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Sächsischer Landes-Anzeiger : 25.06.1885
- Erscheinungsdatum
- 1885-06-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188506259
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18850625
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18850625
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1885
-
Monat
1885-06
- Tag 1885-06-25
-
Monat
1885-06
-
Jahr
1885
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 25.06.1885
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MWsMNMWMIWWWMWMWK 5. Jahrgang. AbonnementSpreiS: Der unparteiische — jeden Wochentag Abend (mit dem Datum des folgenden Tages) zur Versendung gelangende — Landes-Anzeiger mit Beiblättern kostet bei den Ausgabestellen in Chemnitz und de» Vororten 50 Pfennige monatlich; bei der Post 60 Pfg. (10. Nachttag 4523b.) Verlag: Alexander Wiede, Bnchdruckeret, Chemnitz. Sächsischer FMrs-KilMkl mit „Chemnitzer Stadt-Anzeiger". Donnerstag, 25. Juni 1885. JusertionspreiS: Raum einer schmalen Korpuszeile IS Pfg.; — Reklame (> fpa tige Petitzeile) 30 Pfg. — Bei Wiederholung grober Annoncen Rabatt. Bei Bestellungen von Auswärts wolle man Jnsertionsbettag (in Briefmarken) beifügen (ie 8 Silben Korpnsschrist bilden ca. 1 Heile). Annoncenannahmc: nur bis Vormittag. Expedition und Redaktion: Ehemnih, Theaterstraße Nr. 48. Telegramm-Adr.; Wiede'S Anzeiger, Chemnitz« KkibMcr: „Tägliches NnterhMungstilatt" und humoristisch istustrirtr- Siullinz-dlatt „Lustiges Bilderbuch". Telegramme de- Lande- Aazeigers. Vom 23. Juni. Halle. In Feldkirch (Vorarlberg) starb ganz plötzlich unser Landsmann, der von hier gebürtige Forschungsreise«!)! vr. Emil R i e b e ck. Mainz. Soeben ist vr. Dumoni, Oberbürgermeister unserer Stadt, gestorben. Wien. Kaiser Wilhelm, welcher dem österreichischen Kaiser paar einen Besuch abzustatten gedenkt, trifft voraussichtlich zu diesem Zwecke am 5. August in Ischl ein. Wien. I)r. Herbst hat sein Landtagsmandat für den böhmischen Bezirk Schluckenau niedergelegt. Rom. Der brasilianische Gesandte beim Ouirinal, Callado, ist von seinem Posten abberufen worden, weil man ihn im Club Della Caccia des falschen Kartenspiels übersührte. Paris. Der Wunsch der Familie Courbet's geht dahin, den Tobten in Abbsoille beizusetzen. — Eine vorherige große Todten- feier in Paris findet aller Wahrscheinlichkeit nach statt. Die Opportunisten behaupten, es existirtrn Briefe Courbet'S aus dem April, welche Ferry's Vorgehen vollständig billigten. London. General Grant befindet sich, nach einem Tele gramm aus Philadelphia, bester. Er beginnt bereits wieder, an seinem Boche zu arbeiien. London. Waddiugton» der französische Botschafter, hatte am heutigen Tage mit Lord Salisbury eine lange Unterredung. Man vernimmt, daß Salisbury dem Hause der Lords mitgetheilt, Gladstoue habe ihm hinreichend zufriedenstellende Zusicherungen in Betreff seiner Haltung dem neuen Cabinet gegenüber gegeben. Petersburg. Der Regierungsanzeiger veröffentlicht ein Gesetz, wonach vom 1. Juli d. I. ab von mehreren Einfuhrartikeln ein Ergänzungszoll von zwanzig bezw. zehn pCt. erhoben werden soll. Ferner wird der gegenwärtige Zolltarif dahin abgeändert, daß Holz- papiermaffe und jede andere Papiermaffe, welche bisher frei einging, nunmehr mit einem Zoll von zwanzig Goldkopeken pro Pud belegt wird. In den Pontushäfen TranskaukafienS eingeführter Raffinadezucker soll einem Zoll von dreihundertdreißig Goldkopeken per Pud unterliegen. Spiegel und Spiegelgläser, welche größer als achthundert»» Quadrat- Werschok sind, unterliegen außer dem Satze von zweieinhalb Goldkopeken per Ouadrat-Werschok, einem Zuschlagszoll von eiuviertel Goldkopeke für jeden Quadrat Werschok, der über achthundert hinausgeht. Shanghai. Die Räumung Formosa'» ist nunmehr vollständig beendet. Madrid, den 24. Juni. Der König hat da» Gesuch der Dele- girten des Madrider Handelsstandes um Aushebung des Dekrets wegen des Ausbruchs der Cholera in Madrid abschlägig beschicken. Der Minister des Innern erklärte in der Kammer, daß er Ferrari die Cholera-Impfung gestatten werde, sobald die medicinische Facnl- tat hierzu rathe. Die russischen »rieg-gelüste. Ein Petersburger Telegramm eröffnet bereits abermals die AuS- ficht auf einen kriegerischen Zusammenstoß zwischen England und Rußland im Süden Mittelasiens, giebt aber zugleich die tröstende Gewißheit, daß der Cabinetswechsel in London nicht unmittelbar zu einem Kriege zwischen den beiden feindlichen Mächten führen werde. Es heißt, daß die nächste abzuschließende Vereinbarung ein Waffenstillstand auf unbestimmte Zeit sein solle, den beide Mächte zu den umfassendsten Rüstungen benutzen wcrden, mit denen nament lich Rußland, wie der in der politischen Rundschau unseres Heu- tigen Blatte» unter „Rußland- mitgetheilt« neue Bahnbau wiederum beweist, außerordentlich regsam ist. Die Auffassung, daß es sich nur um einen Waffenstillstand handele, scheint also umsomehr berechtigt. Die Friedensfreunde müßten also damit zufrieden sein, den nächsten Augenblick gerettet zu haben. Trotzdem möchten wir von der Zuverficht nicht lassen, daß der Zusammenstoß in Afghanistan, welcher die ganze Welt erschüttern würde, zu vermeiden sein werde. SS ist unter jeder Bedingung ein Fehler der Regierungen und Nationen, einen so gewaltigen Krieg als unabwendbar anzusehen, denn solcher Fatalismus führt znm willenlosen Hineingleiteu in Kriege. Andererseits könnte auch durch die opferreichsten Kämpfe keine der beiden Mächte einen Gewinn erwerben, der ihr nicht mittelst weitaus geringeren Einsatzes zu sichern wäre. Militärisch ist heute noch ein russisch-englischer Krieg in Afghanistan ein Widersinn. Weder ist Rußland bis heute fähig, durch Afghanistan hindurch eine Armee nach der Grenze Indiens zu werfen, noch ist England im Stande, die Nüssen an der Eroberung Westafghanistans zu hindern. In dem wilden, durch Wüsten unterbrochenen Alpen lande können nicht große Armeen weit von ihrer strategischen Basis Vordringen, ohne sich der Gefahr des Unterganges auSzusetzen. Solche Gebiete müssen stück- und schrittweise unterworfen, die Bewohnerschaft muß allmählich mit den Eroberern verschmolzen oder doch für diese gewonnen werden, und dann erst können die Heere weiter vorgeschoben werden; nur ein solches Vorgehen ist historisch begründet und hat daher Aussicht auf,dauernden Erfolg. Die Phantasten der SkobeleffS und SoboleffS von der Eroberung Indien- durch die Kosaken waren und werden noch lange sein — Albernheiten. Und vom Vordringen der SepoyS in die dem Czarenreiche eiuverleibten turkmenischen Wüsten haben auch die kriegslustigsten Engländer nicht geträumt. Die russischen und englischen Rüstungen, so weit sie nicht der Küstenvertheidigung und Verstärkung der Kriegsflotte dienen, können also nur darauf gerichtet sein, die beiderseitigen strategischen Ausgangs punkte einander näher zu rücken, sonach einen Krieg in Afghanistan erst möglich z« machen. In dieser Beziehung sind leider die Russen den Engländern weit voran», denn letztere haben nicht nur die seit BeaconSfield'S Sturze verflossenen fünf Jahre versäumt, sie habe« auch den vom konservativen Ministerium nach dem Berliner Frieden er rungenen Gewinn muthwillig prei-gegebe». BeaconSfield hatte den werihvolleu östlichen Theil Afghanistan-, nämlich di« Provinze» Kabul uud Kandahar unter englische Gewalt gebracht und de« Bau der Siseubahn von Sibi in Indien «ach Kittah in Afghanistan beginnen Und er hatte — was militärisch weitaus bedeutsamer war — «in Büudmß mit der Türkei geschloffen nnd Vorbereitungen für den Bau der Euphratthalbahn getroffen. So war jeder ruffische Angriff auf Indien unmöglich geworden. Einerseits war der größere, Werth - vollere Theil Afghanistans im Norden durch unübersteigbares Gebirge gedeckt — «in Marsch durch die dortigen Pässe wäre gleichbedeutend mit einem Marsche über die Gipfel sämmtlicher Schweizer Alpen hinweg, also unausführbar — andererseits konnte bis zur leicht zu befestigenden Front der englischen Vertheidi- gungsstellung keine starke russische Armee Vordringen, ferner war auf dem Doppelwege durch den Suez-Canal und auf der vorder asiatischen Eisenbahn die schnelle Verbindung zwischen Indien und England gesichert — auch wenn, wie es seit einiger Zeit der Fall war, der Suez-Canal durch versunkene Schiffe verbarrikadirt wäre; endlich konnte ein türkisch-englischer Flankenstoß vom Schwarzen Meere aus da» Czarenreich tödllich treffen. Rußland durste keinen Angriff wagen, weil es, menschlicher Berechnung nach, verloren ge wesen wäre. Durch diese strategischen und äußerst practischen Com- binationen, welche sich den Terrainverhältnifsen anpaßteo, war der Friede gesichert. Diese für den Weltfrieden überhaupt und England insbesondere überaus günstige Stellung hat Gladstone preisgegeben; sie kann viel leicht binnen eines Jahrzehntes nicht zurückgewonnen werden. Die vom Jnselreiche verlorenen Jahre find seitens Rußlands eifrig aus- gebeutet worden, um der Möglichkeit eine- Kriege» gegen Englisch - Asien näher zu rücken. Vielleicht schon im nächsten Jahre wird die Wüstenbahn vom Kaspischen Meere aus bis zu der jetzt abzusteckenben russisch-afghanischen Grenze, also bis fast auf Handgreifweite vor Herat, gebaut sein. Dann könnten Wohl die Russen eine Armee nach dem Osten Afghanistans vorschieben—falls sie in Europa wider jeden Angriff gesichert wären; aber die auch nur entfernte Möglichkeit des letzteren und die noch immer ungeheueren Schwierigkeiten de» Marsches durch Westasghanista» möchten die Abenteuerlust auch der hitz- köpfigsten Russen dämpfen. Denn gerade in diesem Augenblicke würde der Grundgedanke der asiatischen Politik BeaconSfield'S beider seits eiuleuchten: England kümmert sich nicht um Herat, das es zu vertheidigen nicht im Stande ist — was natürlich amtlich nie ein geräumt werden wird — sondern nimmt die östlichen Länder Afgha nistans und damit eine fast unergreisbare Verlheidigungsposition in Besitz, Rußland dagegen begnügt sich verständiger Weise mit Herat uud unterläßt einen auf Indien gerichteten Ansturm, bei dem eS sich den Kopf einrennen könnte. Die Theilung Afghanistans, nicht jedoch der englisch-russische Krieg möchte dem jetzt zu schließenden Waffenstillstände folgen. Da mit wäre »«gleich aus absehbare Zeiten für «ns, obMch wir nicht direct dabei betheiligt find, die afghanische Frage in der günstigsten Weise gelöst. Politische Rmivfchatt. Chemnitz, de« 24. Juni. Deutsches Reich. Der Kaiser h.t am Dienstag in EmS, wo er Montag Vormittag wohlbehalten eingetroffen ist, die Trinkcur m Zimmer begonnen. Gegen Mittag empfing der Kaiser den Minister von Hofmann uud die Deputation deS Landesausschuffes von Elsaß- Lothringen, welche dem Begräbniß deS Feldmarschalls von Manteuffel beigewohnt hatten, in Audienz — Die Ereignisse der letzten Wochen haben erklärlicherweise die allgemeine Aufmerksamkeit auf unseren Kaiser vereinigt, und so kann es nicht Wunder nehmen, wenn am Montag in Ems seiner Ankunft mit ganz besonderer Theilnahme entgegengesehen, ihm ein ungewöhnlich be geisterter Empfang bereitet wurde, der den hohen Herrn sichilich er- freuie. Einem längeren brieflichen Berichte entnehmen wir »och Folgendes: Der Kaiser, der Uniform trug, ließ sich zwar beim Aus steigen aus dem Salonwagen vom Adjutanten die Hand reichen, schritt aber dann allein, ohne jede Hülfe, zum Empfangssaale, wo er die An wesenden in seiner gewohnten freundlichen Weise begrüßte. Wer den Kaiser seit längerer Zeit, etwa seit dem Niederwaldfest, nicht gesehen hat, würde kaum eine Veränderung haben wahruehmen können, sodaß also die Erkrankung vom vorigen Monat als völlig überwunden ange sehen werden darf. Schritt, Haltung und auch Aussehen waren trotz der überstandenen Krankheit nicht im Geringsten anders, als vor zwei Jahren. Da» Gehen und Stehen während der fünf Minuten, die der Kaiser im Geplauder mit den ihn empfangenden Persönlichkeiten ver brachte, schien ihm durchaus nicht schwer zu werden. Im Curhanse angelangt, wo die gewohnten anspruchslosen Gemächer hergerichtet waren, zeigte sich der Kaiser, vom Jubel der Menge begrüßt, noch zweimal am Fenster seines Eckzimmer». — Die Kaiserin Augusta, welche seit einigen Tagen in Koblenz weilt, erfreut sich daselbst des besten Wohlbefindens. — Die Schwester de» verstorbenen Fürsten Karl Anton von Hoheuzollern, Prinzessin Carolina, ist Sonntag Abend in Sigmaringen an einer Lungenentzündung gestorben. — Der Kronprinz hat am Montag bei dem Empfange der Herren aus dem Reichslande, welche dem Begräbniß de» Statthalters Feld marschall von Manteuffel in Topper beigewohnt, Namens des Kaisers die Politik des Verstorbenen ausdrücklich gebilligt. — Das wird auch der schärfste Gegner Herrn von Manteuffel's in Elsaß-Lothriugen zu gesteheu, daß der Statthalter von dem Wunsche beseelt war, den Ueber- gang in die neuen Verhältnisse zu erleichtern, und um so bedauer licher ist eS deshalb, daß er keine größeren Erfolge erzielte. Diese franzosenfreundlichen Agitatoren, die so viel dazu beitragen, die GSHrung im Reichslande aufrecht zu erhalten, verdienen eine solche milde Politik nicht, eS muß bei ihnen und ihrem Anhang schärfer zugegriffen werden, als der Marschall e» that, der sei« Ziel möglichst in Güte zu er- reichen trachtete. Er verbarg die eisemen Finger noch unter dem Sammethaudschuh. Die Elsaß-Lothringer werden an den Tobten noch oft zurückdenken, wenn einmal eine feste, nackte Eisenhand die Zügel der Regierung im Reichslande ergreift. — Wie aus Bukarest gemeldet wird, ist als Kronprinz von Rumänien — der König Karl ist bekanntlich kinderlos — der Prinz Ferdinand von Hoheuzollern, geb. den 24. August 1865, zweiter Sohn des Fürsten Leopold von Hohenzollern, auSersehen worden. — Fürst Bismarck hat aus ein Telegramm einer Arbeiter- Versammlung in Bochum, in welchem er gebeten wnrde, seinen Tin» fluß für die allgemeine Sonntagsruhe einznsetzen, eine Antwort ertheilt, ^ ^*Di?S-rren Absender können nicht lebhafter, wie ich selbst, «vitnsc^u, daß 8ie Sonntagsruhe jedem Arbeiter zu Theil »erd«, der fie dem Lohn erwerb vorzieht. Bevor ich aber bei den gesetzgebenden Körpern den An trag stelle, das Arbeiten am Sonntage bei Strafe zu verbieten und dm Arbeiter auch gegen seinen Willen zum Verzicht auf SonntagSlobn zu zwingen, glaube ich die Auffassungen der Betheiligten und die muthmaß- lichen Folgen eines derartigen Eingriffes genauer, als bisher geschehen ist, ermitteln zu sollen- Zu diesem Behuse habe ich bei den verbündeten Re gierungen die erforderlichen Anträge gestellt und zunächst um Ermittelung derjenigen Betriebe gebeten, in welchen gegenwärtig SonntagSarbeit statt findet und um Entgegennahme der Ansichten der betheiligten Arbeiter und Unternehmer." — Die Neu-Guinea-Compagnie hat soeben das erste Heft von „Nachrichten für und über Kaiser-Wilhelms-Laud und Bismarck- Archipel" erscheinen lassen. U. A. wird folgender Erlaß de» Reichs kanzlers mitgetheilt: „Mit Bezug aus die gefälligen Schreiben vom 25. März und 8. uud 10. April benachrichtige sch das Comitee für die Neu-Guinea-Compagnie ergebenst, daß ich die Veröffentlichung einer Bekanntmachung deS kaiserlichen Commissars von Oertzen in der australischen Presse veranlaßt hzche, wonach in dem deutschen Schutzgebiet, dessen Grenzen durch den Kaiserlichen Schutz brief bestimmt worden sind, 1) neue Landerwerbungen ohne Genehmigung der deutschen Behörde ungültig und nur ältere, wohlerworbene Rechte ge schützt werden sollen: 2) Waffen, Munition und Sprengstoffe, sowie Spirituosen bis aus Weiteres an Eingeborene nicht verabsolgt, und 3) Ein geborene zur Verwendung als Arbeiter aus dem deutschen Schutzgebiet nicht weggesührt werden dürfen, ausgenommen für deutsche Plantagen aus denjenigen Theilen deS Bismarck-Archipels, wo dies bisher geschehen war, jedoch nur unter Controle deutscher Beamten. In Vertretung des Reichs kanzlers: gez. Hatzfeldt." — Der BnndeSrath hielt Dienstag ein« Sitzung ab, in der Berwaltungssachen erledigt wurden. — Der Reichsanzeiger veröffentlicht die Vereinbarung zwischen dem Deutschen Reich und England über die Abgrenzung der beider seitigen Gebiete in Neu-Guinea. — Weiter wurden durch Bekannt machung des Reichskanzlers die Häfen der spanischen Mittelmeerküste, mit Ausschluß derjenigen der Balkarischen Inseln, für choleraverdächtig erklärt. Für Schiffe von dort treten also gesundheitspolizeiliche Controllmaßregeln in Kraft. — Ueber die in letzter Zeit mehrfach erwähnten zerrütteten Ber- mögensverhältniffe des Königs von Baieru wird der „Weserzeitung? aus München geschrieben: „König Ludwig ist unzugänglicher als je, selbst seine meisten Diener hat er entlassen, nur zum soldatischen Gehorsam verpflichtete EheoauxlegerS bilden seine nächste Umgebung. Die Ausgaben wachsen ins Ungeheure, die Summen für die letzten Privatvorstellungen sollen derartig sein, daß ich mich scheue, sie niederzuschreiben. Und chabei ist in der Cabinetscaffe be ständig tiefe Ebbe; die achteinhalb Millionen, welche hiesige Banken vor anderthalb Jahren gegen Sicherheit aus das Hausvermögen der CabinetS- casse vorstreckten, stopfen alte Löcher zu und für die neuen ist kein Geld da. Wie das enden wird, weiß kein Mensch und eine finanzielle Katastrophe scheint unabwendbar. An dem Gerücht, Fürst Maximilian von Thurn und Taxis habe dem Könige acht Millionen hinterlassen, ist kein wahres Wort. Wie die Dinge jetzt liegen, scheint eS kaum möglich, die Finanzverhältniffe des Königs länger der Oeffentlichkeit zu entziehen. Es ist auch nicht aus geschlossen, daß der Landtag von seinem verfassungsmäßigen Rechte, eine« Einblick in den Stand des Hausvermögens zu verlangen, einmal Gebrauch macht." — Wie verlautet, wird sich ans Befehl des Kaisers Anfang Juli der Hofprediger Bayer nach Gastein begeben. Man darf wohl daraus schließen, daß der Kaiser etwa um diese Zeit in dem genannte« Wildbad eiuzutreffen gedenkt. — Verschiedene Blätter meldete», daß der sächsische Kriegs« minister Fabrice zum Nachfolger Manteuffel's in Aus sicht genommen sei, und brachten besten Anwesenheit in Berlin hiermit in Zusammenhang. Dem ist jedoch nicht so, die Anwesenheit de- Kriegsministers in Berlin hatte andere, Dienstangelegenheiten mili tärischer Natur zum Zwecke uud war bereits an Manteuffel's Tode beschlossen worden. Daß sich die Augen auf den Betreffenden als Nachfolger Manteuffel's richteten, ist nicht zu verwundern, denn Graf Fabrice vereinigt die für den Statthalterposten uöthigen Doppeleigen schaften, Soldat und Diplomat, in der glücklichsten Weise in seiner Person, uud zeugt dafür die tactvolle Ausfüllung seine- schwierigen Postens als Gouverneur von Versailles während der Cernirung von Paris. Es steht fest, daß in Dresdner Kreisen noch nichts davon be kannt geworden ist, daß diese Angelegenheit bisher in irgend einer Weise au den Grafen Fabrice heraugetreten sei. — Die deutsche Regierung hat für den Fall einer Weiterver breitung der Cholera die Anwendung umfassender Vorbeugungsmaß regeln in's Auge gefaßt. Dagegen ist man an maßgebender Stelle davon zurückgekommen, eine Sachserständigen-Commission nach Spanien zu entsenden, um an Ort und Stelle das sogenannte Jmpfverfahren de» vr. Ferran zu studire«. Man hegt wenig Vertrauen zu dem wissenschaftlichen sowohl als practischen Werthe der Ferran'schen Ver suche. Daß unsere fachmännischen Autoritäten mit ihren Zweifeln an der Ferran'schen Entdeckung keineswegs allein dastehen, beweist die ab lehnende Stellungnahme nicht nur der Madrider Behörden, sondern auch hervorragender Capacitäte«, wie des berühmten französische« Forschers Pasteur. Letzterer hat sich in äußerst skeptischer Weise über die Ferran'schen Jmpfversuche ausgesprochen. — Zum Proceß Stöcker theilt die „Magdeb. Zig." mit,seitens der Kreis- und der Provinzialsynode in Berlinwerde die Angelegenheit angeregt werden, falls von der kirchlichen Aufsichtsbehörde keine Remedur ge schaffen werde. Die» Letztere sei aber nicht zu besorgen. — Proceß Schmidt-Stöcker. Vor dem Schöffengericht in Berlin gelangte am Dienstag die schon einmal vertagte Privatklage de» früheren Reichstagsabgeordneten Schmidt-Elberfeld gegen den Hofprediger Stöcker zur Verhandlung. Gegenstand der Klage ist ein« Stöcker'sche Rede, in welcher e» heißt: „Denn die elenden Lügen, die jetzt mein Gegencandidat Herr Schmidt (Wahlkreis Siegen) aus rotheS Papier drucken läßt, werden nicht verfangen. Gegen solche Jnsamim schützt der dortige gesunde Sinn der Bevölkerung, das kräftige, lebendig« Christenthmn. Sie wissen, was solche Buben von mir schreiben, ist nicht wahr, einfach weil ich ein evangelischer Geistlicher, weil ich Hosprediger Sr. Majestät deS Kaisers bin." Vertreter des Kläger» ist Rechtsanwalt Munckel, de» Beklagten Rechtsanwalt Wolf Fürstenwalde. Letzterer beantragt die Widerklage gegen Schmidt wegen eine» im Wahlkreise Siegen verbreitete« Flug- blatte», in dem es «.A. heißt: „Der Kronprinz habe die Antisemiten bewegung, die Herr Stöcker i»'S Leben gerufen, eine Schmach genannt. Wähler, könnt Ihr einem solche« Manne Eure Stimme geben?" Weiter soll der Privatkläger gesagt haben: „Herrn Stöcker wohn« der Geist der Zwietracht und de» Haffe» tun«, er stehe im Verdrehe« unerreicht da, er sei «in Lügner," „Stöcker habe alle paar Wochen eine andere Ueberzeugnng und geh« mit dem Winde." Der Gerichts- Hof beschloß, di« Sache zu vertagen. Da aber au» de« Verhalte» de» verklagt«»» namentlich auch daraus, daß er trotz der Zustellung der Klage m December erst kurz vor dem ersten Termin «lneu Ber« 1 -VW fl WM
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