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Sächsischer Landes-Anzeiger : 06.07.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-07-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188807063
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18880706
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18880706
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1888
-
Monat
1888-07
- Tag 1888-07-06
-
Monat
1888-07
-
Jahr
1888
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 06.07.1888
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Nr. 155. — 8. Jahrgang. Der jeden Wochentag Abend (mit Datum de« jolgenden Tage-) zur Versendung gelangende „Sächsische LnndrS-Anzeiger" mit täglich einem besonderen Unter haltungsblatte und mit dem Extrabeiblatt Lustiges Bilderbuch kostet bei den Ausgabe- ftelle» monatlich 70 Psg., bei denPost-Anst. 75 Pf. (1888er ZtgS.-Preisliste Nr. 5035.) Für Abonnenten erscheint je einmal im Jahr: Sommer-Eisenbuhusahrplanheft für Sachsen. «inter-Eiskubllhufabrulanbeft für Sachse». Jllnstr. Kalender des Sächsischen Saudboten. IllustrirterJahresbuchde-Sandes-Slnzeiliers. Mit täglich einem besonderen 4. Sächsisches Allerlei - SSchslscher Anzeigenpreis des „Si»<s. Sandes-»^,l«r<"r Raum einer schmalen Eorpuszelle 15 Pf» Bevorzugt« Stelle (lsvalt. PetitzeileMPf. BeiWiederholung großer Annoncen NabaN, Bei Bestellungen von Auswärts wolle ma» LüllilkS-Aüfkizek mit „Chemnitzer Stadt-Anzeiger". Unparteiische tägliche Zeitung für Sachsen und Thüringen. Untcrhnltungsblntt: i. Kleine Botschaft — 2. Sächsischer Erzähler — 3. Sächsische Gerichts-Zeitung 5. Jllnstrirtes Unterkaltnngsblatt — 6. Sonntagsblatt — Ertra-Beiblatt: Lustiges Bilderbuch. Amtliche Bekanntmachungen. Ueber das Vermögen des Branereibesitzers Friedrich Wilhelm Kirchhof in Glösa wird heute am 3. Juli 1888 Vormittags °/.12 Uhr das Konkurs-Ver fahren eröffnet. Der Rechtsanwalt Ullrich 1. in Chemnitz wird zum Konkurs verwalter ernannt. Konkursforderungen sind bis znm 6. Augnst 1888 bei dem Gerichte anznmelden. Es wird zur Beschlußfassung über die Wahl eine- andern Verwalters, sowie über die Bestellung eines Glänbigcrausschusses und eintreteude» Falles über die in Z 120 der Konkursordnnng bezeichncten Gegen stände auf den 21. Juli 1888 Nachmittags 5 Uhr und zur Prüfung der angemeldetcn Forderungen aus den 27. August 1888 Vormittags 10 Uhr vor dem Unterzeichneten Gerichte Termin anberaumt. Allen Personen, welche üne zur Konkursmasse gehörige Sache in Besitz haben oder zur Konkursmasse etwas schuldig sind, wird aufgcacben, nichts an den Gemeinschulder zu ver- rbfolgen oder zu leisten, auch die Verpflichtung auferlegt, von dem Besitze der Sache und von den Forderungen, für welche sie aus der Sache abge sonderte Befriedigung in Anspruch nehmen, dem Konkursverwalter bis zum 1. August 1888 Anzeige zu machen. Königliches Amtsgericht zu Chemnitz. Ueber das Vermögen des Kaufmanns Bernhard Georg Fuhrmann in Chemnitz wird heute am 3. Juli 1888 Nachmittags */.,5 Uhr das Konkurs verfahren eröffnet. Der Rechtsanwalt vr. Stadler in Chemnitz wird zum Konkursverwalter ernannt.. Konkurssorderungen sind bis zum 3 l. Juli 1888 bei dcui Gerichte anzumelden. Es wird zur Beschlußfassung über die Wahl eines andere» Verwalters, sowie über die Bestellung eines Gläubigerausschusses und eintretenden Falles über die in 8 120 der Konkursordnnng bezeichncten Gegenstände aus den 19. Juli 1888 Nachmittags 4 Uhr und zur Prüfling der angcmeldctcu Forderungen aus den 14. August 1888 Nachmittags 4 Uhr vor dem Unterzeichnete» Gerichte Termin anberaumt. Allen Personen, welche eine zur Konkursmasse gehörige Sache in Besitz haben oder zur Konkursmasse etwas schuldig sind, wird ausgegebcn, nichts an den Gemeinschuldner zu ver abfolgen oder zu leisten, auch die Verpflichtung auferlegt, von dem Besitze der Sache und von den Forderungen, für welche sie aus der Sache abgeson derte Befriedigung in Anspruch nehmen, dem Konkursverwalter bis zum 4. August 1888 Anzeige zu machen. . Königliches Amtsgericht zu Chemnitz. Telegraphische Nachrichteri. Vom 4. Juli. Wien. Der „Polit. Corr." zufolge ist dem englischen Kabinete eine russische Note in der bulgarischen Frage bisher nicht zugckommen. Es sei auch nicht anznnchmen, daß der angekündiglc diplomatische Schritt Rußlands vor der Begegnung des Kaisers Wilhelm mit dem Zaren erfolgen werde. London. Dem „Standard" wird aus Berlin berichtet, daß die herzlichen Beziehungen zwischen England und Deutschland unver mindert fmtdauern. Graf Herbert Bismarck werde in Kurzem in Privatangelegenheiten nach England reisen, dabei aber wohl inter nationale Angelegenheiten ebenfalls zur Sprache bringen. Politische Nimdschau. Chemnitz, den 5. Juli. Deutsches Reich. Ueber die Reisen des Kaisers schreibt die „Kreuzzlg.": „Die Reise nach Petersburg wird Mitte des Monats auf der Kaiserlichen Dacht „Hvheuzollern" von Kiel aus, wohin sich der Kaiser am 11. oder 12. Juli begeben wird, angetrcten werden. In der Begleitung des Monarchen wird sich der Staatssccretär des Auswärtigen Amtes Graf Herbert Bismarck befinden, der zum ersten Mal als Vertreter seines Vaters eine solche Reise unternimmt. Der Aufenthalt des Kaisers i» Petersburg dürfte sich auf drei bis vier Tage erstrecken. — Der offizielle Besuch des Prinzen Heinrich an den nordischen Höfen dürste vor der Petersburger Reise des Kaisers erfolgen. In Kopenhagen wird der Prinz mit dem sächsischen Königs- paarc zusammentrcffen, welches zur Eröffnung der deutschen Abtheil ung der dortigen Ausstellung daselbst einzutreffen gedenkt. — Der Besuch unseres Kaisers am österreichischen und italienische» Hofe Wird im Laufe des Monats August erfolge». — Im September ge denkt Se. Majestät den Kaisermanövern in der Provinz Branden burg beizuwvhnen." — Zu der Petersburger Reise schreibt das Blatt Leidenschaftliche Herzen. Roman von Karl Zastrow. Fortsetzung. Nachdruck verboten. Noch immer lag sie bleich, mit geschlossene» Augen ans dem Sopha. Man rieb ihr Stirn und Schläfe mit stärkenden Essenzen, und de» vereinten Bemühungen der Umstehenden gelang cs endlich, sie in das Leben zurück zu rufen. Als sie die Augen aufschlug, fiel ihr erster Blick auf den Gatten, der sich besorgt über sie gebeugt hatte. Sie sah ihn mit einem langen, trüben Blicke an, aber es lag in diesem Blicke eine Leere, wie er sic nie in diesem tiefen Auge wahrgcnommen zu haben meinte. Dann schüttelte sie leicht die vollständig aufgelösten Locken und seufzte tief auf. „Anna, was ist Dir?" fragte er sanft, „bist Du krank?" „O nein!" rief sie hastig, und wieder irrte ihr Blick fieberhaft schnell, als suche sie etwas und fürchte sich doch, es zu finden, durch den Raum. „Komm, Edmund!" rief sie endlich, aufspringend und krampfhaft seine» Arm ergreifend, „wir wollen nach Hause, mich friert entsetzlich." Hastig warf Edmund Anna das weiche Shawltuch über die Schulter und geleitete sie die Treppe hinab an den Wagen, der Beide aufuahm und dann pfeilschnell von dannen rollte. Sie trafen nach kurzer Fahrt in dem Gasthofe ein. Das Zimmer, welches sie während der Dauer ihres Aufenthalts im Städtchen gemiethet hatte», war von einer behaglichen Wärme durch strömt. Eine erhellte Lampe von mattweißem Glase verbreitete ein trauliches Dämmerlicht. Auf dem blendend weiß gedeckten Tische stand eine Theemaschine bereit. Anna warf schnell Hut und Tuch ab und schickte sich an, den Thee zu bereiten; aber man sah deutlich, daß sie zerstreut, daß ihr Geist nicht bei Sache war. Eine fieberhafte Hast ging durch alle ihre Bewegungen, und oft blickte sie nachdenklich vor sich hin. Werner störte sie nicht mit Fragen, von deren Erfolglosigkeit er im Voraus überzeugt war. Er wußte nur zu gut, daß dieses ver schlossene Herz sich ihm nie öffnen würde, und an ihr eigenthümliches Wesen war er ja längst gewöhnt. Der Thee stand dampfend auf dem Tische. Die Bntterbrode und Bratcnscheiben lagen zierlich geschnitten auf dem feinen, weißen Porzellanteller. dann noch: „Jeder kühldenkende Bürger der Staaten des Friedens- Dreibundes wird die Kaiserreise als das aufnehmen, was sie ist, als einen Austausch freundschaftlicher persönlicher Gefühle, welche aller dings bei der hohen Stellung der beiden Begegnenden nicht ohne Rückwirkung auf den europäischen Frieden bleiben wird, aber dennoch mit der Politik als solcher, wenn in irgend einem, so doch nur im losesten Zusammenhänge steht. Man darf deshalb wohl erwarten, daß man am Wiener, wie am Römische» Hofe die Seereise des Kaisers von Deutschland nach der Newa nur mit Gefühlen der Sympathie begleiten werde." — In den nächsten Tagen wird der Kaiser die fremden Botschafter und Gesandten beim Deutschen Reiche, nachdem dieselben ihre neuen Beglaubigungsschreiben im Auswärtigen Amt abgegeben haben, in einer Gesammtandicnz empfangen. — Heute Vormittag findet unter Vorsitz des Kaisers im hiesigen Schlosse ein Kronrath statt. — Die hochangesehene „Münchener Allg. Ztg.", die auch zu dem Berliner Hofe nahe Beziehungen unterhält und als Organ des bayerischen Ministeriums bekannt ist, schreibt über Kaiser Friedrich: „So wenig der Umstand, daß der Kaiser von einer unheilbaren Krankheit des Körpers befallen war, dessen Thronbesteigung hindern konnte, eben so wenig mußte dieser Umstand die Bestellung einer Regentschaft für den kranken Kaiser hcrbeiführcn. Da nun Niemand behaupten konnte, daß Kaiser Friedrich in Folge seines, wenn auch unheilbaren körperlichen Leidens in seinen geistigen Funktionen — und darum handelt es sich doch in erster Linie — so beeinträchtigt werde, daß er rcgicruugsunsahig sei, so war irgend ein Anlaß zur Einleitung einer Regentschaft für den kranken Kaiser, welcher seine Rcgierungsfähigkeit wohl hinreichend bewiesen hat, nicht vorhanden, und der damalige Kronprinz Wilhelm hätte als nächster Agnat sicher nicht den Anstoß zu einer solchen Maßregel gegeben. Ein Anlaß zur Einleitung einer Regentschaft war um so weniger geboten, als dem Monarchen, insoweit derselbe eine Erleichterung bei der Be sorgung der Regierungsgeschäfte wünschte, das Mittel der Bestellung eines Stellvertreters für einzelne Geschäfte offen stand, ein Mittel, von welchem er auch Gebrauch gemacht hat. Vom staatsrechtlichen Standpunkt war cs daher völlig gleichgiltig, ob die Krankheit, an der Kaiser Friedrich III. litt, und die schließlich seinen Tod hcrbei- geführt hat, Krebs war oder nicht, und ob sie heilbar war oder nicht. Ausschlaggebend war nur die Frage, ob Kaiser Friedrich regierungsfähig war, und diese Thatsache konnte nach Lage der Dinge nicht wohl bestritte» werden." — Der neue preußische Minister des Innern, Herr Herrfurth, hat die Ministerialgcschäfte bereits übernommen und ist auch vom Kaiser empfangen worden. — Der „Preußische Staalsanzeigcr" publicirt das Gesetz betr. die Negulirung der Strvmvcrhältnisse in der Weichsel und Nvgat. — Der Bundesrath in Berlin wird heule Donnerstag eine Sitzung abhalten. Auf der Tages-Ordnung stehen nur Verwaltung? suchen. — Als künftiger Unterstaatssecretär im preußischen Ministerium des Innern wird der Miuisterialdirector von Zastrow genannt. — Das Marine-Verordnungsblatt publizirt einen kaiserlichen Erlaß, wodurch neue „Organisatorische Bestimmungen" für die Marine genehmigt werden. — Wie aus London berichtet wird, wird Or. Mackenzie Ende dieser Woche dorthin zurückkehren. Er läßt erklären, daß die Mit theilung von Zeitungsrcportern, er habe über den Fall der Einsetzung einer Regentschaft für Kaiser Friedrich gesprochen, ans Unwahrheit beruht. Mackenzie verhält sich den Berichterstattern gegenüber sehr zurückhaltend. Er scheint vor der Abreise aus Potsdam sich ver pflichtet zu haben, jede Darlegung über Einzelheiten in der Krankheit des Kaisers zu vermeiden. — Landesvcrrathsproceß in Leipzig. Die Verhandlungen wurden am Mittwoch unter strengem Ausschluß der Ocffentlichkeit fortgesetzt. Mit bebender Hand füllte Anna die vor dem Gatte» stehende Tasse. „Nun bitte, lieber Edmund!" sagte sie mit dem gewohnten, einladenden Lächeln; aber der Gatte, welcher sie scharf beobachtete, schüttelte den Kopf. Er sah, daß diesmal ihr Lächeln ein er zwungenes war. „Und Du? Willst Du nicht auch etwas genießen?" fragte er. Sie hatte bereits die Tasse an den Mund gesetzt, stellte sie aber nach wenigen Zügen wieder aus den Untersatz zurück. „Ich kann nicht!" sagte sie kopfschüttelnd; „ich habe nicht den geringsten Appetit!" „Anna! Du bist doch krank, — vielleicht ein Fieber, hervor- gerufcn durch eine heftige Gemüthserschüttcrung! Ich will den Arzt rufen lassen! Wie?" Sie schüttelte heftig den Kopf. „Ich will keinen Arzt! Ich habe Dir bereits gesagt, daß ich nicht krank bin." Ihr Ton trug das Gepräge einer gewissen Schärfe und Heftig keit. Es war das erste Mal, daß sie, die sich vortrefflich zu be herrschen wußte, in dieser Weise zu ihm sprach. „Anna!" sagte er begütigend, „Du bist aufgeregt, mißmuthig. Habe ich Dir Veranlassung zur Unzufriedenheit gegeben? Sprich Dich offen gegen mich aus!" Sie schüttelte wieder heftig de» Kopf. „Nicht im Geringsten!" „Aber, in aller Welt, was hast Du nur, liebes Kind?" „Nichts! laß mich in Ruhe!" tönte es kalt, fast rauh von ihren Lippen. Da brach der lange verhaltene Sturm seines Innern hervor: „Ich weiß nicht mehr, was ich von Dir denke» soll, Anna!" rief er mit zitternder Stimme; „mit jedem Tage wirst Du verschlossener und feindseliger gegen mich. Habe ich das um Dich verdient? Was soll aus diesem unglückseligen Verhältniß werden? Warum, — wenn ein tiefes Weh Deine Seele belastet, — theilst-Du es nicht Dem jenigen mit. der Dir in der ganzen Welt am nächsten steht, Deinem Gatten? Begreifst Du nicht, wie unendlich schwer wir uns gegen seitig das Leben machen dadurch, daß Eines vor dem Andern sein Herz verschließt? Mag es sein, daß unsere Liebe von Anfang a» weder tief noch stark genug war, um alle Wcchselfälle des Lebens zu überdauern, um sich nicht in Gleichgiltigkeit aufzulöjen durch die Macht der Gewohnheit. Es ist leider so, ich habe es, wenn auch spät genug, erkannt. Soll aber das Verhältniß geradezu unerträglich Bnchdrnckerei, Chemnitz. Theaterstraße 5 (Fernsprechstelle Nr. 13 Telegr -Adr-: LaudeS-Anzeiger, CH Die Zeugen sind bis auf die sachverständigen Officiere vom Großen Generalstabe sämmtlich entlassen. Die Officiere wohnten der Ver lesung der verrathenen Schriftstücke bei und bekundeten, daß die Ge heimhaltung derselben im Staatsinteresse unbedingt nothwendig sei. Es folgen nun die Plaidoyers. — Frankreich und die Reise de- deutschen Kaisers nach Peters burg. Aus Paris wird über das bevorstehende Tagesereigniß ge- ichricben: Die Nachricht von einer beabsichtigten Reise des Kaiser- Wilhelm II. nach Petersburg hatte bei ihrem ersten Auftauchen in französischen Regierungskreisen einige Ucberraschung hervorgerufen. Eine so freiwillig, inmitten der schweren Familientrauer, bald nach Regierungsantritt beschlossene Reise, glaubte man allgemein, werde nicht ohne höhere Beweggründe unternommen. Nachdem aber die Sache einer ruhigen Erwägung unterzogen worden war, machte das Gefühl des Befremdens einer nüchternen Auffassung Platz. Man er klärt sich den geplanten Höflichkeitsbesuch des jungen Herrschers aus der Absicht, die letzten Willenskundgebungen seines Großvaters und Vaters in Thaten umzusetzen. Kein Zweifel, daß dieser Reise Be deutung zukommen wird; es erscheint aber angemessen, mit der Er klärung ihrer Ziele und der Berechnung ihrer muthmaßlichen Folgen zu warten. In Pariser politischen Kreisen wird zur allgemeinen Lage betont, daß zwischen Paris und Berlin gegenwärtig keine diplomati schen Schwierigkeiten bestehen, während dagegen die Balkanfrage gegensätzliche Anschauungen zwischen Wien und Petersburg erzeugt. Mau nimmt hier nicht an, daß der Zar seine bisherige politische Richtung slinic ändern werde, die sich in den Worten: Ansrechterhal tung des Buchstabens und Geistes der Verträge, Freiheit der Aktion zusammenfassen läßt; man glaubt aber, daß er nach der Begegnung mit Kaiser Wilhelm II. sozusagen die Arme im Orient freier fühlen wird. Nach Berliner Nachrichten wäre der Zweck der Reise des deutschen Monarchen hauptsächlich der, die Gefahren, die sich aus der Prcßpolemik der beiden Staaten und de» Truppenkonzentrirungen er gebe», zu beseitigen und einen Angriffskrieg gegen Oesterreich-Ungarn, durch welchen Deutschland gezwungen würde, das Schwert aus der Scheide zu ziehen, zu verhindern. Man erachtet es daher für mög lich, daß dem Zaren bezüglich Bulgariens deutscherseits gewisse Zu geständnisse cingcräumt werden dürften. Desgleichen wird es für wahrscheinlich angesehen, daß der deutsche Kaiser sich bemühen wird, in Hinblick auf Frankreich sich die Neutralität Rußlands zu sichern. Selbstverständlich kann man vor der Hand in all' dem bloße Muth- maßungen erblicken. Oesterreich-Ungarn. Die österreichische Militärverwaltung hat nunmehr begonnen, die galizischen Regimenter, welche in außer- galizischen Garnisonen liegen, »ach dieser Grenzprovinz zurückzuverlegen. — Lemberger Berichten zufolge erneuerten sich in den ostgalizischen Bezirken die Ballcruunruhen anläßlich der Durchführung des neuen Straßengesctzcs. Die renitenten Bauern mußten unter Beihilfe der Gendarmerie zu de» Wegeleistungen gezwungen werden. In der Ge meinde Zazulince insultirte die Bevölkerung den amtirenden Steucr- execuwr so, daß Gewalt angewendct werden mußte. Italic». Die römische „Agenzia Stefan!" meldet, daß die von Italien in Massauah eingeführte Fremdensteuer die Italiener ebenso treffe. Die Reclamation seiten Frankreichs und des Gesandten Griechenlands wurden in Folge dessen eingestellt. Frankreich. Am Dienstag wurde die Regierung wegen der in Carcassonne vorgekommenen groben Wahlbeeinflussungen interpellirt. Ministerpräsident Floquet schob sich die Geschichte vom Halse, und die Kammer ertheilte ihm schließlich mit 270 gegen 158 Stimmen ein volles Vertrauensvotum. Die Minderheit setzte sich aus den Monarchisten und drei Boulangisten zusammen, während von de» Republikanern, welche die Mehrheit bildeten, sich alle Anhänger Jerrys der Abstimmung enthielten. Die Blätter betrachten die Lage des Kabinets als befestigt und seine Existenz wenigstens bis zum Wicderznsammentritt der Kammern im Oktober als gesichert. werden? Sollen wir uns wie Feinde gegenüber stehen, anstatt zu versuchen, uns in Freundschaft ertragen zu lernen?" Sie hatte kein Wort der Erwiderung für den Gatten. Ruhig saß sie ans dem gepolsterten Schaukelstuhl, den sie vor den Ofen ge> rückt hatte, in welchem ein Helles Feuer brannte. Starr sah sie in die Glnth. Ihre kleinen Füßchen ruhten auf den erwärmten Kacheln Er sah sie lange an in der Erwartung, endlich ein freundliches, erwiderndes Wort zu vernehmen. Aber sie sagte nichts. Seufzend verließ er das Zimmer, um sich in dem nebenan be findlichen Schlafkabinet zur Ruhe zu legen. Zwei schneeweiß bezogene Betten standen hier. Den Kopf voll wirrer Gedanken legte Werner sich nieder, allein die furchtbare Aufregung seines Inner» ließ ihn den Schlaf nicht finden. Mit einem uncnolich bitteren Gefühle wiederholte er sich immer fort, daß er schmählich getäuscht und betrogen worden sei. Er sagte sich aber auch, daß jenes Gefühl für die Gattin, welches er einst für übermächtig stark und heilig gehalten, nichts weiter als ein leerer Wahn gewesen war. Ein wunderbares, vollendetes Kunstgcbilde aus Marmor, das uns unwiderstehlich anlockt, uns treibt, seine räthsel- haste Reize zu studiren und zu entziffern, uns für den Augenblick begeistert und erhebt und dem wir doch zuletzt mit unbefriedigtem Herzen den Rücken kehren, weil kein warmes, pulsircndes Leben in voller Gluth unserem eigenen Denken und Fühlen eutgegenfluthet, das — und nichts Anderes war ihm Anna gewesen. Und wenn er dennoch sich jetzt von Zeit zu Zeit in den weichen Kiffe» aufrichlcle und nach der Thür horchte, welche ihn von dem einst so heißgeliebte» Weibe trennte, so war es nicht das letzte Auf flackern jener im Erlöschen begriffenen Gluth, cs war eine andere, sei» Herz mit eisiger Kälte durchschauernde Empfindung. Mißtraue» begann ihn zu erfüllen gegen Diejenige, zu welcher er Zutrauen nimmer fassen konnte. Warum saß sic mit ihren Gedanken allein in dem Borderzimmer, anstatt die Ruhe zu suche», die ihr nach den Anstrengungen des Abends doppelt willkommen sein mußte? Und wenn sie nicht krank war, wie sie ausdrücklich sagte, was war es denn für eine Gemüths- bcwegung, die sie verhinderte, ihr Spiel zu Ende zu bringen, sie der Gcfayr aussetzte, die Gunst des Publikums gleich am ersten Abend zu verscherzen? Sie, die sonst in diesem Punkte so äußerst peinlich und gewissenhaft war? I -,'Ü Der heutigen Rümmer des Sächsischen Landeö-Slnzeigers liegt bei das Beiblatt „Sächsisches Allerlei".
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