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Preis r vt-rtDtjKhrl.R 1^0. Lin unterhaltendes Blatt für den Bürger und Sandmann. Amtsblatt für die kgl. Amtshauptmannschasten Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt, für die Ortschaften des kgl. Amtsgerichts Dresden, sowie für die kgl. Forstrentämter Dresden, Tharandt und Moritzburg. Verantwortlicher Redakteur und Verleger Kerruurn« Müller in Dresden. Inserate werden btS Montan, MtHooch n. KrelKtzz Mittag angenommev und fvtzen: die Walt. Mle 15». Unter rtzgesanv^! M Pf Jnseraten- «nnahmestetten: Die ÄriioldUche Haas«HM»M«0G<er, Rudott Mosse, «. L». in Dresden, Leiv-ia, Hamburg, Wr. 53. Sonnabend, den 7. Mai 1881. 43. Jahrgangs Politische Weltschau. Deutsche- Reich. Die halbamtliche preußische ^Prov.,Korresp." bezeichnet einen von der „National- -tg." veröffentlichten Artikel über die „liberale Partei" al» eine „Fälschung der Geschichte." Die „National- Atg." hatte unter Anderem darin gesagt, in einer Situation wie die gegenwärtige dürfe man nicht durch Prokla- mirung der Unverletzlichkeit de» Besitzstände» verhindern »ecken, daß ein liberaler Wahlkreis seinen Vertreter weiter link» al» bisher suche, aber man solle auch nicht von Berlin au» einen förmlichen Fraktion-krieg organi- firen. „Dieser Versuch", meint die „Prov.-Korresp.", -die Nationalliberalen zum Aufgeber, ihrer selbst und zur allmählichen Rückkehr zur Fortschrittspartei zu über reden, verdient insofern ernste Beachtung, alS hier zum ersten Male in so nackter Weise von angeblich national- liberaler Seite der Versuch gemacht wird, diese Rück kehr al» eine ebenso naturgemäße wie notbwendige Ent- wttkelung darzustellen und für deren Verwirklichung den liberalen Wählern Geschmack beizubringen, waS bisher nur von Seiten fortschrittlicher Blätter geschah. Die bedeutendsten Abstimmungen über die wichtigeren organi satorischen Gesetze zeigen jedoch, wie die National- liberalen stets mit der Regierung, nicht aber mit der Fortschrittspartei einen Ausgleich gesucht und gefunden haben. DaS Volk steht zwar manchen Plänen der Regierung noch schwankend und ungewiß gegenüber, aber e- sieht und erkennt dankend an, daß die Regierung sich um daS Wohl und Heil aller Schichten kümmern und soviel an ihr liegt, mit dafür thätig sein will. Des halb hängt sich die rathlose und aussichtslose Secession an die Rockschöße der Fortschrittspartei, um an deren Erfolgen auS Gnaden vielleicht einigen Antheil zu er halten. Nun denn, — wir werden die Fortschritts partei in allen ihren Erscheinungsarten, mit allen ihren Anhängseln offen und auö allen Kräften bekämpfen. Die Secession rechnen wir schon jetzt und sicher zu ihrem Gefolge, die aufrichtigen und verständigen Na tional-Liberalen hoffen wir trotz der Mahnungen deS verschämten Fortschrittsblattes und trotz seiner Fälschung der parlamentarischen Geschichte nicht in unserer Schuß linie zu finden " Die „National-Ztg." zieht auS der Leidenschaftlichkeit, mit welcher daS halbamtliche Organ sie angreift, den Schluß, daß ihr Artikel das für die Liberalen Richtige getroffen habe. Im deutschen Reichstage erledigte man am Donnerstag einige Wahlprüfungen, wobei die späte Ungiltigkeits erklärung deS von Schlieckmann'schen Mandat» eine heftige Debatte zwischen den Abgg. Richter, Lasker, Wkndthorst, Rickert und von Kardorff hervorrirf und den Staatssekretär von Bötticher zu der Erklärung der- Feuilleton. Der Bruder seiner Mutter. Erzählung von Karl Achmelmg. (15. Fortsetzung.) „DaS Schreiben wird dem Adressaten übergeben!" befahl er dem Thür Hüter. „Wohl, Sir Barrow!" antwortete der alte GraS- lo«. Er war kein großer Gelehrter und erkannte daher auch wahrscheinlich nicht, daß eine Veränderung mit dem Schreiben vorgegangen. Indessen hatte Elisabeth» Zofe die wiederholten Gänge Sir Edgars nach dem Pförtnerhause bemerkt und stattete der Herrin Bericht darüber ab. Elisabeth horchte hoch auf und gab dem Mädchen nach einiger Urberlegung die Weisung, sich zu erkundigen, ob der Bruder ihr Schreiben dem Lhürhüter abgenommen. Die Dienerin wartete mit der Ausführung deS ihr zu Theil gewordenen Auftrage», bis eS dunkel geworden. Sie brachte Elisabeth den Bescheid, daß Sir Edgar zwar daS Schreiben gesehen und in Händen gehabt, jedoch auch befohlen habe, dasselbe richtig zu bestellen. Elisabeth war zu arglos, um auf den Gedanken zu kommen, daß Edgar ihr Schreiben geöffnet und ge- lesen haben könne. Einer so niedrigen Handlungsweise hielt sie ihn, trotz aller ihrer an ihm bereit» gemachten Erfahrungen, nicht fähig. anlaßte, daß die Wahlsachen zum Ressort de» ReichS- amtS deS Innern gehörten, WahlbeeinsiussungSsachen aber zur Kompetenz deS auswärtigen Amte» resp. de» Reichskanzler», eine Unterscheiduna, «rlche LaSker weniger logisch al- vielmehr ironisch aufnehmen zu müssen er klärte. v. Kardoff meinte, daß über da» Reskript an die Einzelregirrungen über Wahlbeeinflussungen nur deßhalb viel Staub aufgewirbelt «erde, weil eine liberale Wahl dazu Veranlassung gegeben habe. Abg. Marauardsen berichtete über die Vorlage der Verlängerung der Etats- und Legislaturperioden und empfahl den Antrag der Kommission, den Artikel 10 folgendermaßen zu fassen: Die Berufung de» BundeSrathS und deS Reich-tagS findet mindesten- alle zwei Jahre statt, und kann der BundeSrath zur Vorbereitung der Arbeiten ohne den Reichstag, letzterer aber nicht ohne den Bunde-- rath berufen werden." Dagegen brachte Abg. v. Malt zahn-Gültz den Antrag der Konservativen, den Reichs tag alljährlich zu berufen, aber zweijährige Etat»- und einjährige Legislaturperioden einzuführen. Abg Reichen sperger führte alS Vertreter deS CentrumS auS, daß der Etat am Besten getheilt werde in einen ordentlichen Etat, der auf eine Reihe von Jahren bewilligt wird und einen außerordent lichen, welcher der alljährlichen Bewilligung de- Reichstages unterliegt und daß reich-gesetzlich da« Lagen der Sinzel- landtage, so lange der Reich-tag versammelt ist, ver boten n erden müsse. Nachdem v. Bennigsen den Kommissionsvertrag verthridigt hatte, erwiederte Fürst BiSmarck, daS Volk sei müde sich von der Fraktions politik leiten zu lassen. Der Antrag der Einberufung deS Reichstage- im Oktober sei eine Rücksichtslosigkeit gegen Minister und Beamte, die dann im Juni zu- sammenbleibrn müßten, wo die Parlamentarier ermüdet auS den Parlamenten herauskämen, außerdem ein Ein- Lrlff in die persönlichen Rechte deS Kaisers, die im Reichstage nicht zur Diskussion ständen. Die Zeit für die Einberufung des Reichstages sei im Winter. Abg. v. Bennigsen habe gesagt, früher sei Großes in der Ge setzgebung geschehen, jetzt gehe eS damit nicht vorwärts. Der Reichstag habe aber auch jetzt noch große Aufgaben zu lösen, aber könne vor den Woblrednern nicht dazu gelangen. Bennigsen, der an dem Zustandekommen de« Reiches selbst mitgearbeitet, möchte doch m>hr Vertrauen zur Reichspolitik zeigen, wie auch die Nationalliberalen unrecht handelten, wenn sie sich einer Koalition an schlössen, die bis zur Socialdemokrarie hingehe. Abg. Richter wies die Behauptung, daß die Socialdemokratie mit dem Fortschritt im Kartell-Verträge stehe, alS eine unwürdige Verdächtigung zurück, waS Vicepräsident v. Frankenstein alS unparlam,Mansch bezeichnete. Die Reichstagskommission zur Berathung deS StempelsteurrgesetzeS setzte den Stempel für inländische VIII. Die beiden Br über. Der nächste Morgen fand Sir George Rowe auf dem Wege nach Rowehouse. ES war noch ziemlich früh, alS der Major die Besitzung erreichte. Al- sich George nach der Anwesenheit deS Bruder- erkundigte, erhielt er zwar den Bescheid, daß derselbe zu Hause sei, doch ward jener so kühl und fremd von dem Portier gegeben, daß e- dem Major auffallen mußte. Ferner konnte ihm nicht entgehen, daß Niemand von den älteren Leuten, welche sich bald im Hofe um ihn ein fanden, den Bruder ihre» Herrn zu erkennen schien. Hatte ihn doch der alte GraSlow in BarrowS- borough sofort erkannt, obgleich derselbe ihn seltener gesehen, als die Leute in Rowrhouse, welche zum Lbeil schon während seiner Knabenjahre im Dienste der Fa milie standen. Im Grunde genommen durfte George diese Erschei nung zwar gleichgiltig sein; denn er hatte ja mit den Leuten seines BruderS nichts zu schaffen. Doch da» Benehmen derselben verrieth offenbar, daß sie bereit- gegen Ueberrafchung gesichert, also auf seine Ankunft vorbereitet waren. Der Major brauchte nicht lange zu suchen, um den Schlüssel zu diesem Geheimnisse zu finden. Wahr scheinlich hatte Daniel Webster seine Begegnung mit ihm irgend Jemand auf telegraphischem Wege kundge- than und dieser Jemand sich becilt, dem Bruder Mit- theilung davon zu machen. Wenig-r annehmbar schien zu sein, daß Sir Jame» den jüngeren Bruder unausgesetzt in Ostindien hatte und au»ländische Aktien auf 5 pro Melle, für in- und ausländische Renten und Schuldverschreibungen auf L pro Mille? für Anleihen an Provinzen, Fersen und Gemeinden, de- ländlichen und städtischen Grundbesitz«,, sowie für einheimische Eifinbahn-Pnoritäten auf 1 pn» Mille, für Schlußnoten auf Zeitgeschäfte auf 1 Mark, für andere Schlußnoten und Rechnungen auf 10 Pfg. Die „Neue Preuß. Ztg." veröffentlicht eine Liste derjenigen Kandidaten, welche regierungsseitig für die Besetzung der erledigten RegierungSpräsidium in Aus sicht arnommen find. Nachdem bereit» Herr von Wedell ernannt worden, wäre nach dieser Liste für Frankfurt a. d. Oder Herr v. Heyden, Lande»direktor der Provinz Pommern und für Koblenz Freiherr v. Berlepsch, zuletzt Chef de« Ministeriums in Schwarzburg-SonderShausen, in Aussicht genommen, lauter durchaus streng-konser- vative Persönlichkeiten. In der am Mittwoch stattgefundenm Sitzung der Hamburger Bürgerschaft ging der Ltzteren folgende «ukkunft zu: „Der Senat theilt der Bürgerschaft mit, daß er die Zeit für gegeben erachtet habe, zu versuche«, ob sich der Gegensatz, welcher zwischen der Reichs- regierung und der hamburgischen Regierung in Sache» der Freihafenstellung Hamburgs bestehe, nicht auf dem Wege der Verständigung au-gleichen lasse und zwar unter Modalitäten, welche geeignet wären, die HandUS- stellung Hamburg« nicht zu beeinträchtigen. Dre Ver- , Handlungen seien um die Mitte de« vorigen Monat- angeknüpft worden und habe man sodann die Einsetzun der BertrauenSkommisfion herbeigeführt, welche in Allem, was in dieser Angelegenheit geschehen, auf dem Laufen den erhalten worden sei; gleichwohl halte der Senat eS für begreiflich, daß auch die Bürgerschaft den Wunsch hege, über die Angelegenheit Aufklärung zu erhalten, sobald es thunlich erscheine. Wenn trotzdem der Senat diesen Wünschen nicht willfahren könne, so möge sich die Bürgerschaft versichert halten, daß der Senat sich dabei von der Rücksicht auf daS Gemeinwohl leiten lasse; auf alle Fälle halte der Senat eS für selbstver- i stündlich, daß von einem etwa mit der Reichsregierung zu treffenden Abkommen nicht die Rede sein könne, ohne daß die Bürgerschaft ihre Zustimmung dazu gegeben habe. Specielle Anfragen über den Stand der Verhandlungen erklärten die Mitglieder der Berlrauenskommissioo nur in geheimer Sitzung beantworten zu können, worauf eine zweistündige Verhandlung mit Ausschluß der Oeffentlichkeit erfolgte. Um den üblen Eindruck eines ablehnenden Bi-- marck'schen officiellen Antwortschreiben- auf die Ham burgischen Forderungen abmschwächen, hat Finanzminister Bitter in einem Privatbriefe an den Senator Oe. Ber-- mann einen mUdernden Kommentar zu der schroffe» beobachten lassen und durch feinen Aufpasser direkt von der Abreise deS Major- unterrichtet war. Dem mochte nun jedoch sein wie ihm wollte — mit der Kenniniß seiner Anwesenheit in England war Sir James Muße vergönnt, sich auf den Besuch de- BruderS vorzubereiten und daS war, nach dem frostige» Empfange deS Major- durch die Dienerschaft zu urthei- len, geschehen. George war auch dies schließlich gleichgiltig. Ob vorbereitet oder nicht —: stand ibm der Bruder Rede, mußte er immer durch die von Beweisen unterstützten Anschuldigungen de- MajorS, die Rolle deS überführten Sünders spielen; eS blieb nur fraglich, wie er sich mit derselben abfinden werde. Der Major machte keinen Versuch zu ergründen, wie weit di« Zurückhaltung der Dienstleute wohl gehen könne, sondern gab seine Karte ab mit der Anforderung, dieselbe dem MajoratSherrn zu überreichen. Während sich einer der Diener rnlfernte, den er haltenen Austrag auSzurichten und ein anderer dem Major daS Pferd abnahm, betrachtete dieser mit finste ren Blicken daS alte Schloß — die Stätte seiner Ge burt, welche er heute al- ein völlig Fremder betrat. Gewiß waren eS trübe Gedanken und Empfindungen, welche in diesem Momente tu ch George« Hirn unb Brust zogen. Sich al- Fremder in der Heimath und im Eliein- oder Vaterhause betrachten zu müssen, für keinen Menschen ein angenehmes Gefühl. Nur sehr langsam näherte sich George dem Eingänge zum Schlosse selbst. Au« diesem trat ihm der erst mit seiner Karte davo» gegangene Diener entgegen und erklärte, Sir James