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WWW» MW WWWWMWW Nr. H7. — 8. Jalirqang. Der jeden Wochentng Abend (mit Datum de» folgenden Tages) zur Versendung gelangende „Sächsische Landcö-Aiizeiger" mit täglich einem besonderen Unter- baltnnasblatte und mit dem Extrabeiblatt Lustiges Bilderbuch kostet bei den Ausgabe stelle» monatlich 70 Psa., bei den Post-Anst. 75 Pf. (1688er Ztgs.-Preisliste Nr. 5035.) Sächsischer Zür Abonnenten erscheint je einmal im Jahr: somiiier-EisenbahnfahruIanheft für Sachsen. Linter-Eisenbahufahrvlanbeft für Sachsen. Linter-Eisenbahufahrplanbeft für Sachsen. Jllustr. Aalender des Sächsische» Landboten. JllustrirteS Jahresbuch desLandes-Aiizeiger-. §«iii>ks.A>ijki-el mit „Chemnitzer Stadt-Anzeiger". Uuparteiifche tägliche Zeitung für Sachsen nn- Thüringen. Mittwoch, 23. Mai 1888. «u,rigendni-dk»„SiIchs.> Raum einer schmalen Tl, Bevorzugte Stelle (Ispalt. BeiWiederhvlung großer Annoncen Rabatt. Bei Bestellungen von Auswärts wolle man Zlnsertionsbetrag (in Briesniarken) beifügen (je 8 Silben Corpusschrist bilden ca. 1 Zeile.) Vnnoncenannahnie nur bis Vormittag. Kkckg: MllllHer Mt, vuchdruckerei. Chemnitz. Theaterstraße K (Fernsprcchstelle Nr. ISS). Telegr.-Adr.: Landes-Anzeiger» Chemnitz. Mit täglich einem besonderen UnterlMungsblatt: i. Kleine Botschaft — 2. Sächsischer Cr zähl er — 3 Sächsische Gerichts-Zeitung 4. Sächsisches Allerlei — b Jllnstrirtes Unterhaltungsblatt — 6. Sonntagsblatt — Crtra-Beiblatt: Lnstiges Bilderbuch. Für den Monat J«ni nehmen die Ausgabestellen in Chemnitz und Um gegend zum Preise von 70 Pfg. (die Postanstaltcn zu 75 Psg.) Abonneinents- Bestellnnge» ans den Sächsischen Landes-Anzeiger entgegen. Der Sächsische Landes-Anzeiger ist in der deutschen Post-Zeitungs- Prcisliste unter Nr. 5035 (in der österreichischen unter Nr. 2307) eingetragen. Allen Abonnenten wird vollständig gratis als Extrabeigabe geliefert: Eiscnbahu-Fahrplauhcft für Sachsen (Sommer-Halbjahr 1888). (Giltig vom 1. Juni 1888 ab.) Dieses Eisenbahn-Fahrplanhest ist in Umschlag geheftet und enthält in sauberem deutlichen Druck die Fahrpläne sämmtlicher Strecken des sächsischen Eisenbahn-Netzes nebst den Anschlüssen sowie mit Angabe der Entfernnngen »nd der Fahrpreise. Preis dieses Heftes für Nicht-Abonnenten 20 Psg. , Ferner erhält jeder neubeitretende Abonnent, welcher die Abonnements- Quittung (Post-Abonnenten wolle» lO-Pfg.-Marke für Porto beifügen) direct an die Verlags-Expedition einsendet, vollständig gratis geliefert: 1. Jllnstrirtcr Kalender für 1888, 84 Seiten 4° mit Oeldrnckbild, Almanach, Kalendarium, Märktc-Verzeichniß: reich-illustrirtem »mfangreichen humoristischen Tbcil n. fesselnden Erzählungen. (Prcis s.Nicht-Abon»cnte»40Pfg.) 2. Des Sächsischen Landes-Anzeigers Jllnstrirtes Jahresbuch für 1888; 64 Seiten gr. 8° mit Almanach und vielen Erzählungen »nd Bildern. (Preis für Nicht-Abonnenten 40 Pfg.) Abermaligen zahlreiche» Beitritt neuer Abonnenten erbittet die Verlags-Expedition des Sächsischen Landes-Anzeigers. Um Verwechslungen zn vermeiden, werden Post-Abonnenten ersncht, bei Bestellung frenndlichst genau zu verlangen: den in ChLMttih erscheinende» „Sächsischen Landes-Anzeiger" (Nr. 5035 der Post-Zeitnngs-Preisliste). slüsse für solidarisch, welche Völkcrbefreinng und Christenschutz als Vorwand mißbrauchend hier zu Lande durch eine oppositiolle Skandal politik und bezahlte Bauernrevolten unterstützt würden. Konstantinopel. Zwischen Siwas Diarbekir haben ungeheure Uebeschwemmungcn stattgefunden. Bei Malatia wurden gegen 500 Menschen fortgcschwcmmt. London. In Dublin fand gestern eine Demonstration zu Gunsten des Manifestes der irischen Abgeordneten gegen den päpst lichen Erlaß statt. Berlin, den SS. Mai, Vormittags. Einen» hente früh 9 Uhr ansgegebene»» Bulletin zufolge hat das Be finden des Kaisers in den letzten Tagen erfreuliche Fort schritte zum Besseren gemacht. Husten und Auslvurf find mäsjig. Fieber ist nicht vorhanden. Der Kaiser ist viel im Freien, er macht täglich Ausfahrten. Amtliche Bekanntmachungen. Ucbcr das Vermögen Carl Otto Tittcl's in Chemnitz, Inhabers eines daselbst unter der Firma C. E. Tittel betriebene» Apprcinrgeschäfts wird heute am l7. Mai 1888 Nachmittags 4 Uhr das Konkursverfahren eröffnet. Der Rechtsanwalt Löser in Chemnitz wird zum Konkursverwalter ernannt. Konkursforderungen sind bis zum >4. Juni 1886 bei dein Gerichte anzn- mclde». Es wird zur Beschlußfassung über die Wahl eines andere» Verwalters, sowie über die Bestellung eines Glänbigeransschusses und eintrctenden Falles über die in 8 120 der Konkursordnung bczeichneten Gegenstände ans den 4. Juni 1888 Vormittags 10 Uhr und zur Prüfung der angemeldeccu Forderungen ans de» 28. Juni 1888 Vormittags 10 Uhr vor dein Unterzeichneten Gerichte Termin anbcrauiitt. Allen Personen, welche eine znr Konkursmasse gehörige Sache in Besitz habe» oder zur Koiikursinasse etwas schuldig sind, wird aufgegeben, nichts an den Geincin- schnldner zu verabfolgen oder zu leisten, auch die Verpflichtung aufcrlegt, von dem Besitze der Sache und von den Forderungen, für welche sie ans der Sache abgesonderte Befriedigung in Anspruch »chmen, dein Konkurs verwalter bis zni» 19. Juni 1888 Anzeige zn machen. Königliches Amtsgericht zn Chemnitz. Ueber das nachgelassene Vermöge» des Kaufmanns Friedrich Wilhelm Thiele in Chemnitz, gewesenen Inhabers eines Agenturgeschäfts, wird heute am 17. Mai 1888 Nachmittags 5 Uhr das Konkursnrr°Avm',r,arM'tt., Der Rechtsanwalt Ur. Stadler i» Chemnitz >n * Walter ernannt. Konkiirsförderiingcn sind bis zum r.L^Iuni 1688 bei dem Gerichte anzninelden. Es wird zur Beschlußfassung "Über die Wahl eilieS andern Verwalters, sowie über die Bestellung eines Glänbsgerausschltfseö und eintrctenden Falles über die in 8 120 der Konknrsordnuiig bezeichncien Gegenstände auf den 4. Juni 1888 Nachmittags 4 Uhr und zur Prüfung der angcmeldctcn Forderungen ans den 28. Juni 1888 Nachmittags 4 Uhr vor dem Unterzeichneten Gerichte Termin anbcrauiitt. Allen Personen, welche eine zur Konknrsmnssc gehörige Sache in Besitz haben oder znr Konkursmasse etwas schuldig sind, wird aufgegeben, nichts an den Gemeinschulder zu ver abfolgen oder zu leisten, auch die Verpflichtung aufcrlegt, von dem Besitze der Sache und von den Forderungen, für welche sie ans der Sache abgesonderte Befriedigung in Anspruch nehmen, dem Konkursverwalter bis zum 19. Juni 1888 Anzeige zu mache». Königliches Amtsgericht zu Chemnitz. Telegraphische Nachrichten. Vom 21. Mai. Paris. Die „Correspondance nationale", Organ des Grafen von Paris, billigt den Beschluß der Gruppen der Rechten, die Auf- lösung der Kammer mit allen Mitteln zu betreiben, und sagt, die Auflösung bereite die Revision der Verfassung vor, die Frankreich die Freiheit zurückgeben müsse, seine Geschicke selber zu bestimmen. Bukarest. Ein Manifest der Regierungspartei erklärt das gegenwärtige nationale Interesse und die Abwehr jener fremden Ein- Politifche Rundschau. Chemnitz, den 22. Mai. Deutsches Reich. Aus Schloß Charlottenbnrg. Kaiser Friedrich schrieb am ersten Pfingstfeieriag folgende Acnßernng über sein Be finden für die Acrzte »jeder: „Ich fühle mich wie neugeboren, seitdem ich frische Lnft nthmc!" Und das trifft den Nagel ans den Kopf. Ai» Mittwoch voriger Woche war der Kaiser zum ersten Male im Schloßpark, am Donnerstag unternahm er die ersten Fnßpromcnadcn, Freilag Abend fühlte er sich so gckrüftigt, daß er langsam die 16 Stufen der Schloßtrcppe cmporschreiten konnte, und seit Sonnabend finden unter nicht endenwollcndem Jubel der Bevölkerung wieder Aus fahrten statt. Das Aussehen des Kaisers ist genau genommen besser, als unmittelbar nach der Rückkehr ans San Rcmo. Er ist allerdings erheblich magerer während der letzten schlimmen Wochen geworden, aber die frühere wachsgclbe Gesichtsfarbe ist ganz verschwunden. Der Kaiser sieht blaß ans, aber sehr ruhig und freundlich. Etwas be sonders Krankhafies sieht man ihm nicht an. Jetzt, wo der letzte Anfall als gänzlich überwunden zu erachten ist, haben die Aerztc auch constaiiren können, daß die Verschlimmerung vom Kchlkopslcidcn nicht herrührtc, »nd man kann hoffen, Zwischenfälle sind ja freilich nie zn berechnen, daß der Kaiser den ganzen Sommer dieses Jahres in leid licher Gesundheit verbringen wird. Nach den Hochzcitsfeierlichkeiten wird nun bestimmt die Uebersiedelung nach Schloß Friedrichskron bei Potsdam erfolgen. Der Charlottenburger Schloßpark ist wegen der löLio-n PZickenschwärme im Sommer kein angenehmer Aufenthalt. WMsnWkr'geht etwa 5 Minuten langsam, aber ununterbrochen auf recht, dann setzt er sich wieder nieder und ruht. Die Vorträge haben in den letzten Tagen sehr stark zugcnvmmen, der Kaiser erledigt einen sch: großen Theil Regierungsangelcgenheiien wieder selbst. Das Arbeitszimmer bildet wieder das Erholungszelt im Schloßpark. Sprechen kann der hohe Herr aber nicht, die bezüglichen Nachrichten sind unrichtig. — Die Nacht zum ersten Festtag war leider nicht völlig gut. Husten verscheuchte im ersten Theil der Nacht den Schlaf fast ganz und erst gegen Morgen verfiel der Kaiser in eine» recht er quickenden Schlummer. Er blieb zur Schonung etwas länger im Beit, stand dann aber recht gekräftigt auf und erschien wiederholt auch Nachmittags und Abends am Mittelfenster des Schlosses. Der Jubel des nach Tausenden zählenden Publikums war unbeschreiblich, wieder und wieder dankte der Kaiser mit tiefer Rührung. Charlottenbnrg glich am gauzcu Tage einem Bienenkörbe, solche Menschenmassen waren hinansgeströmt. Dem vom Oberhofprediger Or. Beyer abge haltencn Festgottcsdienste wohnten bei die Kaiserin mit ihren Töch tcrn, Prinz Heinrich, der Erbprinz und die Erbprinzessin von Mei ningen. Die Herrschaften wurden bei der An- und Abfahrt begeistert begrüßt. Der Kaiser suchte gegen Mittag den Park ans und verblieb dort wie gewöhnlich. Unter Mittag war die nöthige Ruhepause. Am Nachmittag fand wieder eine Ansfahrt der kaiserlichen Familie statt, auf welcher die Herrschaften mit stürmischem Jubel begrüßt wurden. Am Abend war der Kaiser wohl etwas müde, aber nicht angegriffen. Die theilweisen Schlafstörungen üben also keinen nachtheiligen Einfluß. — An den Vorbereitungen zur Vermählungsfeier des Prinzen Heinrich, welche mit größter Emsigkeit im Charlottenburger Schloß betrieben werden, sieht man am Besten, daß das Befinden des Kaisers zu ernsten Besorgnissen für die nächste Zukunft keinen Anlaß giebt. Die fürstliche Braut wird beim Betreten der Räumlichkeiten» welche ihr für die kurze Zeit ihrer Anwesenheit zum Aufenthalt dienen sollen, von einem förmlichen Blumengarten begrüßt werden. Schon jetzt werden das Vestibül und die Treppenaufgänge mit den herrlichsten Topfgewächsen und seltenen Pflanzen geschmückt. Wenn nun auch das Hochzeitsfest in aller Stille vor sich gehen soll, so erfordert das- - selbe doch wegen der zahlreichen zu erwartenden Gäste ganz außer gewöhnliche Vorbereitungen. — Die Prinzessin Irene von Hessen, die erlauchte Braut deS Prinzen Heinrich von Preußen, wird in Begleitung ihres VaterS, des Großherzogs von Hessen, des Prinzen und der Prinzessin Ludwig von Battenberg, ihrer ältesten, und ihrer jüngsten Schwester Prin zessin Alice am Mittwoch früh in einem Extraznge von Darmstadt nbreisc». In Frankfurt a. M. wird die Braut von dem vom Kaiser befohlenen Ehrendienst empfangen. Der hessische Exirazug bringt die hohe Braut bis an die Grenze ihres bisherigen Vaterlandes, nach Marburg. Auf preußischem Boden wartet ihrer der preußische Hof- zng, um sie und die hohen Ihrigen noch an demselben Abend nach Charlottenburg zu bringen. Kleinere Empfänge von Seiten der Landcsbehörden sind in Frankfurt a. M. und Marburg, ein größerer in Cassel vorgesehen. Im Charlottenburger Schlosse wird der Groß- hcrzog die vor Kurzem von der Königin von England bewohnten Gemächer im rechten Flügel, die hohe Braut die Parterreräume des Mittelbaues unter den Zimmern des Kaisers bewohnen. Von diesen aus geht durch den Gartensaal und die Gemächer Friedrich I. der direkte Weg in die Kapelle. Vor der kirchlichen Trauung wird die Prinzessin-Braut mit der Krone und allen der Braut eines könig lichen Prinzen znkommenden Kleinodien des königlichen Schatzes ge schmückt werden. — Wie das preußische Abgeordnetenhaus so ist auch das Herren haus schon für nächsten Freitag zu einer Sitzung zusnmmenberufen worden. — Die seiner Zeit Wege» der Ucbcrschwcmmnng im Warthe- gcbiet hinansgeschobene Reichstags-Ersatzwahl für Ost- und West- Stcrnbcrg wird am 1. Juni stailfindcn. Candidat der Conservaiiven ist Landrath Bohtz, der Deutsch-Freisinnigen Stadtrath Witt-Char lottenburg. — Amtliches Resultat der Reichstagsstichwahl im Wahlkreise Altena-Iserlohn: Abgegeben sind 24,689 Stimmen. Davon entfallen 14,230 auf 1)r. Langcrhans-Berlin (freist), 10,321 auf Coinmerzien- rath Herbers-Jserlohn (natlib.) Der Erstcre ist somit gewählt. — Der projectirten Spiritus-Cvmmissionsbank für Deutschland ist auch die Königliche Hofkammer der Königlichen Familiengüter in Berlin bcigeircten. — Die „Nordd. Allg. Ztg." bringt folgende Mittheilung, welche annchmen läßt, daß die deutsche Rcichsregierung eine verschärfte Auf sicht über den westlichen Grcnzverkehr und ein strengeres Paßwescn cinsühreu wird: „Pariser Blätter haben unseren nculichen Artikel reproducirt, welcher die protokollarische Feststellung enthielt, daß man einen deutschen Reisenden, der sich in Familien-Angelegcnheiien nach Reims begeben wollte und mit Paß und Reisegeld versehen war, an der französischen Grenze ohne jeden erkennbaren Grund anZder Weiter reise verhindert hatte. Ein Pariser Blatt knüpft daran fügende Be merkungen: „Der Vorfall bedarf keiner Commentare, er ist genügend erklärt durch vorhcrgegangene Plackereien, denen Franzosen, die sich nach Elsaß-Lothringen begeben wollten, seitens der Deutschen ansge- sctzt waren." Das Wort „vorhcrgegangene Plackereien" trifft nicht z»; dagegen ist es nicht unwahrscheinlich, daß den französischen Pro- vocationen Repressalien folgen werden. Jedenfalls wird man in Suzon's Ende. Von Emil Peschkali. Fortsetzung. Nachdruck verboten. „O Mathieu, was Hab ich gelitten um Dich! was ich auch sprach und sprach, Du warst taub dagegen wie diese Wand. Alles zitterte, bebte, kochte in mir, und wie Hab' ich mich gebändigt, wie! Wenn die Söhne und Töchter wüßten, was in den Herzen ihrer Ettern geschrieben steht, wenn sie sich ihren Wünschen widersetzen — Nie mand würde mehr von harten Vätern und Müttern spreche». Für Eigensinn haltet Ihr jungen Thoren, was nur die Sorge um Euch ist, das Weh eines für Euer Glück zitternden Herzens, die Todesangst Derer, die Euch am meisten lieben und die grau geworden sind über Dinge, die Ihr noch nicht ahnt! . . . Nun, nun — ich beherrschte mich, ich bändigte mich, ich wollte Dir nicht unrecht thun, Dir nicht mit blinden Augen etwas rauben, was Du als Dein Glück erachtetest. Ich beobachtete das Mädchen, ich überwachte sie, ich forschte ihrem Leben nach. Und wie unselig, wie unselig hatte sich das verkettet, daß Dein Auge auf eine Verschwenderin fiel, auf ein Mädchen, das Dich durch Schönheit und liebliches Wesen entzücken mochte, das aber am allerwenigsten dazu paßte, die Frau eines Künstlers zu werden. Ja, Mathieu, so ist es. Dazu taugte sie nicht, denn sie wäre nicht im Stande gewesen, die Sorgen des Haushalts von Dir fern zu halten. Ein Künstler soll nicht heirathen, Mathieu, er soll einsam bleiben. Aber wenn er heirathet — wehe ihm, wenn die Frau nicht bescheiden, sparsam, tüchtig ist, wenn sie, statt die kleinen Qualen des Lebens von ihm fern zu halten, ihn erst recht in diese stürzt. Nein, Mathieu, und nein, nein, »ein, — die Suzaiine Grevet war kein Weib für Dich. In einein Jahre hätte sie das Deine vergeudet — und es ist ja nicht viel — nur die Leute machen viel daraus, weil ich als Geizhals gelte, und ein Geizhals muß Schätze haben, der muß Schätze haben! Und wenn Alles verweht und verschleudert, dann wärst Du in einem Elend dagcstanden, sch'imnier als das meine war, Mathieu, denn Deine Suzon war keine Heloise! Aber ich fürchtete noch viel mehr, weit mehr, Mathieu, ich fürchtete, daß dieses Mädchen auch in anderen Beziehungen leichtsinnig sein würde. Und wenn die Noth kam, Mathieu, dann — so sage ich mir — dann würde sie ihr nicht gewachsen sein, ja, sie würde nicht arbeiten und hungern, wie meine Heloise — aber ich sagte mir »och mehr — sie würde Dich verlassen, Dich betrügen, um Geld zu haben. Und dann Mathieu, wie ich so das Alles dachte — da kam mir der Gedanke — wenn sie schlecht wäre — dann wärest Du gerettet Ich faßte neue Hoffnung — ich spürte ihr nach — umsonst - ich fand nichts — was gegen sie sprach. Und so gcrieth ich weiter und weiter — weil ich ihr nichts vorwerfen konnte — so verleumdete ich sie. Als ich kein anderes Mittel mehr hatte, das Dich retten konnte, schrieb ich, hingerissen von der wilden Sorge, die mich erfüllte, diesen Brief. Ich bereute es dann auch wieder — und dann auch nicht. Alles brannte und zuckte in mir — ich lebte in einem beständigen Fieber. Ich litt die Qualen der Hölle um Dich, und Du, Du verstandest mich nicht, Du wolltest mich nicht verstehen. Mathieu — verstehst Du mich denn etzt — sprich doch, sprich — oder soll ich Dir diese Brust aufrcißen — Dir das blutende Herz zeigen? — Mathieu — sprich doch — nein, nein, ich weiß es ja — Du willst mich nicht verstehen — Du luchst Deinem Vater — Mathieu!" Ueber den Greis war eine Erregung gekommen, die den Jüng ling mit Schauder erfüllte und ihm die Sprache raubte. Welche unheimlichen, gräßlichen Tiefen des menschlichen Gcmüthes hatte ihm dieser todikranke Mann enthüllt, und wie sah er ans mit diesen, von einer erschreckenden Gluth durchleuchteten Wangen, diesen Augen, aus denen bald tödtliche Angst und bald wilder Haß flammte, mit diesen zuckenden Händen, die das Hemd aufgcrissen und sich in die nackte Brust gekrallt hatten, als wollten sie wirklich das Herz ans dem Leibe zerren! Und dazu das weiße Haar,, der wirre graue Bart, der entblößte Hals, der wie cingetrocknet erschien und mit einem Netz schwarzer Adern überzogen war, der verfallene Körper, der krampfhaft bebte, wie der eines Fallsüchtigen — es war ein Bild, das im Tiefsten erschüttern mußte. Mathieu schlug die Hände vors Gesicht und brach in Thränen ans, er fand kein Wort der Er widerung, kein Wort für die widerstreitenden Gefühle, die in ihm tobten. Jetzt kam ein neuer Sturm über den Alten. Er zitterte stärker, seine Augen schienen aus den Höhlen zu treten und drohend hob er die Hände. „Du fluchst mir — Du fluchst Deinem Vater — Du kannst mir nicht verzeihen — ah — und das ist mein Kind, für das ich mein Leben lang gelitten habe! Undankbarer — Schändlicher — was wollte ich denn? — Dein Glück wollte ich — nichts als Dein Glück — nichts für mich, Alles nur für Dich! Und Du stößt Deinen Vater von Dir — wegen einer Buhlerin — ja, ja — das war sie — ich sah es mit meinen eigenen Augen — aber was hätte ich noch thun sollen — es war ja zu spät — Gott, mein Gott — ich werde sterben, Mathieu — sterben, und Du fluchst mir! Was bist Du für ein elender Sohn — geh — geh — laß mich allein sterben — allein — allein —" Er sank zurück, er konnte nicht weiter. Seine Lippen schäumten, sein Athen, war wie ein dumpfes, schweres Röcheln. Mathieu sank vor ihm in die Knie und sagte mit flehender Stimme: „Du irrst, Vater — ich mache Dir keinen Vorwurf — ich ühle mit Dir. Was liegt an dem Briefe — denk' nicht mehr daran. Aber warum verleumdest Du sie auch jetzt noch, jetzt, wo sie todt ist und Dich nicht mehr betrüben kann? Warum verleumdest Dust e?" „Verleumden? Und Du sagst, Du willst mir nichts vorwcrfen. Wer verleumdet sie! Hängst Du »och immer so an der Dirne?" „Vater!" „Ich habe es gesehen." „Was hast Du gesehen?" „An dem Tage — als Du in Paris warst — empfing sie einen Menschen — einen jungen Mann — ich sah ihn —" „Du —? wie kannst Du so etwas gesehen haben? Wie kamst Du in das Haus? ..Wie —? Nun — als Räuber doch nicht — als Mörder? — Wie werde ich in das Haus kommen? — Weißt Du nicht, daß ch mit Herrn Crocheton Geschäfte habe? Oder zweifelst Du auch daran? Nein — geh' nur, geh' — ich will nichts weiter sagen geh' zn Herrn Crocheton und frage, ob ich mit ihm Geschäfte habe. Geh' doch — hörst Du nicht? Ach — Du willst Deinem Baker glauben. Ein Sohn, der seinem Vater Glauben schenkt! Ein Wunder — was für ein Wunder! Nun, so wirst Du »lir auch glauben, wenn ich sage, daß ich ihn sah, daß ich ihn hinaufgehen sah, Abends, zu einer Zeit, zn der man keine Be uche macht, und daß ich für Dich sorgte — ein Bater, der bei der Geliebten seines Sohnes Schildwache steht! — daß ich wartete, »a, wartete, und daß ich ihn nicht erwarten konnte — hahaha , oder a — ich kam zurück — und da sah ich ihn wieder — gerade im Licht der Laterne — vor dem Hause — hahaha I"