uhr, als Termin znr Verkündigung des Vcrtheilnngsplans anberanmt worden. Die Rcalbcrcchtigtcn werden aufgcsordcrt, die ans dem Grundstücke lastenden Rückstände an wiederkehrcnden Leistlingen, sowie Kosten forderungen, spätestens im Anmcldetermin anzumeldcn. Eine Uebersicht der auf dem Grundstücke lastenden Ansprüche und ihres Rangverhältnisscs kann nach dem Anmeldetcrmin in der Gerichtsschreibcrei des Unterzeichnete» Amts gerichts eingcsehen werden. Chemnitz, den 3. September 1888. Königliches Amtsgericht. Die zum Armenrecht zngelasscnen Ehefrauen: 1. Anna Auguste Klans, geb. Bochman», in Chemnitz, 2. Ernestine Panline Schmidt, geb- Beyer, in Waldhcim, vertreten dnrch: l. Rechtsanwalt Hösel in Chemnitz, 2. Rechtsan walt Hnth in Walohcim, klagen gegen ihre Ehemänner: zu 1. den Schuh macher und Bergarbeiter August Richard Klans, früher in Lngan. jetzt in Amerika unbekannten Aufenthalts, zu 2. den Fabrikarbeiter Wilhelm Moritz Schmidt, früher in Waldheiin, jetzt nnbckannten Aufenthalts, wegen bös licher Verlasst,»g, mit dem Anträge auf Verurtheilniig zur Herstellung des ehelichen Lebens eventuell Ehescheidung, und laden die Beklagten zur münd lichen Verhandlung des Rechtsstreits vor die dritte Civilkainmer des König lichen Landgerichts zu Chemnitz ans den 4. Dezember 1888 Vormittags 9 Uhr mit der Aufforderung, einen bei dem gedachte» Gerichte zugelassencn Anwalt zn bestellen. Zum Zwecke der vor dem Gericht bewilligten öffentlichen Zu stellung wird dieser Auszug der Klagen bekannt gemacht. Königliches Landgericht. Telegraphische Nachrichten. Vom 5. September. Köln. Gerhard Nohlfs plaidirt in der „Köln. Ztg." für die Expedition zu Gunsten Emin Paschas unter deutscher Staatshülfe Von Bagamogo aus betrage der Weg bis Wadelai 1900 Kilometer, wovon 1500 auf deutschem Gebiete sind. 100 Deutsche würden genügen. Wien. Die „Pol. Corr." erfährt aus competenter Quelle, die Anwesenheit Ristic's in Abbazia sei nicht eine Folge der Berufung von Seiten Milans, sondern eine zufällige und die daran geknüpften Gerüchte von bevorstehenden Ministervcränderungen seien grundlos. Vielleicht seien die Gerüchte dnrch den Umstand veranlaßt, daß Ristic in der Sache der Ehescheidung von Anfang gegen die Königin Stell ung genommen habe. — Es verlautet, als Tag der Ankunft Kaiser Wilhelms in Wien sei der 2. October in Aussicht genommen. Bukarest. Die serbische Königin Natalie will das Ende ihres Ehcscheidungsprozesses zu Bukarest in größter Zurückgezogenheit ab- warten. Bern. Das Zoll-Departement ordnete eine Untersuchung darüber an, ob von schweizerischen Zoll-Beamten die Spedition sozialistischer Schriften dcnunzirt wurde. Berlin, 6. September, Mittags. Die Abreise des Kaisers nach Posen erfolgt heute Abend 10 Uhr 28 Minuten vpn Potsdam aus; die Rückkehr erfolgt morgen Nachmittags. — Die Kaiserin Aiigusta ist heute Vormittag 11 Uhr nach Weimar abgereist. Es hat nicht sollen sein. Eine Erzählung aus dem Schauspielerleben von Heinrich Grans. Fortsetzung. Nachdruck verboten. Auch ihr Gatte hatte sich in den wenigen Monaten äußerst vor teilhaft verändert. Der frühere finstere Ausdruck, der kalte Ernst war fast ganz aus seinen Zügen gewichen, sie erglänzten von heiterer Ruhe und innerer seelischer Befriedigung. — Schopenhauer spricht einmal sehr schön von der Rene, die den Menschen erfasse, wenn der Beleidigte gestorben und die That nicht mehr zu sühnen sei. — Ein solches Gefühl, mit welchem ja dann Vieles gut gemacht ist, wenn auch der Vorwurf dazwischen klingt: „Du bist doch oft recht hart und unge recht gewesen!" hatte auch Herr Menari im Hinblick auf seinen Sohn empfinden müssen und er fühlte diese Reue dem noch Lebenden gegenüber. Durch seine Gattin hatte er cs erfahren, daß sein Sohn Alexander — trotz allem Vorgefallenen der Liebling seines Herzens — sich durch eigene Kraft so weit emporgcschwungen habe, daß ihm das Königliche Hoftheater in Berlin eine Anstellung mit einem Gehalt bot, wie ihn der Prokurist seines Geschäfts nicht erreichen konnte. Er fühlte sich dem Sohne gegenüber beschämt, der ihm durch die That bewiesen, daß jeder Beruf seine Berechtigung im Staate habe, und daß das Proletariat, was in jedem Stande zu finde» sei, nicht für ein Ganzes gelten könne. Seine altmodischen Ansichten schwanden, wie die Nacht vor dem anbrechenden Morgen, und als ihm die Mutter endlich den heimlich empfangenen Brief des Sohnes zeigte, da schwoll ihm das Herz höher und in dieser Stimmung schrieb er dem Sohn, dem „brotlosen Comödianten", einen von innigster Vater liebe dictirten Brief, worin er ihm »achttäglich seine Zustimmung ertheilte und seinen väterlichen Segen gab. — Diesen Brief erhielt Alexander in Berlin und in einem Augen blick, wo er im Begriff stand, mit einem großen Truppentransporte an den Rhein abzugehen. Der düstere Schatten, den der Zwiespalt mit seinem Vater bisher in sein junges Leben warf, der ihm jede Freude an seinem Beruf verkümmerte, er wich plötzlich und Heller, goldiger''Sonnenscheiu umstrahlte ihn. Gerade jetzt, vor dem Be ginn eines Krieges, dessen Ausgang Niemand voranszusehen ver mochte, er'chie-, ihm diese Versöhnung mit dem Vater als eine gute Borbem-«»!-.., »nd wie einen Talisman barg er den Brief an seiner Politische Rundschau. Chemnitz» den 6. September. Deutsches Reich. In Stendal, der alten Hauptstadt der Altmark, des Stammlandes der preußischen Monarchie, findet am 25. Oktober das scchshundcrtjährige Jubiläum des dortigen Domes statt. Auf eine Einladung au den Kaiser znr Thcilnahme an der Feier ist seitens des Hofinarschallamtes eine zusagende Antwort er gangen. Der Kaiser trägt mit dem Besuche wohl auch der einstigen Bedeutung der Stadt Stendal Rechnung, die im frühen Mittelalter weit angesehener war als Berlin und von der Berlin erst sein Stadt- recht erhielt. Der Ausstand unter Johann Cicero rninirte die Stadt. — Die Verlobung der Prinzessin Sophie von Preußen mit dem griechischen Kronprinzen iutercssirt sehr in Rußland, wo man die Griechen auch so halb als Gefolgschaft des Zaren betrachtet. Die Besprechung des Ereignisses ist übrigens eine recht freundliche. Wenn ein Gerücht sagt, cs stände »och eine zweite Verlobung im Kaiserhaus«: bevor, die Verlobung der jüngsten Schwester des Kaisers, der Prinzessin Margarethe, mit dem Prinzen Friedlich Leopold von Preuße», Sohn des Feldmarschalls Prinz Friedrich Karl und Groß neffen Kaiser Wilhelms I., so liegt die Sache wohl noch etwas sehr im weiten Feld. Die Prinzessin ist noch zu jnug. — Im neuen Marincctat werden, wie es heißt, zunächst die ersten Banratcn zu 10 Panzcrkauonenbovtcn, die zum Schutze des Nordostscckanals bestimmt sind, gefordert werde». Jedes dieser Schiffe kostet 31/2 Millionen Mark. — Mit den eigentlich schon mehr als genügend klargestcllten Besuchen Herrn Crispis in Friedrichsruhe und Egcr beschäftigt sich auch noch die ministerielle „Pol. Corr." Dieselbe betont, daß die Besuche nur dem europäischen Frieden zu dienen bestimmt waren. Das österreichische Rcgiernngsorgan führt ans, Crispi sei ganz eben so wie die Leiter der auswärtigen Politik in Wien und Berlin von der Nothwendigkeit durchdrungen, in der Behandlung der europäischen Fragen Alles zu vermeiden, was die Erhaltung des Friedens gefähr den könnte, und auf die Beseitigung jener Elemente hinzuwirkcn, welche die Keime eines Konflikts berge»; „sich in dieser Beziehung mit den leitenden Staatsmännern Deutschlands und Oesterreich-Ungarns zn verständigen und ins Einvernehmen zu setzen, war der einzige Rcijezweck Crispis, und dieser Zweck ist vollständig erreicht." — Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt zu dem Attentat auf die deutsche Botschaft in Paris: „Daß Erbitterungen gegen den Sieger bei dem Besiegten zurückblcibcn, ist wohl erklärlich, aber dergleichen feindselige Stimmungen Pflegen, sich selbst überlassen, nach einiger Zeit und jedenfalls nach Jahrzehnten zu erlöschen. Anders ist es, wenn die führenden Gesellschaftskreise und die von dem Hetzwcrkc lebende Presse den Haß täglich schüren. Es ist dann nicht schwer, denselben bei einem einzelnen besonders gearteten Individuum bis zum Politischen Mord zu steigern. Diesen Erwägungen gegenüber ist es im Allgemeinen gleichgiltig, ob Garnier gestörten Geistes ist oder nicht; ist er verrückt, so ist er es durch die chauvinistischen Hetzereien und Aufstachelungen geworden. Der Grad von Störung des geistigen Gleichgewichts, welcher hinreicht, eine solche That zn begehe», ist neuerdings in Frankreich durch die Presse und Parteinmtriebe, die das Feld des Nationalhasses knltivircn und ausnutzcn, derart verall gemeinert, daß die Verantwortlichkeit von Erscheinungen, wie sie in der That des Garnier zu Tage treten, weniger auf das einzelne In dividuum, als auf das ganze Land und seine Bevölkerung zurückfällt." — Die deutsche Katholikenversammlung in Freiburg tritt mit außerordentlicher Energie für die Wiederherstellung der weltlichen Macht des Papstes ein, obgleich doch keine Aussicht vorhanden ist, daß die Beseitigung des freilich wenig angenehmen Zustandes in ab sehbarer Zeit bevorsteht. Welches mag nun der Zweck dieses ener gischen Auftretens sein? Die „Franks. Ztg." spricht sich darüber folgendermaßen aus: „Wir finden diesen Zweck i» Verbindung mit Brust. — Erst von Mainz ans wo er mit andern Rekruten einge stellt war, um möglichst schnell der Armee folgen zn können, fand er Gelegenheit, dem Vater zu antworten, ihm seinen Dank und seine Liebe auszusprecheii, und von nun an blieben Beide in beständigem Briefwechsel. — In Berlin halte sich Alexander auch seinem zukünftigen Chef, Herrn von Hülsen, vorgcstellt, und von diesem, dem die Persönlichkeit des jungen Mannes wohl gefallen mochte, das Versprechen erhalten, daß ihm bis zu seiner Rückkehr die angetragene Stellung rescrvirt bleiben würde. Er konnte also in jeder Hinsicht freudig und mit leichtem Herzen für die Zukunft dem Vaterlands seine Dienste wid men, und auch dafür war gesorgt, daß diese Dienste nicht zu schwer würden. Sein Compagnie-Chef hatte in Erfahrung gebracht, daß Alexander die französische Sprache vollkommen fließend spreche und so wurde ihm die Charge eines Quartiermachers zuerthcilt, die, neben manchen Anstrengungen und Verpflichtungen, auch wieder manche Annehmlichkeiten für ihn selbst bot. Bei Sedan erhielt er die Feuer taufe und nahm später an der Belagerung von Metz Theil, aber seit dieser Zeit waren seine Briefe im elterlichen Hause immer seltener eingetroffcn, obwohl sie stets beruhigende Versicherungen seines Wohlergehens enthielten. Wie gewöhnlich, so bildete auch am heutigen Abend der ab wesende Liebling die ewigglciche und für sie doch immer neue Unter- hgltung der beiden Eheleute. „Findest Du nicht, Jakob," unterbrach Frau Elisabeth die Stille, „daß uns diesmal Alexander lange auf einen Brief warten läßt?" „Das liegt wohl in den Verhältnissen," antwortete beruhigend Herr Menari, „in der mangelhaften Beförderung, in irgend einer veränderten Anordnung. Im Kriege kann man die Post nicht ver antwortlich machen für tausenderlei Zwischenfälle und Zufälligkeiten, die eintrelen können." — „Heute," seufzte Frau Elisabeth, „sind cs vier Wochen, seit wir den letzten Brief empfingen." „Auffallend finde ich nur, daß seine letzten beiden Briefe den Poststempel „Mannheim" tragen. Wahrscheinlich wird jetzt Alles auf diesem Wege befördert." Der Diener brachte die Abendpost. — Frau Elisabeth ging ihm eilig entgegen und freudig nahm sie ihm dieselbe ab, aber während I sie die Briefe und Drucksachen vor dem Gatten ausbreitete, suchte sie! I vergebens nach Alexanders Handschrift. Enttäuscht ließ sie sich wieder > der bevorstehenden Reise des deutschen Kaisers nach Rom. Dis Katholiken haben es längst aufgegcben, die Wiederstellung des Kirchen staates von einer europäischen Katastrophe zn erhoffen. Seit Italien mit Deutschland und Oesterreich-Ungarn verbündet ist, hat die Hoff nung vollends allen Boden verloren. Phantasiereiche Franzosen habe» allerdings von einer französisch-russischen-päpstlichen Allianz geträumt, welche den Papst mit Gewalt wieder zum Herrn von Rom machen würde, aber die deutschen Katholiken haben diese Idee, die nur gleich zeitig mit der Vernichtung des deutschen Kaiserreiches verwirklicht werden könnte, entrüstet abgewicscn. So bleibt nur noch das, was von Italien aus als Losungswort gegeben wurde: die moralische Pression. Es soll gezeigt werden, daß das katholische Volk die Forderung von der Wiederherstellung der weltlichen Macht des Papst- thnmcs aufstellt und nicht mehr davon läßt. Die Reise des deutschen Kaisers nach Rom hat man nicht hindern könne», aber wenn Wilhelm II. dem Papste einen Besuch macht und mit ihm, wie man annimmt, die römische Frage bespricht, so soll er unter dem Eindruck stehen, daß das katholische deutsche Volk die Herausgabe Noms verlange; diesen Eindruck soll er, und das ist die Hauptsache, auch in den Quirinalpalast tragen und verwcrthen, wenn er auch mit König Hnmbert, wie man gleichfalls annimmt, über die römische Frage sich unterhält. Der Plan ist nicht ungeschickt ausgedacht, aber er wird so wenig Wirkung haben, wie die Hoffnung auf das Steinche», das ins Rollen hat kommen sollen. Kaiser Wilhelm II. weiß recht gut, daß das neue italienische Strafgesetz und die römische Frage innere Angelegenheiten Italiens sind und daß er sich auf einen etwaigen freundschaftlichen Rath nur eine Ablehnung holen könnte. Der deutsche' Kaiser kennt das feierliche Wort König Hnmberts: „Roma intan- gibile!", er kennt und begreift ohne Zweifel auch das Wort Ming- hctti's, daß jeder König von Italien, der Rom an de» Papst herauS- gäbe, »m seine Krone spielt. Die Italiener werden Nom auch vor einer moralischen Pression nicht räumen; sie werden es nach wie vor behalten." Italien. König Humbert hat nach den beendeten großen Manövern die Romagna verlassen, vorher aber von Forli aus den Bewohnern seinen herzlichen Dank für die freundliche Begrüßung ausgesprochen. Die Reise ist ein großer politischer Erfolg; denn bisher galten die Romaguolen für die enthusiastischsten Republikaner von ganz Italien. Das zeigte sich auch bei den Wahlen. Trankreich. Die monarchistischen Pariser Blatter nehmen aus Anlaß des achtzehnten Geburtstages der Republik (seit 4. September 1870) Gelegenheit, mit ihren Gegnern gründlich abzurechncn. So schreibt das am meisten gelesene Pariser Blatt „Der Figaw": Die 18 Jahre der Republik seien nicht besser, als die berüchtigten 18 Jahre des zweiten Kaiserthnins, ja das republikanische System selber stehe vor dem Bankerott; weder i» Betreff der Sittlichkeit, noch der Politik, noch der Gesellschaft seien die Erwartungen in Erfüllung gegangen, welche man 1870 sich von der Republik gemacht: nie sei Frankreich verlassener und verrufener gewesen. Gleichviel welche Ursachen zu dieser Stellung geführt, die Lage sei eben da und cs müsse mit ihr' gerechnet werden. Frankreich sei in zwei große Lager gespalten; es herrsche Zcrwürfuiß über Kirche und Religio», Redefreiheit ohne gute Redner, Versammlungsfreiheit, aber Geschwätz und kindisches Wesen. Schlimmer als schlimm sei: aus den jetzige» Wirrnissen sei kein Ausgang ohne Durchgang durch »och größere, gefährlichere Wirr nisse. Kur;: „Das Wort Bankerott ist nicht zu stark zur Bezeich nung der Lage, unter welcher das 18. Jahr der Republik zu Grabe geht. Angenommen, der Bankerott tritt morgen noch nicht ei», so ist cs doch au der Zeit, die Liquidirung zu besprechen." So ur- theileu Pariser Blätter über die Verhältnisse in ihrem Vaterlande. — Die boulangistischeu Pariser Blätter schwören Stein und Bein, Boulanger sei nicht nach Deutschland gereist, lebe vielmehr in einem kleinen Orte nahe bei Paris seiner Erholung, die er auch wohl ge brauchen kann. — Wegen des Garnier'schcn Attentates werden die am Tische nieder und beobachtete gedankenvoll ihren Gatten beim Ocssnen und Lesen seiner Correspondcnzcn. Plötzlich erhielten seine Züge wieder den früheren, finsteren Ausdruck; wiederholt las er einen zierlich gefalteten, stark nach Patchouli duftenden Brief, sprang dann auf, schleuderte ihn heftig auf den Tisch und ging im Zimmer auf und ab. „Mein Gott, Jakob, was ist Dir? Hast Du Verluste im Ge schäft? Oder — betrifft es Alexander?" ..Lies selbst!" Damit übergab er ihr den Brief. Ec war von ihrer Tochter Susanne, die seit mehreren Monaten mit ihrem Manne in der Riviera lebte, unter dem Vorwand, daß ihre Gesundheit den Aufenthalt nothwcndig mache, in Wahrheit aber, um daselbst ein Leben zu führen, welches selbst dem dortigen aus aller Herren Ländern bunt zusammengewürfelten internationalen Publikum auffällig erschien. In Nizza, Monaco, namentlich in Monte Carlo, erregte sic durch ihr tolles Treiben, welches sie unter der Flagge ihres Mannes zu decken suchte, die Aufmerksamkeit aller gesell schaftlichen Kreise. Bei Ausbruch des Krieges bestand ihr Vater auf eine sofortige Rückkehr nach Deutschland, allein sie wußte durch aller hand Vorwände, die ihr Gatte, der sich in erbärmlicher Weise von ihr tyrannisiren ließ, zu bestätigen und zu unterstützen gezwungen war, die Eltern zu beschwichtigen. Im Anfang beschränkte sich die Vergnügungssucht der schönen Frau darauf, bei Bällen, auf den Promenaden, bei Konzerten, Mccrfahrtcn und hundert andern wechselnden Vergnügungen in den ansgewähltesten Toiletten zn erscheinen, Bewunderung zu erregen und sich mit einer Eortögc von Anbetern zu umgeben. Als sie aber zum ersten Mal im Kasino ihr Glück im Roulette versucht und in einer Weise gewann, die wiederum großes Aussehen erregte, da konnte man sie fast täglich hier erblicken. Leider ist Fortuna wie bekannt sehr wenig treu, und so erlag auch Susanne dem Schicksal, ihrer Leidenschaft zum Opfer zu fallen' Als sie sich eines Tages dem Geldmangel gegenüber befand, nachdem sie sinnlos verspielt, was zu verspielen war, verlangte sic von ihrem Ehe gatten neue Gelder, und als dieser ihr schüchtern eröffnclc, daß ihm augenblicklich keine zur Verfügung ständen, wendete sie ihm höhnisch den Rücken und verschwand wenige Tage später mit einem jungen Amerikaner. Susannens Brief, !dcn Frau Elisabeth las, war ein Conglomerat von Herzenskälte und Frivolität. Er lautete: Der heutige»» Nummer des Teichfischen Landes »Anzeigers liegt bei das Beiblatt „Sächsischer Erzähler".
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