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u. Revakt»».. Dresden-Nenftatzt I Meiner Gasse 4. Me Artung erscheint Dtenftaa, Dvnnerftan and r„»adenV fr»h- rlv»»e«e»t»- Prei»: »ie^ühil. M. 1,8». Hu beziehen durch Ke kaiserlichen Post- «A^talien und durch >»fere Boten. Vei kreier Lieferung tu- HauS erhebt die Pap nach eine Äa- «chr »an 25 Pj. iiMche DorhMH. Lin unterhaltendes Blatt für den Bürger und Landmann. Amtsblatt für die kgl. Amtshauptmannschasten Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt, für die Ortschaften des kgl. Amtsgerichts Dresden, sowie für die kgl. Forstrentämter Dresden, Tharandt und Moritzburg. Verantwortlicher Redakteur und Verleger Kerrmau« Wüller in Dresden. Inserate »ochen bis Monl^z, Mittwoch u. Kreils Mittag angenomm'n und kosten: die 1 spalt. Zeile 20 Pf. Unter Eingesandi: 40 Ps. Jnferaten- Aa«ah«estellctt: Invalidendank. Haaienstein L Bog'er, Rudolf Mosse, G. L Daube L (!o. in Dresden, Leipzig, Frankfurt a/M., G. Kohl, KesselSdors, Hugo Mitchler, »ons t!-' . u. s. w. Dienstag, den 15. Januar 1W1. 63. Jahrgang. Die Reform de- militärischen Pension-Wesens. Die nothwendige Regelung der Versorgung aller Theilnehmer an der ostasiatischen Expedition und ihrer Hinterbliebenen hat die Frage der Versorgung der militärischen Invaliden überhaupt wieder in den Vorder- grund gerückt. Der neue Gesetzentwurf trägt im Gegensätze zu dem Almosenartigen, was den früheren gesetzlichen Bestimmungen leider anhaftete, nunmehr den Charakter einer wirklichen, ehrlich erworbenen Ver sorgung. Die Vorlage ist, wie ihre Begründung auS- spricht, die Folge der Erkenntniß der Unzulänglichkeit der bisherigen Gesetzgebung sowohl in Bezug auf die Pensionen infolge Verwundung und Krankheit, als in Bezug auf die Bezüge der Hinterbliebenen. Gegen, wärtig ist aber das Gesetz vom 17. Mai 1897 mit seinen wesentlichen Verbesserungen gegen die srüberen Gesetze maaßgebend, überdies gewährt bei der Pensions berechnung die inzwischen erfolgte Gehaltserhöhung den neueren Pensionirten einen Vorlheil. Wenn die Regie rung für die Theilnehmer an der osiasiatiscken Expedition trotzdem das Schutzlruppengesetz der Pensionirung und Versorgung zu Grunde gelegt hat, so stehen dafür die Pensionäre aus älterer Zeit um so trauriger da! Darüber herrscht auch mrgends ein Zweifel. Der Kriegsminister v. Goßler äußerte im Frühjahr 1900 in der Budgetkommisston unter Anderem: „Ich habe schon früher meine Ansicht dahin zu erkennen gegeben, daß ich die gegenwärtige Militär-Pensionsgesetzgebung nicht mehr für zeitgemäß halte; sie ist durch die viel- fachen Novellen, die zu dem Grundgesetze von 1871 ! ergangen find, verwickelt und unklar geworden, sie ent, hält Ungleichheiten und Härten. ... Ich habe daher neue Gesetze auf neuerer Grundlage entwerfen lassen, die Mannsckaftsversorgung unter Anlehnung an die bürgerliche Unfallgesetzgebung." Diese Aeußerung beweist, daß der Kriegsminister ein Anhänger und überzeugter Vertreter der neuen Gesetzgebung ist, welche in Pensionirungs- und Ver- sorgungSsragen die zeitgemäßen Grundsätze des Be dürfnisses in Rechnung zieht. Wenn die Begründung der fraglichen Vorlage sortfährt: „Die gesetzliche Rege, lung der vorliegenden Fragen etwa bis zum Inkraft treten der vom preußischen Kriegsministerium aus gearbeiteten neuen Bersorgungsgesetzentwürfe aufzu schieben, erschien nicht angängig, da so große und weit tragende Gesetzentwürfe nicht so schnell erledigt werden können, wie die Regelung der Versorgung der in Ost. asten verwundeten Angehörigen des Heeres und der i Marine es erheischten", so wird bedauerlicher Weise ! dadurch wiederum die Regelung der älteren Ansprüche verschoben, so traurig z B. auch jetzt noch die Lage der Hinterbliebenen ist, deren Gatten und Väter vor dem Gesetz vom I. April 1882 infolge von Krankheiten und Leiden, die sie sich im Kriege zugezogen hatten, ge storben sind. Diese Wittwen erhalten nemlich gesetzlich nichts. DaS Gesetz vom 17. Mat 1897 m't rückwirken der Kraft bis zum 1. April schuf eine Verbesserung, aber der Vorlheil des Einen wurde wieder zu einem Nachtheil des Anderen, denn diejenigen Wittwen stehen sich nach diesem Gesetze, wenn ihre Galten, ohne an einem Kriege Theil genommen zu haben, im Frieden gestorben find, wesentlich besser als die Wittwen aus dem Kriege 1870/71. Zwar können letztere besondere Unterstützungen erhalten; die Formalitäten, die hierbei gefordert werden, sind jedoch so weitläufiger und nieder drückender Art, daß manche Wittwe sich nicht zu einem Gesuche entschließen konnte und überdies hat die Er fahrung inzwischen die völlige Unzulänglichkeit dieser Unterstützungen bewiesen. Das Elend besieht nach wie vor fort. Unter diesen Umständen wird es verständlich, wenn der Reichstag entschlossen ist, auf die endliche Regelung aller dieser Fragen einer ausreichenden Versorgung zu dringen und man kann nur wünschen, daß eS nun mit der Reform der Versorgungsgesetzgebung ernst wird, da unter den bisherigen unerquicklichen Verhältnissen so weile Kreise schon seit dreißig Jahren zu leiden haben. Politische Weltschau. Deutsche» Reich. Vor den, wie jetzt üblich, leeren Bänken beschäftigte sich der Reichstag in seiner 23. Sitzung vom 11. Januar mit der Lage der KriegS- veteranen. Bisher erhielten die Unterstützung aus dem ReichSinvalidensonds nur diejenigen, deren Invalidität sich während der Kriege oder bald nach dem Friedens schlüsse von 1870/71 herausgestellt hat. Der Abg. Rißler (kons.) hat einen Gesetzentwurf eingebracht, nach dem auch den Kriegsveteranen, deren Erwerbs fähigkeit sich erst später infolge von alter Krankheit oder anderen Gebrechen dauernd auf weniger als ein Drittel herabgemindert bat, der Unterstützungsanspruch zugebilligt wird. Abg. Nrßler erklärte, diese Fürsorge für die Vaterlandskämpfer sei eine Ehrenpfl.cht des Reiches. Abg. Speck (Ctr.) stimmte der Tendenz des Antrages durchaus zu, glaubte aber, daß dessen finanzielle Tragweite erst in der Budgetkommisston geprüft werden müsse. Sehr energisch trat für das Gesetz der Abg. Arendt (Rp.) ein, der geradezu erklärte, daß er ver schiedenen Forderungen, für die er sonst zu haben wäre, nicht zustimmen werde, bevor nicht diese absolut nothwendige Fürsorge für die Veteranen die Billigung der Regie rung gefunden habe. Ebenso nahm sich der Abg. Graf Oriola (natl) der Kriegsinvaliden sehr warm an. Abg. v. Vollmar (Soc) schob die Schuld, daß nicht genug für die Invaliden geschehe, der Regierung in die Schuhe und auch Abg. Prinz Schön aich-Caro- lath (natl.) erkannte die traurige Lage der Invaliden an und stellte fest, daß Abhilfe und Aenderung dieser unhaltbaren Zustande- dringend geboten sei. lieber- Haupt war der ganze Reichstag in dieser Frage einig und überwies den Ntßler'schen Antrag schließlich der Budgetkommission. In der 24. Sitzung vom 12. Januar setzte der Reichstag die zweite Lesung deS Etats mit der Be- rathung des Etats des ReichSamtS deS Inneren fort, i Abg. Fischer-Berlin (soc) brachte dabei nochmals die Zwölftausendmark Angelegenheit zur Sprache, die nach der Erklärung des Staatssekretärs Grafen PosadowSky nur noch schlimmer geworden sei, obgleich der Staats- fikretär diese „skandalöse" Affäre als sehr harmlos be- j zerchnet habe. Präsident Graf Ballestrem rügte den Ausdruck skandalös als der Ordnung des HauseS mcht entsprechend. Abg. Fischer behauptete deS Weiteren, es liege nach den Andeutungen, die Herr Burck ge macht, Lhstem darin, sür solche politischen Aktionen die Kosten der Agitation von den Interessenten zu ver langen. Er frage den Staatssekretär, ob die zwölf, tausend Mark die einzige Summe sei, die er von , industriellen Verbänden erhalten habe. Die Aera Posa- dowsky sei stets arbeiterfeindlich gewesen, vom Geheim erlaß über das Koalitionsrccht der Arbeiter bis zur ZuchthauSoorlagc. Er beantragte, eine Kommission zu wühlen, die das Vrrhältniß des Reichsamts deS Inneren zu Herrn Bueck untersuchen solle Staatssekretär Graf PosadowSky erklärte, er werde auf seinem Platze bleiben, so lange sein Monarch es befehle und so lange seine Kräfte hinreichtcn, solchen Angriffen Widerstand zu leisten. (Beifall rechts.) Zur Sache selbst werde , er sich nicht äußern. Arbeiterfeindlich sei er nie ge- wesen, er habe eifrig mit^eaibeitet, wichtige social politische Gesetze zu schaffen. Er trage nickt für alle Vorlagen die Verantwortung, denn Deutschland sei ein ! Föderativstaat. DaS amtliche Material zu der Vor lage über den Schutz der Arbeitswilligen sei zum Beispiel vom Bundcsrath gesammelt worben. Er sei nicht der Reaktionär, als welcher er von den Social- dcmokraten hingestellt würde. Sollte dereinst an seiner Stelle ein Mann nach dem Herzen der Socialdemokratie stehen, dann würde es mit dem deutschen Reich zu Ende sein. Abg. Rösicke-Desiau (wildlib.) wandte sich gegen den Abg. Fischer, der nichts bewiesen habe, Werl er alles beweisen wollte. Es sei völlig falsch, Keuilleton. Kalliope MavroS. Erzählung von Adolf Flachs. (Nachdruck verbot«.) (6. Fortsetzung.) Frau Jadwiga überlegte rasch und hielt eS für gut, jetzt kein Wort zu sprechen, bis der Anfall völlig verschwunden siin würde. StcniSlauS ward allmählig ruhrger; er fühlte sein Herz erleichtert, er hatte auS- gespiochen, was ihm auf der Seele gelegen war. Er stand auf und als er bemerkte, daß die Mutter Miene machte, zu sprechen, bat er sie hastig, aber in freund lichem Ton: „Liebe Mama, bitte, sprechen wir nicht davon. Sie mögen Kalliope nicht und eS thäte mir weh, von ihr reden zu hören, wenn eS nicht in warmen Worten geschieht." „Du irrst, mein StaS. Ich weiß nun, daß ich Kalliope falsch beurtheüt habe ... sie ist wahrlich ei» Mensch mit einem goldenen Herzen und ich denke jetzt au sie nur mit freundschaftlichen Gefühlen." „Wirklich, weine gute Mama?" rief er erfreut auS und eilte hin, ihr die Hände zu küssen. Frau Jadwiga erhob sich, nahm StariSlau-' Arm und sie Hogen auf und ab. „Lieber StaS ... jo, sie ist wirklich ein Engel, aber eS wäre thöricht, wenn Du Dich der jugendliche» Schwärmerei für fie zu sehr hinaebeo würdest. Wohin s»L tza» führen? Du selbst siehst ja ein, daß Kalliope für Dich niemals jenes Maaß von Gefühlen empfinden wird, die Du für sie hegst. Leidet Dern Manne-stolz ! nicht darunter? Würdest Du Dir nickt wie ein ab- i gewiesener Bettler vorkommen, wenn Du vor sie hin- trittst mit Deinem Bekenntniß und sie Dich mit einigen höflichen oder selbst liebenswürdigen Worten abwerst? Und sie kann garnicht anders handeln, denn sie ist ein ehrlicher, aufrichtiger Mensch. Stas, sei vernünftig, schüttle den poetischen Bann ab, in den Dich ihr an- muthigeS, eigenartiges Wesen geschlagen hat. Du fährst nach Paris, besuchst die Laote ckes ponts et ckes ebaussSes; in der anregenden Abwechslung zwischen den ernsttn Studien und den tausendfältigen Ver gnügungen, die nur Paris zu bieten vermag, wirst Du Kalliope bald vergessen." In StaniSlauS zuckte eS schon eine Weile nervöS; letzt blieb er stehen, löste sich sachte von dem Arme der Mutter los und sagte dumpf: „Ich will sie ater nicht verg-ssen, daS hieße meine Seligkeit vernicht n, nur weil . . . weil . . ." „Weil ich als dasjenige Wesen auf GalteS Welt, daS Dich am tlefsten liebt, Dich vor Kummer und Unglück bewahren will. StaS, ich bitte Dich inständigst, überwinde den flüchtigen Schmerz, der Dich im Augen blick der Trennung quälen wird, geh' fort, zu Deinem Heil. WaS soll daraus werden!" „Nein und tausendmal nein, Mama. Ich kann nicht ... ich kann nicht!" Als Frau Jadwiga auf dem G-sichte de» Sohne» den Ausdruck eiserner Entschlossenheit sah, fiel sie plötz lich vor ihm auf die Kniee und rief, seine Füße um. schlingend:ß „StaS! Mein geliebte» Kind! Thu' das Deiner armen kranken Mutter nicht . . . sieh', ich kniee vor Dir wie vor der Mutter Gölte- und flehe Dich an: Laß ab von Deiner phantastischen Liebe . . . entflieh ihr . . . Du kannst es, wenn Du nur willst!" StaniSlauS war der Schweiß auf die Stirne ge- treten, er versuchte eS, die Mutter aulzurichten, doq sie klammerte sich mit aller Kraft an seine Kniee. „Mama . . . was soll daS!" rief er keuchend. „Um Gottes willen, stehen Sie auf." „Richt eher, al- bis Du mir schwörst, ihr zu ent sagen und nach Paris zu gehen!" „Mama . . . erheben Eie sich doch! Emsagen . . . bei Gott ich kann eS nicht . . ." „Nun, so gelobe mir wenigstens, daß Du ihr weder durch Wort, noch durch Schrift mittheilen wirst noch e» ihr sagen lassen willst, waS Du für sie fühlst . . . DaS kannst Du doch Deiner Mutter zu Liebe thun!" „Ja doch ... ja . . . aber stehen Sie auf!" entgegnete verzweifelt StaniSlauS. Seine Mutter ließ sich nun von lhm aufrichten und zum Divan geleiten. Ihre Slirnadeen waren aufgeichwollen, sie athmete schwer. StaniSlauS bemerkte das nicht, denn er war mächtig bewegt; seine Pulse hämmerten, er lechzte nach frischer Luft und eille hinaus. Frau Jadwiga legte sich nieder. Nach einer viertel, stündigen Rast klingelte sie. „Ist der junge Hur zu Hause?" fragte sie da» eintretende Stubenmädchen. „Nein; er ist auSgesahren." „Wie geht eS dem Fräulein?"