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Sächsischer Landes-Anzeiger : 05.02.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-02-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188802058
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18880205
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18880205
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1888
-
Monat
1888-02
- Tag 1888-02-05
-
Monat
1888-02
-
Jahr
1888
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 05.02.1888
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Nr. SO. ^ 8. JahrggM - D«r Irden Wochentag Abend (mit Datum de» folgenden Tage«) zur Bersendung gelangende „Sächsische LanbeS-Anzeiger" mit täglich einem besonderen Unter- baltunaSblatte und mit dem Exttabeiblatt Lustiger Lilderbllch kostet bei den Ausgabe stellen monatlich 70 M., bei den Post-Anst. 75 Pf. (1888er ZtgS.-Preisliste Nr. 5035.) ürAbonnenten erscheint je einmal imJahr: iommer-Eisenbahnfahrplanhefl fiir Sachsen. «inter-Eisenbahnfahr-sanbest für Sachsen. Jllustr. «alender de« Eiich ischen Landboten. Jllustrirtes Jahresbuch de- Landes-Änzeigcrs. mit „Chemnitzer Stadt-Anzeiger". Unparteiische tägliche Zeitung für Sachsen nn- Thüringen. Sonntag, 5. Sebrmr 1888. L vev»zugteStell«(1stza,tPetitzeile)S^«rr BeiWied erh olung groß« Annoncen Rabatt. Bei Bestellungen von AuSwLr» wolle mg« JnsertionSbetrag (in Briesmarkeu) beifügt» (je 8 Silben Torpusschrift bilden ca. IZellr.) Annoncenannahiue nur bis Vormittag. Mi«: MM» Me. . Buchvriickerei, Chemnitz. Theaterstraße K (Fernsprechstelle Nr. ISS). Telegr.-Adr-: Lander-Anzeiger, Chemnitz. Mit täglich einem besonderen Unterhaltungsblatt: i. Kleine Botschaft — 2. Sächsischer Erzähler — 3. Sächsische Gerichts-Zeitung 4 Sächsisches Allerlei — b Jllustrirtes Unterbaltnngsblatt — 6. Sonntagsblatt — Ertra-Beiblatt: Lustiges Bilderbuch. Telegraphische Nachrichten. Vom 3. Februar. Wien. Der „Polit. Cvrr." wird aus Warschau gemeldet, daß die Gctrcidepreise in den westrussischen Gouvernements, insbesondere '"in Wolhynien, während der letzten Tage namhaft gestiegen seien, hauptsächlich in Folge bedeutender Lieferungen auf Rechnung des Militär-Acrars. In dem Stande der Besatzungen von Kowno und Dubno hat die letzte Zeit keine Veränderung ergeben. Die Befestigungs arbeiten werden, soweit der Winter cs zuläßt, fortgesetzt. Paris. Gestern wurde der Kammer der Bericht Pradon'süber das Gesetz betreffend den Aufenthalt der Ausländer in Frankreich vor- gclegt. Dasselbe begründet folgende 5 Artikel: Jeder, der einen Fremden in Dienst nimmt, muß ihm einen von der Polizei auszu- stellenden Fragebogen vorlegen, welcher der Polizei sofort einzureichen ist. Zuwiderhandelnde trifft eine Strafe von 60 bis 200 Francs. Jeder Fremde, der sich in einer Gemeinde zeitweilig oder dauernd niederläßt, hat seine Ankunft der Polizei zu melden und seine Identität nachzuweisen. In der Mairie der Commune wird ein Register aller Fremden mit Angabe des vorherigen Wohnortes, des Standes rc. ge halten. Jeder seßhafte Fremde unterliegt derselben Steuer, wie die vom Militärdienst befreiten Franzosen. London. Die Dynamitardcn Callan und Harkins sind zu 15 Jahren Zuchthaus verurtheilt worden. — Aus Edinburg wird ge meldet, daß 15 Kleinbauern aus Lewis, darunter eine Frau, wegen Aufruhrs zu 6 bis 15 Monaten Gefängniß verurtheilt worden sind. Eine ganz sensationelle Ueberraschnng bringt der „Deutsche Reichsanzeigcr". Er publicirt den deutsch- österreichischen Allianzvertrag, der 1679 vom Prinzen Rcuß und dem Grafen Andrassy abgeschlossen ist. Der „Reichsanzeiger" hebt hervor, daß die Publikation erfolge, um jeden Zweifel auszuschlicßen, daß beide Staaten den Frieden wollen und jede Friedensstörung abzu wehren entschlossen sind. Der Text des Vertrages lautet: In Er wägung, daß Ihre Majestäten der deutsche Kaiser, König von Preußen, und der Kaiser von Oesterreich, König von Ungarn, es als ihre nn- abweislichc Mionarchenpflicht erachten müssen, für die Sicherheit ihrer Reiche und die Ruhe ihrer Völker unter allen Umständen Sorge zu tragen; in Erwägung, daß beide Monarchen, ähnlich wie in dem früher bestandenen Bundesverhältnisse, durch festes Zusammenhalten beider Reiche im Stande sein werden, diese Pflicht leichter und wirk samer zu erfüllen; in Erwägung schließlich, daß ein einiges Zusammen gehen von Deutschland und Oesterreich-Ungarn Niemanden bedrohen kan», wohl mber geeignet ist, den durch die Berliner Stipulationen ge schaffenen europäischen Frieden zu consolidiren, habe» Ihre Majestäten, indem sie einander feierlich versprechen, daß sie ihrem rein defensiven Abkommen eine aggressive Tendenz nach keiner Richtung jemals bei legen wollen, einen Bund des Friedens und der gegenseitigen Ver- theidigung zu knüpfen beschlossen. Z» diesem Zwecke haben Aller- höchstdiesclbcn zu ihren Bevollmächtigten ernannt: Se. Majestät der deutsche Kaiser den rc. Botschafter Prinzen Heinrich Reuß, Se. Majestät der Kaiser von Oesterreich den rc. Minister Grafen Julius Andrassh, welche sich zu Wien am heutigen Tage vereinigt haben und nach Austausch ihrer Vollmachten übcreingekommen sind, wie folgt: Artikel I. Sollte wider Verhoffen und gegen den aufrichtigen Wunsch der beiden hohen Contrahcnten eines der beiden Reiche von Seiten Rnßland's angegriffen werden, so sind die hohen Contrahentcn verpflichtet, einander mit der gesammten Kriegsmacht ihrer Reiche beizustehen und demgemäß den Frieden nur gemeinsam und überein stimmend zu schließen. Artikel II. Würde einer der hohen conlrahiren- den Theile von einer anderen Macht angegriffen werden, so ver- Schelm von Bergen. Historische Novelle von A. von Limburg. Fortsetzung. Nachdruck Verbote». Die Unterhaltung wurde dort sehr lebhaft und heiter, wenngleich in gedämpftem Flüsterton geführt; aber das Fräulein hielt sich nicht auf und eilte grüßend weiter. Es lag trotz der Freundlichkeit und Sanstmuth, mit der sie das Haupt neigte, etwas Herablassendes in ihrem Gruß, der ihr manch' spöttischen und lächelnden Blick ihrer Gefährtinnen eintrug. Als sie gleich in das Gemach ihrer Gebieterin eintrat, beugte sie sich tief und verharrte einen Moment regungslos, gleichsam der Anrede gewärtig, auf welche sie jedoch einen Augenblick warten mußte. Der Raum, den die Kaiserin bewohnte, war so Prächtig und bequem ansgestattet, wie es dem hohen Range der Bewohner ent sprach. Weiche, orientalische Teppiche bekleideten die Wände und den Fußboden und ließen die Tritte lautlos verhallen. Das Ruhebett, welches der Eingangsthüre gegenüber stand, war mit Purpurseide überzogen und am Fußende desselben hatte man einen ziemlich großen Stahlspiegel angebracht, dessen Rahmen ein Wunderwerk von durch brochener venetianischer Silberarbeit zeigte. Aus einer ebenso seltenen silbernen Pfanne stiegen die fast unmerklichen Wölkchen eines köstlichen, orientalischen Räucherkrautes auf, dessen feiner durchdringender Duft das ganze Zimmer erfüllte. Adelheid lehnte träumerisch, in halb liegender, halb sitzender Stellung auf dem Ruhebett; ihr blendend weißer Arm, von dem der weite Aermel des Brokatkleides zurückfiel, stützte den feinen Kopf, für den die Fülle des bläulich wie Rabenfittiche schillernden schwarzen Haares fast zu schwer schic». Die dunklen Flammenaugen waren halb verschleiert von den langen Wimpern und verfolgten nachdenklich die feinen, grauen Ringelchen, welche aus der Räucherpfanne emporstiegcn. Auf einem niedrigen Polster, zu Füßen der Kaiserin, saß Ilse Fryberg und hielt die Laute im Arm, welche Adelheid, die auf dem Instrumente Meisterin war, soeben aus der Hand gelegt hatte. Bei dem Eintritt der jungen Gräfin Dassel schlug die Kaiserin die Augen auf, ohne ihre lässige Stellung zu verändern. „Seht da, unsere schöne Richenza! Was bringt Ihr uns, Fräu lein?" fragte sie. Ihr Ton war gütig und freundlich, aber es klang doch das Erstaunen über die ungeruscne Erscheinung der Ankommenden daraus hervor. , „Verzeiht, durchlauchtigste Frau", entgegnete das Fräulein be scheiden, „Euer Kaiserliche Gnaden befahlen mir, mich an die Messe AU erinnern." Pflichtet sich hiermit der andere hohe Contrahent, dem Angreifer gegen seinen hohen Verbündeten nicht nur nicht beizustehen, sondern mindestens eine wohlwollende neutrale Haltung gegen den hohen Mitcvntrahenten zu beobachten. Wen» jedoch in solchem Falle die angreifende Macht von Seite Rnßland's, sei es in Form einer aktiven Kooperation, sei cs durch militärische Maßnahmen, welche den Angegriffenen bedrohen, unterstützt werden sollte, so tritt die im Artikel I. dieses Vertrags stipulirte Verpflichtung des gegenseitigen Beistandes mit voller Heeres macht auch in diesem Falle sofort in Kraft und die Kriegsführung der beiden hohen Contrahentcn wird auch dann eine gemeinsame bis zum gemeinsamen Friedensschluß. Artikel III. Dieser Vertrag soll in Gemäßheit seines friedlichen Charakters, und um jede Mißdeutung auszuschließen, von beiden hohen Eontrahenten geheim gehalten und einer dritten Macht nur im Einverständniß beider Theile und nach Maßgabe specieller Einigung mitgetheilt werden. Beide hohe Con trahcnten geben sich nach den bei der Begegnung in Alexandrowo ausgesprochenen Gesinnungen des Kaisers Alexander der Hoffnung hin, daß die Rüstungen Rnßland's sich als bedrohlich für sie in Wirklichkeit nicht erweisen werden, und haben ans diesem Grunde zu einer Mitthcilnng für jetzt keinen Anlaß, — sollte sich aber diese Hoffnung wider Erwarten als eine irrthümliche erweisen, so würden die beiden hohen Contrahentcn cs als Pflicht der Loyalität erkennen, den Kaiser Alexander mindestens vertraulich darüber zu verständigen, daß sie einen Angriff auf Einen von ihnen als gegen Beide gerichtet betrachten müßten. Urkund dessen rc. Wien, 7. October 1879. Prinz Reuß. Andrassy. Daraus ergiebt sich, daß die Lage in der Thai ernst ist, daß aber die Friedensmächte fest zu einander stehen. Die Publikation ist eine dringende Warnung nach Petersburg und auch die letzte!! Politische Rundschau. Chemnitz, den 4. Februar. Deutsches Reich. I» des deutschen Kronprinzen Krankheit ist jetzt zweifellos eine neue Phase cingetreten, deren Beginn allerdings noch keine unumstößlich feststehende Thatsache bezeichnet. Da cs auch jetzt nicht an Uebertreibungen fehlt, wollen wir den Sachverhalt nachstehend constatiren, wie er in Wahrheit ist. Im Herbst brachte der „Reichs- Anzeiger" auf Grund der Aerzte-Konsultation in Sa» Remo jdie fürchter liche Meldung, die Krankheit des deutschen Kronprinzen sei Krebs. Es kann kein Zweifel darüber obwalten, daß bei dem ganz vereinzelt i» der Form dastehenden Leiden, wie es beim Kronprinzen anftritt, Er scheinungen sich darbvten, welche unbedingt ans Krebs hinwiesen. Die ärztliche Wissenschaft ist bezüglich der Krcbskrankheitcn aber noch lange nicht so weit gediehen, daß sie unfehlbar ist; daher würde es durchaus nichts Uebcrraschendes von vornherein gewesen sein, wenn ein Jrrthum bei der Bestimmung der Krankheit vorgekommen wäre. Dieser Jrrthum, ein hocherfreulicher, soll nun vorgekommen sein, weil Professor Virchow auch bei der neuesten mikroskopischen Untersuchung Krebsspurcn nicht hat entdecken können. Das sagt sehr viel, nnd da onstige neue Krankhcitserscheinungen sehr klar auf Knorpelhautent zündung Hinweisen, so dürfte nicht mehr in Frage stehen, daß der Kronprinz daran — mit dem wissenschaftlichen Namen: Perichondritis — leidet. Es bleibt nun noch ein einziges Aber, nämlich, ob nicht außer der Perichondritis noch Krebs vorhanden ist. Darüber ist zur Stunde immer noch nichts Bestimmtes gesagt, wenn auch zu hoffen ist, daß ein Doppellciden ausgeschlossen ist. Vor Allem muß also festgehalten werden: Leidet der Kronprinz nur an Perichondritis, so ist er vollständig, freilich in nicht kurzer Zeit, zu heilen, und diese Aussicht ist schon eine beglückende. Ueber die weitere Behandlung haben die Aeczte bereits einen neuen Plan ausgestellt, doch wird über letzteren selbstverständlich nichts bekannt gegeben. „Ja, ja, ich vergaß cs", murmelte die Fürstin wie für sich selbst, „der Pater Anselmus las uns heute die Messe in unseren Gemächern." Die zarten Wangen Richenza's wurden um einen Schein bleicher; wie sehr mußte sich die stolze Nichte des Kanzlers in der Gewalt haben, daß ihr Gesicht nichts von dem Zorn verrieth, der in ihr kochte über die Nichtachtung, welche darin lag, daß man es nicht ein mal der Mühe Werth gehalten hatte, sie von einer Acnderung in der Ausübung der täglichen Andacht zu benachrichtigen. Um so mehr, da der Gang zur Messe, außer den größeren Festlichkeiten, denen das ganze Hofgesinde beiwohnte, fast die einzige Gelegenheit war, bei welcher die Kaiserin ihre Gegenwart verlangte. Adelheids gleich gültige Freundlichkeit gegen sie erbitterte sie fast noch mehr als eine absichtliche Beleidigung, denn sie zeigte ihr deutlich, für wie un bedeutend man sie, die einen Kaiserthron nicht zu hoch für ihre» Ehrgeiz hielt, ansah. Die Kaiserin fand keinen Gefallen an ihr und verlangte deshalb nicht nach ihrer Gesellschaft, das war alles, eine Kränkung war weiter nicht damit beabsichtigt. Wie leichtlebige Menschen sehr häufig nur ihren augenblicklichen Eingebungen folgen, so machte es auch Adelheid; sie bedachte fast niemals, ob und welche Bedeutung ihre Schritte haben könnten, sondern handelte stets, wie es ihr gerade gefiel. Da sie aber zugleich sehr gutmüthig war, so wollte sie niemals absichtlich Jemandem wehe thun oder beleidigen. So auch heute. Sie mochte fühlen, daß es für Richenza eine sehr unangenehme Stellung sei, so überflüssig dazustehen, oder sofort wieder entlassen zu werden, zumal da außer Ilse Fryberg noch zwei der anderen Edel fräulein anwesend waren und, mit einer kunstvollen Stickerei beschäftigt, am Fenster saßen; genug, sie sagte noch gütiger wie gewöhnlich: „Da Ihr nun einmal gekommen seid, Richenza, so sollt Ihr uns auch eine Weile Gesellschaft leisten. Setzt Euch dort zu jenen Mädchen nieder und erzählt uns etwas davon, was sich während unserer Wall fahrt hier Unterhaltendes begeben hat. Doch nein, verzeiht," fügte sie scherzend hinzu, „derlei weltliches Geschwätz dürfte sich für Euren frommen Sinn nicht wohl ziemen. Jst's uns doch selbst stets, als schwebe etwas Feierliches, Gestrenges um Euer jugendliches Haupt. Wer weiß, vielleicht sehen wir Euch wohl gar dermaleinst als fromme, hoch angesehene Frau Aebtissin!" Welch' ein bitterer Hohn waren diese ganz harmlos gesprochenen Scherzworte für den ehrgeizigen Sinn des Fräuleins; ei» Nvnnen- gewand prophezeite ihr diejenige, der sie so gern das Kaiserdiadem entrissen hätte! Fast war es zu viel, selbst für ihre Selbstbeherrschung — die blauen Augen leuchteten auf in einem schier grünlichen Schein — Aus San Nemo wird vom Freitag telegraphirt: Der deutsche Kronprinz hatte eine sehr gute Nacht, fühlt sich wohl und war, als die Aerzte ihm einen Mvrgenbesuch abstatteten, in der besten Laune. Mackenzie reist zu einem Krankenbesuch nach Barcelona und kehrt Dienstag Abend zurück. Trotz der Möglichkeit einer baldigen Vor nahme des Luftröhrenschnittes sprechen momentan alle Anzeichen'für einen günstigen Charakter der Krankheit. Das Wetter ist sonnig. Deshalb eine Ausfahrt. — In Gries bei Bozen ist von Mai ab eine Villa fest gemiethet. — Auf Befehl des Kaisers ist in Berlin eine Kommisstost zu- sammengetreten, welche unter dem Vorsitz des General-Adjutanten Grafen Lehndorff über die Küraß-Frage Berathungen abhält. — Dem Vernehmen nach ist eine Kommission von Sachver ständigen der Zucker-Industrie und höheren Steuerbeamten in das Reichsschatzamt in Berlin berufen worden, um die vom Bundesrath zu erlassenden Ausführungsbestimmungen für daS neue Zuckersteuer- Gesetz, welches am 1. August d. I. in Kraft tritt, auszuarbeiten. Durch dies Gesetz wird bekanntlich bei gleichzeitiger Herabsetzung der Rübensteuer von 1,70 Mark auf 0,80 Mark per 100 Kilo Rüben eine Verbrauchsabgabe von 12 Mark für 100 Kilo Zucker eingefühxs. — Die „Kreuz-Ztg." schreibt: Die Mittheilungen einzeln« Blätter, der Reichskanzler habe die Führer der Kartellparteien und des Centrums empfangen und mit ihnen Besprechungen über die Wehrpflicht-Vorlage gehalten, bestätigt sich nicht. In keiner der ge nannten Parteien ist etwas davon bekannt. — Unwahr ist auch eine Meldung, Graf Moltke habe einem höheren österreichischen Offizier Vorstellungen gemacht, weil Oesterreich-Ungarn gegenüber den russische» Rüstungen so wenig thue. — Der Papst hat den Bischof von Straßburg, vr. Stumpf, zum Assistenten beim päpstlichen Throne ernannt. — Der Direktionsrath der Ostafrikanischen Gesellschaft hat in seiner letzten Sitzung den Beschluß gefaßt, eine Petition wegen Er richtung einer subventionirten Postdampferlinie nach Ostafrika an den Reichskanzler und an den Reichstag zu richten. Im Reichstage ist die Stimmung noch nicht recht dafür. Frankreich. Als großes Tages-Ereigniß wird in Paris be sprochen, daß der Kammerpräsident Floquet und der russische Bot schafter Mohrenheim auf einer Soiree einander vorgestellt wurden und eine lange Unterredung mit einander hatten. Floquet machte darauf Mohrenheim einen Besuch und Letzterer nahm die Einladung. zu einem D>n°» an, welches e,.»» P»uslv>..,t>.» s-lr^uWM, giebt. Damit wäre also Floquet's bekanntes „vivs In kolotzüess monsisur!" vergeben und vergessen. Die Radikalen glaubest nuw> mehr das letzte Hinderniß gegen die Ministerschaft Floquets beseitigt nnd arbeiten ans Kräften darauf hin. In der Kammer beantragen, die Monarchisten ein Tadelsvotum gegen den Ministerpräsidenten Tirard, weil er Wilson nicht habe verhaften lassen. Die Katastrophe kann also schnell kommen. England. In Irland hat es bei einer Pächter-Exmission in Oldtown große Unruhe gegeben. Zahlreiche Verwundungen sind vor- gckommcn. Rußland. Die panslawistische „Nvwoje Wremja" hält in einer Erwiderung des bekannten Artikels des Berliner „Militär- Wochenblattes" den Satz aufrecht, daß das einzige Mittel, Rußland vor einem Angriff Oesterreichs-Ungarns und Deutschlands zu schützen, in der Erhöhung der Wehrkraft der Festungen und der Verstärkung der Grenztruppen bestehe; das Eisenbahnnetz müsse militärisch nicht in dem enge» Raum des Kriegstheaters an der Grenze, sondern auf dem ganze» Kriegsschauplatz in Betracht gezogen werden. Der Artikel versucht alsdann ausführlich den entschieden defensiven Charakter der militärischen Maßnahmen Rußlands an der Grenze nachzuweisen und bemerkt, Rußland brauche keinen Fuß breit deutschen Landes, werde und sie öffnete die Lippen zu einer Antwort, die vielleicht doch einen boshaften Stachel enthalten hätte, als plötzlich eine andere Person, deren Anwesenheit im Zimmer man noch gar nicht gewahrt hatte, ihr die Worte vom Munde abschnitt. „Die eine Klosterfrau! Potztausend, das hieße den Fuchs zum Hirten der Heerde machen," ließ sich eine dünne, scharfe Stimme ver nehmen, und aus der Tiefe eines vor den Kamin geschobenen Lehn stuhles richtete sich eine seltsame kleine Gestalt auf, von der man beim ersten Augenblick nicht recht wußte, was man daraus machen sollte. Sie hatte die Größe eines acht- bis zehnjährigen Knaben und einen großen dicken Kopf auf unverhältnißmäßig breiten Schultern. Dazn war das wunderliche Geschöpf auf die buntscheckigste und lächerlichste Weise in Stoffen aus zweierlei Farben herausstaffirt, die seine traurige Mißgestalt noch ausfallender machten. „Nimm Dich nur in Acht vor der da, Gevatterin", fuhr daS sonderbare Wesen, zur Kaiserin gewendet, fort, „die Tatzen, welche sanft und schmeichlerisch die Krallen einziehen, kratzen am schlimmsten." „Laß das Fräulein in Ruhe, Hinz, Du machst mich sonst ernst lich böse", verwies die Kaiserin; aber sie vermochte trotz der strengen Miene, welche sie anzunehmen versuchte, ein Lächeln nicht ganz zu unter drücken, während die drei Fräulein kaum ein lautes Gelächter ver beißen konnten, so unwiderstehlich komisch war die halb grämliche, halb spaßhafte Weise des Kleinen. „Und Ihr, Richenza", begütigte Adelheid das Fräulein, „ärgert Euch nicht über sein Geschwätz und hört nicht darauf, Ihr wißt, der arme Heinz hat lange Zeit an einem schleichenden Fieber schwer dar nieder gelegen und ist noch kaum wieder davon genesen; das macht seine Laune so unwirsch und wild, daß man sich schier vor ihm fürchten muß." Das Fräulein lächelte mit einer wahren engelhaft geduldigen Miene, sie hatte mittlerweile ihre ganze Fassung wiedergewonnen und antwortete jetzt mit der vollen Ueberlegenheit, welche ihr die Wieder erlangung derselben verlieh: „Ein Narr vermag nicht, mich zu be leidigen, durchlauchtigste Fra», ich verzeihe überdem gern und bereit willigst jedwede mir widerfahrene Kränkung, wie eS einer guten Christin geziemt." „Seht Ihr", rief Adelheid heiter, „ich sagte es ja soeben, da spricht schon wieder die fromme Klosterfrau aus Euch!" „Jawohl, der Fuchs im Schafspelz", brummte mit einem bösen Seitenblick auf das Fräulein der verzogene Hofnarr, der übrigens der Kaiserin Liebling war und von dieser mit Gute und Wohlthaten überhäuft wurde, dafür an ihr mit der unwandelbaren Anhänglichkeit eines bissigen, aber »m so treueren Hundes hing.
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