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Sächsischer Landes-Anzeiger : 15.02.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-02-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188802158
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18880215
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18880215
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1888
-
Monat
1888-02
- Tag 1888-02-15
-
Monat
1888-02
-
Jahr
1888
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 15.02.1888
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— Nr. 38. — 8. Jahrgang. - L« jeden Wochentag Abend (mit Datum de- sollende» Tage-) zur Versendung gelangende „sächsische LandeS-Anzetger" mit «»glich einem besonderen Unter- ^ altungsblatte und mit dem Extrabeiblatt - 1 «iiderbuch kostet bei den Ausgabe- Pfg., bei denPost'Anst. -Nr. MS.) Sächsischer Mittwoch, 15. Februar 1888. IllUMirte-Jahresbuch des Lander>«nzeigerS. Lgii-ks-Aiiskisitt mit „Chemnitzer Stadt-Anzeiger". Unparteiische tägliche Zeitung für Sachsen und Thüringen. M«: MMn We, Buchdrücke»!. Chemnitz, rheaterstraße 5 (Fernsprechstelle Nr.lSH. Lelegr -Adr.: LandeS-Änzeiger, Chemnitz. Mit täglich einem besonderen 4. Sächsisches Allerlei - Unterhiiltungsbllltt: i. Kleine Botschaft — 2. Sächsischer Crzähler — 3. Sächsische Gerichts-Zeitung K. Jllnsirirtes Unterhaltnngsblatt — 6. Sonntagsblatt — Ertra-Beiblatt: Luftiges Bilderbuch. Amtliche Bekanntmachungen. Im Handelsregister sür den Stadtbezirk des Unterzeichneten Amtsgerichts wmde heute aus Folium 3096 die Firma Mäntcl-Fabrik Georg Simon in Chemnitz, Markt Nr. 7, und als deren Inhaber der Kaufmann Herr Georg Eimon daselbst eingetragen. Chemnitz, am 1l. Febr. 1888. Kgl. Amtsgericht. Im Handelsregister für den Stadtbezirk des Unterzeichneten Amtsgerichts wurde heute auf Folium 3097 die Firma Gotthard Enke in Chemnitz (Zweig niederlassung des in Groitzsch unter gleicher Firma bestehenden HauptgeschästS) eingetragen und zugleich verlautbart, daß der Schuhwaarensabrikant Herr Hans Gotthard Enke in Groitzsch Inhaber der Firma, Herr Friedrich Adolph Dönitz daselbst aber Prokurist derselben ist. Chemnitz, am 11. Febr. 1888. Kgl. Amtsgericht. Im Musterregister des Unterzeichneten Amtsgerichts ist unter Nr. 1448 eingetragen: Firma C. A. Weidmüller in Chemnitz, ein Umschlag, enthaltend Lsarbigen Fitzsadcn zur Theilung von Gebinden, Strähnen und Docken baum wollener und seidener Garne und Zwirne, sowie zur Kennzeichnung solcher in gefärbtem Zustande, plastisches Erzeugniß, Schutzfrist 3 Jahre, angemeldet am 9. Februar 1888 Nachmittags 4 Uhr. Chemnitz, am 10. Februar 1888. König!. Amtsgericht. Die aus bez. Fol. 528, 1085, 1243, 2171, 2348, 2690, 2875, 2886 und 8051 des Handelsregisters für de» Stadtbezirk Chemnitz, sowie auf Fol. «42 des Handelsregisters für den Landbezirk Chemnitz eingetragenen Firmen Agen tur der Weimarijchen Bank, C. O. Krumbicgel, Dresel u. Guthmann, Richter u. Herold, Joh. Scheibe, Gcbr. Wund, E. O. Kisvcrlh, Richter u. Co. und Oskar Tschaplowitsch, sämmtlich in Chemnitz, sowie Ed. Elfinger Nachf. in Kappel sind erloschen. Chemnitz, am 10. Februar 1888. Königl. Amtsgericht. Ueber das Vermögen des Handschuhsabrikanten Ottomar Hermann Gersten berger, Inhabers der Firma Ottomar Gerstenberger in Siegmar, wird heute am 13. Febr. 1888 Vorm. V, 12 Uhr das Concursverfahreneröffnet. Der Rechtsanwalt Eulitz in Chemnitz wird zum Concursverwalter ernannt. Concursforderungen sind bis zum 12. März 1888 bei dem Gerichte anzumelden. Es wird zur Beschlußfassung über die Wahl eines anderen Verwalters, sowie über die Bestellung eines Gläubigerausschusses und eintretenden Falles über die in 8 120 der Concnrsordnung bezeichneten Gegenstände aus den 1. März 1888 Vormittags 10 Uhr und zur Prüfung der angemeldeten Forderungen aus den 28. März 1888 Vormittags 10 Uhr vor dem Unterzeichneten Gerichte Termin anberaumt. Allen Personen, welche eine zur Concursmasse gehörig« Sache in Besitz haben oder zur Concursmasse etwas schuldig sind, wird aus gegeben, nichts an den Geinenischnldner zu verabfolge» oder zu leisten, auch die Verpflichtung auserlcgt, von dem Besitze der S «che und von den Forder ungen, für welche sie aus der Sache abgesonderte Befriedigung in Anspruch nehmen, dem Concursverwalter bis znm 16. März 1888 Anzeige zu machen. Königliches Amtsgericht zu Chemnitz. Das Konkursverfahren über das Vermögen der Korbwaaren-Geschästs- Jnhaberin Emilie Jda vcrehel. Lutz in Chemnitz wird nach erfolgter Abhal tung des Schlußtermins hierdurch ausgehoben. Chemnitz, den 9. Februar 1888. Königl. Amtsgericht. Telegraphische Nachrichter». Vom 13. Februar. Wien. Ein Petersburger Brief der „Pol. Corr." erklärt, die beruhigende Wirkung der Rede Fürst Bismarcks könne nur eine vor übergehende fein, da nichts in der politischen Gesammtlage geändert sei; Rußland müsse substanziellere Bürgschaften für die friedliche» Absichten der Kabinete von Berlin und Wien abwarten, bevor es sich einer sorglosen Befriedigung hingebe. Petersburg. Der Senat beschloß die Erhebung der Anklage gegen 59 Personen aus den baltischen Provinzen wegen Bekehrung rechtgläubiger Esthen zum Protestantismus. (!) Bukarest. Aus diplomatischen Kreisen verlautet, daß Herr Hitrowo von seinem hiesigen Posten abberufen werde und eine hervor ragende Verwendung im auswärtigen Amte in Petersburg er halten soll. Rom. Viel bemerkt werden einige Worte des englischen i mirals Hewett, Befehlshabers des in Genua befindlichen englische» Geschwaders. Hewett feierte den italienischen Behörden gegenüber die englisch-italienische Freundschaft, die gegebenenfalls einen praktischen Ausdruck durch die Vereinigung beider Flotte» finden könnte. Man bezieht dies auf eine eventuelle maritime Allianz Italiens und Eng lands gegen Frankreich. Brüssel. Der König Unterzeichnete ein Dekret, welche- den wegen der Unruhen von 1866 verurtheilten Arbeiterführern den Rest der Gefängnißstrafe nachsieht. Aus San Remo. Die Mittheilungcn über das Befinden deS deutschen Kron- irinzen lauten, den Verhältnissen entsprechend, befriedigend. Es bleibt aber zu beachten, daß jeder Tag neue Ueberraschungen bringen kann, daß die größte Vorsicht und Aufmerksamkeit geboten ist. Die Kehl kopfanschwellung, welche am Donnerstag Nachmittag die Oeffnung der Luftröhre durch vr. Bramann nothwendig machte, datirt genau eit dem 1. Februar; sie nahm zum Beginn der vorigen Woche wieder ab, und erst Mittwoch Nacht entstand eine neue, starke Zunahme. Donnerstag Vormittag entschieden dann die Aerzte einstimmig, die Operation sei nöthig. Man wollte aber doch den äußersten Moment abwarten, wenngleich die Hoffnung auf eine Wendung zum Besseren ehr gering war. Wenige Minuten nach 2 Uhr Nachmittags befiel den Kronprinzen, der schon von den drohenden Aussichten verständigt war, eine so heftige Beklemmung, daß die Aerzte den entscheidenden Moment für gekommen erachteten, vr. Bramann vollführte denn die Operation, wie bekannt, in wenigen Minuten. Der Kronprinz wurde, wie nun thatsächlich feststeht, nicht chloroformirt. Er war ehr blaß, verzog aber kaum eine Miene. Schon vorher hatte er den Aerzten bedeutet, daß er ganz ruhig sei. Nach der Operation hat er kein Wort mehr gesprochen, was ihm schon vorher nahegclegt wurde. Der Blutverlust betrug thatsächlich kaum ein Löffelchen voll. Wie lange der Kronprinz das Bett wird hüten müssen, läßt sich im Moment nicht sagen. Geht Alles gut, so kann er in acht Tagen wieder aufstchen. Die Nahrung wird für längere Zeit lediglich in Flüssigkeiten bestehen müssen. Wie schon hervorgehoben, ist das Halsleiden durch die Operation n keiner Weise berührt. Erst die Zukunft kann über die Natur des ersteren Gewißheit schaffen. Mag nun die heilbare Perichondritis oder der unheilbare Krebs vorliegen, die Operation verkürzt die Dauer der Leiden ebenso wenig, wie sie sie verlängert. Unheilvoll könnte sie nur durch ihre Folgen, durch das Sicheinstellen einer Bronchitis werden. Da Bronchitis (Schleimhautentzündung) nicht selten als Folge des Luftröhrenschnittes auftritt, so zielt die Nachbe handlung vor Allem darauf hi», jede fiebererregende Entzündung, welche mitunter von den Schnittwunden der Operation ausgeht, zu vermeiden. Diese Aufgabe ist am Kehlkopf nicht so leicht, wie an irgend einer anderen, der Luft nicht so ausgesetzten Stelle, da auch die reinste Luft Entzündung erregende Keime in sich trägt. Hierzu kommt, daß die Wunde von dem Schleim benetzt wird, der von den Drüsen der Luftröhre wegen der durch die Kanüle hervorgerufenen Reizung in weit stärkerem Maße abgesondert wird. Der Schleim hat aber die Neigung, an der Luft sich zu zersetzen, und die zersetzten organischen Bestandtheile, welche leicht mit der Wunde in Berührung kommen, können dann eine Entzündung erregen. Die Kunst der Aerzte besteht darin, diese Zersetzung und Berührung mit der Wunde zu verhüten; sie sind zum Glück in der Lage, diese Forderung zu erfüllen. Die Fortschritte der Chirurgie haben gerade in der Auffindung derartiger Mittel viel geleistet. Was nun die Natur des Halsleidcns anbelangt, so behauptet Mackenzie nach wie vor, das Vorhandensein von Krebs sei bis zur Stunde nicht erwiesen, dagegen bleibt Professor Schrötter in Wien, der der November-Consultation in San Remo beiwohnte, da bei, die Krankheit sei Krebs. Er erklärte dem Berichterstatter eines Wiener Blattes, er habe keine Berufung nach San Remo erhalten, seine Anwesenheit sei auch ganz unnöthig. Er habe am 9. November n San Remo gesagt, daß allerspätestens in drei Monaten die Operation des Luftröhrenschnittes nöthig sein werde. Zufällig auf den Tag, genau nach drei Monaten, wurde die Operation vollzogen. Daß sie vorgenommen werden mußte, betrachtet Schrötter als den vollständigen Beweis für sein Gutachten auf Krebs. Alles hänge davon ab, ob in dem Krankheitszustande das Eintreten üngünstiaer Umstände verhütet werden kann. Ist dies möglich, dann kann die weitere Entwickelung deS Leidens noch Jahre dauern, doch ist der Zustand stets ein sehr bedenklicher, indem die geringste ungünstige Einwirkung von schlimmen Folgen begleitet sein kann. Um diese Ein wirkung zu verhüten, wird von jetzt ab auch Tag und Nacht ein Arzt um den Kronprinzen sein. Der Kronprinz war am Sonnabend fieberlos und ohne Schmerzen, saß zeitweise im Bette aufrecht und zeigte guten Muth. Sein Schlaf war tief und dauernd. Die Operationswunde heilte vortrefflich. Wie lange er die Kanüle im Halse wird tragen müssen, läßt sich heute noch nicht annähernd sagen. Am Sonnabend traf auch Geheimrath von Bergmann, der die Oberaufsicht über die Behandlung übernehmen soll, ein. Am Bahnhofe erwarteten ihn Major Lyncker und Vr. Bramann. Nachdem Bergmann aus dem Zuge gestiegen war, beglück wünschte er Bramann warm zu der schnellen und sicheren Ausführung der Operation. Die Kronprinzessin machte mit der Prinzessin Irene von Hessen einen Spaziergang, während die übrigen Prinzessinnen dem Blumenkorso zuschauten, der aber unbedeutend ausfiel. Die Teil nahme für den Kronprinzen ist nah und fern die herzlichste, die Sorge um ihn die tiefste. Vor seiner Krankheit tritt alles Andere in den Hintergrund. Ein Privattelegramm der „Frkf. Ztg." meldet, zwischen den deutschen Aerzten und Mackenzie seien MeinungSver- schiedenbeite» ausgebrochen, Letzterer werde bald abreisen. Potttische Rundschau. Chemnitz, den 14. Februar. Deutsches Reich. Die Deputation des russischen Kaluga- Regimentes, welche dem Kaiser ihre Glückwünsche zu seinem ^jähri gen Jubiläum als Chef des Regimentes überbringt, besteht aus dem Kommandeur, zwei Offizieren und einem Feldwebel. Der Kaiser wird die Abordnung kommenden Sonntag empfangen. — Am letzten Sonnabend hat der Kaiser die neue Wehrvorlage unterzeichnet, welche also von diesem Tage Gesetzeskraft hat. — Ans San Remo lauten die Nachrichten, den Verhältnissen entsprechend, andauernd günstig. Die Aerzte hoffen auf eine» gün stige» Verlauf her Operation. Am Montag ist folgendes Bulletin ausgegeben: „San Remo 10 Uhr 10 Min. Vormittags Die Ver hältnisse der Wunde und das Allgemeinbefinden sind ebenso befriedi gende, wie gestern. Se. kaiserl. und königl. Hoheit der deutsche Kronprinz verließ gestern auf drei Stunden das Bett. Mackenzie. Schräder. Krau'e. Hovell. von Bergmann. Bramann." Privat- nachrichten entnehmen wir noch, daß der deutsche Kronprinz am Montag außerhalb des Bettes las. Es ist ihm das sehr gut be kommen, in der Nacht war der Schlaf gut und nur wenig durch Husten unterbrochen. Am Montag waren der Wundverlauf, Allgemein befinden und Stimmung überraschend gut. Der deutsche Kronprinz stand abermals auf. Das Sprechen bleibt verboten, doch wird der hohe Patient wohl in einigen Tagen schon einige Worte sprechen können. Die Besichtigung des Kehlkopfes wird noch durch die Schwellung verhindert. Von Bronchial-Erscheinungen ist keine Spur vorhanden. Unter den Aerzten herrscht volle Uebereinstimmung. Mackenzie reist Ende der Woche nach London zurück. Am Sonntag wurde eine neue, kürzere Kanüle in den Hals des deutschen Kron prinzen eingeführt. Schelm von Bergen. Historische Novelle von A. von Limburg. Fortsetzung. Nachdruck Verbote». Ilse gewann alsbald ihre gewöhnliche Freimüthigkeit wieder; sie begann niit der Erzählung des Ereignisses, das dem Narren fast das Leben gekostet. Die Kaiserin hatte selbstredend schon genaue Kunde davon erhalten, wußte aber natürlich noch nicht, daß ihres Lieblings Retter und der Fremde aus dem Walde, welchen sie zum Turnier eingeladen, ein und dieselbe Person war. Die Nachricht hiervon flößte ihr die lebhafteste Theilnahme ein. Dann sprach das junge Fräulein weiter von der Begegnung bei der Kapelle im Walde, und daß sie den Grafen von Stahleck darauf vertröstet habe, wie er durch der Kaiserin Gnade nnd Fürsorge vielleicht erlöst werden möchte von Ban» und Acht. „Was sagt Ihr da, Kind?" fragte Adelheid erstaunt und er regt. „Ihr nanntet des Stahleckers Namen, wie kommt Ihr dazu?" Ilse mußte nun auch noch erzählen, wie es sich zugetragen, daß sie am Tage der Rückkehr von der Wallfahrt in ihres Vaters Gemach zur unfreiwilligen Lauscherin geworden war. Und wie der Kanzler des Reiches es dem Schultheißen mitgetheilt hatte, daß es der Stahlecker sei, welchen die Kaiserin an der Furth getroffen, sowie, daß es die dringendste Nothwendigkeit gebiete, diesen händelsuchenden Aufrührer unschädlich zu machen. „Ach! wie mich das freut!" rief Adelheid tief aufathmend und sich das üppige, dunste Haar, welches früh Morgens noch nicht von dem Schapel über der Stirn gefesselt wurde, aus den Schläfen zu- rückstreichend, „jetzt erhalte ich endlich einmal wieder Gelegenheit, diesem hochweisen Kanzler auf seinen Schleichwegen entgegenzutrcten —" Diese Aussicht und die ganze Mittheilung Jlse's schienen ihrem hei tern Sinn seine ganze Spannkraft zurückzugeben. Die Wolken, welche beim Erwachen ihren Gesichtskreis verdunkelt hatten, störten sich auf; alle peinlichen Empfindungen und Befürchtungen waren in wenig Augenblicke» verdrängt und zerstreut und sie dachte nur noch daran, ihrem Widersacher einen Possen zu spielen. „Wohlan benn, Kanzler Reinald," rief sie kampfesmuthig, „mag e- endlich zum Anstrag kommen zwischen uns Beiden, mag es sich entscheiden, wer von uns Zweien den größten Einfluß auf den Kaiser ausübt, welcher von uns den Sieg davontragen wird." Das schöne, leidenschaftliche Weib steigerte sich selbst in ihrer Aufregung. Die zarten Flügel ihrer feinen, griechischen Nase bebten, ihr kleiner Fuß stampfte ungeduldig den Teppich. „Von jetzt an steht jener Mann, mag er nun der Graf von Stahleck sein oder ein Anderer, in der That unter meinem ganz be sonderen Schutz; Ihr braucht ihn meiner Fürsorge nicht mehr zu empfehlen, Ilse; es hätte selbst dessen nicht mehr bedurft, daß er meinem alten treuen Heinz das Leben gerettet jhat; da der Kanzler ihn verderben will, soll er fortan mein Freund und Bundes genosse sein!" Sie schlug heftig mit dem daneben hängenden Stäb chen auf die Rückseite des großen Stahlspiegels an ihrer Seite. Der Helle, metallische Ton rief augenblicklich einen Pagen in das Gemach. „Wie geht es Heinz heute früh?" fragte sie rasch den Einlre- tenden. „Viel besser als bisher, durchlauchtigste Frau, er ist seit heute früh nicht mehr auf dem Lager zu halten und verlangt dringend da nach, wieder bei Euer Kaiserlichen Gnaden vorgelassenzu werden." „So laßt ihn kommen," befahl sie, „aber er soll vorsichtig sein und sich noch schonen. Es mag ihn Jemand unterstützen und sorg sam hergeleiten." Der Page flog davon. „Geht jetzt, Ilse," sagte die Kaiserin freundlich zu ihrem jungen Hosfräulein, „ich will mich mit meinem einzigen und besten Freunde berathen und hören, was er sagt. Es ist kein Zeichen von Miß trauen, daß ich Euch gehen heiße," fügte sie hinzu, indem sie ihre beiden Hände plötzlich ans die Schultern des jungen Mädchens legte und ihr tief in die klaren Augen sah, „ich weiß, daß ich Euch ganz und unbedingt vertrauen könnte, aber Eure junge, kindliche Seele soll nicht belastet werden durch die Wissenschaft von allerlei Ränken und Schleichwegen, welche nicht immer zu umgehen sind, wenn man einen mächtigen und unversöhnlichen Feind hat. Das Leben der Großen dieser Erde, Kind, ist nicht immer so leicht und glänzend, als es von außen scheint. Oft ergreift mich eine unbczwingliche Ab neigung gegen das meist nur ernsten Staatsgeschäften und Kricgs- zügen gewidmete Leben meines Gemahls, das ich bisher getheilt; ich träume mich in eine unbekannte, schöne Welt hinein, wo ich Königin sein möchte, aber eine Königin nur über einen Hof von Minnesängern und schönen Frauen, wo ritterliche Spiele und heitere Feste froh ge feiert werden, nicht aber der unerbittliche Kampf wüthet um Tod und Leben, um Herrschaft und Unterliegen." Ilse blickte erstaunt auf die erregte Frau; sie hatte kein Ver- ständniß für die Worte Adelheids. Alles das, was sie sich wünschte, stand ja der hohen Frau z» Gebote; der Kaiser gönnte ihr den hei teren Genuß des Lebens, warum wollte sie denn nicht auch ihrerseits theilnehmen an seinen ernsten Sorgen um das Wohl und die Größe seines Reiches, an seinem Kriegsruhm und seinen Heldenthaten? — Eine ähnliche Empfindung hatte in Adelheids Nähe das junge Mäd chen schon oft beschlichen, ihr unbefangenes, kindliches Herz fühlte sich zu grenzenloser Dankbarkeit entflammt sür die hinreißende Güte und Liebenswürdigkeit der Kaiserin; mit deren oberflächlicher Sinnesart aber, die jedes tieferen Gehaltes entbehrte, konnte sie nicht überein stimmen. Man hörte in diesem Augenblick im Vorzimmer die scharfe, dünne Stimme des Narren, welcher mit seinen Führern zu zanken schien, und alsobald beurlaubte sich Ilse von ihrer Gebieterin und verließ das Gemach. Nachdem Adelheid eine lange Unterredung mit ihrem verzogenen Günstling gehabt hatte, wurden nach einander noch verschiedene Personen zu ihr hineinbefohlen. Vor Allen der Ritter Hermann von Sicbcneichen, auf dessen erprobte Treue und unbedingte Ergebenheit die Kaiserin rechnen durfte. Es war derselbe unerschrockene Mann, der etwa fünf Jahre später, im Jahre 1168, in Susa durch seine heldenhafte That dem Kaiser das Leben rettete. In Friedenszeiten gehörte er mit zu dem Hofgesinde der Kaiserin, indem er die Ober aufsicht führte über die Unterweisung der Edelknaben in allen ritter lichen Uebungen. Auch der Page Wolfram erhielt einen Auftrag, aber obgleich seine Genossen lebhaft in ihn drangen, obgleich selbst die Hoffräulein ihre Schmcichelkünste an ihm versuchten, erfuhr doch keines ein Wort von dem ihm gewordenen Befehle. Bei allen Anordnungen Adelheids war der Narr gegenwärtig, aber er lag, anscheinend theilnahmlvs, auf seinem gewöhnlichen Platz vor dem Kamin und schien auf nichts Acht zu haben, während doch keine Bewegung der Anwesenden, kein Zucken der Gesichtszüge seinem lauernden Blick entging. Zuletzt wurde das Fräulein von Dasiel, jedoch ganz wie zufällig und unter einem leicht gefundenen Vorwände, in das Gemach be schicken. Die frühere Abneigung der Kaiserin gegen dieselbe war anfs neue erwacht und nicht wie vordem nur in einer leichten un bestimmten Abneigung sich geltend machend, sondern jetzt als ein ganz bestimmt auftrctender Verdacht. Der Narr hatte cs als sehr thöricht getadelt, daß Adelheid da- Fräulein mit zu dem Runenweibe genommen, ja überhaupt dasselbe in Mitwissenschaft jenes Ausfluges gezogen habe, und als er von dem Ausspruch der Hexe Hörle, der seinen Argwohn bestätigte, hatte er es nicht daran fehlen lasse», die Gelegenheit begierig zu erfassen, seiner Gebieterin ebenfalls von dem ihm schon lange innewohnenden
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