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kxprd. ». RedaMov rre-ben-Nmstatzt L Meißner »aff« L. Di« Zeitung erscheint Dienstag, Dannerstag und «annaßen» früh. USvanementS- Bret». »terteljährl. M. 1,80. Zu beziehen durch die kaiserlichen Post- «nstalten und durch unser« Boten. Bet freier Lieferung ins HauS erhebt die Port noch eine Ge bühr von 2b Pf. Sächsische Docheilung. Ein unterhaltendes Blatt für den Bürger und tandmann. Amtsblatt für die kgl. Amtshauptmannschasten Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt, für die Ortschaften des kgl. Amtsgerichts Dresden, sowie für die kgl. Forstrentämter Dresden, Tharandt und Moritzburg. verantwortlicher Redakteur und Verleger Herr«an» Müler in Dresden. Inserate werden bis Montag, Mittwoch u. Freitag Mittag angenommen und kosten: Hst 1 spalt. Zeile SO Pf Unter Eingesandt: 40 Pf. Inseraten- Annabmestelen: Invaliden dank, Haasenstetn L Bögler, Nudolf Mosse, «. L Daube L To. in Dre-den, Leipzig, Frankfurt a/M., v. Kohl, KeffelSdorf, Hugo Mtichler, Köpschenbroda u. s. w. Ar. 109. Sonnabend, den 14. September 1901. 63. Jahrgang. Die Kaiferbegegnung bei Danzig. Die erste der großen Zusammenkünfte diese- Sommers, die andauernd das politische Interesse in erster Linie beanspruchen und Gelegenheit zu den wett- areisendsten Kombinationen geben, ist erfolgt: Der Czar Nikolaus hat dem Kaiser Wilhelm II. seinen Besuch abgestattet. Die Ankunft des hohen Gaste- erfolgte etwas verspätet, angeblich infolge einer kleinen Havarie, die der russischen Kaiseryacht zugestoßen war. Gegen 3 Uhr kamen am Mittwoch die Katserschiffe und die Geleitschiffe in Sicht, voran die „Hohenzollern". Sie wurden um 3'/. Uhr von der Flotte, welche über den Toppen geflaggt hatte, mit Salut begrüßt und Kaiser Wilhelm und Kaiser Nikolaus fuhren die Front des Geschwader- ab. Die Ankunft de- Czaren bei der deutschen Flotte gewährte ein wunderbares Schauspiel. Das Wetter war herrlich und die mächtigen Kriegs schiffe lagen in schnurgerader Reihe da, au-gerichtet Vie die Bataillone auf dem Paradefelde. Die stolzen Schiffe boten einen prächtigen Anblick. Die Mann schaften harrten in weißen Paradeanzügen des Moments, da die beiden Kaiser eintreffen sollten. Rasch kamen die Schiffe heran. Da blitzte eS an Bord de- „Kaiser Wilhelm II.- auf und donnernd rollte der erste Salut« schuß über die Wogen. Unmittelbar darauf fielen die anderen Schiffe ein und nun blitzte und krachte eS in den ganzen langen Linien. Doch mit Schnellfeuer geschützen find dreiunddreißig Schuß pro Schiff rasch verfeuert und kaum hatte sich der Pulverdampf etwas verzogen, so setzte die „Hohenzollern", auf der die beiden Kaiserstandarten einträchtig n:beneinander flatterten, mit langsamer Fahrt ihren Weg fort, zwischen beiden Linien hindurch dampfend. Brausend erschollen von Schiff zu Schiff die HurraHS der Mannschaften, da zwischen ertönten unaufhörlich die Weisen der beiden Nationalhymnen. Als die Fahrt beendet war, schüttelten sich Kaiser Wilhelm und der Czar die Hände; offenbar stattete der Letztere seinen Dank für die ihm bereitete Ovation ab. Dann begaben sich die Admirale und Kommandanten der Schiffe zur Meldung bei dem Kaiser von Rußland auf die „Hohenzollern". Der erste Tag de- Czarenbesuches ist nicht vorüber gegangen, ohne daß die beiden Monarchen die unter solchen Umständen nahe liegenden Ehrungen soldatischen Charakters, Regiments- bezw. Uniformverlethungen, auS- tauschten. Die beiderseitigen Würdenträger wurden durch hohe Orden ausgezeichnet. Der Kaiser Nikolaus verlieh dem Kaiser Wilhelm daS russische Dragoner- Regiment Narva Nr. 39. Dieses Regiment ist eins der berühmtesten und hervorragendsten der russischen Armee und hatte in früherer Zeit -um Chef den Groß- Admiral Großfürsten Konstantin Nikolajewitsch. Kaiser Wilhelm verlieh dagegen dem Czaren die Uniform deS 2. Garde-Dragoner-Regtment- Kaiserin Alexandra von Rußland. Den Schluß de- Mittwochs bildeten ver, schiedene Besuche der Monarchen auf den beiderseitigen Dachten der deutschen Kriegsschiffe. Die Abendtafel wurde an Bord der „Standart" gehalten, zu welcher Großfürst Alexis, die Gefolge, die Admirale und die Kommandanten der UebungSflotte Einladungen erhalten hatten. Bor der Tafel wurden die Herren des deutschen Gefolges dekorirt. Der Kaiser von Rußland über, reichte dem Reichskanzler Grafen Bülow persönlich den St. Andrea-, Orden. Dieselbe OrdenSauSzetchnung wurde auch dem Oberhofmarschall Grafen Eulenburg zu Theil. Die russischen Herren wurden in gleicher Weise durch preußische Dekorationen ausgezeichnet. Nach aufgehobener Tafel verblieb der Kaiser von Ruß land mit seinen hohen Gästen auf dem Promenaden- Decke vereinigt und erfreute fich an dem herrlichen Schauspiele, daS die prächtig illuminirten deutschen und russischen Schiffe boten. Die deutschen Schiffe gingen während dessen mit Salut in See. Nach 11 Uhr abend- verabschiedeten sich die Majestäten auf da- Herzlichste von einander und der Kaiser kehrte nach der „Hohen- zollcrn" zurück. Am Donnerstag Morgen hielt sodann da- Geschwader große Manöver ab, indem eS einen Angriff auf die Küste der Danziger Bucht unternahm, welche von Strandbatterien und Küstendivifionen ver- theidigt wurde. Kaiser Wilhelm und der Kaiser von Rußland wohnten der Uebung auf dem Schlachtschiffe „Kaiser Wilhelm II." bei. Politische Weltschau. Deutsches Reich. Der Kaiser hat der Stan- darte des Regiments der GardeS du Corps Stern und Band des schwarzen Adlerordens verliehen. Die Ueber- gabe erfolgte am 8. d. M. in Königsberg i. Pr. un- mittelbar vor dem Festgottesdienste bei der Feier deS 200jährigen Bestehens deS Königreichs Preußen. Die Kaiserin Alexandra von Rußland ist mit ihren Töchtern, den vier Fürstinnen, am Mittwoch in Kiel eingetroffen, wo sie die Prinzessin Heinrich von Preußen besucht und die Ankunft ihre- Gemahls deS Czaren erwartet, um mit ihm die Reise nach Frank reich fortzusetzen. StaatSminister v r. v. Miquel ist am Mittwoch Nachmittag in Frankfurt a. M. in feierlichster Weise bestattet worden. Das Grab, in dem der Verstorbene ruht, ist durch Beschluß der Stadtverordneten-Ver sammlung von der Stadt Frankfurt gestiftet und wird von ihr unterhalten werden. Auch ist die Errichtung eine- Monumente- al- sichtbaren Zeichen- zur Er innerung an den Ehrenbürger und ehemaligen Ober bürgermeister von Frankfurt geplant. Zur Verhütung der Einschleppung an steckender Krankheiten durch die au- Ostasien zurückkehrenden Truppen find wegen einzelner auf den Transportschiffen vorgekommener Typhus- und Ruhrsälle die VorfichtSmaaßregeln verschärft worden. So ist der vollständige Abschluß der Truppen während der Zeit ihrer Beobachtung in Bremerhaven und Munster von der Civilbevölkerung angeordnet worden. An dem letztgenannten UebungSplatze in der Lüneburger Haide legen die Chinakrieger ihre Tropenuntform ab, um die frühere Uniform wieder anzulegen. ES werden im Ganzen jetzt dort circa 10,000 aus Ostasten heim gekehrte Soldaten versammelt sein. Ueber den Zolltarif-Entwurf hat eine am 8. September in Gegenwart einer Anzahl Centrum-. Abgeordneter stattgehabte Versammlung de- klerikalen rheinischen Bauernverein- Getreidezölle verlangt, durch welche der Preis für den Doppelcentner Weizen auf 20, für den Doppelcentner Roggen auf 16 M. ge- bracht werden solle — was bet den gegenwärtigen Preisen einen Weizenzoll von etwa 7, einen Roggenzoll von etwa 6 M. bedingen würde. Ferner verlangt der Verein für Milch, die der Tarifentwurf frei läßt, einen Zoll von 3—4 Pf. pro Liter, für Butter einen ent sprechenden Zoll, Obst- und Gemüsezölle, die den „kli matischen Vortheil de- Auslandes" ausgleichen sollen, eine Erhöhung deS WeinzolleS (jetzt 24 M. und im VertragStarif 20 bezw. 10 M) auf 30 bi- 40 M. Zur Besichtigung der in Kiel befindlichen Arbeiter- Wohlfahrtseinrichtungen sollen dort die Vertreter einer Reihe von preußischen und außerpreußischen Ministerien und Staatsbehörden eintreffen. Unter Anderen wird dazu auch ein Vertreter des königlichen sächsischen Ministeriums des Inneren erwartet. DaS RetchSversicherungSamt hatte früher die bei Civilbehörden probeweise beschäftigten Militär- Personen für invalidenversicherunzspflichtig erachtet. Jetzt haben aber verschiedene Behörden erklärt, daß die Thätigkeit der zur informatorischen Beschäftigung oder zur Probedienstleistung im Civtldienste komman- dirten oder beurlaubten Militäranwärter als eine milttärdienstliche anzusehen ist. Italien. In Bologna hat der berüchtigte Mafia- proceß, der schon seit Jahren von Zeit zu Zeit vielen Staub auswirbelte, wieder begonnen. Bereits am 8. December 1899 wurde der Deputtrte von Palermo, Palizzolo, als der Anstiftung zur Ermordung des Baron- Notarbartolo verdächtig verhaftet und erst jetzt konnte Aeuilleton. Bürgermeisters Justine. Roman von Anna Hartenstein. (Nachdruck verbot«.) (24. Fortsetzung.) In banger Erwartung schaute sie der Schwester in'S Antlitz. Justine hatte sich gefaßt. Sie strich. Käthe beruhigend und zärtlich wie einem Kinde über da- wellige Blondhaar. „Da hast Du ersten- eine rechte — ich will'- ge lind ausdrücken — eine rechte Dummheit gemacht, Käthe, die fich naturgemäß bestraft hat", sagte sie und nie hatte Käthe die Stimme der Schwester so weich und doch volltönend geklungen wie heute. „Und nun hast Du nicht- Andere- zu thun, al- Deinem Bräutigam da- Bild wiederzugeben und offen und ehrlich mit ihm zu reden. Schau, Käthe, wir denken eS uns ja wunderbar schön au- in jugendlicher Schwärmerei, de- Manne- erste und einzige Liebe zu sein. Aber denken wir doch menschlich. Unser Herz schwankt und zittert auch mit seinen Gefühlen, bis es wie die Nadel den rechten Pol gefunden, in dem S ruht —" „Aber Dein Mann hat sicher nie eine Andere ge liebt olß Dich", unterbrach sie Käthe mit blitzenden Augen. Line warme Blutwell« stieg Justine bi- zur Stirne. Die Augen leuchtete» in intenstvem, blauem Feuer. — „Nein, sein Herz hat nie geschwankt. Aber lache nicht, Käthe, Männer wie Wilm giebi'S auch nicht viel auf der Welt. Und deshalb darfst Du Lorenz nicht von vornherein verdammen. Er ist eine leidenschaftliche Natur, dessen Herz gleichsam immer beschäftigt sein muß. Nur, Käthe, über da- Eine mußt Du Klarheit haben, ehe Du da- Jawort sprichst — daß er keine älteren Verpflichtungen hat, damit die Vergangenheit nicht eine- Tage- wie ein Gespenst auf- strige und Dein Glück zertrümmere. Du mußt wissen, daß Du nun seine- Herzen- sicher sein kannst, daß er Dir angehört wie Du ihm, daß ihm da- Weib heilig ist um Deinetwillen." „Bravo! Frau Justine — daS war ein Wort, wie eS nur Ihr Mund sprechen kann: klug und gut." — Ein leiser Schreckensschrei entfuhr Justine und sie ward bleich bi- in die Lippen. Auch Käthe fuhr er schrocken in die Höhe. — Im Eingänge der Laube stand. Lorenz Stakelmaon hoch aufgerichtet, breitschultrig und seine mächtige Er scheinung warf einen gewaltigen Schatten über die beiden Frauen. „Herrgott, Lorenz — Du! Wie kannst Du un- so erschrecken", rief seine Braut. „Berzechuog, Frau Justine. ES war unbedacht und leichtfinnig von mir, die- Plötzliche Erscheinen „L la Samtel", bat er mit der Miene der Sorge und Zerknirschung, während er näher trat und Justinen- eiskalte Rechte tu seine Hände faßte, feine Braut dabei kaum mit einem Blicke streifend. „Ich fand die Harr-« thüre verschlossen und ahnte, daß Sie den köstlichen Tag i« Freien genießen würde», da suchte ich de« weg um oaS Hau- herum iu den Garten". Justine mühte sich, aus dem lähmenden Schreck, der sie jäh befallen, sich aufzuraffen. Mit einem etwas schattenhaften Lächeln sah sie ihn an, während sie ihn bat, Platz zu nehmen. „Ich ahnte, wo ich meine kleine Räuberin zu suchen hätte", sagte er und ließ sich neben Käthe auf der Bank nieder. „Ja, jo, Käthchen, schau mich nur verdutzt an — bekanntlich ist nichts so fein gesponnen rc. Ich eilte au- der Fabrik nach Hause, weil ich Dich noch zu treffen hoffte und mir einen Kuß holen will, höre, daß Du — merkwürdigerweise in meinem Zrmmer ein geschlafen warst, sehe mein noch offen stehende- Bureau an — und ich müßte weibliche Neugierde — Pardon, Frau Justine, aber Sie zählen jetzt nicht mit — nicht kennen. Na, sei gut, Käthchen —" Er suchte die Widerstrebende, die über dm gut- müthig spottenden Ton und da- behagliche Schmunzeln um seine Lippen geradezu verblüfft war, an fich zu ziehen. „Ich finde Deine kleine Spitzbüberei vollständig begreiflich. Alle- so romanhaft wie nur möglich. DaS alte Möbel mit dem aeheimoißvoll verschlossenen Kästchen und einen Bräutigam, der — Sie haben recht, Frau Justine — schon manchen Herzenssturm erlebt. Aber liebste- Herz, bei etwa- klarer Ueber- legung, hättest Da die Sache aar nicht so geheimniß- voll gefundm. Schau, wenn ich wirklich Geheimnisse, so recht unheimliche Geheimnisse zu bergen hätte, so wäre da- alte Bureau der schlechteste Schatzhüter, dm» die Mechanik deS Verschlusse- der Schubfächer ist eine Spielerei, hinter die jede- Kind sofort kommm muß. — Und nu» zu dem Bilde." —